DE4228171A1 - Holzaufschluß mit Essigsäure unter Zusatz von Ameisensäure - Google Patents

Holzaufschluß mit Essigsäure unter Zusatz von Ameisensäure

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Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Zellstoffgewinnung aus Lignocellulosen.
Bei den herkömmlichen Verfahren zur Zellstoffgewinnung, dem Sulfit- und dem Sulfatverfahren, werden schwefelhaltige Ablaugen erhalten, deren Verbrennung zu SO2-haltigen Abgasen führt. Die hohen Restligningehalte der Zellstoffe von 4 bis 5% erfordern große Mengen an Bleichchemikalien, die zu chlorierten organischen Verbindungen in den Abwässern führen. Ein weiterer Nachteil der herkömmlichen Verfahren besteht in der Mindestgröße der Anlage von 1000 tato Zell­ stoff, die sich aus der Chemikalienrückgewinnung durch Ablaugenverbrennung ergibt.
Der Holzaufschluß mit wäßriger Essigsäure unter Druck bei 150 bis 205°C, ist bereits 1971 von De Haas und Lang beschrieben worden (1), wobei Zellstoffe mit Restligningehal­ ten von 2-3% (entsprechend Kappazahlen von 12-20) erhalten werden. Nach Nimz und Casten (2) läßt sich Holz bereits bei Normaldruck aufschließen, wenn der Essigsäure katalytische Mengen Salzsäure zugegeben werden. Allerdings erniedrigen sich die Restligningehalte der Zellstoffe dadurch nicht, und Chloridionen wirken in Gegenwart von Essigsäure stark korrodierend.
Es sind daher auch andere Mineralsäuren als Katalysatoren beim Holzaufschluß mit Essigsäure untersucht worden, wie Schwefelsäure (3), Phosphorsäure (4), Perchlorsäure (5), MgCl2 (6) oder Salpetersäure (7), die jedoch durchweg Zell­ stoffe mit höheren Restligningehalten ergeben und zu Proble­ men bei der Rückgewinnung der Mineralsäuren führen.
Auch Ameisensäure ist wiederholt als Mittel für den Holzauf­ schluß vorgeschlagen worden. So verwenden Silbergleit et al. (8) ein Zweistufenverfahren, bei dem Hackschnitzel mit Ameisen- oder Essigsäure in der ersten Stufe und Zugabe von Wasserstoffperoxid in der zweiten Stufe, auf 70-100°C erhitzt werden. Die hierfür erforderlichen Mengen an Wasser­ stoffperoxid sind jedoch nach Poppius et al. (9, 10) sehr hoch und stellen die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens in Frage.
Das erfindungsgemäße Verfahren besitzt gegenüber den konven­ tionellen Verfahren zur Zellstoffgewinnung den Vorteil, daß es keine anorganischen Aufschlußchemikalien verwendet und damit keine SO2-haltigen Abgase oder schwermetallhaltigen Abwässer entstehen. Die Zellstoffe lassen sich mit Ozon in Essigsäure (11) und/oder Wasserstoffperoxid bleichen, wobei weder Chlor noch schwermetallhaltige Abwässer gebildet werden. Ameisen- und Essigsäure werden durch Destillation zurückgewonnen, so daß das Lignin und die Hemicellulosen zwecks Chemikalienrückgewinnung nicht verbrannt zu werden brauchen.
Von dem von De Haas und Lang (1) beschriebenen Verfahren des Druckaufschlusses mit wäßriger Essigsäure unterscheidet sich das erfindungsgemäße Verfahren durch den Zusatz von Ameisensäure, wodurch Zellstoffe mit deutlich niedrigeren Restligningehalten und verbesserten Eigenschaften erhalten werden. Wie aus Tab. 1 hervorgeht, bewirkt der Zusatz von 10% Ameisensäure unter sonst gleichen Aufschlußbedingungen bei Fichtenzellstoff eine Reduzierung der Kappazahl von 15,6 auf 3,6, entsprechend einem Ligningehalt von 2,5 auf 0,5%, während die Ausbeute nur geringfügig abfällt.
Ähnliches gilt für Pappel- und Micanthus-Zellstoff (Tab. 1). Entsprechend steigen die Weißgrade der drei Zellstoffe um 8-15%-Punkte an. Niedrigere Kappazahlen und höhere Weißgrade bedeuten einen geringeren Einsatz der teuren Bleichchemikalien, die für die Wirtschaftlichkeit des Verfah­ rens von Bedeutung sind.
Wie aus Tab. 1 hervorgeht, nehmen auch die Festigkeitseigen­ schaften der mit Ameisensäurezusatz erhaltenen Zellstoffe deutlich zu. Dies gilt insbesondere für die Durchreißfestig­ keit , die allgemein bei sauren Aufschlußverfahren niedri­ ger liegt als bei alkalischen, wie z. B. dem Sulfatverfahren. Da Sulfatzellstoffe heute allgemein für die Papierherstellung als Standard angesehen werden, kommt der Erhöhung der Durch­ reißfestigkeit bei dem erfindungsgemäßen Verfahren beson­ dere Bedeutung zu.
Tabelle 1
Vergleich der Zellstoffeigenschaften nach Aufschluß (2 h, 180°C, Pappel und Miscanthus 170°C) mit 85%iger Essigsäure und mit 85%iger Essigsäure+10% Ameisensäure
Der aus Tab. 1 ebenfalls ersichtliche Anstieg der R-10 Werte im Zusammenhang mit den niedrigen Xylose- und Mannosegehalten bedeutet niedrigere Hemicellulosegehalte der mit Ameisensäu­ rezusatz erhaltenen Zellstoffe und damit ihre Eignung als Ausgangsstoffe (Chemiezellstoffe) für die Herstellung von Cellulosederivaten. Das erfindungsgemäße Verfahren bietet insbesondere Vorteile bei der Herstellung von Celluloseace­ tat, weil bei ihm die Vorquellung des Zellstoffes in Essig­ säure vor der Acetylierung sowie eine Essigsäure-Rückgewin­ nungsstufe entfallen.
Die optimale Ameisensäurekonzentration hängt ab von der Aufschlußtemperatur, der Aufschlußzeit, der Holzart und dem Wassergehalt des Aufschlußmediums. Wie aus Tab. 2 hervor­ geht, überwiegt bei 190°C mit 20%iger Ameisensäure bereits nach 1 h die Ligninkondensation, weshalb in Tab. 1 ein zweistündiger Aufschluß mit 10%iger Ameisensäure bei 180 bzw. 170° gewählt wurde.
Tabelle 2
Kappazahl, Weißgrad und Ausbeute von Fichtenzellstoff in Abhängigkeit von Aufschlußtemperatur und Ameisensäurekonzentration (85%ige Essigsäure, 1 h)
Die Ameisensäure erhöht die Acidität des Aufschlußmediums und damit den Ligninabbau, während die Ligninkondensationen langsamer zunehmen. Gegenüber Mineralsäuren als Katalysatoren erscheint die Selektivität der Ameisensäure beim Ligninabbau erhöht. Außerdem erhöht die Ameisensäure die Löslichkeit des Lignins im Aufschlußmedium.
Die chlorfreie Bleiche der nach dem erfindungsgemaßen Verfah­ ren erhaltenen Zellstoffe ist gegenüber der von konventionellen Zellstoffen grundlegend vereinfacht. Während man bei der konventionellen Zellstoffbleiche heute üblicherweise fünf Bleichstufen mit Sauerstoff, Peroxid, Ozon, Natronlauge und eventuell Chlordioxid benötigt, sind für die Bleiche des erfindungsgemäßen Verfahrens zwei bis drei Bleichstufen mit geringen Mengen Ozon in Essigsäure (11) und/oder Peres­ sigsäure ausreichend.
Beispiel 1
Fichtenholzhackschnitzel (20×35×5-6 mm), mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 8%, wurden mit der 6fachen Ge­ wichtsmenge 85%iger Essigsäure übergossen, die 10% Ameisen­ säure enthielt, und in einem Drehautoklaven 2 Stunden auf 180°C erhitzt (Aufheizzeit 40 min). Danach wurde durch Abdampfen eines Teiles der Kochlauge auf unter 100°C abge­ kühlt, der Faserstoff auf einer Nutsche abgepreßt und mit 85%iger Essigsäure nachgewaschen. Der Filterkuchen wurde mit einem Labormischer in einem großen Becherglas unter 85%iger Essigsäure aufgeschlagen und erneut abgenutscht. Der erhaltene Zellstoff war splitterfrei und hatte die in Tab. 1 angegebenen Eigenschaften.
Zum Vergleich wurden Fichtenhackschnitzel mit 85%iger Essig­ säure, die keine Ameisensäure enthielt, unter sonst gleichen Bedingungen aufgeschlossen und aufgearbeitet. Die Eigenschaf­ ten des unter diesen Bedingungen erhaltenen Zellstoffes sind ebenfalls in Tab. 1 angegeben.
Der unter Ameisensäurezusatz erhaltene Fichtenzellstoff (Tab. 1) wurde auf einer Nutsche mit Eisessig gewaschen, auf eine Konsistenz von 35% abgepreßt, in einer Kaffeemühle 30 sec aufgeflufft und anschließend in einem Rundkolben am Rotationsverdampfer mit einem 3%igen Ozon-Sauerstoff- Gemisch begast. Danach wurde der Zellstoff auf einer Nutsche zuerst mit Wasser und danach mit einer 0,2%igen Peressig­ säurelösung in Wasser gewaschen, auf 15%ige Konsistenz abgepreßt, 1 h bei 80°C erhitztund abschließend auf der Nutsche mit Wasser gewaschen.
Der gebleichte Fichtenzellstoff hat die in Tab. 3 angegebenen Eigenschaften.
In einem zweiten Ansatz wurde Fichtenzellstoff bei 15%iger Konsistenz nur mit Peressigsäure, zuerst in Essigsäure mit 0,7% bei 80°C, 90 min, und danach in Wasser mit 1,3% bei 80°C, 120 min, gebleicht. Die Ergebnisse finden sich ebenfalls in Tab. 3.
Beispiel 2
Hackschnitzel (80×20×5 mm) einer sechsjährigen Pappel (Populus nigra vom Klon "Rapp"), mit einem Feuchtegehalt von 10%, wurden mit der sechsfachen Menge einer 85%igen Essigsäure, die 10% Ameisensäure enthielt, übergossen und zwei Stunden im Drehautoklaven auf 170°C erhitzt. Die Aufarbeitung, Zerfaserung und Wäsche des Zellstoffes erfolgte wie in Beispiel 1 für Fichtenzellstoff beschrieben. Die Zellstoffeigenschaften sind in Tab. 1 wiedergegeben.
Die Bleiche des Zellstoffes erfolgte in zwei Stufen mit Peressigsäure, zuerst mit 0,7% in 6,6 Teilen Eisessig 90 min bei 80°C, und danach mit 1,3% Peressigsäure in 6,6 Teilen Wasser 120 min bei 80°C. Die Eigenschaften des gebleichten Zellstoffes sind in Tab. 3 wiedergegeben.
Beispiel 3
Auf eine Länge von 2,5 cm gehäckselte Stengel von Miscanthus sinensis "Giganteus" mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 18% wurden mit der zehnfachen Menge 85%iger Essigsäure, die 10% Ameisensäure enthielt, übergossen und in einem Drehautoklaven 2 h auf 170°C erhitzt (Aufheizzeit 40 min). Aufarbeitung, Zerfaserung und Wäsche des Zellstoffes erfolgte wie in Beispiel 1 für Fichtenzellstoff beschrieben. Der Zellstoff war splitterfrei. Seine Eigenschaften ergeben sich aus Tab. 1 und sind denen von unter gleichen Bedingun­ gen, aber unter Ausschluß von Ameisensäure erhaltenen Zell­ stoffen gegenübergestellt.
Die Bleiche des Zellstoffes erfolgte zweistufig mit Peressig­ säure, wie für Pappelzellstoff unter Beispiel 2 beschrieben. Die Eigenschaften des gebleichten Zellstoffes finden sich in Tab. 3.
Beispiel 4
Fichtenhackschnitzel der unter Beispiel 1 angegebenen Art wurden mit der sechsfachen Menge 85%iger Essigsäure übergos­ sen, die in vier Ansätzen 5, 10, 15 oder 20% Ameisensäure enthielt, und im Drehautoklaven je 1 h auf 190°C erhitzt. Aufarbeitung, Zerfaserung und Wäsche der erhaltenen Zellstof­ fe erfolgte in gleicher Weise wie bei Beispiel 1. Danach waren die Zellstoffe splitterfrei. Ihre Restligningehalte, Weißgrade und Ausbeuten ergeben sich aus Tab. 2.
Tabelle 3
Eigenschaften der mit Ozon (Z) und Peressigsäure (Pa) gebleichten Zellstoffe beim Mahlgrad 20 SR
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Claims (17)

1. Verfahren zur Gewinnung von Zellstoffen aus Lignocellulo­ sen durch Erhitzen mit wäßriger Essigsäure unter Druck unter Zugabe von Ameisensäure.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Lignocellulose Holz oder eine Einjahrespflanze ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Aufschlußtemperatur zwischen 130 und 190°C liegt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Essigsäure-Konzen­ tration im Aufschlußmedium zwischen 50 und 95%, die Ameisensäure-Konzentration unter 40% und die Wasserkon­ zentration unter 50% liegt.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Feuchtegehalt der Lignocellulose durch eine Vorbehand­ lung bei erhöhter Temperatur oder durch Lösungsmittel­ dämpfe reduziert werden kann.
6. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem das Gewichtsverhältnis der Lignocellulose zur Aufschlußlösung 1 : 1 bis 1 : 12 beträgt.
7. Verfahren zur kontinuierlichen Extraktion von Lignin und Hemicellulosen aus Lignocellulosen mit einem Essig­ säure/Ameisensäure/Wasser-Gemisch unter Druck bei einer Temperatur zwischen 130 und 190°C.
8. Verfahren nach Anspruch 7, bei dem die zerkleinerte Lignocellulose kontinuierlich in einen Druckkocher einge­ tragen wird, in dem sie im Gegenstrom von der Aufschlußlö­ sung extrahiert wird und den Kocher auf der anderen Seite in extrahierter Form kontinuierlich verläßt.
9. Verfahren nach Anspruch 7, bei dem die Essigsäure-Konzen­ tration mindestens 50%, die Ameisensäure-Konzentration höchstens 40% und die Wasserkonzentration höchstens 50% beträgt.
10. Verfahren nach Anspruch 7, bei dem eine kontinuierliche Extraktion dadurch erreicht wird, daß 2-20 Aufschluß­ gefäße hintereinandergeschaltet sind und die Aufschluß­ lösung die Lignocellulose im Gegenstrom extrahiert.
11. Verfahren nach Ansprüchen 1 und 7, bei denen die Zerfase­ rung des Zellstoffes mit eingeschlossen ist.
12. Verfahren nach Anspruch 7, bei dem der Waschprozeß des Zellstoffes in die kontinuierliche Extraktion mit eingeschlossen ist.
13. Verfahren nach Ansprüchen 1 und 7, bei dem die Lignocel­ lulose mit einem Lösungsmittel zur Entfernung der In­ haltsstoffe vorextrahiert wird.
14. Verfahren nach Ansprüchen 1 und 7, bei dem der Aufschluß­ lösung Acetanhydrid zugegeben wird.
15. Verfahren nach Ansprüchen 1 und 7, bei dem der Aufschluß­ lösung ein Bleichmittel zugegeben wird.
16. Verfahren nach Ansprüchen 1 und 7, bei dem die Lignocel­ lulose vor der Eingabe in das Aufschlußgefäß mit Ameisen­ säure, Essigsäure, Essigsäureanhydrid oder deren Dämpfen imprägniert wird.
17. Verfahren nach Ansprüchen 1 und 7, bei dem die Lignocel­ lulose mit einem Lösungsmittel oder dessen Dämpfen imprägniert wird, das mit Wasser ein Aceotrop bildet.
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