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Verfahren zur Herstellung von flüssigen und festen Kondensationsprodukten
aus Harnstoff oder Harnstoffderivaten und Formaldehyd Gegenstand der Erfindung ist
ein Verfahren zur Herstellung von flüssigen und festen Kondensationsprodukten aus
Harnstoff oder Harnstoffderivaten und Formaldehyd. Es kommt darauf an, den Reaktionsverlauf
in bestimmter Weise zu regeln, und dies geschieht erfindungsgemäß dadurch, daß der
durch Kondensation erhaltenen Lösung Salze zugesetzt werden, die freie Hydroxylionen
abspalten. Es wird dadurch eine Stabilisierung dieser zunächst entstehenden Lösung
erzielt und die sonst von selbst eintretende Gelantinierung verhindert.
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Für die Durchführung des Verfahrens sind im allgemeinen die Salze
schwacher Säuren, z. B. Alkali- oder Erdalkalisalze von organischen Carbonsäuren
oder von schwachen organischen Säuren, verwendbar.
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Der Zusatz der verzögernd wirkenden Salze hat den Vorteil, daß bei
der nachfolgenden Härtung der Masse in der Wärme dieser Vorgang langsamer verläuft,
so daß das Entstehen fehlerhafter Massen, wie sie sonst aus dem Härteprozeß häufig
hervorgehen, sicherer vermieden wird.
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Die wesentlichste Bedeutung der Verwendung verzögernder Zusätze liegt
aber in anderer Richtung. Es hat sich nämlich gezeigt, daß die zunächst dünnflüssigen
Lösungen der Anfangskondensationsprodukte schor nach kurzem Stehen in der Kälte
von selbst dickflüssiger werden und schließlich gelatinieren. Die einmal gelatinierten
Lösungen sind dann nicht mehr in die urspriüigliche Form zurückzuführen, so daß
sie für die praktische Verwendung vielfach ungeeignet sind. Dieser Übelstand haftet
allen Lösungen dieser Art an, gleichgültig, ob sie unter Verwendung von Kondensationsmitteln
im ersten Teil des Prozesses oder ohne solche hergestellt sind. Durch den Zusatz
von Salzen, die einen verzögernden bzw. hemmenden Einfluß auf die Gelatinierung
ausüben, wie beispielsweise von Alkalisalzen schwacher Säuren, gelingt nun die Herstellung
haltbarer Lösungen der wasserlöslichen Kondensationsprodukte, wodurch erst die Möglichkeit
geschaffen ist, solche Lösungen in den Handel zu bringen, um sie der regelmäßig
gewerblichen Verwendung zuzuführen.
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Im wesentlichen besteht demnach das neue Verfahren darin, daß zwecks
Regelung des Herstellungsprozesses die durch die Kondensation erhaltene Lösung durch
Zusatz von Salzen, die freie Hydroxylionen abspalten, stabilisiert und an der andernfalls
von selbst eintretenden Gelatinierung verhindert wird.
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Diese stabilisierten Lösungen können nach
allen früher
beschriebenen Verfahrensweisen weiterverarbeitet werden. So kann beispielsweise
die Gelatinierung und Härtung der stabilisierten Lösungen durch Zusatz von Salzen
gemäß Patent 446 998 beschleunigt werden. Durch den Zusatz von Salzen, -
welche die Härtung in der Kälte bewirken (wie Ammonsalze starker und schwacher Säuren),
werden die stabilisierten Zwischenprodukte ohne Erhitzung in den unlöslichen Zustand
übelgeführt. Ebenso kann man sie beispielsweise durch Alkalisalze starker Säuren
zu plastischen Massen gelatinieren, um diese Massen alsdann je nach Bedarf durch
Erhitzen in den unlöslichen Zustand überzuführen. ;Dach der Zugabe von Salzen, welche
die Reaktion beschleunigen, kann schließlich der unlö.liche Zustand durch Erhitzen
in einem Zuge erreicht werden.
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In dieser Weise gelingt es mit Hilfe solcher Lösungen sowohl farblose
Lacke als auch Films oder Kunstfäden herzustellen, die sich von den aus Celluloseestern
erhaltenen Gebilden durch größere Härte unterscheiden, vollkommen glashell bis schwach
getrübt sind und sich gut formen und mechanisch bearbeiten lassen. Auch zur Herstellung
von Fremdkörpern sind die Lösungen geeignet, wobei man entweder eine Reihe von Lackschichten
übereinander aufbringen oder sogleich ein dickeres Formstück etwa durch Gießen oder
Pressen herstellen kann. Für viele Zwecke ist es vorteilhaft, die noch flüssigen
Massen mit pulvrigen, faserigen, zelligen oder porösen Körpern verschiedener Art
zusammenzubringen oder stückige poröse Stoffe mit den flüssigen Massen zu imprägnieren,
um sodann erst die Härtung durch entsprechende Weiterbehandlung zu bewirken. Schließlich
können die flüssigen Massen für sich oder gemischt mit Füllstoffen als Füll-oder
Bindemittel zum Ausgießen von Hohlkörpern dienen und zur Abdichtung von Konservenbüchsen,
Glasflaschen oder zum Befestigen abgebrochener Teile aus beliebigem Material verwendet
werden. Insbesondere eignen sich die wasserhellen Produkte zum Verbinden abgebrochener
Glas- oder Porzellanteile.
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Zur Herstellung von stabilisierten Lösungen dieser Art kann z. B.
von den nach dem Verfahren des Patents 418 o55 gewonnenen löslichen Anfangskondensationsprodukten
ausgegangen werden, die zu diesem Zwecke nach möglichst restloser Beseitigung des
Wassers bei einer 45° nicht übersteigenden Temperatur mit der Lösung eines Verzögerungsmittels
versetzt werden. Nach dem Aufbringen oder Eingießen dieser Mischung kann alsdann
das noch vorhandene Lösungsmittel durch allmähliches Erwärmen auf 7o bis 9o° entfernt
werden, wobei die Masse hart und. unlöslich wird. Beim Aufbringen eines dünnen Lacküberzuges
genügt eine Zeit von 5 bis 6 Stunden, um den Lack vollkommen zu härten. Man kann
aber auch so verfahren, daß man die in gleicher Weise hergestellte, durch Zusatz
eines Verzögerungsmittels stabilisierte Lösung zum Zwecke der Verwendung mit einem
das Erhärten. in der Kälte bewirkenden Beschleunigungsmittel versetzt und alsdann
in Form eines Lacküberzuges auf eine Oberfläche aufbringt. In dieser Weise entsteht
im Verlaufe von :2 bis 3 Stunden eine glashelle, mit dem Nagel nicht mehr eindrückbare
Lackschicht. Die Eigenschaften dieser zwei Lacküberzüge stimmen nicht vollkommen
überein, vielmehr erweicht der in der Kälte gehärtete Lacküberzug beim Erwärmen
ein wenig und besitzt auch nicht die volle Unempfindlichkeit gegen Wasser, die dem
in der Wärme gehärteten Erzeugnis zukommt. Dergestalt ergänzen sich die beiden aus
demselben Ausgangsmaterial hergestellten Lacke in ihrer Brauchbarkeit, so daß sich
ein außerordentlich umfassendes Anwendungsgebiet ergibt. Wenn man rasch einen hochglänzenden
und farblosen Llberzug zu erhalten wünscht, der keiner besonderen Beanspruchung
standhalten muß, wird man das rasche Härteverfahren wählen, wogegen man in Fällen,
wo es insbesondere auf eine große Widerstandsfähigkeit ankommt, das langsamere Härtungsverfahren
in der Wärme anwenden wird.
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Die erhaltenen Formstücke, ob dieselben nun auf kaltem oder warmem
Wege erhalten worden sind, lassen sich gut an der Drehbank verarbeiten, sägen, bohren,
feilen, polieren, bzw. stanzen, oder in anderer mechanischer Weise bearbeiten.
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Man kann die Salze natürlich auch durch geeignete Zusätze erst in
den zu stabilisierenden, zu gelatinierenden oder zu härtenden Massen selbst entstehen
lassen. Ausführungsbeispiele r. 6o Gewichtsteile Harnstoff und r5o Gewichtsteile
Formaldehydlösung 4o volumenprozentig werden unter Zusatz von 6 Gewichtsteilen Hexamethylentetramin
so lange unter Rückfluß auf dem Wasserbad erwärmt, bis eine herausgenommene Probe
beim Erkalten keine Trübung mehr zeigt. Hierauf wird im Vakuum bei einer 45° nicht
übersteigenden Temperatur abdestilliert.
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zoo Gewichtsteile dieser Masse werden mit o,7 Gewichtsteilen Natriumacetat,
in wenig Wasser gelöst, versetzt. Die so erhaltene Lacklösung ist unverändert haltbar,
geht jedoch beim Erwärmen auf 7ö bis go° in eine wasserlösliche, glashleUe und harte
Masse über.
2. ioo Gewichtsteile der nach Beispiel i hergestellten
zähflüssigen Kondensationsmasse werden mit i,9. Gewichtsteilen Borax oder mit äquivalenten
Mengen Natriumphosphat o. dgl. Salzen, in wenig Wasser gelöst, versetzt. Die Lösung
verdickt sich nach einigen Tagen noch um ein wenig, bleibt jedoch im übrigen vollkommen
flüssig und in jedem Verhältnis mit Wasser mischbar.
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3. Anstatt der im Ausführungsbeispiel i angegebenen 6o Gewichtsteile
Harnstoff kann man auch ein Harnstoffderivat, z. B. 74 Gewichtsteile Methylharnstoff,
verwenden.
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Wie aus dem Vorstehenden und insbesondere aus den Ausführungsbeispielen
ersichtlich, ist die Wirkung der Salzzusätge gemäß der Erfindung eine rein kolloidchemische.
Dies ergibt sich schon aus der an sich geringen Menge des Salzzusatzes, die weniger
als 5% der Gesamtmasse ausmacht. Es liegt hier offenbar eine Schutzwirkung vor,
wie sie sich durch Zusatz geringer Mengen von Elektrolyten zu den wenig solvatisierteri,
d. h. konzentrierten Emulsionskolloiden in vielen Fällen erreichen läßt. Schon an
sich geringe Mengen derartiger Salze besitzen unter diesen Umständen eine solvatisierende,
d. h. quellende Wirkung und arbeiten auf diese Weise der Gelatinierung entgegen.
Diese Schutzwirkung kann nicht als eine bestimmten Stoffen angehörendeEigenschaft
angesprochen werden und ist sehr multipler Natur (siehe z. B. A. F o d o r »Die
Grundlagen der Dispersoidchemie« 1925, Seite 174 und r75).
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In dem britischen Patent 157 46, das sich auf ein Steifungs- bzw.
Imprägnierungsmittel für Faserstoffe bezieht, wird der fallweise Zusatz von Borax
zu Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukten empfohlen. Aus dieser Erfindung
ist jedoch nur der Zusatz von großen Mengen Borax, wie sie für die Auflösung von
Schellack notwendig sind, zu einer verdünnten Kondensationslösung für den Fachmann
als bekannt zu entnehmen. Unter diesen Bedingungen wirkt aber der Borax ausschließlich
durch seine spezifisc=h stofflichen Eigenschaften und kann durch kein anderes Salz
ersetzt werden. Dieser Borax ist nicht imstande, eine kolloidchemische Verzögerung
des Gelatinierungsprozesses herbeizuführen. Eine Schutzwirkung tritt nicht ein,
da gemäß dem Ausführungsbeispiel dieser Erfindung einaer 8prozentigen, also sehr
verdünnten Lösung des Kondensationsproduktes Borax zugesetzt wird. Offenbar ist
der fallweise Boraxzusatz in dem britischen Patent nur vorgeschlagen, um die Gleichartigkeit
dieses Schellackersatzmittels mit echter Schellacklösung zu erweisen und gleichzeitig
die Möglichkeit zu geben, in dem Ersatzmittel selbst auch noch Schellack aufzulösen.
Es tritt hier also nur die spezifische, chemisch stoffliche Eigenschaft des Boraxes
in Erscheinung.