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Verfahren zur Gewinnung von Zucker aus Cellulose bzw. cellulosehaltigen
Stoffen Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Gewinnung von Zucker aus
Cel'lulose bzw. cellulosehaltigen Stoffen, wie Holz u. dgl., mit Hilfe konzentrierter,
flüchtiger Säuren, insbesondere Salzsäure, welches darin besteht, daß das cellulosehaltige
Material in an sich bekannter Weise in Gegenwart geringer 'Mengen von Flüssigkeit
durch Einwirkung der flüchtigen Säuren, vorzugsweise von Chlorwasserstoffgas unter
Kühlung, zweckmäßig unter Bewegung des Gutes aufgeschlossen und das so erhaltene
Aufschlußprodukt ohne vorherige Entfernung der Salzsäure durch indirekte Beheizung
auf Temperaturen von mehr als 5o° C, zweckmäßig solche, welche in der Nähe von etwa
70° C liegen, einer schnell verlaufenden Hydrolyse unterworfen wirrt. Hierdurch
gelingt es, die Verzuckerung in sehr kurzer Zeit, z. B. in etwa 15 bis 2o Minuten,
durchzuführen. Die Schnellhydrolyse führt zu einem Erzeugnis, «-elches aus einem
Gemisch `von Monosen mit Polvsacchariden besteht, welch letztere aber den großen
Vorzug besitzen, daß sie durch einfaches Erhitzen in Gegenwart von Wasser und wenig
Säure ebenfalls in vergärbare Monosen überführbar sind, so daß als Endprodukt ein
im wesentlichen nur aus vergärbaren Monosen bestehendes Erzeugnis erhalten werden
kann.
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, den Aufschluß der cellulosehaltigen
Ausgangsstoffe, wie Holzspäne, Sägemehl u. dgl., in Gegenwart sehr beschränkter
Flüssigkeitsmengen, z. B. bei Feuchtigkeitsgehalten, «-elche 2o bis 4o"/" des Gewichtes
des Ausgangsmaterials betragen oder auch einem geringeren, nur ro bis
20 % betragenden Feuchtigkeitsgehalt vorzunehmen. Hierdurch erzielt
man eine Ersparnis an Chlorwasserstoff, während trotzdem, wie gefunden wurde, ein
vollständiger Aufschluß erreicht wird.
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Der Aufschlußprozeß kann zweckmäßig unter Kühlung und unter mäßiger
Bewegung des Gutes, z. B. in einer langsam umlaufenden Drehtrommel, durchgeführt
werden. Vorteilhaft arbeitet man unter Tiefkühlung des Aufschlußgutes, z. B. derart,
daß dasselbe auf Temperaturen, welche o° C nicht übersteigen, gebracht wird. Die
Tiefkühlung wird vorteilhaft derart durchgeführt, daß verflüssigter Chlorwasserstoff
angewendet und die beim Entspannen desselben auftretende Temperaturerniedrigung
für die direkte Kühlung des Aufschlußgutes nutzbar gemacht wird. Hierbei kann man
zweckmäßig die direkte Innenkühlung noch durch Außenkühlung des Aufschlußgefäßes
unterstützen.
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Es ist daher bereits bekannt, bei Verfahren der Holzverzuckerung Salzsäure
wiederzugeWinnen, diese zu verdichten und sie alsdann wieder in dem gleichen Prozeß
zur Anwendung zu bringen. Im vorliegenden Falle wird aber nicht gewöhnlicher komprimierter,
sondern verflüssigter Chlorwasserstoff verwendet, und zwar derart, daß die Entspannungskälte
zur Erzielung besonderer Kühlwirkungen nutzbar gemacht wird. Dies hat im vorliegenden
Fall seine besondere Bedeutung, cla die Erfindung auf dem Gedanken
beruht,
den Verzuckerungsprozeß zweistufig durchzuführen, derart, daß in der ersten Stufe
nur Aufschluß der Cellulose unter Überführung derselben in saure Lösung erfolgt,
während in der zweiten Stufe Verzuckerung des Aufschlußgutes durch Schnellhydrolyse
unter Erwärmung vorgenommen wird. Durch gute Kühlung in der ersten Stufe wird vorzeitiger
Zuckerbildung, welche im Sinne vorliegender Erfindung schädlich ist, vorgebeugt,
da der vorzeitig gebildete Zucker der Gefahr der Zerstörung oder der Überführung
in nicht v ergärbare Verbindungen ausgesetzt ist.
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ach einer Ausführungsform der Erfindung wird der Aufschlußprozeß des
cellulosehaltigen Materials unter erhöhtem Druck durchgeführt, z. B. derart, daß
die Zufuhr des Chlorwasserstoffs unter Druck bei gleichzeitiger Kühlung erfolgt.
Hierdurch kann die Aufschlußzeit nicht unbeträchtlich abgekürzt werden. Im übrigen
kann der Aufschluß auch in Gegenwart an sich bekannter Katalysatoren durchgeführt
werden.
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Bei Einhaltung vorstehend geschildeter Arbeitsbedingungen kann man
den Aufschluß in verhältnismäßig sehr kurzer Zeit, z. B. 45 Minuten, unter Vermeidung
vorzeitiger Zuckerbildung sowie unter Vermeidung unerwünschter Verschleimung des
Materials durchführen, z. B. derart, daß das aufgeschlossene Material noch etwa
die Struktur der angewendeten Holzteilchen besitzt. Dieses Gut enthält alsdann die
gebildete saure Celluloselösung, aufgesaugt in den festen Teilchen.
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Das aufgeschlossene Gut kann z. B. derart weiterverarbeitet werden,
daß man es auf Temperaturen, welche oberhalb 5o° C liegen, vorzugsweise auf solche,
welche im Bereiche von etwa 70° C (z. B. zwischen 65 und 75o) liegen, bringt. Als
besonders vorteilhaft haben sich Temperaturen von z. B. 68 bis 7i° C erwiesen.
Man kann den Verzuckerungsvcrgang auch bei höherenTemperatüren, z.B. solchen von
71 bis roo° C, durchführen. Hierbei empfiehlt es sich aber, daß nach Beendigung
der Hydrolyse sofort wieder gekühlt wird" um Zerstörung gebildeten Zuckers zu vermeiden.
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Die für die Hvdrolvse erforderlicheWärmezufuhr kann auf indirektemWege,
z. B. durch die Wandungen des Gefäßes hindurch, erfolgen. Zwecks Erzielung einer
möglichst gleichmäßigen Wärmeverteilung empfiehlt es sich aber, dafür Sorge zu tragen,
daß immer neue Teile des Gutes mit den Heizflächen in Berührung kommen und für möglichst
gleichmäßige Wärmeverteilung in der Masse des Gutes, z. B. durch gute Durchmischung,
Sorge getragen wird.
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Bei Anwendung indirekter Erwärmung besteht die Gefahr, daß sich unmittelbar
zu viel Chlorwasserstoffgas verflüchtigt, was Veranlassung zur Ausfällung von Cel'lulose
geben kann. Um dem vorzubeugen, kann man z. B. derart verfahren, daß man das Aufschlußprodukt
in einem geschlossenen Gefäß auf die genannten Temperaturen, vorzugsweise solche
von etwa 70° C, erhitzt. Es entsteht alsdann im Innern des Gefäßes ein gewisser
Druck, der einen Teil des Gases zwingt, in Lösung zu bleiben. Nachdem die Vorerhitzung
stattgefunden hat, kann man die' Hydrolyse in geöffnetem Gefäß vollenden, wobei
Salzsäuregas abströmt, welches dann wieder verwendet werden kann.
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Das vorstehend beschriebene Verfahren der Hydrolyse ist auch mit Vörteil
anwendbar auf Aufschlußprodukte, welche aus cellulosehaltigen Stoffen nach anderen
als den vorstehend beschriebenen Methoden gewonnen worden sind. Nach Vollendung
der Hydroly se kann die noch vorhandene Salzsäure nach üblichen Methoden, z. B.
durch Ausblasen mit inerten Gasen oder durch Vakuum oder durch Maßnahmen beider
Art, entfernt werden. Da der Aufschlußprozeß und die Schnellhydrolyse des aufgeschlossenen
Gutes so durchgeführt werden kann, daß das verzuckerte Gut immer noch eine lockere
Masse darstellt, gestaltet sich die Entfernung der Salzsäure verhältnismäßig sehr
einfach.
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Man kann z. B. auch derart verfahren, daß man das Material nach der
Hydrolyse auslaugt, wobei zweckmäßig das Waschwasser früherer Laugungen zu neuen
Laugungen benutzt wird, bis die Zuckerlösung die gewünschte Konzentration erhalten
hat und alsdann die von den ungelösten Rückständen (Ligninsubstanz u. dgl.) getrennte
Zuckerlösung in der im Hauptpatent beschriebenen Weise entsäuert und konzentriert.
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Nach einem bekannten Vorschlag soll cellulosehaltiges Material von
beschränktem, den Cellulosegehalt nicht übersteigendem Wassergehalt unter Kühlung,
z. B. bis auf Zimmertemperatur bis zur Quellung, d. h. bis zur Überführung in schleimige
Form, mit Chlorwasserstoffgas behandelt werden und hierauf nach mehrstündigem Stehenlassen
des Aufschlußgutes von Salzsäure befreit und durch Zugabe von Wasser zu der schleimigen
Masse und r ll,stündiges Erhitzen unter Druck auf etwa 125' C verzuckert
werden. Hierbei finden infolge der langen Einwirkung der starken Salzsäure auf das
Aufschlußmaterial unerwünschte Vorgänge, z. B. im Sinne der Zerstörung gebildeter
Glukose und der Bildung nicht vergärbarer Polysaccharide, statt, welche auch durch
den Kochprozeß nicht mehr in vergärbaren Zucker übergeführt werden können. Bei Entfernung
der Salzsäure
besteht außerdem noch die Gefahr der Rückverwandlung
von aufgeschlossener Celhilose in ihren Anfangszustand.
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Weiterhin ist es bekannt, das cellulosellaltige Ausgangsmaterial,
z. B. Holz, auf einen Wassergehalt von etwa 5"/" zu trocknen, hierauf finit etwa
gleichen Gewichtsteilen .lo"("iger, also überkonzentrierter, wäßriger Salzsäure
zu versetzen, alsdann gasförmigen Chlorwasserstcff bis zur Überführung der Gesamtflüssigkeit
in übersättigte Säure einzuleiten und hierauf die Masse in dünnen Schichten zwischen
12 und 5o° C ii Stunden und mehr zwecks Dextrinbildung stehenzulassen, worauf nach
Austreibung der Salzsäure mit Wasser versetzt und gekocht werden soll. Dieses Verfahren
gestattet zwar d°n Aufschluß unter Vermeidung der Schleierbildung; es bietet aber
den großen `achteil eines außerordentlichen Zeit- und Arbeitsaufwandes. Auch hier
hat die starke Säure viele Stunden lang Gelegenheit, auf die gebildeten Abbauprodukte
einzuwirken und hierdurch unerwünschte Umwandlungen und Zerstörungen zu -veranlassen.
Auch dieses Verfahren führt zu einem Erzeugnis, welches in der Hauptsache aus nicht
vergärbaren Palvsacchariden besteht.
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Demgegenüber besitzt das vorliegende Verfahren den Vorzug, daß es
in außerordentlich kurzer Zeit durchführbar ist und daß infolgedessen unerwünschte
Umwandlungen und Zerstörungen der Abbauprodukte der Cellulose vermieden werden.
Das nach: vorliegender Erfindung durch die Schnellhydrolvse erhaltene Zuckergemisch
unterscheidet sich von den Produkten der vorstehend behandelten bekannten Verfahren
grundsätzlich dadurch, claß es durch Erhitzen in Gegenwart von Wasser und geringer
Mengen von Säuren in ein Endprodukt übergeführt `-erden kann, «-elches nunmehr fast
ausschließlich aus ver-"Y<irbaren Monosee besteht. Beim Kochen bei gewöhnlichem
Druck ist die Umwandlung bereits in 30 bis .1o Minuten vollzogen. Die Erfindung
gestattet, bis zu 9o °l, und mehr der in dem Ausgangsmaterial vorhandenen Cellulose
in Form von vergärbaren Monosee zu gewinnen.