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Verfahren zur Kondensation und Polymerisation von Lederleimlösung.
Es ist bekannt, daß Leim und Eiweiß mit Formaldehyd koaguliert, und man benutzt
diese Reaktion seit langer Zeit, -um Fässer zu dichten, indem dieselben zunächst
mit Leim und Eiweißlösung ausgeschwenkt werden und sodann mit Formaldehydlösung.
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Löst man Chromlederabfälle in Alkalien auf, so werden die Chromverbindungen
als unlösliches grünes Chromosydhydrat abgeschieden, und es resultiert nach der
Filtrage flüssiger Leim, der von Formaldehyd langsam verdickt wird. Entzieht man
Chromlederabfällen mit verdünnten Mineralsäuren die Chromverbindungen, wäscht die
Abfälle gut aus und verkocht dann mit Wasser, so erhält man Leim in ähnlicher Qualität
und mit ähnlichen Eigenschaften wie Haut- oder Lederleim. Auch seine Lösungen verdicken
sich langsam mit Formaldehyd und koagulieren schließlich. Die Chromgerbung ist eine
Pseudogerbung, der sich der Gerbstoff entziehen läßt.
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Ganz anders verhalten sich die echt gegerbten, lokgaren Lederabfälle.
Löst man loh gare Lederabfälle in verdünnten, wäßrigen Alkalien, so erhält man tiefbraune
Lösungen, die sich weder chemisch noch elektrolytisch in Leim- und Gerbstoff trennen
lassen und ganz andere Reaktionen zeigen als Leimlösung. Während Leim und Gelatine
nur von Platinchlorid, Quecksilberchlorid und Bleiazetat gefällt werden, werden
die Lösungen von lokgarem Leder von allen 1Ietall- und Erdmetallsalzen als homogene,
unlösliche Niederschläge gefällt, z. B. von Tonerdesulfat, Kupfersulfat, Eisensulfat,
Ätzbaryt, Chlorcalcium, Chlorbarium usw. Die Lösungen von Lederleim verhalten sich
in dieser Beziehung wie Fettsäurealkaliseifen. Zur Lösung der lokgaren Lederabfälle
benötigt man entsprechend der Verseifungszahl 6o bezogen -auf NaOH für t oo kg lokgare
Lederabfälle etwa Zoo bis 40o kg Wasser und 6o kg Ätznatron, welches durch äquivalente
Mengen anderer Alkalien, z. B. Ammoniak, Soda, Borax, Natriumbisulfit üsw., ersetzt
werden kann. Die Lösungen von lokgarem Leder sind homogen nicht in Gerbstoff und
Leim trennbare Körper, welche die Seifen der einfachen Ketten eines polymeren Produktes
darstellen, nämlich des Iohgaren Leders. In ihnen ist Gerbstoff und Leim noch chemisch
aneinandergebunden wie im Leder, offenbar durch Aneinanderlagerung wechselseitiger
Gruppen mit ungesättigten Bindungen, während die Karbotylgruppen der angelagerten
Gerbstoffe vom Typ der Protokatechusäure verseift werden. Wenn die Lederseifen im
Gegensatz zu Leder wasserlöslich sind, läßt sich das aus einem Vergleich mit Fettsäuren
und Fettsäurealkaliseifen verstehen, oder Harz und Harzseifen oder Kautschuk und
wäßrigen Lösungen von Kautschuk in Alkalien. Wie Fettsäurealkaliseifen werden die
Lederseifen auch von organischen und anorganischen Säuren als völlig homogener unlöslicher
Niederschlag gefällt, z. B. von verdünnter Schwefelsäure, Salzsäure, Essigsäure,
Ameisensäure u. dgl. m. Die Lederseifen enthalten Gerbstoff und Leim als einen neuen
Körper »Gerbleim«, und dieser Gerbleim gibt
mit Eisenvitriol keine
lö-ilichc# Tinte Gerlistofte, Sondern achwarzbraune bis ,cliwarzblaue Niederschläge,
die völlig was@erunlöslich sind. Die Lederseifen geben finit Tonerdesalzen einen
völlig unlöslichen Niederschlag, der auf der Faser ausgefällt stark wasserabstoßend
wirkt und daher zum Im-
prägnieren von Faserstoffen und Garnen benutzt wird.
Leim und Gelatine «erden von Tonerdesalzen aber nickt gefällt und dienen bei der
heute üblichen Imprägnierung von Geweben durch Vorbeize in essigsaurer Tonerde und
Nachbehandlung in einem Bade von Seifenlösung, in der Paraffin, Talg u. dgl. Stoffe
einemulgiert sind, im Sinne von Paraffin als Zusatzstoff, zu dem Zwecke, den Griff
und Stand der Waren zu erhöhen. Um den Leim aus den imprägnierten Geweben weniger
leicht auswaschbar zu machen und ihn in unlöslichere Form überzuführen, setzt man
Chromsalze und Formaldehyd zu. MTasserabstoßende Niederschläge gibt jedoch Leim
und Gelatine nicht. Seine ZVirkung ist lediglich eine Scheinwirkung, die auf.das
Aussehen und die Griffigkeit der «Ware berechnet ist.
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Die lohgaren Lederabfälle lösen sich schon beim offenen Kochen in
verdünnten wäßrigen Alkalien. Restloser und viel rascher geschieht die Lösung unter
Druck im Autoklaven. Die Lösungen von lohgarem Leder in Alkalien verschiedener Natur,
welche je nach der Konzentration tiefbraune bis braunschwarze, glänzende, blanke,
dünnflüssige bis sirupdicke Flüssigkeiten darstellen, gehen beim Eindicken schließlich
in eine braunschwarze, pulverisierbare Masse über, den Gerbleim, der sich leicht
in Nasser löst.
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Es hat sich nun gezeigt, daß diese Lösungen von Lederleim bereits
in der dünnflüssigen Form mit 2o Prozent Trockensubstanz, in der sie gewöhnlich
anfallen, von geringen Mengen kondensierend und polymerisierend wirkenden Substanzen,
z. B. von il. bis r. Prozend -Formaldehyd, ganz plötzlich in zähe Leimgallerte umgewandelt
werden. Je nach der Menge des Formaldehyds und der Konzentration der Lederleimlösung
ist die Verdickungsgeschwindigkeit beliebig zu regeln. Die Kondensations- und Polymerisationsmittel
führen die bei der Lösung der lohgaren Lederabfälle zu Lederseifenlösung abgebauten
Ketten erneut in Polymerisate über, die elastischen, gallertartigen Charakter haben
und je nach der Menge des Formaldehyds leichtlöslich, schwerlöslich oder auch unlöslich
sind. Daher wird je nach dem Grade der PoIymerisation der Gerbleimlösung zur Gerbleimgallerte
die Leimkraft erhöht oder aufge# holten. Dementsprechend einet sich die noch was,;erlöslic-lie
Gerbleimgallertr für die Zwecke der Papier- und Pappenleimung, zur Imprägnierung
von Faser,toffen, zur Grundierung von Wachstuch und Kunstleder und zur Zierstellung
von Leimfarben. 'Wenn die Polymerisation jedoch bis zur Bildung unlöslicher Körper
durchgeführt wird, eignet sich der elastische unlösliche Körper als Ausgangsmaterial
für die Herstellung von Kunsthorn.
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Der Gerbleimlösung können vor der Polynierisation andere Stoffe, wie
Harzseifen, Fettseifen usw., beigemischt werden. Auch kann man freie Fette, Harze,
Öle. Teere, Asphalte einemulgieren. 1lan kann der Gerbleimlösung auch Füllstoffe
organischer und anorganischer Natur hinzufügen, z. B. Holzmehl, Korkmehl, Kaolin,
Talkum, Kreide, Zement usw., oder man kann solche Füllstoffe mit Lederleimlösung
anfeuchten und dann den Formaldehyd einmischen, um in Art der Brikettierung Kunststoffe
zu erhalten.
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Als Polymerisationsmittel dienen Aldehyde und Ketone, insbesondere
Formaldehyd. Durch größere Prozentsätze zugesetzter Harz-oder ölseife läßt sich
die Kondensation der Lederleimlösungen zu Gerbleimgallert wesentlich verlangsamen.
Gerbleimgallerte, welche io Prozent vom Ledergewicht Harzseife enthält, schimmelt
nicht. Beim Trocknen gebt die Gerbleimgallerte in harte, feste Körper über und verliert
dabei an Wasserlöslichkeit.
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Beispiele: i. iookg einer Lösung von Leder in iväßriger Soda von 2o
Prozent Trockensubstanz werden mit 2 kg einer .loprozentigen Formaldehydlösung
versetzt und gemischt. Die Lösung verdickt sich sofort zur Sirupkonsistenz und steht
in wenigen 'Minuten als feste, steife Gerbleimgallerte, in dem der Rührstab stehenbleibt.
Die Gallerte verändert sich nicht weiter, riecht nicht nach Formaldehyd und ist
beim Kochen glatt in "Tasser löslich.
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2. 2ookg einer ioprozentigen Lösung von Leder, das in wäßriger Boraxlösung
gelöst wurde, werden mit i kg -loprozentigem Formaldehyd vermischt. Die Lösung verdickt
sich nach 2 bis 3 Tagen sirupartig und gelatiniert in 8 Tagen zur steifen Gerbleimgallerte,
die leicht wasserlöslich ist.
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iookg einer 2oprozentigen Lederlösung in wäßrigem Ammoniak werden
mit iokg einer .loprozentigen Formaldehydlösung versetzt. Die Lösung gelatiniert
sofort zur steifen Gallerte, das bald bröcklig wird, etwas Wasser ausstößt und in
einen festen, elastischen, wasserunlöslichen Körper übergeht. .
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.l. ioo kg einer Sprozentigen Lederlösung in «-äl.#rigem Natriumbisulfit
werden mit 11; , kg .loprozentigein Formaldehyd versetzt.
Nach 2
bis ,; Wochen wird die Lösung dick und geht in einen Gerbleirrischlehn über, der
schließlich "elatiniert und gut wasserlö.lich bleibt.
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5. t oo kg einer =oprozentigen Lederlösung in wäßriger Natronlauge
werden mit o, t kg .loprozentigem Formaldehyd versetzt. Nach .l bis 6 Wochen tritt
eine schleunige Verdikkung und Gelatinierung ein. Der Gallertschleim ist Igut wasserlöslich.
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6. 5ookg Leder und 5okg Harz werden in 3äoo kg Wasser und #-k- Ätznatron
unter Druck und Hitze irn autoklaven gelöst und auf 2o Prozent Trockensubstanz gebracht.
Der dünnflüssigen Lösung werden 2 kg .loprozentiger Formaldehyd zugemischt.
wodurch die Lösung nach wenigen Minuten in eine steife, feste, glänzende, elastische
Gerbleimgallerte übergeht, die sehr haltbar ist, sich leicht in Nasser löst und
sich ausgezeichnet zur Papierleimung eignet.
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. 5oo kg Leder und 5o kg Leinölfettsäuren «erden in ;3ool:g @i'asser
und 3-,k- Witznatron gelöst und die Lösung auf ;o Prozent eingedickt. Die sirupdicke
Lösung geht bei Zumischung von Formaldehyd sofort in eine steife Gerbleimgallerte
über, die gut wasserlöslich ist und sich als Möbelpolitur @ erwenden läßt.