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Verfahren zur Herstellung von synthetischen Gerbstoffen Es sind bisher
eine Anzahl von Verfahren bekanntgeworden, rezente Naturharze, besonders solche
der Klasse der Fichtenharze, in eine wasserlösliche Form zu bringen und sie dadurch
verschiedenen Zwecken der Technik zugänglich zu machen. Solche Zwecke sind textiltechnischer
Art, wie Verwendung als Netz-, Emulgier-, Waschmittel, oder auch ledertechnischer
Art, wie vor allem Verwendung als Gerbstoffe.
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Diese wasserlöslichen Derivate von Naturharzen, die meist durch Sulfonierung
der Harze selbst oder ihrer Derivate oder ihrer Abbauprodukte gewonnen werden, haben
jedoch bisher keine Bedeutung in der Technik gefunden. Insbesondere als Gerbstoffe
haben sie sich, obgleich sie gerbende Eigenschaften besitzen, bisher nicht bewährt.
Sie zeigen nämlich den Nachteil, daß ihre Löslichkeitseigenschaften sehr unvollkommen
sind. Behandelt man z. B. Kolophonium mit konz. Schwefelsäure bei erhöhter Temperatur,
so geht das Harz unter Dunkelfärbung in ein wasserlösliches Produkt über. Jedoch
ist diese Wasserlöslichkeit gering, was dadurch zum Ausdruck kommt, daß die Lö-@
sungen bei verhältnismäßig geringer Konzentration bereits zum Gelatinieren neigen
und daß zudem die Neigung, sich aus der Lösung auszu- ' scheiden, durch Anwesenheit
von Elektrolyten wesentlich erhöht wird. Diese Neigung, sich leicht abzuscheiden,
macht sich nun beim Gerben insofern unangenehm bemerkbar, als das Produkt infolge
seiner zu geringen Löslichkeit in Wasser nicht in das Innere der zu gerbenden Blöße
eindringt und diese gleichmäßig durchgerbt, sondern durch vorzeitige Ausscheidung
die Poren der Oberfläche verstopft und dadurch nur eine oberflächliche Angerbung
hervorruft.
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Diese Eigenschaft ist charakteristisch für alle durch Sulfonierung
wasserlöslich gemachten Naturharze, insbesondere Fichtenharze, und zwar gilt dies
nicht nur für die .unveränderten Harze, z. B. das Kolophonium selbst, sondern auch
für seine Derivate. Solche Derivate sind, da der Hauptbestandteil der Fichtenharze
eine Harzsäure, die Abietinsäure, ist, unter anderem Ester, ferner Oxydations- und
Reduktionsprodukte sowie Chlorierungsprodukte. Ein gewisser Fortschritt ist erzielt
worden durch Einführung aromatischer Gruppen in das Harzmolekül, und zwar vor oder
auch während der Sulfonierung. So gelingt es, durch Sulfonieren eines Gemisches
von Harz mit einem Phenol wasserlösliche Produkte mit verbesserten Eigenschaften
zu bekommen, jedoch zeigen auch diese
noch ein zu geringes Durchgerbungsvermögen,
so daß die mit ihnen erhaltenen Leder nur angegerbt sind und stets ein unvollkommen
gegerbtes Inneres zeigen.
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Es wurde nun gefunden, daß man in sehr ein=: facher Weise wasserlösliche
Gerbstoffe aüi# Derivaten des Kolophoniums erhält, wenn man' die Sulfonierungsprodukte
der Gemische von Kolophonium enthaltenden Naturharzen, Kolophonium selbst oder dessen
Derivaten einerseits und Phenolen andererseits oder der aus beiden Komponenten darstellbaren
Harzester nachträglich weitgehend von den anhaftenden Elektrolyten befreit. Die
Sulfonierungsprodukte fallen nämlich nach der Sulfonierung in einer Form an, in
der sie reichliche Mengen Elektrolyt in Gestalt der noch freien (überschüssigen)
Schwefelsäure enthalten. Wird dem Produkt so viel Alkali zugesetzt, daß die zum
Gerben erforderliche Acidität erhalten wird, so wird die Elektrolytmenge noch größer.
Es gelingt jedoch, in einfacher Weise Elektrolyt und Gerbstoff weitgehend voneinander
zu trennen, wenn man das Rohsulfonierungsprodukt beispielsweise einer Nachbehandlung
durch Auswaschen unterwirft, wobei das Waschwasser eine solche Elektrolytmenge enthält,
daß die Konzentration einerseits genügt, um die der Rohschmelze anhaftende Schwefelsäure
zu entfernen, ohne den Gerbstoff selbst zu lösen, andererseits so gering ist, daß
sie beim Gerben nicht stört. Überraschenderweise ist es möglich, eine Konzentration
zu finden, welche beiden Anforderungen genügt. Als Elektrolyte sind alle Salze geeignet,
die keine störenden Nebenreaktionen hervorrufen, insbesondere weder mit dem Gerbstoff
noch mit der Schwefelsäure unlösliche Salze bilden. Danach kommen vor allem die
Salze der Alkalimetalle mit starken Säuren, z. B. Kochsalz, in Betracht. Die Konzentration
der Mischlösung kann zwischen 2 und io°/o schwanken.
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.In der so erhaltenen, von Elektrolyten weitgehend befreiten Form
sind diese durch Sulfonierung von Harz-Phenol-Gemischen erhaltenen Gerbstoffe der
weitestgehenden Anwendung fähig. Vor allem stellen sie eine ganz neue Art von künstlichen
Gerbstoffen dar, die als vollwertiger Ersatz für .natürliche Gerbstoffe verwendet
werden können, da sie die charakteristischen Eigenschaften der natürlichen Gerbstoffe,
wie geringen Nichtgerbstoffgehalt und geringe Acidität (PH-Wert der Gerbflotte wesentlich
höher als 3), besitzen. Mit diesen auf wirtschaftliche Weise synthetisch hergestellten
Gerbstoffen gelingt es, die natürlichen Gerbstoffe vollständig zu ersetzen. Bisher
sind nur solche künstliche Gerbstoffe bekanntgeworden, die nicht die charakteristischen
Eigenschaften der natürlichen Gerbstoffe besaßen oder welche wirtschaftlich gegen
diese nicht konkurrenzfähig waren. Dieses Verfahren läßt sich auf alle rezenten,
Kolophonium enthaltenden Naturharze, wie z. B. Kolophonium selbst, deutsches Fichten-:iarz,nach
demExtraktionsverfahren gewonnenes i s,114rz, wie das sogenannte Herkulesharz, an-'venden.
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"=@ Die nach dem Verfahren erhältlichen neuartigen künstlichen Gerbstoffe
liefern für sich oder in Kombination mit anderen, insbesondere vegetabilischen Gerbstoffen,
sehr wertvolle Leder. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, daß sie in Verbindung
mit vegetabilischen Gerbstoffen diese in auffallender Weise aufhellen. Diese auffallende
Wirkung ist um so überraschender, als die nach vorliegendem Verfahren erhaltenen
Gerbstoffe, als Alleingerbstoff verwandt, Leder mit mehr oder weniger starker Eigenfarbe
liefern. Während also sowohl die mit dem Naturgerbstoff Quebracho als auch die mit
dem nach vorliegendem Verfahren dargestellten synthetischen Gerbstoff erhaltene
Lederfarbe noch verhältnismäßig dunkel ist, ist die mit Hilfe der Kombination erhaltene
Lederfarbe noch wesentlich heller als die hellste der Einzelkomponenten. Bei den
bisher bekanntgewordenen synthetischen Gerbstoffen erreicht die Aufhellung dagegen
nie die Farbe der farbhellsten Komponente. Man kann diese aufhellende Wirkung sowie
die gute Durchgerbung, noch erhöhen, wenn man der Gerbflotte noch geringe Mengen
saurer Körper, wie organische Säuren oder saure Salze, zusetzt.
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Beispiel i 3oo Gewichtsteile deutsches Fichtenharz werden mit 9q.
Gewichtsteilen Phenol verschmolzen und langsam unter Rühren 35o Gewichtsteile 2o
%iges Oleum eingetragen. Nachdem alles Oleum zugeflossen ist, ist die Sulfonierung
i bereits weitgehend beendet. Die zähe Masse wird noch kurze Zeit bei etwa;6o bis
65' weiter-, gerührt, dann zweimal mit Wasser und hierauf wiederholt mit
einer wäßrigen 8 °/oigen Ammoniumsulfatlösung so lange verknetet, bis die i Endlauge
nur noch lackmussauer reagiert. Hierbei tritt keine Lösung der entstandenen Harzsulfonsäure
ein, sondern es werden nur die leicht wasserlöslichen Anteile herausgewaschen. Das
anfallende Produkt stellt eine zähe Masse dar, i die noch etwa 40 0/, Feuchtigkeit
enthält, dagegen nur geringe Mengen anorganisches Salz und Säure. Das Produkt ist
jetzt in jedem Verhältnis in Wasser löslich und ist schon in dieser Form als Alleingerbstoff
verwendbar. Er gerbt i tierische Blöße, wie Schaf-, Kalbs- und Rindsblöße, in normaler
Zeit durch zu einem festen vollen Leder mit heller, schwach grünlicher Farbe. Wird
der Gerbstoff jedoch nicht in der vorgeschriebenen Weise von Elektrolyten be- i
freit, sondern wird er in Form der Rohschmelze unmittelbar auf Gerbstoffe umgearbeitet,
d. h.
durch Absättigung mit Alkali auf die nötige Acidität gestellt,
so erhält man sehr mangelhafte Gerbungen.
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Beispiel 2 4.0o Gewichtsteile eines Harzesters, hergestellt aus amerikanischem
Kolophonium und Rohkresol, werden bei erhöhter Temperatur mit .40o Gewichtsteilen
ioo%iger Schwefelsäure versetzt und gut durchgearbeitet. Die Reaktion setzt schon
nach Eintragen von wenig Monohydrat ein, so daß nicht weiter erwärmt zu werden braucht.
Durch die erzeugte Reaktionswärme bleibt die Masse rührbar bis zum vollständigen
Eintragen des Monohydrats. Man rührt dann die Masse mit 6 % Kochsalzlösung aus unte:
häufigem Wechsel der Auswaschflüssigkeit bis zur schwachsauren Reaktion.
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Die entstehende Masse wird von de: noch anhaftenden Feuchtigkeit durch
Trocknen befreit und gepulvert. Die Löslichkeit des Pulvers gestattet, Gerbstofflösungen
in jedem erforderlichen Verhältnis herzustellen und diese Gerbstofflösungen sowohl
für sich als auch mit vegetabilischen Gerbstofflösungen oder mit anderen synthetischen
Gerbstofflösungen gemeinsam zu verwenden.
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Im Kombinationsverfahren erzielt man gut gefüllte Leder von gutem
Stand und hoher Festigkeit, die die auffällige Erscheinung zeigen, daß sie von wesentlich
hellerer Färbung sind als die mit den Einzelkomponenten allein erzeugten Leder.
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Beispiel 3 Zoo Gewichtsteile Kolophonium und ioo Gewichtsteile Resorcin
werden ve- schmolzen und mit Zoo Gewichtsteilen ioo%igem Oleum sulfoniert. Die Masse
wird mit einer 8%igen wäBrigen Ammoniumoxalatlösung neutral gewaschen und getrocknet.
Das Produkt ist praktisch asche- und salzfrei und verhält sich in bezug auf Löslichkeit
wie auch auf phlobaphenlösende Wirkung wie vegetabilische Gerbstoffe (Quebracho
usw.).
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In Kombination mit vegetabilischen Gerbstoffen werden deutlich gelbere
Leder erzeugt als die durch die vegetabilischen Gerbstoffe allein hervorgebrachten
Leder. Der vollständig von Elektrolyten befreite Gerbstoff kann zwecks Erzielung
rascherer Durchgerbung mit schwachen Säuren saurer gemacht werden. Der so erzielte
pH-Wert kommt dem mit natürlichen Gerbstoffen erzielten nahezu gleich, was sich
besonders im Kombinationsgerbeverfahren günstig auswirkt.
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Beispiel q.
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310 Gewichtsteile Extraktionsharz, sog. Herkulesharz, werden
mit 126 Gewichtsteilen o-Chlorphenol vermischt und bei 50' mit 500 Gewichtsteilen
Monohydrat (ioo %iges HZ S 04) sulfoniert. Die weiche Reaktionsmasse wird mit q.
bis 5 %iger Kochsalzlösung neutral gewaschen. Das anfallende feuchte Produkt wird
mit Wasser zu einer 30%igen Paste angepastet; es ist ein in jedem Verhältnis wasserlösliches
Produkt. Man erzielt sowohl im Alleingerbe- wie im Kombinationsgerbeverfahren wertvolle
Leder.
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Beispiel 5 44o Gewichtsteile des Veresterungsproduktes aus Abietinsäure
und p, p'-Dioxydiphenyldimethylmethan werden nach und nach unter gutem Verkneten
mit 4q.o Gewichtsteilen konz. Schwefelsäure versetzt und nach dem Mischen i Stunde
bei 8o' erwärmt. Die Reaktionsmasse wird zweimal mit Wasser (i : i) ausgewaschen,
sodann in der drei- bis vierfachen Menge Wasser gelöst und aus der Lösung mit 30%iger
Kochsalzlösung ausgefällt.
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Die ausgefällte Masse wird einmal mit der gleichen Menge Wasser nachgewaschen
und zu Pulver eingetrocknet. Dieses ist in jedem Verhältnis wasserlöslich und kann
sowohl zu Alleingerbungen wie auch zu Gerbungen in Kombination mit vegetabilischen
Gerbstoffen verwendet werden.