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Verfahren zur Herstellung von synthetischen Gerbstoffen Es ist bekannt,
aus Naphthol durch Sulfonierung und anschließende Kondensation der Sulfonierungsprodukte
mit Formaldehyd zu Gerbstoffen zu gelangen. Man erhält dabei Produkte vom Charakter
der Hilfsgerbstoffe. Sie geben Leder von nur geringer Fülle und einem Rendement,
das klein ist, wenn man es mit dem vergleicht, das man durch Gerbung mit vegetabilischen
Gerbstoffen erhalten kann.
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Es sind verschiedentlich Versuche gemacht worden, die füllenden und-
Rendement gebenden Eigenschaften dieser Gerbstoffe zu verbessern. So hat man die
Sulfonierungsprodukte des Naphthols mit mehr oder weniger gereinigten Phenolmono-oder
-dialkoholen umgesetzt und hat dadurch eine gewisse Verbesserung erzielt. Aber auch
diese Gerbstoffe geben Leder, die in Fülle und Rendement den vegetabilisch gegerbten
Ledern stark unterlegen sind. Die geringe Füllwirkung rührt in der Hauptsache daher,
daß die Nap'htholsulfonsäure, vor allem bei Anwendung niedriger Temperaturen, nur
eine begrenzte Menge Phenolalkohol aufnehmen kann, wenn klar in Wasser lösliche
Produkte erzielt werden: sollen. Bei Anwendung größerer Mengen Phenolalkohol fällt
das Produkt beim Lösen in Wasser teilweise aus und ist dann
für
Gerbzwecke ungeeignet, da sich in den Brühen Schlamm bildet, was leicht zur Totgerbung
führt und die Leder verschmiert.
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Erfindungsgemäß werden wertvolle Gerbstoffe dadurch erhalten, daß
man das Umsetzungsprodukt von sulfoniertem ß-Naphthol mit einem flüssigen Kondensationsprodukt
aus Phenol bzw. seinen Homologen und Formaldehyd, bei dem höchstens i Mol Formaldehyd
auf i Mol Phenol angewendet worden ist, einer Nachbehandlung mit Formaldehyd unterzieht.
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Statt der genannten Phenolalkohole werden also hier auch beliebige
flüssige, noch nicht auskondensierte Kondensationsprodukte aus Phenolen bzw. Kresolen
und Formaldehyd, bei denen höchstens i Mol Formaldehyd auf i Mol Phenol angewendet
worden ist, verwendet. Verglichen mit den bekannten Verfahren können hier erheblich
größere Mengen der flüssigen Phenol-Formaldehyd-Kondensätionsprodukte angewendet
werden, da nach ihrer Umsetzung mit der Naphtholsulfonsäure noch eine Behandlung
mit Formaldehyd erfolgt.
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Man verfährt z. B. in der Weise, daß man ß-Naphthol mit Schwefelsäure
sulfoniert und auf das Sulfonierungsgemisch zweckmäßig bei höherer Temperatur das
flüssige Kondensationsprodukt aus Phenolen bzw. Kresolen und Formaldehyd einwirken
läßt. Es ist für die Umsetzung vorteilhaft, dem Sulfonierungsgemisch vorher etwas
konzentrierte Essigsäure zuzusetzen. Bei Anwendung entsprechend großer Mengen des
Kondensationsproduktes erhält man Reaktionsgemische, die beim Lösen in Wasser zum
großen Teil ausfallen. Läßt man auf diese nun, gegebenenfalls nach Verdünnung mit
Wässer, die erforderliche Menge Formaldehyd einwirken, so kommt man überraschenderweise
wieder zu völlig klar in Wasser löslichen Stoffen, die auch beim Gerben klar bleiben
und Leder von einer Fülle und einem Rendement wie die vegetabilischen Gerbstoffe
liefern.
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Die Farbe der damit erzeugten Leder ist je nach der bei der Herstellung
der Produkte angewendeten ,Art und Menge der Ausgangsstoffe rotbraun bis gelbbraun.
Man kann Gerbstoffe gewinnen, die in Aussehen und Gerbeigenschaften dem natürlichen
Quebracho ähnlich sind. Für die Anwendung als Gerbstoffe werden die Produkte zweckmäßig
teilweise neutralisiert oder ganz neutral gestellt und dann mit organischen Säuren,
wie z. B. Essigsäure, Milchsäure, Glykolsäure, Oxalsäure od. dgl., wieder angesäuert.
Sie gerben noch bei sehr hohen pH-Werten von etwa pH 5 und darüber, gleichen hierin
den vegetabilischen Gerbstoffen und unterscheiden sich charakteristisch von den
sog. Hilfsgerbstoffen, deren Gerbwirkung bei höheren pH-Werten sehr stark abnimmt.
Bei der Analyse zeigen sie ein vorzügliches Gerbstoff-Nichtgerbstoff-Verhältnis
und einen geringen Aschegehalt, entsprechend den besten vegetabilischen Gerbstoffen.
Sie sind aus allen diesen Gründen geeignet, vegetabilische Gerbstoffe voll zu ersetzen.
Gegenüber den bekannten, aus sulfoniertem ß-I\Taphthol und Phenolmono- oder -dialkoholen
ohne Nachbehandlung mit Formaldehyd erhaltenen Gerbstoffen zeichnen sich die neuen
Gerbstoffe dadurch aus, daß sie wesentlich vollere Leder von besserem Griff ergeben.
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In manchen Fällen kann es vorteilhaft sein, die Füllkraft der Produkte
noch weiter dadurch zu verbessern, daß ein Phenol- oder Kresol-Formalde'hyd-Kondensationsprodukt
zugesetzt wird, das mit Natriumsulfit und Formaldehyd eben wasserlöslich gemacht
worden ist. Dieser Zusatz kann vor oder nach der Behandlung mit Formaldehyd erfolgen.
Er bewirkt gleichzeitig eine teilweise Neutralisation der Sulfonsäure der Gerbstoffe,
wodurch an Lauge zum teilweisen Neutralisieren gespart wird.
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In bezug auf Lichtechtheit und Farbbeständigkeit ähneln die nach dem
vorliegenden Verfahren hergestellten Produkte manchen vegetabilischen Gerbstoffen,
die ja auch Leder liefern, die zum Nachdunkeln beim Trocknen und zum Vergilben beim
Lagern im Licht neigen. Man kann sie heller und lichtechter durch Nachbehandlung
mit Harnstoff und Formaldehyd machen. Die mit derart nachbehandelten Gerbstoffen
hergestellten Leder neigen trotz heller Farbe weniger oder gar nicht zum Nachdunkeln
beim Trocknen. Der Harnstoff kann vor oder nach der ersten Formaldehydbehandlung
zugesetzt werden. Auch eine Behandlung mit Harnstoff und Formaldehyd nach der Neutralisation
oder nach der Wiederansäuerung mit organischen Säuren ist möglich. Die so erhaltenen
Gerbstoffe liefern Leder von hellbrauner bis fast weißer Farbe.
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Zuweilen sind die Gerbstoffe nach der Harnstoff-Formaldehyd-Behandlung
wieder trüb in Wasser löslich. In diesen Fällen ist es möglich, sie durch mehrstündige
Erhitzung der Reaktionsgemische auf Temperaturen von beispielsweise 8o bis ioo°
wieder klar in Wasser löslich zu machen. Diese Erhitzung kann vor oder nach der
teilweisen Neutralisation der Produkte vorgenommen werden.
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Da durch die Erhitzung neben der Verbesserung der Löslichkeit auch
eine Farbaufhellung oder ein Umschlag des Farbtones eintritt, kann es auch bei klarlöslichen
Gerbstoffen vorteilhaft sein, sie kurze Zeit zu erhitzen.
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An Stelle der reinen Phenole und Kresole können für das vorliegende
Verfahren auch beliebige Phenol-Kresol-Gemische, wie Rohkresole, Phenolöle, Kresolöle
od. dgl., verwendet werden.
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Beispiele i. In dooGewichtsteile geschmolzenes ß-NN aphthol läßt man
unter Rühren bei 1z5 bis 130" 300 Gewichtsteile iooo/oige Schwefelsäure einlaufen
und hält bei 1250 so lange, bis die gebildete Nap'htholsulfonsäure klar in Wasser
löslich ist, gibt bei ioo° 15o Gewichtsteile 9oo/oige Essigsäure zu, läßt bei
90 bis 950 5oo Gewichtsteile eines alkalisch kondensierten, noch flüssigen
Kondensationsproduktes aus Kresol, Phenol und Formaldehyd zulaufen und verdünnt
bei 500 mit 6oo Gewichtsteilen Wasser. Nun läßt man bei 35° ioo Gewichtsteile 3oo/oigen
Formaldehyd
zulaufen, rührt 1/2 Stunde nach, gilt 15o Gewichtsteile Harnstoff und ioo Gewichtsteile
Wasser dazu und läßt unter ständigem weiterem Rühren bei 3o bis 35° nochmals ioo
Gewichtsteile 3oo/oigen Formaldehyd einlaufen. Zum Schluß gibt man zur weiteren
Verdünnung ioo Gewichtsteile Wasser dazu, erhitzt i Stunde auf 7o bis 8o°, neutralisiert
teilweise mit 26o Gewichtsteilen 26o/oigem Ammoniak und säuert mit So Gewichtsteilen
5o°/oiger Essigsäure an.
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Das erwähnte alkalisch kondensierte, noch flüssige Kondensationsprodukt
erhält man durch allmähliches Erhitzen von 33 Gewichtsteilen Phenol, 135
Gewichtsteilen Kresol, 113 Gewichtsteilen 3oo/oigem Formaldehyd und 0,5 Gewichtsteilen
wasserfreier Soda auf 8o° unter gutem Rühren und Abscheiden des Kondensationsproduktes
durch Zusatz von 3o Gewichtsteilen Kochsalz.
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Der nach dem Beispiel erhaltene Gerbstoff ist in seiner wäßrigen Lösung
gut salzbeständig und verträglich mit vegetabilischen Gerbstoffen,- er zeigt bei
der Analyse .ein sehr günstiges Verhältnis von Gerbstoff zu Nichtgerbstoff und gibt
Leder mit guter Fülle.
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2. In i5o Gewichtsteile konzentrierte Schwefelsäure trägt man unter
Rühren bei 85° Zoo Gewichtsteile ß-Naphthol ein, heizt auf ioa°, hält kurze Zeit
bei dieser Temperatur, läßt 6o Gewichtsteile Eisessig einlaufen und rührt kurz nach.
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Hierauf läßt man bei go bis 95'" 3oo Gewichtsteile eines gemäß Beispiel
i hergestellten, noch flüssigen Kondensationsproduktes aus 168 GewichtsteilenKresol
und i i3 Gewichtsteilen 3oo/oigen Formaldehyd und o,5 Gewichtsteilen wasserfreier
Soda zufließen, gibt bei 5o° 300 Gewichtsteile Wasser und danach bei 3o bis
35° 7o Gewichtsteile 3oo/oigen Formaldehyd dazu, verdünnt mit Wasser und neutralisiert
so weit mit 26o/oigem Ammoniak, bis der pH-Wert des Gerbstoffes über 3 liegt.
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Man erhält mit dem Gerbstoff braune Leder von sehr guter Fülle und
vorzüglicher Rendement.
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3. Ein Gemisch aus Zoo Gewichtsteilen ß-Naphthol und i5a Gewichtsteilen
konzentrierter Schwefelsäure wird 30 Minuten auf ioo° erhitzt und mit 6o
Gewichtsteilen Eisessig verrührt. Unter weiterem Rühren werden dann Zoo Gewichtsteile
des in Beispiel i beschriebenen flüssigen Kondensationsproduktes aus Kresol, Phenol
und Formaldehyd bei go bis 95° langsam zugegeben. Darauf läßt man bei 5o° 3oo Gewichtsteile
Wasser und bei 35° 7o Gewichtsteile 3o°/oigen Formaldehyd einlaufen, rührt nacheinander
125 Gewichtsteile Harnstoff, So Gewichtsteile Wasser, io5 Gewichtsteile 3oo/oigen
Formaldehyd und So GewichtsteileWasser bei 35° ein und heizt das noch trüb in Wasser
lösliche Produkt so lange auf 8a°, bis es klar in Wasser löslich ist. Vor dem Gerben
wird es mit Natronlauge teilweise neutralisiert und gegebenenfalls mit einer organischen
Säure auf die gewünschte Acidität gebracht.
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q.. Ein Gemisch aus ioa Gewichtsteilen ß-Naphthol und 75 Gewichtsteilen
96o/oiger Schwefelsäure erhitzt man langsam auf ioo° und hält bei dieser Temperatur
so lange, bis sich eine Probe klar in Wasser löst. Darauf rührt man in das Sulfonierungsgemisch
bei 95° ioo Gewichtsteile des in Beispiel e beschriebenen flüssigen Kondensationsproduktes
aus Kresol und Formaldehyd ein, kühlt ab, verdünnt mit Wasser und läßt bei 35° 35
Gewichtsteile 3oo/oigen Formaldehyd einlaufen. Vor der Verwendung zum Gerben wird
das Produkt teilweise mit Ammoniak neutralisiert; es liefert ein braunes, gut gefülltes
Leder.