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Verfahren zur Überführung des bei der Holzverzuckerung anfallenden
Rohlignins in eine wasserlösliche Form durch Oxydation . Gegenstand der Erfindung
ist ein Verfahren zur überführung des bei der Holzverzuckerung als wasser-, alkali-
und bisulfitunlösliches Fasergemenge anfallenden Rohlignins in eine wasserlösliche
Form durch Oxydation. Hierbei wird ein an wasserlöslichen, nicht gerbenden und stark
färbenden Nebenstoffen armes Produkt gewonnen, das als Gerbmittel verwendbar ist
und das hellfarbige Angerben ermöglicht.
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Die Erfindung kennzeichnet sich dadurch, daß das Rohlignin in mineralsaurem
Medium mittels üblicher" Oxydationsmittel, ausgenommen Chlor und: chlorabspaltende
Mittel, zunächst nur zu einer alkalilöslichen Form oxydiert und sodann das alkalilösliche
Oxydationsprodukt, gegebenenfalls nach 'Neutralisation, mit Sulfit oder Bisulfit
oder Sulfit und Bisulfit so lange behandelt wird, bis ein säurebeständiges, wasserlösliches
Erzeugnis anfällt.
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Die Oxydation von Lignin und ligninhaltigen Stoffen ist zwar bereits
verschiedentlich bekannt. Auch ist die teilweise Chlorierung von Holzverzuckerungslignin
schon vorgeschlagen worden, wobei jedoch von einer nur auf Oxydation abgestellten
Chlorierung nicht die Rede ist. Die Verwendung von Chlor und chlorabspaltenden Mitteln
soll für das vorliegende Verfahren ausgenommen sein.
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Es ist ferner bekannt, Willstätter Lignin mittels Salpetersäure in
alkalilösliche Produkte überzuführen, die jedoch nur in kleinen Mengen gewonnen
werden können und keine Gerbwirkung haben.
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Auch die Oxydation des Lignins in neutraler, alkalischer oder saurer
Lösung durch Behandlung mit Wasserstoffsuperoxyd oder Chromsäure ist schon bekannt,
hat aber zum weitgehenden Abbau des Lignins geführt.
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Die ebenfalls bekannte Behandlung des Lignins mit Sauerstoff in Gegenwart
von Alkali ergibt zwar alkalilösliche Produkte, die je nach dem Oxydationsgrade
durch Säuren mehr oder weniger fällbar sind, doch handelt es sich hier um niedermolekulare
Erzeugnisse, die für Gerbzwecke nicht verwendbar sind.
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Bekannt ist auch die Oxydation des Lignins durch Versetzung mit konzentrierter
oder verdünnter Salpetersäure. Die damit bewirkte hochprozentige Oxydation des Lignins
führt neben der Bildung von Oxydationsprodukten des Lignins auch noch zu solchen
von nitriertem Zustande, wobei größere Mengen wasserlöslicher, stärker gefärbter
und niedermolekularer Stoffe entstehen., die die Ausbeute an wasserunlöslichen,
hochmolekularen Oxydationsprodukten des Lignins stark vermindern.
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Verwendet man Stickstoffdioxyd abspaltende Oxydationsmittel in kleineren
Prozentsätzen, so verändert sich das Lignin zwar weniger im obigen Sinne, doch wird
hierbei
trotz seiner hochprozentigen Behandlung mit Stilfit oder
Bisulfit keine Säurebeständigkeit des oxydierten Lignins erreicht.
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Auch mit Hilfe phlobaphenelösender, aromatischer Sulfosäuren können
diese Oxydationsprodukte des Lignins nicht löslich und säurebeständig gemacht werden,
weshalb sie als kombinierte Gerbtnittel, bestehend aus synthetischen Gerbstoffen
und Ligningerbstoff, nicht verwendet werden können.
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Es sei schließlich noch erwähnt, daß das Überführen von Holzverzuckerungslignin
in den wasserlöslichen Zustand mit Hilfe überschüssigen Phenols bzw. dessen Homologen
bekannt ist. Hierbei wird die 5- bis 2ofache Menge an Phenol bzw. Homologen gegenüber
der Ligninmenge benötigt. Es entsteht ein in Wasser unlösliches, aber in Natronlauge
lösliches Ligninphenolderivat, das aber nicht sulfitierbar und daher auch nicht
säurebeständig ist und deshalb nicht ohne weiteres für Gerbzwecke herangezogen werden
kann, da der Gerbprozeß ausschließlich im sauren Medium (pH-Wert = 2,5 bis 5,0)
stattfindet.
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Gegenüber allen diesen vorbekannten Behandlungsweisen wurde nun gemäß
der vorliegenden Erfindung gefunden, daß Holzverzuckerungslign.in, das in Gegenwart
einer Säure (Salz-, Schwefel- und Phosphorsäure) oxydiert wird, sich -erbtechnisch
wesentlich günstiger verhält als jene Ligninprodukte, die durch die bisher bekannten
Verfahren erhalten werden. Die erfindungsgemäße Oxydation des Lignins in Gegenwart
der angegebenen Säuren führt nämlich zu hochmolekularen Stoffen phlobapheneartigen
Charakters, die nur eine geringprozentige Behandlung mit Stilfit oder Bisulfit oder
Stilfit und Bisulfit erfordern, um säurebeständig zu bleiben. Diese Oxydationsprodukte
sind arm an wasserlöslichen, nicht gerbenden, stark gefärbten und damit auch dunkel
färbenden Nebenprodukten und ermöglichen daher ein hellfarbiges Angerben. Trotz
des hochmolekularen Charakters des oxydierten Holzverzuckerungslignins bleibt nur
eine geringe Säureempfindlichkeit bestehen, wie beispielsweise bei den Pflanzengerbstoffphlobaphenen.
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Als Oxydationsmittel können für die erfindungsgemäße Überführung des
säurehaltigen Holzverzuckerungslignins folgende Stoffe verwendet. werden: Superoxyde,
Peroxyde, Persulfate, Perborate, Nitrite, Nitrate, Stickstoffdioxyd, Ferrisalze,
Bichromate und Permanganate.
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Das durch Oxydation des Rohlignins gewonnene, in Alkalien lösliche
Zwischenprodukt kann aus dieser wäßrigen Lösung durch Zusatz einer Säure wieder
zur unlöslichen Ausfällung gebracht werden. Dieses oxydierte Ligninalkalisalz wird
jedoch durch die Behandlung. mit Stilfiten oder Bisulfiten oder durch Behandlung
mit einer Kombination dieser Stoffe in eine säurebeständige und wasserlösliche Form
übergeführt, wie dies bisher nur bei den pflanzlichen Phlobaphenen möglich war.
Je mach dem Grade der Sulfitierung bzw. Bisulfitierung lassen sich mehr oder weniger
hochkolloidale, säurebeständige Lösungsformen des Lignins erreichen, die -erbtechnisch
mannigfache Vorteile bieten. Das sulfitierte Erzeugnis kann ohne weiteres mittels
einer organischen Säure auf einen für Gerbzwecke erforderlichen pH-Wert, etwa PH
3 bis 4, eingestellt werden. Es entsteht hierbei ein. dickflüssiges, den pflanzlichen
Gerbstoffextrakten ähnliches Erzeugnis in einer Ausbeute von etwa i5o °!6 der Menge
des ursprünglichen Rohligninsj; dieses Erzeugnis kann -erbtechnisch wie jeder Pflanzengerbstoff
benutzt werden. Beispiel ioo Gewichtsteile des abgenutschten Holzverzuckerungslignins,
wie es z. B. beim Holzaufschluß mit kalter, halbkonzentrierter Schwefelsäure (Verfahren
;VI i t t e r b i 11 e r) anfällt, werden mit etwa der 5fachen Wassermenge zu einem
dünnen Brei vermischt. Dieser wird bei etwa ioo° mit io Gewichtsteilen konzentrierter
Salpetersäure allmählich versetzt und bei dieser Temperatur unter Gasentwicklung
so lange behandelt, bis eine Probe des Zwischenerzeugnisses in löslich ist. Hierfür
ist inl Durchschnitt eine Oxydationsdauer von 3o bis 45 Minuten erforderlich. Nach
Erreichen dieses Oxydationsgrades wird durch Abnutschen und Waschen die Säure vom
oxydierten Lignin entfernt. Letzteres wird nun unter Erwärmen auf etwa ioo° mit
so viel Alkalilauge behandelt, daß eine nur schwach alkalisch reagierende Lösung
entsteht. Hierfür sind etwa 8 bis io Volumteile einer 25° Be starken Natronlauge
erforderlich. Sodann werden dieser Lösung unter Rühren und Erwärmung auf etwa 95°
2 bis 3 Gewichtsteile Natriumbisulfit in Pulverform zugefügt und bei der obigen
Temperatur so lange weiter gerührt, bis- sich Säurebeständigkeit einstellt. Wenn
erforderlich, wird das Endprodukt auf einen pH-Wert 3 bis 3,5 eingestellt.
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Es resultiert ein dickflüssiger Extrakt von etwa 2o° Be Dichte bei
einer auf das angewandte Trockenlignin.berechneten Ausbeute von etwa 3oo °/o. Dieser
Gerbextrakt kann in der vegetabilischen und der mit Kunstgerbz.toff kombinierten
vegetabilischen Gerbung in üblicher Weise als Zusatzgerbstoff verwendet werden.
Das hierbei erhaltene Leder zeichnet sich durch lohgaren Charakter von heller Farbe,
guter Reißfestigkeit und Fülle aus.
Falls mineralsäurearmes Holzverzuckerungslignin
in wasserlösliche Form übergeführt werden soll, so teigt man dieses mit einer der
angegebenen Säuren bis zur Breiform an und arbeitet dann wie oben weiter.