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Mittel zum dauernden Verformen von Skleroproteinen, insbesondere von
Haaren
Es ist bekannt, daß die Struktur von Skleroproteinen, z. B. tierischen und
menschlichen Haaren, durch Behandlung mit Lösungen von reduzierend wirkenden Mitteln,
wie Salzen der schwefligen Saure oder organischen Verbindungen, welche S H-Gruppen
enthalten, d. h. von Merkaptanen, verändert werden kann. Insbesondere werden derartige
Mittel zum Dauerwellen von menschlichem Haar verwendet. Die Mittel hatten jedoch
außer einer mehr oder weniger schlechten Hautverträglichkeit und der Geruchsbelästigung
den Nachteil, daß die mit ihnen dauergewellten Haare eine verminderte mechanische
Festigkeit aufweisen.
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Es wurde nun gefunden, daß man mit Vorteil zum dauernden Verformen
von Skleroproteinen, insbesondere von Haaren, alkalische Mittel verwenden kann,
die neben Thioglykolsäure durch mindestens einen Methyl-oder Athylrest am Stickstoff
substituierte Amide der Ameisen-oder Essigsäure enthalten.
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Geeignete N-substituierte Säureamide sind beispielsweise N-Methylformamid,
N-Dimethylformamid und N-Diäthylacetamid. Die Verbindungen sind geruchlos, gut verträglich
und wasserlöslich.
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Es ist anzunehmen, daß durch Einwirkung der Säureamide in den Skleroproteinen
eine Quellung
hervorgerufen wird, wodurch die Elastizität vermindert
wird und eine größere Bereitschaft zu mechanischen V erformungen entsteht.
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Die Quellwirkung der am Stickstoff unsubstituierten Säureamide, z.
B. Formamid, Acetamid, Propionsäureamid, auf das Haar ist an sich bekannt. So wird
beispielsweise in der USA.-Patentschrift 2 501 184 beschrieben, daß diese Amide
Haarfärbemitteln zugesetzt werden können, um das Eindringen des Färbemittels in
das Haar zu erleichtern.
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Es ist an sich auch bereits bekannt, Formamid in Dauerwellwässern
zu verwenden. In der Literatur ist außerdem bereits eine Arbeit veröffentlicht worden,
in der die Quellwirkung von Formamid und verwandten Substanzen auf Haar in wasserfreiem
bzw. schwach wasserhaltigem Medium bei' Temperaturen von ioo bis r3o° C untersucht
wird.
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Es stellt demgegenüber jedoch einen überraschenden technischen Fortschritt
dar, daß durch einen Zusatz der angegebenen Säureamide zu Dauerwellmitteln, die
Thioglykolsäure in alkalischem Medium enthalten, die mechanische Festigkeit des
Haares beim Dauerwellen erheblich weniger vermindert wird, als bei Verwendung von
Thioglykolsäure enthaltenden Mitteln ohne Zusatz von Säureamiden.
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Die Uberlegenheit der erfindungsgemäßen Mittel gegenüber den bisher
bekannten Dauerwellmitteln unter Verwendung von Thioglykolsäure ist auch an Hand
folgender Vergleichsversuche zu erkennen : Die Versuche wurden in folgender Weise
vorgenommen : 1. Natives, gesundes braunes Menschenhaar wurde bei 37° C als aufgewickelte
Strähnen 30 Minuten in eine Lösung a eingelegt, die nachstehende Zusammensetzung
hatte : Thioglykolsaure........... 6, 7 °/o Ammoniak ...........................
1,1% Wasser.................... 92, 2 °/o Anschließend wurde das Haar in eine Lösung
von 2 g Wasserstoffsuperoxyd, 0, 5 g Weinsäure und i g Lauroylmethyltaurinnatrium
in 95, g Wasser bei einem pA-Wert von 2, 5 bei Zimmertemperatur etwa 5 Minuten eingelegt,
um damit das Haar in fachüblicher Weise zu fixieren, d. h. zu oxydieren und zu entalkalisieren.
Dann wurde das Haar mit Wasser gespült, bei 55° C getrocknet und 24 Stunden bei
20° C und 65 oxo relativer Luftfeuchtigkeit gelagert.
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2. In einem Parallelversuch wurde eine zweite Probe desselben Haares
in gleicher Weise behandelt, nur wurde das Haar statt in eine Lösung a in eine Lösung
b der nachstehenden Zusammensetzung 30 Minuten als aufgewickelte Strähnen bei 37°
C eingelegt : Thioglykolsaure........... 6, 7 °/o Ammoniak I, I°/o Wasser...................
58, 9, 0/o Dimethylformamid ................... 33,3% Die Lösungen a und b unterscheiden
sich also nur dadurch, daß in der Lösung b ein Teil des Wassers durch Dimethylformamid
ersetzt worden ist. Die Aufarbeitung der Haarprobe in dem Parallelversuch geschah
in derselben Weise wie oben beschrieben.
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Das so vorbehandelte Haar wurde in je zwanzig Reißfestigkeitsversuchen
untersucht ; dabei wurden für die mittlere Bruchlast und die mittlere Bruchdehnung
folgende Werte gefunden :
VersuchMittlere BruchlastMittlere Bruchdehnung |
79 ; 25 g 1 39, 60e/o |
2 99,60g 42,90% |
Diese Zahlen zeigen deutlich, daß durch den Zusatz von Dimethylformamid die normalerweise
bei der Kaltdauerwelle mit Ammoniumthioglykolat auftretende Lockerung des Haares
weitgehend kompensiert wird. Die Kräuselung des Haares und das Aussehen des Haares
waren bei beiden Versuchen dieselben.
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Es sind weiterhin auch Dauerwellenmittel bekannt, die in alkalischer
wäßriger Lösung neben Thioglykolaten Formamid, dessen Homologe, wie z. B. Acetamid,
Propionamid usw. oder Verbindungen wie Urethan, Harnstoff oder Guanidinsalz enthalten.
Gegenüber diesen bekannten Mitteln weisen die erfindungsgemäßen Behandlungsmittel,
welche die genannten N-methyl-oder N-äthylsubstituierten Amide der Ameisen-oder
Essigsäure enthalten, eine bessere Wirkung auf. Vergleicht man nämlich unter sonst
gleichen Bedingungen die erfindungsgemäßen Mittel mit solchen Dauerwellenmitteln,
die am Stickstoff nicht substituierte Säureamide enthalten, so ergeben sich, wie
die Werte der nachfolgenden Tabelle zeigen, für die erfindungsgemäßen Mittel eindeutig
bessere Verformungseffekte.
Säureamid Wellenlänge |
N, N-Dimethylformamid ..................... 6 cm |
Monomethylformamid............. cm |
N, 7 ctn |
Formamid........................ cm |
Propionamid...................... cm |
Urethan 10 cm |
N-Oxäthyla. cm |
Ohne Säureamid I2 cm |
Für die Durchführung der Versuche wurde menschliches Haar von etwa 20 cm Länge ohne
Kräuselung unter Verwendung von Oleyltaurid bei 40° C gewaschen. Nach oberflachlicher
Trocknung wurde das Haar in Strähnen auf Holzwickel von io mm Durchmesser und 6
cm Lange in etwa 4 mm Schichtdicke aufgewickelt. Diese Haarwickel wurden sodann
mit 5 ccm der jeweiligen Versuchslösung gut benetzt und in Gläschen im Wärmeschrank
15 Minuten auf 40°C erhitzt. Anschlie-
ßend wurde mit Wasser gespült
und danach die Haarsträhnen abgewickelt, gekämmt und bei 40° C getrocknet. Schließlich
wurde die Wellenlänge der Kräuselung gemessen entsprechend dem Abstand der Wellenberge
bei Transversalwellen. Die Versuchslösungen enthielten außer I0°/o der in der Tabelle
angeführten Säureamide noch 6, 7°/o Thioglvkolsäure und i, I0/o Ammoniak.
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Das Mittel nach der Erfindung wird im allgemeinen in üblicher Weise
in wäßriger Lösung angewendet. Es ist mitunter auch angebracht, organische Lösungsmittel,
wie Methyl-, Rthyl-und I sopropylalkohol, Kohlenwasserstoffe und ihre Chlorierungsprodukte
oder Ester, mitzuverwenden, was an sich bei Dauerwellmitteln ebenfalls bekannt ist.
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Ein Zusatz von hygroskopischen Stoffen, z. B.
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Glycerin, kann ebenfalls vorteilhaft sein.
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Als alkalisch reagierende Zusätze können die ernndungsgemäßen Mittel
beispielsweise Soda, Ammoniak, Borax enthalten. Bei Verwendung derartiger Mittel
kann vorteilhaft eine Nachbehandlung mit Lösungen von sauren Verbindungen, wie Phosphorsäure
oder deren saure Salze, Essigsäure oder Citronensäure, erfolgen.
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Das Mittel nach der Erfindung kann je nach dem Verwendungszweck noch
andere übliche Zusätze, wie Duftstoffe, Netz-, Schaum-und Emulgiermittel, ferner
haut-und haarpflegende Stoffe wie natürliche und synthetische Fettstoffe, z. B.
Lanolin, Oleylalkohol, Paraffinöl, Eiweißstoffe, natürliche und synthetische Gerbstoffe,
wie Tannin sowie Tonerde, enthalten.
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Im AnschluR an die Behandlung mit dem Mittel nach der Erfindung kann
in üblicher Weise eine Nachbehandlung mit Luftsauerstoff oder mit Lösungen von oxydierend
wirkenden Substanzen, z. B.
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Wasserstoffsuperoxyd und seinen Additionsverbindungen, Persulfaten,
organischen Oxydationsmitteln oder mit umsetzungsfähigen mehrfunktionellen organischen
Stoffen, wie Aldehyden, Alkylierungsmitteln u. dgl., zur Stabilisierung nach der
Strukturänderung vorteilhaft sein.
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Nach der Behandlung des Haares mit dem Mittel nach der Erfindung
wird im allgemeinen in üblicher Weise mit Wasser-gegebenenfalls unter Zusatz von
Neutralisierungsmitteln und organischen Lösungsmitteln oder kapillaraktiven Stoffengewaschen,
um überschüssige Wirkstoffe oder Zusätze zu entfernen. Ein anschließender Trocknungsvorgang
kann bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur erfolgen. Schließlich kann, wenn
erforderlich, noch eine gesonderte Nachbehandlung mit Lösungen, Emulsionen oder
Cremes der obengenannten Haut-und Haarpflegemittel vorteilhaft sein. Gegebenenfalls
können die Mittel gemäß der Erfindung auch wiederholt zur Anwendung gebracht werden.
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Die Anwendung der Mittel erfolgt in der üblichen Weise dadurch, daß
die damit behandelten und dadurch erweichten und in ihrer Elastizität geminderten
Skleroproteine einer mechanischen Verformung unterworfen werden. Man kann sich dieses
Verfahrens zur Herstellung von Dauerwellen in lebendem und totem, tierischem oder
menschlichem Haar auf kaltem oder warmem Wege oder zum Glätten von naturkrausem
Haar bedienen.
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Beispiel Ein Mittel zur Herstellung von Kaltdauerwellen wird wie
folgt zusammengesetzt : 6, 7°/o Thioglykolsäure, I, I I/o Ammoniak, 5S, g°/o Wasser,
33, 3"/o Dimethylformamid.
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Zur Herstellung einer Kaltdauerwelle wird das lebende menschliche
Kopfhaar gewaschen, getrocknet und in etwa vierzig bis fünfzig Strähnen eingeteilt.
Die Strähnen. werden auf Wickler von etwa 6 mm Stärke aufgewickelt. Diese Haarwickel
werden mit je etwa 2 ccm des vorstehenden Mittels befeuchtet und der Haarschopf
mit einem dichten Stoff zugebunden, um die Körperwärme anzustauen.
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Nach etwa 30 bis 40 Mintuen werden die Wickel mit einer Lösung von
2 g Wasserstoffsuperoxyd, 0, 5 g Weinsäure, i g Lauroylmethyltaurinnatrium und 95,
5 Wasser (pH-Wert 2, 5) bei Zimmertemperatur gespült, um damit das Haar in fachüblicher
Weise zu fixieren. Dann werden die Wickler von den Strähnen abgenommen, das Haar
wird mit Wasser gespült und anschließend getrocknet. Nach der Trocknung ist das
Haar bleibend in Form einer Krause gewellt. Die so erhaltene Kräuselung ist kräftiger
und haltbarer und das Haar ist weniger geschädigt, als wenn die Behandlung ohne
Zusatz von Dimethylformamid durchgeführt wird.
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Die Kräuselung wird verstärkt, wenn eine stärker alkalische Lösung
verwendet wird, welche die doppelte Menge Ammoniak enthält.