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Verfahren zur Herstellung von Kondensationsprodukten. Die Kondensation
von Harnstoff bzw. Thioharnstoff und seinen Derivaten mit Formaldehyd führt zunächst
zu leimartigen Substanzen, die durch weitere Erhitzung in einen wasserunlöslichen,
unschmelzbaren Zustand übergehen. Die überführung der löslichen leimartigen Zwischenprodukte
in unlösliche Massen von technisch verwertbarer Beschaffenheit bietet jedoch ungewöhnliche
Schwierigkeiten. Nach dein Verfahren des österreichischen Patens 78251, das die
Herstellung solcher Kondensationsprodukte in Abwesenheit vorn Kondensationsmitteln
zum Gegenstand hat, erhält man durch Erhärtung in der Wärme überhaupt nur völlig
blasig aufgetriebene Produkte. Wenn man jedoch bei einer solchen Arbeitsweise auch
nur um ein geringes unter die in der Patentschrift angegebenen Fornraldehydtnengen
(5 bis G Teile käuflicher 40prozentiger Formald:-hydlösung auf einen Teil Harnstoff)
geht, so entstehen stark getrübte Zwischenprodukte, die bei der Erhärtung nicht
zu kristallklaren Endprodukten führen. Die Verwendung basischer Kondensationsmittel
im Sinne des Patens 418055 ermöglicht es, selbst bei Verwendung einer geriingeren
Formaldehydmenge, al; 3M01. Fornraldehyd auf r Mol. Harnstoff entspricht, zrr glasklaren
Endprodukten zu gelangen. Aber auch unter diesen Bedingungen muß die Härtung mit
großer Vorsicht vorgenommen werden.
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Es hat sich nun gezeigt, daß der Zusatz von formaldehydbindenden oder
-zersetzenden Substanzen nach Beendigung des anfänglichen Kondensationsprozesses,
wie immer er vorgenommen werden mag, eine überaus vorteilhafte Wirkung auf den Härtungsprozeß
ausübt. Zur Bindung des Formaldehyds komrnen beispielsweise der Harnstoff selbst
(bzw. Harnstoffderivate oder Thioharnstoff und seine Derivate), ferner Phenole und
Phenolderivatre in Betracht; als Beispiel der formaldehvdzersetzenden Substanzen
wäre Wasserstoffsuperoxyd zu nennen. Dank diesen :Maßnahmen ist man in der Lage,
die Masse während des Härtungsprozes-ses bedeutend rascher zu erhitzen, um sie in
den unlöslichen Zustand überzuführen. Ferner gelingt es, in dieser Weise Formstücke
herzustellen, die die Gestalt der Form gut wiedergeben, was für die regelmäßige
technische Erzeugung von Stäben, Platten u. dgl. große Bedeutung hat. Schließlich
lassen sich die so hergestellten Massen bearbeiten, ohne daß der hierbei entstehendeStaub
denArbeiter belästigen würde, wogegen die Nassen andernfalls einen durchdringend
riechenden Staub ergeben.
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Ein weiterer sehr erheblicher Vorteil dieses Verfahrens besteht darin,
daß es mit seiner Hilfe gelingt, dieKondensationsmassenbehufs
völliger
Härtung bis auf eine Temperatur von cgo° und darüber zu erhitzen. Es hat sich nämlich
gezeigt, daß die Einhaltung höherer Erhitzungstemperaturen, als sie bisher angewendet
wurden, gegen das Ende des Härteprozesses zu für die Erreichung des bestmöglichen
Endproduktes von entscheidender Wichtigkeit ist. Nur dann, wenn die Massen vor der
vollständigen Fertigstellung auf eine Temperatur von etwa ioo° erhitzt werden, wird
der höchste Grad der Polymerisation und Wasserabspaltung erreicht, der für die allgemein
gute Verwendbarkeit zu DrecIfslerzwecken wünschenswert ist. Von so hohen Temperaturen
kann beim Härtungsprozeß aber nur Gebrauch gemacht werden, wenn der nach der Kondensation
etwa noch vorhandene freie Formaldehyd im Sinne der Erfindung unschädlich gemacht
wird.
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Das beschriebene Verfahren ist für alle Kondensationsprodukte zwischen
Formaldehyd und Harnstoff verwendbar, ob diese nun mit oder ohne Zusatz eines Kondensationsmittels
hergestellt sind. Die fertig gehärteten Produkte stellen glashelle, farblose, bis
schwach getrübte, gegen Wasser und andere Lösungsmittel fast unempfindliche Massen
dar, die sich auf der-Drebbank gut bearbeiten lassen.
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Ausführungsbeispiele: i. 24o Teile Harnstoff, 64o Teile Formaldehyd,
4oproz.entig, und 24 Teile Hexainethylentetramin werden unter Rüclfluß kondensiert;
nachBeendigung desKondensationsprozesses setzt man 5 Teile Natriumacetat hinzu und
destilliert bei niedriger Temperatur im Vakuum ab. Sobald die Masse etwas eingedunstet
ist, fügt man 2o Gewichtsteile Harnstoff hinzu und fährt mit derDestillation fort,
bis die Masse gerade noch Bußfähig ist. Hierauf gießt man in Formen und härtet bei
Temperaturen von 6o bis i oo° C. Das erhaltene Endprodukt stellt eine vollkommen
wasserhelle, farblose, auf der Drehbank gut bearbeitbare geruchlose Masse dar, die
in der Wärme nicht mehr erweicht und gegen Lösungsmittel, wie Wasser, Alkohol usw.,
praktisch unempfindlich ist, so claß sie für alle Zwecke der Drechslerwarenindustrie
ausgezeichnet verwendbar ist.
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2. ioo Teile Harnstoff und 6oo Teile 4oprozentige Formaldehydlösung
werden geinischt und über freier Flamme so lange abdestilliert, bis es auf 6o Prozent
des gesamten Gewichts der Flüssigkeit übergegangen ist. Der Rückstand, der einen
starken Überschuß an freiem Formaldehyd enthält, stellt eine wasserklare viskose
Flüssigkeit dar. Hierauf fügt man so viel festen Harnstoff zu, als der Menge freien
Formaldehyds im Verhältnis von 2 Mol. Formaldehyd auf i Mol. Harnstoff entspricht,
und rührt, bis sich der Harnstoff gelöst hat. (Beispielsweise wurde in einem Falle
etwa 8 Prozent freier Formaldehyd nachgewiesen, weshalb zur Abbindung desselben
etwa 33,6 Gewichtsteile Harnstoff verwendet wurden.) Man erhitzt hierauf im Vakuum
so lange bei einer Temperatur unter 5o° C, bis die Masse gerade noch Bußfähig ist.
Hierauf gießt man in Formen und härtet bei Temperaturen von 6o bis ioo° C. Hierbei
trübt sich die Masse zunächst, um nach einiger Zeit -danieder klar zu werden. Das
entstandene Produkt steht dem nach Beispiel i erhaltenen Produkt in seinen Eigenschaften
sehr nahe.
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3. An Stelle des in den Beispielen i und 2 zum Zwecke der Bindung
des freien Formaldehyds zugesetzten Harnstoffes kann man auch Harnstoffderivate
(im Ausführungsbeispiel 1 34 Teile Acetylharnstoff, im Beispiel :2 57 Gewichtsteile
Acetylharnstoff), Thioharnstoff (im Beispiel i 25,41Gewichtsteile Thioharnstoff,
im Beispiel 2 42,7 Gewichtsteile Thioharnstoff) oder seine Derivate bzw., allgemein
gesprochen, derartige Substanzen zusetzen, welche den Formaldehyd bei den in Betracht
kommenden Härtungstemperaturen binden oder zersetzen (im Beispiel 1 22,7 Gewichtsteile,
im Beispiel e 38 Gewichtsteile Wasserstoffsuperoxyd in alkalischen Lösungen), ohne
hierbei Produkte zu ergeben, die selbst gasförmig sind oder gasförmige Zersetzungsprodukte
abgeben.
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Anstatt, wie in den Beispielen 1, 2 und 3 beschrieben, von dem leimartigen
Kondensationsprodukt aus Harnstoff und Formaldehyd auszugehen, kann man auch in
der Weise verfahren, daß man von Dimethylolharnstoff (Berichte 41, S. 26) ausgeht.
Zu diesem Zweck werden ioo Teile Dimethylolharnstoff mit 5o Teilen Wasser angerührt
und zum Sieden erhitzt. Hierbei entsteht eine wasserklare Lösung. Die Masse nimmt
leimartigen Charakter an. Man versetzt nun die Lösung mit 2 Gewichtsteilen Harnstoff
und destilliert so lange im Vakuum, bis die Masse gerade noch Bußfähig ist. Nun
füllt man in Formen und verfährt weiter, wie in Beispiel i beschrieben.
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Es ist aber nicht nötig, bei Ausführung des Verfahrens in allen Fällen
über 8o° zu erhitzen. So findet beispielsweise das Zwischenprodukt als Lack Verwendung,
um Glasteilchen o. dgl. zum Zweck der Hervorbringung dekorativer Wirkungen auf Stoffen
zu befestigen. Erst auf dem so behandelten Stoff werden diese Zwischenprodukte durch
Wärmezufuhr in die unlöslichen Endprodukte übergeführt. Hierbei kommt es aber nicht
gerade auf einen besonderen Grad von Wasseruneinpfindlichkeit an, vielmehr soll
der
Stoff eine gewisse Weichheit und Geschmeidigkeit bewahren. Um
dies zu erreichen, wird die Härtung durch kurzes Erhitzen auf Temperaturen unter
8o° bewerkstelligt.