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Verfahren zur Herstellung von Kunstharzen, Preßmassen und Kunststoffen
durch Kondensation von Dicyandiamid mit Formaldehyd W a 11.a s c h hat durch Kondensation
von Dicyandiamid und Formaldehyd in Gegenwart von Säuren oder auch ohne Kondensationsmittel
ölige Flüssigkeiten bzw. leimige Substanzen erhalten, die er als Ersatz für Glycerin
bzw. als wasserlösliche Klebstoffe zu verwenden beabsichtigte (Patent 323 665 und
325 647 vom Jahre igi9). Etwa acht Jahre später hat -der Erfinder festgestellt,
daß diese Reaktion unter geeigneten Bedingungen zu Kondensationsprodukten von der
Beschaffenheit härtbarer Harze führt, welche unter der vereinten oder getrennten
Einwirkung von Hitze und Druck in unschmelzbare und unlösliche Kunstmassen übergehen.
Es wurde die überraschende Beobachtung gemacht, daß Dicyandiamid bei genügend langem
Erhitzen mit Formaldehyd ein hydrophobes Harz liefert, das sich beim Abkühlen aus
der Reaktionsmischung ausscheidet und bei Berührung mit Wasser in ein Pulver übergeht,
das rasch und gleichmäßig trocknet und in diesem Zustand ein vorzügliches Preßpulver
darstellt. Aus Gemischen von Dicyandiamid und anderen Stoffen, die mit Formaldehyd
harzartige Kondensationsprodukte liefern (wie Harnstoff, Thioharnstoff, Phenole
oder Kresole), konnten nach diesem Verfahren Mischkolloide hergestellt werden, die
sich ganz ähnlich wie das einheitliche Dicyandiamid-Formaldehyd-Kondensationsprodukt
(britische Patenschrift 287 177) verhalten. Ferner. hat der Erfinder kurz
nachher durch Einwirkung von Formaldehyd auf Dicyandiamid unter gleichzeitiger oder
nachfolgender Bildung eines Eiweiß-Formaldehyd-Kondensationsproduktes, mit oder
ohne Anwendung eines sauer- oder alkalisch wirkenden Kondensationsmittels, Kunststoffe
hergestellt, deren Masse ganz oder teilweise aus Mischkolloiden von Dicyandiamid-Formaldehyd-Kondensationsprodukten
und Eiweiß-Formaldehyd-Kondensationsprodukten aufgebautist (britische Patentschrift
323 o47). Auch aus den so erhaltenen Mischkolloiden werden vorzugsweise Preßmischungen
für die Heißpreßtechnik hergestellt.
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Etwas später - ist dann auch von anderer Seite vorgeschlagen worden,
die Kondensation von Dicyandiamid und Formaldehyd zur Herstellung härtbarer Kunstharze
auszunutzen (britische Patentschrift 3ii4 358). Bei diesem bekannten Verfahren handelt
es sich jedoch um die Gewinnung hydrophiler Kondensationsprodukte, wie sie unter
milden Arbeitsbedingungen (kurzes Erhitzen auf Temperaturen unter ioo°) entstehen.
Die so hergestellten Kondensationsprodukte bleiben beim Abkühlen der Reaktionsmischung
gelöst; zur Gewinnung des Harzes muß die Lösung abgedunstet werden.
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Die unmittelbare Gewinnung hydrophober Reaktionsprodukte bietet natürlich
bedeutende
Vorteile nicht nur in Ansehung der Herstellung der Harze
und ihrer weiteren Verarbeitung, sondern auch in bezug auf die Beschaffenheit des
Endproduktes. Die hydrophoben Harze dieser Gattung besitzen alle Eigenschaften,
die für die Herstellung von Schnellpreßmassen bedeutungsvoll sind. Man kann sie
durch Weitererhitzen in einen hohen und durchaus gleichmäßigen Polymerisationszustand
bringen, als flüssige Harze mit Fasern und Füllmitteln homogen vermengen und in
der Mischung durch fortgesetztes Erhitzen weiterpolymerisieren, so daß dann die
Heißpressung im Wesen nur noch der mechanischen Formgebung dient. Schließlich sind
diese Kondensationsprodukte auch im Zustande der höchsten Polymerisationsstüfe noch
fließbar, wenn beim Trocknen dieser auch die letzten Anteile des Wassers sehr leicht
abgebenden Harze dafür gesorgt wird, daß ein bestimmter geringer Anteil des Wassers
in der Masse zurückbleibt. Trotz aller dieser höchst schätzbaren Eigenschaften hat
sich jedoch bei der fortgesetzten Erforschung dieser neuartigen Aminoplaste gezeigt,
daß die Endprodukte nicht jenen Grad von Unempfindlichkeit gegen Wasser besitzen,
der nach der besonders hydrophoben Beschaffenheit der Kondensationsprodukte zu erwarten
war. Nach vielfachen Versuchen ist es nun gelungen, die Ursache dieser Erscheinung
aufzufinden und diesen Mangel des ursprünglichen Verfahrens zur Herstellung hydrophober
Harze durch Köndensation von Dicyandiamid und Formaldehyd dadurch zu beseitigen,
daß die Kondensation unter Einhaltung einer Wasserstoffionenkonzentration durchgeführt
wird, die geringer ist, als dem Wert pj, = 5 entspricht, am zweckmäßigsten bei einer
Wasserstoffionenkonzentration zwischen pl, - 8 und pl, = i o.
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Es wurde nämlich gefunden, daß das Dicyandiamid schon bei einer Wasserstoffkonzentration,
die um weniges höher ist, als der neutralen Reaktion (pl, 7) entspricht, in Dicyandiamidin
übergeführt wird. Dieses Dicyandiamidin ist ein sehr hygroskopischer Stoff, dessen
Anwesenheit im Endprodukt seine Beschaffenheit sehr ungünstig beeinflußt. Dies ist
der Grund, warum man selbst bei Durchführung der Kondensation ohne Zusatz von Kondensationsmitteln,
in Gegenwart j euer geringen Mengen Ameisensäure, die die handelsübliche wässerige
Formaldehydlösung von Haus aus erhält, zu Endprodukten kommt, die nicht den erforderlichen
hohen Grad von Unempfindlichkeit gegen Wasser besitzen. Wird hingegen die Kondensation
in dem bezeichneten pol Bereich durchgeführt, so entsteht ein hy drophöbes Harz,
das zur Herstellung von Preßmassen jeder Art vorzüglich geeignet ist. Dabei geht
die Kondensation in diesem Ph,-Bereich. auch überraschend schnell vor sich.
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Zur Ausführung des Verfahrens läßt man die Kondensation beispielsweise
in Gegenwart entsprechender Mengen von Stoffen, die Hydroxylionen abspalten, vor
sich gehen, wobei sich der Zusatz einer in dem bezeichneten pl,- Bereich gutwirkenden
Puffermischung empfiehlt. Unter diesen Arbeitsbedingungen entsteht schon bei einstündigem
Kochen des Reaktionsansatzes eine Reaktionsmischung, die sich in der Hitze trübt
und aus der beim Abkühlen ein zähes hydrophobes Harz ausfällt. Zur weiteren Verarbeitung
kann man nun das hydrophobe Harz durch Abkühlenlassen der Mischung oder durch Wasserzusatz
abscheiden, um es sodann zu waschen, neuerlich aufschmelzen und mit faserigen Stoffen
beliebiger Art (pflanzlichen, mineralischen oder vegetabilischen Ursprunges.) vermischen.
Statt dessen kann auch die ursprüngliche Reaktionsmischung, wenn eine Probe zeigt,
daß das beim Abkühlen ausfallende hydrophobe Harz gebildet ist, im Kneter oder im
Walzwerk unmittelbar mit Faserstoffen vermischt werden. In jedem Falle wird -die
Mischung hernach getrocknet und der vereinten oder getrennten Einwirkung von Hitze
und Druck zugeführt.
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Die Kondensation kann auch bei Temperaturen unterhalb des Siedepunktes
der Formaldehydlösung durchgeführt werden. Andererseits läßt sie sich mit Vorteil
auch unter erhöhtem Druck bewerkstelligen.
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Weiter wurde gefunden, daß sich die Beschaffenheit der Endprodukte
durch die Einverleibung von Metallsalzen, wie beispielsweise Kupfersulfat, Zinkchlorid,
Bleinitrat, Nickelsulfat, Kobaltchlorür, Aluminiumsulfat, Zinnchlozür, Bariumchlorid
oder Quecksilberchlorid, in die Kondensationsprodukte bzw. Preßpulver noch beachtlich
verbessern läßt. Die Wirkung dieser Zusätze dürfte vor allem auf der Bindung von
Dicyandiamidin, das trotz der angegebenen Arbeitsbedingungen gebildet worden ist,
beruhen; außerdem kann angenommen werden, daß eine koagulierende Wirkung dieser
Salze noch unterstützend hinzukommt. Ausführungsbeispiele i. 84 g Dicyandi@amid
werden -in 150 g 30 °1oiger Formaldehydlösung gelöst (was einem Verhältnis
von i Mol. Dicyandiamid auf i1/_ Mol. Formaldehyd entspricht), worauf der Lösung
2o cm' 'f" n-Natronlauge zugesetzt werden. Dieser Reaktionsansatz wird nun eine
81, Stunde lang gekocht. Nach dieser Zeit ist -ein stark hydrophobes, in
der
Kälte ausfallendes Harz entstanden. Die' Lösung wird ohne vorherige
Abkühlung mit 84g Cellulose in einem Kneter, mit oder ohne Anwendung von Vakuum,
vermischt.
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Das so erhaltene Gemisch wird allenfalls in zwei Temperaturstufen
zum Zwecke der Polymerisation und Trocknung erhitzt, wobei so viel Wasser zurückbleiben
muß, daß dadurch die genügende Fließfähigkeit in der Heißpresse sichergestellt ist.
Der günstige Endwassergehalt beträgt ungefähr 5 %. Hierauf können der Masse beliebige
Mengen und Sorten von Pigmenten oder Farbstoffen einverleibt werden.
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Auf diese Weise werden Preßmischungen erhalten, welche in der Heißpresse
bei kurzer Preßdau.er Formstücke liefern, die beim Liegen im Wasser nur sehr geringe
Wasseraufnahme zeigen und somit für die mannigfaltigsten elektrotechnischen und
gewerblichen Zwecke verwendbar sind.
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2. 63 g Dicyandiamid werden in i 5o g 30 °/oiger Formaldehydlösung
gelöst (was einem Verhältnis von i Mol. Dicyandiamid auf 2 Mol. Formaldehyd entspricht)
und nach Zusatz von d.o cm31/1d n-Natronlauge i34 Stunden bei Soo C gehalten. Die
Weiterverarbeitung erfolgt genau nach dem Ausführungsbeispiel i.
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3. In die Preßmischungen, welche nach den Ausführungsbeispielen i
und 2 hergestellt werden, können gemeinsam mit dem Pigment beispielsweise i bis
2 °/a Zinnchlorür eingebracht werden.
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An Stelle einer Heißpreß,mischung kann eine Kaltpreßmischung derart
hergestellt werden, daß die Polymerisation und Trocknung nur so weit fortgesetzt
wird, daß eine bei tieferen Temperaturen formbare Masse erhalten wird, die erst
nach der Formung fertiggetrocknet und polymerisiert wird.
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5. An Stelle einer homogenen Preßmischung können auch geschichtete
Stoffe derart erhalten werden, daß mit der Reaktionslösung im Anfang- oder Endzu.stande
Papier oder Textilien aller Art getränkt werden, die nach Trocknung bzw. Polymerisation
des Bindemittels in der Plattenpresse heiß v erpreßt werden.