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Verfahren zur Herstellung von harzartigen, schmelzbaren Kondensationsprodukten
aus Harnstoff oder Harnstoff-Thioharnstoffgemisscchen und polymerem Formaldehyd
Der Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von
Kondensationsprodukten aus Formaldehyd und Harnstoff. Es hat sich gezeigt, daß man
harzartige Kondensationsprodukte mit wertvollen Eigenschaften erhält, wenn man Harnstoff
ohne Zusatz von Wasser oder anderen Flüssigkeiten mit festem polymerem Formaldehyd
ohne Wärmezufuhr .bei gewöhnlicher Raumtemperatur, also z. B. bei i5-,bis z5°, gleichmäßig
vermischt und die Mischung, ebenfalls ohne Wärmezufuhr, bei niedrigen Temperaturen,
vorzugsweise zwischen 15 und 35°, so lange stehenläßt, bis der Formaldehydgeruch
im wesentlichen verschwunden ist. Man erhält dann ein schmelzbares Kondensationsprodukt,
das ohne ,wesentliche Veränderung, insbesondere ohne wesentliche Härtung, längere
Zeit gelagert werden kann und für alle Verwendungszwecke, für welche die Harnstofformaldehydkunstharze
in Frage kommen, vorzüglich geeignet ist. Es kann bei mäßig erhöhter Temperatur
getrocknet, zwecks Erhöhung seines Kondensationsgrades einer Wärmebehandlung unterworfen
werden und für sich allein oder in Mischung mit geeigneter Zusätzen zu Lacken, Überzügen,
geschichteten Bahnen .oder geformten Gegenständen verarbeitet werden.
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Wesentlich für die Ausführung der Erfindung ist, daß die Bildung des
Kondensationsproduktes ohne Wärmezufuhr von außen und bei niedriger Temperatur erfolgt,
da nur in diesem Fall ein lagerfähiges und gegen Wärmeeinwirkungen verhältnismäßig
wenig empfindliches Produkt entsteht. Wird z. B. die Mischung von Harnstoff und
Formaldehyd einer auch nur mäßigen Erwärmung, z. B. auf 50°, unterworfen, bevor
die durch Verschwinden des Formaldehydgeruchs angezeigte Bildung des Kondensationsproduktes
eingetreten ist, so erfolgt mit erheblicher Geschwindigkeit das Fortschreiten der
Kondensation bis zur Bildung eines unschmelzbaren Produktes.
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Die Mengenverhältnisse zwischen Harnstoff und dem festen polymeren
Formaldehyd körnen in weiten Grenzen geändert werden. Man verwendet beispielsweise
auf Zoo Gewichtsteile Harnstoff etwa 7o bis 9o Gewichtsteile Formaldehyd, um ein
härtbares Harz zu erhalten. Man kann die Kondensation zwischen Harnstoff und dem
festen polymeren Formaldeliyd
auch unter Zusatz von Katalysatoren
durchführen und den Harnstoff zum Tei: durch Thioharnstoff ersetzen.
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Beispiel i ioo Gewichtsteile Harnstoff werden inii go Gewichtsteilen
Paraformaldehyd und 5 Gewichtsteilen Zn0 durch Vermahlen in einer Kugelmühleinnig
vermischt. Man kann auch so vorgehen, daß man zunächst den Harnstoff allein in die
Kugelmühle ,gibt, den Paraformal.dehyd erst zusetzt, wenn der Harnstoff in ein feines
Pulver übergegangen ist, und dann das Vermischen in der Kugelmühle vornimmt. Die
erhaltene homogene Mischung wird etwa-8 Tage bei einer Temperatur von etwa 30° gelagert,
bis der Formaldehydgeruch nahezu verschwunden ist. Man erhält ein trockenes, schmelzbares
und hartbares Kondensationsprodukt, das eine ausgezeichnete Lagerfähigkeit zeigt
und in üblicher Weise weiterverarbeitet «erden kann.
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Beispiel 8o Gewichtsteile Harnstoff, 25 Gewichtsteile Thioharnstoff,
So Gewichtsteile Paraformaldehyd und o,5 Gewichtsteile kristallisierte Zitronensäure
werden in der Kugelmühle wie im Beispiel i behandelt und 3 Tage bei etwa 25° gelagert.
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Versendet man einen sauren Katalysator, so kann dieser zweckmäßig
nach Beendigung der Lagerung durch Zusatz von basischen Stoffen, z. B. Zn O, neutralisiert
werden.
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Die erfindungsgemäß erhaltenen Kondensationsprodukte kann man auch
im Gemisch init anderen künstlichen oder natürlichen Harz°ri verarbeiten.
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Es ist bereits bekannt, harzartige, schmelzbare Kondensationsprodukte
aus Harnstoff oder Thioliarnstoff und inonoinerem oder polymerem Formaldehyd so
herzustellen, daß A# @ Reaktionskomponenten in wässeriger Lösung ohne Wärmezufuhr
von außen, bei gewöhnlicher Temperatur bis zum Ablauf der Kondensationsrealz:tion
stehengelassen werden. Das so erhaltene Kondensationsprodukt muß dann erst durch
umständliche Filtrations- und Trocknungsverfahren in den verarbeitungsfälligen Zustand
übergeführt werden.
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Das gemäß derErfindungbeanspruchteVerfahren ist von diesen bekannten
Verfahren scharf dadurch abgegrenzt, daß die Herstellung des harzartigen, schmelzbaren
Kondensationsproduktes aus Harnstoff oder Thioharnstoff und festem polymerem Formaldehyd
auf denn Wege vorgenommen wird, daß ein mechanisches Gemisch der trockenen Komponenten
ohne Wärmezufuhr von außen so lange bei gewöhnlicher Temperatur, vorzugsweise zwischen
15 und 35°, gelagert wird, bis das Verschwinden des Geruchs nach Forinaldelivd di,,
Beendigung derUmsetzung anzeigt. Auf diese N@'eise wird ein direkt verarbeitungsfähige:
Harzprodukt unter Vermeidung von Filtrations- und Trocknungsvorgängen erhalten.
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Es ist ferner bekannt, geformte Gegenstände aus Harnstoff bzw. seinen
Derivaten, feste. polymerenAl.dehyden und Füllstoffen dadurch herzustellen, daß
die einzelnen Komponenten in einer geeigneten Vorrichtung ohne Zusatz von Wasser
oder sonstigen Lösungsmitteln zusammengemischt und unterAnwendung von Hitze und
Druck z. B. in der Heißpresse verpreßt werden. Bei diesem Verfahren, bei dem also
das trockene Gemisch der Koniponenten sofort im Anschluß an ihre llischun.g heiß
verpreßt wird, enthalten die entsteliendm Harze stets noch wechselnde Mengen vo@i
Kondensationsprodukten, die für sich allein nicht mehr schmelzbar sind. Das erforderliche
Fließvermögen der aus diesen Harzet: hergestellten Preßmassen wird durch ihre,)
Gehalt an freiem Wasser hervorgerufen; dises verdunstet jedoch leicht beim Lagern
sol -eher Preßinassen. Die Lagerfähigkeit der Preßmassen ist also gering; diese
besitzen soinit nicht die für die Bedürfnisse der Praxis notwendige und erwünschte
Gleichmäßigkeit der Zusammensetzung, auch nicht das bei der Verpressung wünschenswerte
Verhalten, was sich in den ungünstigen mechanischen Werten der nach diesem Verfahren
erzeugten Prellstücke zeigt.
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Gemäß einem anderen bekannten Verfahren «-erden Formkörper aus festem
polymerem Formaldehyd und Amiden und Thioamiden, insbesondere der Harnstoffgruppe,
dadurch erzeugt, daß man die Reaktionskomponenten mit den Füllstoffen, Farbstoffen
und sonstigen Zusätzen in trockenem Zustande verinisclit und dieses Gemisch gegebenenfalls
nach kalter Vorv erpressung heiß verpreßt. Bei diesem Verfahren erfolgt also Kondensation
und Härtung in einem Arbeitsgang in der geschlossenen beheizten Form unter Druck.
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Die Nachteile dieses Verfahrens bestellen erstens darin, daß die )lasse
bei dem Heißverpressen unerträglich nach Forinaldeliyd riecht, so daß das Verfahren
sich in der Prazis nicht einführen konnte. Außerdem wird d4-)lasse beim Schließen
der heißen Preßforin so dünnflüssig, daß sie bei einer nicht absohlt dichten Form
zum Teil aus den feinen Ritzen der Form lierausgepreßt wird. Der Rest erhält dann,
weil nicht mehr genügend Prei' masse vorhanden ist, einen ungenügenden Druck. Durch
die auf diese Weise entstehenden Hohlräume wird die Festigkeit der Preßstücke herabgesetzt.
Auch zeigt die Oberflächekein gleichmäßigesAussehen; sie ist von -zahlreichen Harznestern
durchsetzt. Es ist
wohl möglich, durch Anwendung von viel saugfähigem
Füllstoff, z. B. von trockenem Holzmehl, diesen Übelstand zu vermeiden, doch wird,
hierdurch die Wasserfestigkeit der Preßstücke so stark herabgesetzt, daß sie den
Anforderungen der Praxis nicht mehr entsprechen.
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Das Verfahren der vorliegenden Erfindung stellt diesen beiden bekannten
Verfahren gegenüber eine .bemerkenswerte Fortentwicklung der Technik dar. Dadurch,
daß .bei diesem Verfahren die Umsetzung zwischen Harnstoff und Paraformaldehyd bei
Zimmertemperatur zunächst nur bis zu einer gewissen Stufe, nämlich bis zur Bildung
von Methylol- .bzw. Dimethylolharnstoff, durchgeführt wird, erhält man ein sehr
gleichmäßiges Produkt, das keinen freien Harnstoff, keinen unveränderten Aldehyd
und keine weiterkondensierten Bestandteile enthält. Wasser ist also nur chemisch
gebunden enthalten. Die Folge davon ist, daß das Kondensationsprodukt sehr gut lagerfähig
ist und daß eine daraus hergestellte Preßmasse ihr Fließvermögen lange Zeit behält,
ohne daß die Gefahr des Austrocknens besteht. Dies ist für Preßmassen von ausschlaggebender
Bedeutung. Ein weiterer, sehr wesentlicher Vorteil des neuen Verfahren besteht darin,
daß die bei Zimmertemperatur vor sich gehende Vorkondensation der Komponenten in
stets gleichbleibender und durch keinerlei Schwankungen der Arbeitsweise beeinflußter
Weise verläuft, so daß eine weitgehende Gleichförmigkeit der erhaltenen Produkte
gewährleistet ist. Die Preßstücke zeigen daher eine sehr gleichmäßige Oberfläche
und besitzen eine wesentlich gesteigerte Festigkeit.