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Verfahren zum Löslichmachen von alkaliunlöslichem, isoliertem Lignin
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Löslichmachen von alkaliunlöslichem, isoliertem
Lignin, wie es bei der Holzverzuckerung mit verdünnten Säuren nach dem Scholler=
Tornesch-Verfahren anfällt. Es ist bereits vorgeschlagen worden, Torf und Huminsäu.ren
durch Oxydationsmittel, insbesondere durch Salpetersäure und Chlor zu oxydieren,
um Gerbstoffe zu gewinnen. Ebenso ist es bekannt, die Sulfitablaugen zu gerbstoffartigen
Stoffen aufzuarbeiten, jedoch ist die in der Sulfitablauge enthaltene Ligninsulfosäure
kein eigentlicher Gerbstoff, sondern ein Füllmittel für tierische Häute.
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Demgegenüber wurde festgestellt, daß es möglich ist, aus alkaliunlöslichem,
isoliertem Lignin, wie es bei der Holzverzuckerung mit verdünnten Säuren nach dem
Scholler-Tornesch-Verfahren anfällt, echte Gerbstoffe zu gewinnen, wenn man dieses
Lignin durch Einwirkung von Alkalien zur Lösung bringt. Die entstehenden Gerbstoffe
sind hoch dispers und gehen mit dem Eiweiß der Haut eine feste Bindung ein in gleicher
Art wie die bekannten pflanzlichen Gerbstoffe, z. B. Eichenholz-oder Quebrachogerbstoff.
Sie unterscheiden sich somit auch von den synthetischen Gerbstoffen, die infolge
ihres geringeren Molekulargewichtes wohl gerbend, aber nicht füllend wirken und
somit in der Praxis nur gemeinsam mit pflanzlichen Gerbstoffen zusammen verarbeitet
werden können.
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Im Gegensatz zu dem in der Pflanze vorhandenen Lignin ist das isolierte
Lignin, das bei der Holzverzuckerung mit verdünnten Säuren nach dem Scholler-Tornesch-Verfahren
gewonnen wird, nicht ohne weiteres in Alkali löslich. Während schon bei gewöhnlicher
Temperatur Primärlignin aus Pflanzen durch Extraktion mit Natronlauge gewonnen werden
kann, findet bei isoliertem Lignin fast keine Einwirkung statt. Dies liegt daran,
daß das Scholler-Tornesch-Lignin eine andere chemische Zusammensetzung hat als die
in
der Natur vorkommenden Lignine, äüs-tlf#iien es entstanden ist.
Bei der beim Scholler-Tornesch-Verfahren vor sichgehendenHydrolyse mit schiwacher
Säure und bei hohcrTernperatur werden Bestandteile des ursprünglichen Lignins in
Form organischer Säuren abgespalten. Das danach verbleibende Lignin wird dadurch
unlösbar. -lhnliche Unterschiede bestehen auch gegenüber dem Sa1zsäurelignin oder
Willstätter-Lignin, das durch Einwirkung konzentrierter Salzsäure auf Holz bei niedrigen
Temperaturen (4o°) gewonnen wird. Dabei wird das Primärlignin wohl auch verändert,
jedoch in anderer Art als bei der Anwendung verdünnter Säuren bei erhöhter Temperatur.
Die Eingriffe in das urspri;ng-» liehe Ligninmolekül. sind bei Anwendung konzentrierter
kalter Salzsäure wesentlich geringer.
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Es ist auch bekanntgeworden, Lrgnrnrtickstände der Holzverzuckerung
durch Einwirkung von Phenolen bei hoher Temperatur, z. B. i8o°, in Lösung zu bringen.
Diese Lösung erfolgt zumeist in Gegenwart von Säuren, wobei das Lignin mit den Phenolen
in Reaktion tritt. Da bei der Auflösung des Scholler-Tornesch-Lignins mittels Alkaii
bei hoher Temperatur Phenole und Säuren nicht zugegen sind, so sind die entsprechenden
Reaktionsprodukte von grundsätzlich anderer Zusammensetzung.
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Überraschenderweise hat sich nun gezeigt, daß sich das gesamte Scholler-Tornesch-Lignin
z. B. in verdünnter wäßriger Natron-bzw. Kalilauge auflöst, wenn höhere Temperaturen
angewendet werden. Bei Versuchen hat sich gezeigt, daß die untere Temperaturgrenze,
bei der man noch wirtschaftlich arbeiten kann, etwa bei i2o° liegen dürfte. Bei
Anwendung dieser höheren Temperaturen bleibt keinerlei Rückstand, und es entsteht
eine dunkelbraune Flüssigkeit, die nach der N eutralisation stark gerbende Eigenschaften
hat. - Je nach der Höhe der Temperatur und der -Konzentration der Alkalilösung können
die entstandenen Gerbstoffe mehr oder weniger dispers hergestellt werden.
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Die Reinigung der entstandenen Lösung kann in an sich bekannter Weise
erfolgen, z. B. durch Dialyse oder durch Ausfällen mit Säuren und anschließendes
Auswaschen. Es gelingt auf diese Weise, den Anteil der für die Gerbung wichtigen
Nichtgerbstoffe auf ein gewünschtes Maß einzustellen.
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Weiter kann es vorteilhaft sein, die durch den Alkaliaufschluß entstandenen
Stoffe nachträglich einer Oxydation zu unterwerfen. Dadurch kann der Gehalt an Gerbstoffen
erhöht werden, und es ist möglich, hochmolekulare Gerbstoffteilchen in niedrigmo,lekulare
zu verwandeln, was zweckmäßig ist, um eine höhere Ausbeute beim Gerben zu erhalten.
Die nachträgliche Oxydation gelöster Lignine ist bekannt, jedoch nur für Primärlignine,
Ligninsulfosäuren u. dgl., nicht aber für das bei dem Seholler-Tornesch-Verfahren
anfallende Lignin. Da die Ausgangsstoffe verschieden sind, führt auch die Oxydation
dieses Lignins zu anderen Erzeugnissen als bei den Primärligninen.
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Die Oxydation kann mit allen bekannten Oxydationsmitteln durchgeführt
werden. Insbesondere kommt in Frage die Einwirkung von Sauerstoff oder Ozon unter
Druck sowie die Verwendung von Salpetersäure und deren Salzen sowie von Chlor, Persulfaten
oder Superoxyden. Es können auch Gemische von Oxydationsmitteln Verwendung finden.
Die Oxydation ist nicht an höhere Temperaturen gebunden, sie kann auch bei niedrigen
Temperaturen durchgeführt werden.
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Das mit Alkali bei hohen Temperaturen unter Druck aufgeschlossene
Lignin kann auch durch schweflige Säure weiter aufgeschlossen werden. Zu diesem
Zweck wird die alkalische oder neutrale Masse mit schwefliger Säure oder deren Salzen
unter Rühren gekocht. Der Gehalt an Gerbstoffen kann dadurch erhöht werden.
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Es ist weiter möglich, Oxydation und Sul -fitierung zu vereinigen.
Dadurch kann der Gehalt an Nichtgerbstoffen auf ein möglichst geringes Maß herabgesetzt
werden.
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Beispiel i io kg lufttrockenes gepulvertes, isoliertes Lignin, wie
es bei der Holzverzuckerung mit verdünnten Säuren nach den Scholler-Tornesch-Verfahren
anfällt, werden mit 5o kg 2,5°/oiger Natronlauge verrührt und in einem Autoklav
en auf 22o° erhitzt. Nach 2 Stunden wird die Erwärmung abgebrochen, und durch Offnen
eines Ventils wird der entstandene Dampf abgeblasen. Es bleibt eine braune kolloidale
Lösung zurück, die, berechnet auf die benutzte Lignintrockensubstanz, 57 °/o Gerbstoff
enthält (festgestellt nach der offiziellen internationalen Methode). Beispiel 2
io kg lufttrockenes gepulvertes Lignin der gleichen Art wie beim Beispiel i werden
mit So kg 2,5 °/orger Natronlauge verrührt und in einem Au,toklaven auf 25o° erhitzt.
Nach i Stunde wird die Erwärmung abgebrochen, und durch Offnen eines Ventils wird
der entstandene Dampf abgeblasen. Nun wird der Autoklav unter Sauerstoffdruck gesetzt,
bis io at erreicht sind, und 5 Stunden auf i2o° erhitzt. Die Ausbeute an Gerbstoff,
bezogen auf die benutzte Lignintrockensubstanz, beträgt 65 °/Q.
Beispiel
3 Lignin der gleichen Art wird wie nach. Beispiel 1 aufgeschlossen und durch Zusatz
von Mineralsäure bis zu einem pH-Wert von 3,0 gebracht. Dadurch flockt die Masse
aus und wird filtrierbar. Nach Absaugen der anhaftenden Flüssigkeit wird mit Wasser
gewaschen. Der feste Rückstand wird durch Zugabe von wenig Natronlauge wieder gelöst
und auf 10o° erhitzt. Nun wird langsam in dünnem Strahl unter Rühren 65o/oige Salpetersäure
zugesetzt, bis der Verbrauch an Salpetersäure 2o °% des benutzten Lig'nins beträgt.
Die Zugabe der Salpetersäure muß so langsam erfolgen., daß die Entwicklung von N02
möglichst vermieden wird. Die Masse ist durch die Behandlung mit Salpetersäure stärker
löslich geworden und enthält 73 °% Gerbstoff, bezogen auf Lignintrockensubstanz.
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Beispiel q.
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1o kg trockenes Lignin der gleichen Art wie beim Beispiel 1 werden
mit. 3o kg 5 o/oiger Kalilauge verrührt und im Autoklaven q. Stunden lang auf 18o°
erhitzt. Nachdem Abblasen des Dainp.fes wird die Masse durch Zusatz von Schwefelsäure
neutralisiert. Danach werden 300 g Natriumbisulfit eingetragen, der Autoklav
wird wieder verschlossen und die Masse wird unter dauerndem Rühren 1o Stunden lang
auf r05° gehalten. Die entstandene Gerbstafflösung ist auch in stark saurem Gebiet
beständig und enthält 67 % Gerbstoff, bezogen auf Lignintrockensubstanz.