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Verfahren zur Herstellung von Kondensationsprodukten aus Carbamiden,
Thiocarbamiden und deren Derivaten mit Aldehyden, insbesondere Formaldehyd Inder
deutschen Patentschrift 517251 ist ein Verfahren zur Herstellung von Mischkondensationsprodukten
aus Harnstoff- und Thioharnstoffkondensationsprodukten beschrieben. Das Verfahren
wird im wesentlichen in der Weise ausgeführt, daß man dem in alkalischer oder neutraler
Lösung kurze Zeit vorbehandelten Harnstoff gleichzeitig Thioharnstoff und ein saures
Kontaktmittel zufügt. Man erhält auf diese Weise sehr wasserbeständige Harze.
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Bekanntlich bietet die Kondensation von Harnstoff Schwierigkeiten,
die bei der Kondensation von Thioharnstoff nicht vorliegen. Der Harnstoff neigt
sehr leicht zur Bildung amorpher urilöslicher Produkte (wahrscheinlich Methylenharnstoff
), die sich in der Kondensationslösung als Trübungen zeigen und sich nicht weiter
an der Reaktion beteiligen. Sie finden sich auch im fertiggepreßten Produkt noch
als im Wasser quellbare Körper und beeinträchtigen hierdurch wesentlich die sonst
guten Materialeigenschaften der Endprodukte. Man kann die Bildung dieser amorphen
Substanzen, die nur wenig zur Harzbildung neigen, verhindern, wenn man den Harnstoff
vor der eigentlichen 1iondensation bzw. Polynierisation einer Vorbehandlung mit
Formaldehyd in alkalischer oder neutraler Lösung unterwirft (s. z. B. die deutsche
Patentschrift 456 o8a sowie die vorgenannte Patentschrift 517 z51). Bei diesen bekannten
Verfahren gelangt man jedoch zu keiner wesentlichen Verringerung des für die Reaktion
erforderlichen Formaldehydgehaltes. Spätere Verfahren haben ergeben, daß es möglich
ist, die Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsreaktion derart zu führen, daß der Formaldehydgehalt
wesentlich herabgesetzt und trotzdem die Bildung der amorphen Produkte hintangehalten
wird. Diese Verfahren bestehen darin, daß eine im Verhältnis von 1 Mol Harnstoff
auf 1 Mol Formaldehyd vorkondensierte Lösung allmählich in eine saure Kondensationslösung
einfließen gelassen wird, die 1 Mol Harnstoff auf mindestens z Mole Formaldehyd
enthält. Es wird also beispielsweise eine neutrale Monomethylolharnstofflösung in
eine mit sauren Kontaktmitteln versetzte heiße Dimethylolharnstofflösung einfließen
gelassen. Durch die übliche Behandlung dieser Lösung erhält man schließlich ein
Harz, welches Harnstoff und Formaldehyd im Verhältnis von 1 : 1,4 bis 1 : 1,8 enthält
und keine schädlichen amorphen Produkte aufweist. Einer so hergestellten Kondensationslösung
kann natürlich wie jeder anderen Lösung Thioharnstoff, aber nur in begrenzten
Mengen,
zugesetzt werden, da zwar die Kondensation des Thioharnstoffes an sich keine Schwierigkeiten
bereitet, jedoch anscheinend infolge Formaldehydentzuges aus dein niedrig polymeren
Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukt rückbildend wieder die obenerwähnten
Trübungen entstehen können.
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Man hat auch vorgeschlagen, ein Gemisch von Harnstoff und Thioharnstoff
gleichzeitig finit handelsüblichem Formaldehyd zu kondensieren bzw. die gesondert
hergestellte Harnstofkor_densationslösung und Thioharnstoffkondensationslösung zu
vermischen. Da dieses Verfahren ohne Einhaltung der für die Harnstoffkondensationsreaktion
notwendigen Bedingungen vor sich geht, kann man auf diese Weise nur dann zu brauchbaren
Produkten gelangen, wenn man bei niedrigen Temperaturen, z. B. unterhalb 6o °1o,
arbeitet und vom Thioharnstoff mindestens iao % der angenommenen Harnstoffmenge
in die Reaktion einbringt. Nur dieser große Thioharnstoffzusatz ist imstande, die
Schädlichkeit der bei dieseln Verfahren unbedingt sich bildenden amorphen Harnstoffprodukte
auszugleichen, aber auch nur dann, wenn bei niedrigen Temperaturen gearbeitet wird,
was natürlich eine Kondensationsdauer von mindestens io bis 14 Stunden erfordert.
Trotz des sehr hohen Thioharnstoffzusatzes erfordern die nach diesem Verfahren hergestellten
Preßpulver eine relativ hohe Preßzeit, die z. B. weit höher ist als die Preßzeit
der bekannten Phenol-Formaldehyd-Preßpulver. Verwendet man bei diesem Verfahren
höhere Temperaturen oder einen größeren Zusatz von sauren Kontaktmittelmengen, so
erhält man unweigerlich solche Mengen amorpher getrübter Harnstoffprodukte, daß
das Material praktisch unbrauchbar wird. Die Anwendung der gerade noch möglichen
Erhitzungstemperatur und Säuremenge führt zwar zu Kondensationslösungen, die beispielsweise
bei der Mischung mit Füllstoffen und Trocknung bei niedrigen Temperaturei ein brauchbares
Preßpulver ergeben, in@ welchem jedoch das Harz so niedrig polymerisiert ist, daß
einerseits ziemlich hohe Preßzeiten erforderlich sind, anderseits aber bei noch
so hohen Preßzeiten kein völlig wasserbeständiger Preßling erzielt wird.
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Es wurde nun, ausgehend von dem Verfahren des deutschen Patentes 517
251 unter Heranziehung der später gefundenen Verfahren, welche die Bedingungen
für die richtige Kondensationsführung des reinen Harnstoffharzes angeben, die überraschende
Beobachtung gemacht, daß eine Vereinheitlichung dieser Verfahren die Herstellung
eines Harzes gestattet, das sowohl den Harnstoff als auch den Thioharnstoff in der
dem Wesen dieser beiden Produkte entsprechenden richtigen Konstitution enthält,
so daß man in der Lage ist, mit jedem gewünschten Verhältnis von Harnstoff und Thioharnstoff
zu arbeiten, und zwar auch bei höheren Temperaturen und unter Verwendung größerer
Mengen saurer Kontaktmittel.
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Man kann daher ein richtig polymerisiertes Harz auch bei Anwendung
von nur halb soviel Thioharnstoff als Harnstoff erhalten. Der überraschende Effekt
dieses Verfahrens zeigt sich insbesondere bei der Herstellung von Preßpulvern, die
bei ganz kurzer Preßzeit, die gleich oder geringer ist als die Preßzeit der Phenol-Formaldehyd-Preßpulver,
einen außerordentlich widerstandsfähigen, gegen Wasser praktisch unempfindlichen
Preßling liefern.
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lin wesentlichen besteht das neue Verfahren darin, daß ein in alkalischer
oder neutraler Lösung mit Formaldehyd vorbehandeltes Gemisch von Harnstoff und Thioharnstoff
in eine heiße, mit sauren Kontaktmitteln versetzte Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationslösung
allmählich einfließen gelassen wird. Die Verhältnisse werden zweckmäßig derart gewählt,
daß man eine im Verhältnis von 1 Mol Harnstoff, i Mol Thioharnstoff und a Molen
Formaldehyd hergestellte, schwach alkalische oder neutrale Lösung in eine mit sauren
Kontaktmitteln versetzte Lösung einfließen läßt, welche mindestens 2 Mole Formaldehyd
auf i Mol Harnstoff enthält. Es wird also eine neutraleMonomethylolharnstoff-Mononiethylolthioharnstofflösung
in eine mit sauren Kontaktmitteln versetzte Dimethylolharnstofflösung allmählich
einfließen gelassen.
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Die weitere Behandlung der so hergestellten Kondensationslösung erfolgt
in üblicher Weise.
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Der besondere Vorteil des neuen Verfahrens liegt darin, daß man es
vollständig in der Hand hat, eine Harnstoff-Thioharristoff-Mischkondensationslösung
nicht nur in jedem Mischungsverhältnis herstellen zu können, sondern auch jede beliebige
Säurekonzentration, Kondensationsdauer und Kondensationstemperatur anwenden zu können.
Hierin liegt ein ganz eminenter Vorteil für die Herstellung von Preßpulvern. Da
man nämlich an keine engen Grenzen bezüglich dieser Faktoren gebunden ist, kann
man ein so gleichmäßig hochpolymerisiertes Produkt herstellen, das zwar gerade noch
die erforderliche Fließgrenze besitzt, aber nur eine kurze Zeit zur Erreichung des
letzten Polymerisationsstadiums in der Presse erfordert. Da die Kondensation von
vornherein in die richtigen Bahnen gelenkt ist, kann das Pulver ohne Gefahr, trotz
der Anwesenheit von Säure und
von verhältnismäßig geringen Thioharnstoffmengen,
sehr weitgehend getrocknet werden. Hierin liegt ein für den Großbetrieb sehr bedeutsamer
Faktor, da man die saure Preßmasse, die für einen bestimmten Zweck eine zu niedrige
Polymerisationsstufe aufweist, einfach durch Erhitzen auf höhere Temperaturen betriebstechnisch
wesentlich verbessern kann, wobei man es ganz in der Hand hat, durch das nachträgliche
Trocknen jeden beliebigen Polymerisationsgrad und damit eine ganz kurze Preßzeit
zu erreichen. Beispiel i 30o Gewichtsteile Carbamid werden in i5oo Gewichtsteilen
einer 30%igen Formaldehydiösung, welche vorher neutralisiert wurde, gelöst und 5
Gewichtsteile io%ige Essigsäure dazugegeben.
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Die Lösung wird zum Kochen erhitzt, und man läßt in die kochende Lösung
eine Auflösung von 562 Gewichtsteilen Thioharnstoff und .I50 Gewichtsteilen C arbamid
in i 50o Gewichtsteilen einer neutralen Formaldehydlösun5 (30%ig) in einem Zeitraum
von i/4 bis Stunde einlaufen. Man kocht nun etwa 3j4 bis i Stunde nach. Nach dieser
Zeit haben sich starke hydrophobe Massen gebildet, welche beim Abkühlen in großen
Mengen ausfallen. Das angefallene Kondensat wird nun entweder neutral oder sauer,
wie es ist, mit Cellulose vermischt und bei niedrigen Temperaturen getrocknet. Das
trockene Produkt wird. vermahlen und in der Heißpresse zu Formlingen verarbeitet.
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Beispiel e 40o Gewichtsteile einer neutralen Formaldehydlösung werden
mit 6 Gewichtsteilen ioo;oiger Essigsäure versetzt und zum Kochen gebracht. In die
kochende Lösung läuft eine Lösung von 456 Gewichtsteilen ThioharnstOff und 7-2o
Gewichtsteilen Harnstoff und iSoo Gewichtsteilen neutralen Formaldehyds innerhalb
einer halben Stunde.
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Man kocht etwa 3/4 bis i Stunde nach, bis sich stark hydrophobe Massen
gebildet haben, und trocknet nun neutral oder sauer bei niedrigen Temperaturen.
Beispiel 3 3oo Gewichtsteile Carbamid werden in i 50o Gewichtsteilen einer neutralen
Formaldehydlösung gelöst, mit 5 Gewichtsteilen io%iger Essigsäure versetzt und zum
Kochen erhitzt. In die kochende Lösung läuft eine Auflösung von 66o Gewichtsteilen
Carbamid, 456 Gewichtsteilen Thioharnstoff und i 70o Gewichtsteilen einer 30%igen
Formaldehydlösung neutral innerhalb von etwa 314 bis i Stunde.
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Die Lösung wird etwa i Stunde weitergekocht, bis sich stark hydrophobe
Massen gebildet haben, und neutral oder sauer, wie sie ist, mit Cellulose gemischt
und wie üblich verarbeitet.