DE972424C - Verfahren zur dauernden Verformung, insbesondere zum Dauerwellen, von Keratinfasern, vorzugsweise von Haaren am lebenden menschlichen Koerper - Google Patents
Verfahren zur dauernden Verformung, insbesondere zum Dauerwellen, von Keratinfasern, vorzugsweise von Haaren am lebenden menschlichen KoerperInfo
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Description
(WiGBl. S. 175)
AUSGEGEBEN AJM 16. JULI 1959
S 23916 IVa/ 30 h
In dem Patent 948 186 wird ein neues Mittel zur dauernden Formveränderung von Haaren am lebenden
Körper angegeben, welches eine wäßrige alkalische Lösung eines substituierten Merkaptans,
deren pH-Wert über 7, jedoch unter 10, vorzugsweise
zwischen 9,2 und 9,5, eingestellt ist, enthält oder das aus dieser Lösung besteht. Die für diese
Lösung verwendeten substituierten Merkaptane haben als Substitutionsgruppe entweder eine nichtionisierte
Gruppe, z. B. eine Hydroxyl-, eine Keto-, eine Ester-, eine Äther- oder eine Alkylgruppe, oder
sie enthalten eine ionisierte Gruppe, z. B. eine Aminogruppe oder eine saure Gruppe. Als alkalisches
Medium wird vorzugsweise eine flüchtige Base verwendet, insbesondere eine solche mit einer
Dissoziationskonstante unter 5 · 10—3. Zweckmäßig
beträgt die Konzentration des Merkaptans 1 bis 15%, und vorzugsweise wird als Merkaptan Thioglykolsäure
und als alkalisches Mittel Ammoniak verwendet.
Die Erfindung betrifft nun das Verfahren zur dauernden Verformung, insbesondere zum Dauer-
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wellen, von Keratinfasern, vorzugsweise von Haaren am lebenden menschlichen Körper, durch
Behandeln der Keratinfasern mit dieser vorzugsweise i- bis i5°/oigen wäßrigen alkalischen Lösung
eines substituierten Merkaptans, deren pH-Wert auf über 7, jedoch unter io, vorzugsweise zwischen 9,2
und 9,5, eingestellt ist. Dieses Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß die Keratinfasern in an
sich bekannter Weise verformt, z. B. auf Dorne (Wickler) aufgewickelt werden, so daß sie in dieser
Verformung durch Behandeln mit der Lösung des Merkaptans in üblicher Weise, gegebenenfalls unter
Erhitzen, erweicht werden, und daß darauf die neue Form der Keratinfaser in an sich bekannter Weise
fixiert wird, z. B. durch Behandeln mit einem chemischen Fixiermittel, insbesondere der Lösung
eines Oxydationsmittels oder allein durch Ausspülen mit Wasser, oder daß man, falls die Keratinfasern
beim Erweichen erhitzt wurden, die Fixierung durch das Abkühlen bewirkt.
Der Patentschutz erstreckt sich nicht auf das verwendete, ein substituiertes Merkaptan in wäßriger
alkalischer Lösung enthaltende Mittel, das — wie oben ausgeführt wurde — bereits Gegenstand
des Patents 948 186 ist.
Aus der britischen Patentschrift 453 700 und der entsprechenden USA.-Patentschrift 2 201 929 ist
bekannt, daß man mit geeigneten Reduktionsmitteln eine Dauerwellung von Haaren erreichen kann. In
diesen Patentschriften wird neben vielen anderen anorganischen Reduktionsmitteln auch ein substituiertes
Merkaptan, nämlich Cysteinhydrochlorid, genannt. Es wird in diesen Patentschriften zwar
gesagt, daß die Lösungen der angegebenen Reduktionsmittel jeden gewünschten Alkalitätsgrad haben
können, es wird jedoch anschließend, insbesondere in den Ansprüchen der obengenannten USA.-Patentschrift,
ausgeführt, daß die Reduktionslösung, um gute Ergebnisse zu erzielen, einen pH-Wert von über 10, vorzugsweise 11, aufweisen
soll, und dies gilt nach den Ansprüchen der genannten USA.-Patentschrift besonders für die sulfitfreie
Reduktionslösung, die z. B. Cysteinhydrochlorid enthalten kann. Nun ist es aber allgemein
bekannt, daß Lösungen von Merkaptanen, besonders von Thioglykolaten, mit einem so hohen
pH-Wert für das Haar sehr gefährlich sind, da sie das Haar bereits in starkem Maße auflösen und daher
schädigen. Da das Cysteinhydrochlorid dem Chemiker in erster Linie als Aminosäure und weit
weniger als Merkaptan geläufig ist, das Cystein ferner in der Veröffentlichung weder als Merkaptan
genannt, noch als solches erkennbar ist, ist durch die genannten Patentschriften die Verwendung von
Merkaptanen allgemein nicht nahegelegt worden. Außerdem geben die fraglichen Patentschriften für
die sulfitfreien Lösungen die Lehre, die Lösungen bei einem pH-Wert von mindestens 10, vorzugsweise
11, zu verwenden, die aber, jedenfalls soweit Merkaptane in Frage kommen, bekanntlich auf das
Haar schädigend wirken und daher ungeeignet zum Dauerwellen sind. Diese obengenannten Patentschriften
legen also die neue technische Lehre, wäßrige alkalische Lösungen von substituierten Merkaptanen
mit einem pH-Wert zwischen 7 und 10, besonders
9,2 bis 9,5, zum dauernden Verformen von Haaren zu verwenden und die neue Form durch
Ausspülen, Abkühlen oder durch Behandeln mit einem Oxydationsmittel oder einem anderen Gegenstand
zu fixieren, keinesfalls nahe.
Die eben erwähnte neue technische Lehre des erfindungsgemäßen Verfahrens ist besonders überraschend,
da aus der Literatur nur bekannt ist, daß Thioglykolsäure in stark alkalischer Lösung, z. B.
bei einem pH-Wert von 12, stark keratolytisch wird
und Haar und Wolle nach längerer Einwirkung auflöst. Diese Literaturstellen haben die beanspruchte
technische Lehre also nicht nahegelegt, sondern sie sind geeignet, von einer Verwendung
von Thioglykolsäure zum Dauerwellen abzuschrecken.
Alle bisher bekannten Dauerwellverfahren, insbesondere die Kaltwellverfahren, haben sich aus
dem einen oder anderen Grund als nicht zufriedenstellend erwiesen. So müssen bei Verwendung von
Sulfiten hohe Konzentrationen des Wellmittels angewendet werden; diese Konzentrationen sind jedoch
für das Haar schädlich; wenn geringere Konzentrationen angewendet werden, so ist die Zeit, die
benötigt wird um gute Ergebnisse zu erhalten, ungewöhnlich lang. Die Kaltwellverfahren, die mit
Sulfiden, wie z. B. Ammoniumsulfid, arbeiten, haben den Nachteil, daß durch den frei werdenden
Schwefelwasserstoff ein äußerst widerlicher Geruch entsteht; da dieser Schwefelwasserstoff giftig ist,
sind diese Dauerwellverfahren gefährlich, und es kann auch nur mit geschlossenen Apparaturen mit
zirkulierender Lösung gearbeitet werden.
Ein anderer Nachteil der Verfahren, die mit Ammoniumhydrosulfid
oder anderen Sulfiden arbeiten, liegt darin, daß das Haar die Sulfide trotz wiederholten
Spülens mit einer Fixierlösung zurückhält. Das Ergebnis ist ein unangenehmer Geruch des
Haares besonders beim Wiederanfeuchten. Noch wichtiger ist jedoch die Tatsache, daß die Dauerwelle
des Haares sich durch das zurückgehaltene Sulfid nach und nach lockert, d. h., die Welle wird
bei jedem Wiederanfeuchten weniger fest.
Die Vorteile des Verfahrens nach der Erfindung liegen vor allem darin, daß eine geruchlose, nicht
giftige Haarwellösung verwendet wird, die das Haar — unabhängig von seiner Beschaffenheit,
Dichte, Feinheit oder Stärke — schneller und wirkungsvoller in einen Zustand bringt, in dem es in
seiner Gestalt dauernd verändert bleibt, wobei es "5
belanglos ist, ob nach dem Erhitzen gekühlt oder ob chemische Mittel oder Wasser allein zur
Fixierung des Haares verwendet werden.
Insbesondere können durch das neue Verfahren nach Wunsch viel dichtere Wellen erzielt werden
als nach den bekannten Kaltdauerwellverfahren.
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es nun möglich, das Haar auf die folgende Weise permanent
zu formen:
Das Kopfhaar wird in Abschnitte eingeteilt, und eder dieser Abschnitte wird mit der Wellungslösung
gut getränkt. Hierauf wird jedes Haarbüschel auf einen Dorn zur gewünschten Form aufgewickelt
und erwärmt, beispielsweise durch ein chemisches Heizkissen, welches oberhalb des aufgewundenen
Haarbüschels angeordnet ist, oder durch eine elektrische Heizeinrichtung, wobei die Temperatur auf
ungefähr ioo° C gebracht wird. Hierbei kann das Haar allein durch Abkühlen, z. B. auf Zimmertemperatur,
in seiner neuen Form fixiert werden. ίο Zur Herstellung einer »kalten« Haardauerwellung
können folgende Maßnahmen, welche jedoch vielfach abgeändert werden können, angewandt
werden: Das Kopfhaar wird wieder in Haarsträhnen aufgeteilt, welche in geeigneter Weise verformt,
vorzugsweise auf Dorne aufgewickelt werden, und vor oder nach dem Aufwickeln wird die
Wellungslösung aufgebracht, indem das Haar mit dieser in irgendeiner Weise getränkt wird. Nach
einer gewissen Zeit, die für die Erweichung der Haare benötigt wird, wird das Haar gespült und
sodann ein chemisches Spülmittel, ζ. Β. Chlorwasser, aufgebracht, welches die letzten Spuren des
Wellungsmittels entfernt und so die Fixierung des Haares in seiner neuen Form sichert, so daß das
»5 Haar eine Dauerwellung erhält. Diese Nachbehandlung
mit dem Spülmittel ist bei der Anwendung eines leicht spülbaren Wellungsmittels, z. B. Glycerylmonomerkaptan,
nicht erforderlich, wenn gewöhnliches Wasser zum Spülen verwendet wird.
Um die Wellungszeit bei diesem chemischen Verfahren, d. h. ohne Anwendung von Hitze, so weit
zu verringern, daß sie der bei der Wellung durch Hitzeeinwirkung benötigten Zeit vergleichbar ist,
ist es erforderlich, die Konzentration der Merkaptane in der Wellungslösung ungefähr auf das Dreibis
Fünffache zu erhöhen.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es also
möglich, die Konzentration der Wellungslösung je nach der gewünschten oder erforderlichen Behandlungszeit
einzustellen, wobei mit einer niedrigeren Konzentration innerhalb des angegebenen Bereiches
eine längere Einwirkungszeit notwendig ist. Wenn erforderlich, können hierbei Behandlungszeiten erreicht
werden, wie sie z. B. auch bei den bekannten früheren Kaltwellverfahren notwendig sind. Wenn
die Wellungslösung in dauerndem innigem Kontakt mit dem Haar ist und dauernd erneuert wird,
so ergeben sich kürzere Einwirkungszeiten. Ebenfalls kann die Anwendungszeit durch die Anwendung
von Hitze verringert werden oder durch die Verwendung der höheren Konzentrationen in dem
angegebenen Bereich, unabhängig davon, ob die Fixierung durch chemische Mittel oder durch Abkühlenlassen
nach der Erhitzung erfolgt. Höhere Konzentrationen, als sie bei den bisher bekannten
Wellungsmitteln notwendig waren, werden erfindungsgemäß nicht verwendet, sondern es wurde im
Gegenteil festgestellt, daß bei Einhaltung aller analogen Bedingungen eine deutliche Konzentrationsverminderung
möglich ist, wobei gleichzeitig die besten Wellungsergebnisse erreicht werden.
Obwohl in der Beschreibung ausdrücklich das Wellen von Haar beschrieben ist, ist die Erfindung
nicht hierauf beschränkt. Sie kann vielmehr auch angewendet werden, um dem Haar jede gewünschte
permanente Form zu geben. Die Erfindung betrifft daher auch die umgekehrten Maßnahmen, wie das
Entwirren der Haare, die Entfernung von Locken oder Wellen, und sie kann ebenfalls auf die Her-Stellung
von Falten, z. B. Bügelfalten, angewendet werden, denn das erfindungsgemäße Verfahren ist
nicht auf die Behandlung von menschlichem Haar beschränkt, sondern ist auf die permanente Formveränderung
aller Fasern, die Keratin enthalten, anwendbar. Die Wellungslösung kann gemäß der
Erfindung auf das Haar zu beliebiger Zeit vor oder nach dem Aufwickeln oder einer anderen mechanischen
Formgebung des Haares und in beliebiger Weise, z. B. durch Eintauchen, Aufsprühen oder
durch kontinuierliche Zirkulation der Behandlungslösung in einem geschlossenen System, wie es z. B.
bei der Sulfiddauerwellung angewendet werden muß, aufgebracht werden.
Claims (1)
- PATENTANSPRUCH:Verfahren zur dauernden Verformung, insbesondere zum Dauerwellen, von Keratinfasern, vorzugsweise von Haaren am lebenden menschlichen Körper durch Behandeln der Keratinfasern mit einer vorzugsweise 1- bis i5°/oigen wäßrigen alkalischen Lösung eines substituierten Merkaptans, deren pH-Wert auf über 7, jedoch unter 10, vorzugsweise zwischen 9,2 und 9,5, eingestellt ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Keratinfasern in an sich bekannter Weise verformt, z. B. auf Dorne gewickelt werden und daß sie in dieser Verformung durch Behandeln mit der Lösung des Merkaptans in üblicher Weise, gegebenenfalls unter Erhitzen, erweicht werden und daß darauf die neue Form der Keratinfasern in an sich bekannter Weise fixiert wird, z. B. durch Behandeln mit einem chemischen Fixiermittel, insbesondere der Lösung eines Oxydationsmittels oder allein durch Ausspülen mit Wasser, oder daß man, falls die Keratinfasern beim Erweichen erhitzt wurden, die Fixierung durch das Abkühlen bewirkt.In Betracht gezogene Druckschriften: Britische Patentschrift Nr. 453 700; USA.-Patentschrift Nr. 2201 929; Stiasny-Festschrift, Darmstadt, 1937, S. 407 bis 418.© 509 555/32 7.59
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