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Verfahren zur Herstellung von hochpolymeren stickstoffhaltigen Verbindungen
Es wurde gefunden, daB man technisch sehr wertvolle, hochpolymere stickstoffhaltige
Verbindungen erhält, wenn man auf polymerisierbare Säureamide vor oder während der
Polymerisation oder auf die bereits polymerisierten Säureamide Formaldehyd oder
wie dieser reagierende Stoffe einwirken läBt und die erhaltenen Produkte einer Hitzebehandlung
unterwirft. Die den Gegenstand des älteren Patents 733 317 bildende Umsetzung von
polymerem oder monomerem Methacrylsäureamid mit Aldehyden und die Polymerisation
des zuletzt genannten Umsetzungsproduktes wird ausgenommen.
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Als polymerisierbare Säureamide seien z. B. Acrylsäureamid, a-Methylacryl-
oder a-Äthylacrylsäureamid sowie a-Chloracrylsäureamid genannt. Der Formaldehyd
kann in Form der wäBrigen Lösung oder als polymerer Formaldehyd zur Anwendung gelangen.
Als Stoffe, die wie Formaldehyd reagieren, seien genannt: Hexamethylentetramin,
Methylolverbindungen von Säureamiden, und zwar sowohl von Monowie
auch
von Polycarbonsäuren, z. B. Mono- oder Dimethylolhaxnstoff, monomeres Acrylsäure-
oder a-Methylacrylsäuremethylolamid, sowie deren Polymerisationsprodukte, ferner
Methylolverbindungen von Phenolen, beispielsweise p-Kresoldicarbinol.
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Die Einwirkung des Formaldehyds auf die monomeren oder polymeren Säureamide
erfolgt zweckmäßig bei einer Wasserstoffionenkonzentration von p$ 7 bis 1o. In saurem
Medium erfolgt die Anlagerung entweder gar nicht oder nur unvollständig, und in
stärker alkalischem Medium werden die Amide mehr oder weniger verseift. Zur Einstellung
der gewünschten Wasserstoffionenkonzentration kann man Natronlauge, Bariumhydroxydlösung,
Sodalösung, Magnesiumcarbonatlösung, Amine, organische Basen u. dgl. verwenden.
Bei der Einwirkung des Formaldehyds auf die monomeren polymerisierbaren Säureamide
erhält man die entsprechenden Methylolverbindungenoder, falls man zur Kondensation
Methylolverbindungen der erwähnten Art verwendet, entsprechend niedrigmolekulare
Kondensationsprodukte, die alle polymerisationsfähig sind. Aus Acrylsäureamid und
Formaldehyd wird beispielsweise Acrylsäuremethylolamid gebildet. Die Polymerisation
dieser monomeren Methylolverbindungen bzw. der Kondensationsprodukte kann in bekannter
Weise, z. B. in Gegenwart von sauerstoffabgebenden Mitteln, erfolgen.
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Man kann die Behandlung mit Formaldehyd oder wie dieser reagierenden
Stoffen aber auch während der Polymerisation der Säureamide vornehmen. Die Behandlung
der bereits polymerisierten Säureamide mit Formaldehyd u. dgl_ kann in entsprechender
Weise erfolgen.
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Man kann die polymerisationsfähigen Methylolamidverbindungen bzw.
polymerisatiönsfähigen Kondensationsprodukte auch zusammen.mit anderen unter den
gleichen Bedingungen polymerisierbaren Vinylverbindungen polymerisieren. Ferner
kann man die Behandlung mit Formaldehyd oder mit Methylolverbindungen auch an Mischungen
oder Mischpolymerisaten von Säureamiden und anderen polymerisierbaren Vinylverbindungen
während oder nach der Polymerisation vornehmen. Als für die Herstellung von MischpQlymerisaten
geeignete Verbindungen seien Vinylester, Vinyläther, Acrylsäureester, Vinylchlorid
und Styrol genannt.
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Die erhaltenen hochpolymeren stickstoffhaltigen Verbindungen werden
gegebenenfalls unter Zusatz von schwach sauer reagierenden Stoffen einer Hitzebehandlung
unterworfen. Dadurch verlieren sie ihre ursprüngliche Wasserlöslichkeit oder Wasserquellbarkeit
und ihre thermoplastischen Eigenschaften. Außerdem ändern sich dabei die übrigen
Eigenschaften, wie Dichte, Härte und mechanische Festigkeit. Man kann die Hitzebehandlung
der Produkte auch stufenweise vornehmen, wodurch besonders die Plastizität und damit
die Verarbeitungsmöglichkeit der Produkte den jeweiligen Bedingungen weitgehend
angepaßt werden kann. Häufig ist es zweckmäßig, die Hitzebehandlung unter gleichzeitiger
Anwendung von Druck vorzunehmen.
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Die erhaltenen Produkte eignen sich zur Herstellung von Überzügen,
Filmen und Formkörpern aller Art. Durch Mitverwendung von Farb-, Füll- und/oder
Faserstoffen sowie von Weichmachungsmitteln können die Eigenschaften der Produkte
und der aus ihnen hergestellten Formkörper weitgehend verändert werden. Die Produkte
eignen sich auch als Klebemittel sowie als Behandlungsmittel für Papier und Textilien,
beispielsweise zum Leimen von Papier, zur Herstellung von Appreturen oder zum Wasserfestmachen
'dieser Stoffe. Hierbei werden zweckmäßig Lösungen der erhaltenen Kondensationsprodukte
verwendet. Die mit diesen Lösungen behandelten oder imprägnierten Stoffe werden
zwecks Härtung der Kondensationsprodukte einer Hitzebehandlung, gegebenenfalls unter
Anwendung von Druck, unterworfen. Die Produkte eignen sich insbesondere auch als
Bindemittel, z. B. zur Herstellung von Bremskörpern, Kupplungsscheiben, Schleifscheiben
u. ä.
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Durch Zusatz von Stoffen, die mit Formaldehyd oder mit wie Formaldehyd
reagierenden Verbindungen selbst zu reagieren vermögen, z. B. Phenol, Anilin, Harnstoff
oder Cyanamid, während der Kondensation oder durch Zusatz von Kondensationsprodukten
dieser Stoffe mit Formaldehyd u. dgl. bei der Hitzebehandlung der hochpolymeren
stickstoffhaltigen Kondensationsprodukte kann man die Eigenschaften der Endprodukte
weiterhin in außerordentlich reichhaltigem Maße verändern. Beispiel 1 71 Gewichtsteile
Acrylsäureamid werden in 21o Gewichtsteilen 16,5°/Qiger wäßriger Formaldehydlösung
gelöst, mit Natronlauge oder Kaliumcarbonatlösung auf p$ = g eingestellt und
30 Minuten lang unter Rückfluß zum Sieden erhitzt. Die so entstandene Lösung
von Acrylsäuremethylolamid wird mit 7o Gewichtsteilen Wasser und o,35 Gewichtsteilen
Kahumpersulfat versetzt, auf p$ = 7 eingestellt und unter Rühren auf 7o° erwärmt.
Es entsteht eine hochviskose Lösung des polymeren Acrylsäuremethylolämids, aus der
nach bekannten Verfahren Filme hergestellt werden können. Durch Nachpressen bei
18o° werden diese vollkommen wasserunlöslich. Beispiel 2 Ein Gemisch aus 49 Gewichtsteilen
gemäß Beispiel 1 hergestelltem monomerem Acrylsäuremethylolamid und 34 Gewichtsteilen
a-Methylacrylsäureamid wird in 6oo Gewichtsteilen Wasser bei-p$ = 6 nach Zusatz
von o,8 Gewichtsteilen Kaliumpersulfat bei 7o° polymerisiert. Die erhaltene viskose
Lösung wird vorsichtig eingedampft und der feste Rückstand bei 18o° verpreßt. Die
erhaltenen Formstücke sind wasserunlöslich. Beispiel 3 5oo Gewichtsteile Vinylchlorid
und 5o Gewichtsteile gemäß Beispiel 1 hergestelltes monomeres Acrylsäuremethylolamid
werden in 140o Gewichtsteilen einer verdünnten Lösung eines Alkalisalzes einer echten
Sulfönsäure der Stearinsäure emulgiert und nach Zusatz von 4 Gewichtsteilen Kaliumpersulfat
bei 5o° während 41 Stunden polymerisiert. Das entstandene
Mischpolymerisat
wird aus der Emulsion gefällt und dann getrocknet. Beim Verpressen bei 18o° liefert
es wasserunlösliche Formkörper von einem Erweichungspunkt von etwa 85°., Beispiel
4 Eine Lösung von 192 Gewichtsteilen Harnstoff in 24o Gewichtsteilen einer 2o°/oigen
wäßrigen Polya-methylacrylsäureamidlösung und 775 Gewichtsteilen 3o°/jgem wäßrigem
Formaldehyd wird 45 Minuten lang bei pH = 8 bis 8,2 auf 45° erwärmt, durch Zugabe
von Ameisensäure auf pH = 4,2 eingestellt, 75 Minuten lang zum Sieden erhitzt, mit
Natronlauge auf pH = 7,5 eingestellt und abgekühlt. Der erhaltene klare Lack ergibt
Filme, die nach Härten bei ioo° höhere Haft-und Wasserfestigkeit zeigen als Filme
aus Harnstoffharzen ohne den Zusatz von Methylacrylsäureamid. Beispiel 5 Ein Gemisch
von 535 Gewichtsteilen 2o°/oiger wäßriger Poly-a-methylacrylsäureamidlösung, 195
Gewichtsteilen 3o°/oigem wäßrigem Formaldehyd und 15oo Gewichtsteilen Wasser wird
mit Natronlauge auf pH = g eingestellt, 35 Minuten lang auf 8o bis 85° erhitzt und
nach Zugabe von 225 Gewichtsteilen 3o°/oigem wäßrigem Formaldehyd mit Ameisensäure
auf pH = 7 eingestellt. Die Lösung wird dann mit go Gewichtsteilen Harnstoff und
0,04 Gewichtsteilen Magnesiumcarbonat versetzt, 1i/2 Stunden lang auf 85 bis go°
erhitzt und mit 216 Gewichtsteilen Zellstoff heiß verknetet. Die erhaltene Masse
wird bei ioo° etwa 4 Stunden lang getrocknet und nach Zusatz von 3,5 Gewichtsteilen
a-Dichlorhydrin und o,1 Gewichtsteil Zinkstearat gepulvert. Das Pulver ergibt beim
Pressen bei 145° und 3oo Atm. hochglänzende, wasserbeständige Preßkörper. Beispiel
6 In 8oo Gewichtsteilen 21,6°/oiger wäßriger Formaldehydlösung werden 17o Gewichtsteile
monomeres a-Methylacrylsäureamid und 12o Gewichtsteile Harnstoff unter Erwärmen
gelöst. Die Lösung wird mit Natronlauge auf pH = g eingestellt, 30 Minuten
lang auf etwa ioo° erhitzt, mit Ameisensäure auf pH - 7 eingestellt und nach Zugabe
von o,9 Gewichtsteilen Kaliumpersulfat und 140 Gewichtsteilen Wasser 6o Minuten
lang auf 7o° erwärmt. Die erhaltene klare, hochviskose Lösung wird mit 3oo Gewichtsteilen
Zellstoff heiß verknetet. Die Masse wird dann bei ioo° getrocknet, unter Zusatz
von 5 Gewichtsteilen a-Dichlorhydrin und 0,15 Gewichtsteilen Zinkstearat vermahlen
und bei 18o° verpreßt. Beispiel 7 Zu 125o Gewichtsteilen warmer, 3o°/oiger neutraler
wäßriger Formaldehydlösung werden 40o Gewichtsteile Harnstoff und o,2 Gewichtsteile
Magnesiumcarbonat gegeben, und die Lösung wird unter Rühren i Stunde lang zum Sieden
erhitzt. Dann werden 5oo Gewichtsteile 2o°/oige Poly-a-methylacrylsäureamidlösung
zugesetzt, und die Mischung wird 2o Minuten lang gekocht. Die entstandene klare
Lösung "wird mit 45o Gewichtsteilen Zellstoff heiß gemischt, die erhaltene Masse
75 Minuten lang bei ioo° getrocknet und nach Zusatz von 7,5 Gewichtsteilen a-Dichlorhydrin
und 2,5 Gewichtsteilen Zinkstearat gepulvert. Das Pulver liefert beim Verpressen
bei 1q.5° und 3oo Atm. Druck Preßkörper, die eine ausgezeichnete Elastizität besitzen.
Beispiel 8 Ein Gemisch von 5oo Gewichtsteilen einer 2o°/oigen wäßrigen Lösung eines
Mischpolymerisats aus 7o Teilen a-Methylacrylsäureamid und 3o Teilen Acrylsäuremethylester
und 24o Gewichtsteilen Dimethylolharnstoff wird in 75o Gewichtsteilen Wasser gelöst,
die Lösung wird mit Natronlauge auf pH = 6 eingestellt, 5o Minuten lang zum Sieden
erhitzt und mit 227 Gewichtsteilen Zellstoff heiß verknetet. Die erhaltene weiße
Masse. wird bei ioo° getrocknet, bei 15o° verpreßt und bei 18o° unter Druck nachgehärtet.
Beispiel g Zu io5o Gewichtsteilen 3o°/@ger wäßriger Formaldehydlösung von PH = 4,2
läßt man im Laufe von 30 Minuten eine 7o° warme Lösung von 3oo Gewichtsteilen Harnstoff
in Zoo Gewichtsteilen Wasser zufließen. Die erhaltene Lösung wird 28 Minuten lang
unter Rückflußkühlung gekocht, mit 1 Gewichtsteil i n-Essigsäure versetzt und nochmals
40 Minuten lang gekocht. Nach Zusatz von 275 Gewichtsteilen einer 2o°/jgen wäßrigen
Lösung eines Polymerisations-. produktes aus g Gewichtsteilen a-Methylacrylsäureamid
und 1 Gewichtsteil Acrylsäuremethylester wird die Lösung nochmals 1o Minuten lang
gekocht, dann abgekühlt und mit Natronlauge neutralisiert.
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Zoo Gewichtsteile kurzfaseriger Asbest werden mit 16o Gewichtsteilen
dieser Lösung und 3 Gewichtsteilen a-Dichlorhydrin imprägniert. Die Masse wird bei
8o° getrocknet und bei 145° und 3oo Atm. Druck zu Bremsbelägen verpreßt. Die erhaltenen
Beläge zeigen eine gute Wasserfestigkeit, guten Bremswert, hohe Temperaturbeständigkeit
und geringe Abnutzung.