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Verfahren zur Verzuckerung cellulosehaltigen Materials mittels verdünnter
Säure Auf dem Gebiete der Verzuckerung pflanzlichen Materials wird seit langem u.
a. mit verdünnten Säuren und hohen Temperaturen gearbeitet. Von den einschlägigen
Verfahren hat nur das sogenannte Perkolationsverfahren praktische Bedeutung. Es
besteht darin, daß die anfallenden Zuckerlösungen laufend abgetrennt werden, um
sie vor Zersetzung zu bewahren. Allerdings beansprucht die Durchführung dieses Verfahrens
verhältnismäßig viel Zeit. Zur Verzuckerung von beispielsweise io t Holztrockensubstanz
benötigt man in der Regel 1z bis 1q. Stunden.
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Im Hinblick darauf ist. schon vorgeschlagen worden, das Ausgangsgut
zunächst bei niedrigen Temperatur mit verdünnter Säure zu durchtränken, es dann
schnell auf die Reaktionstemperatur von i8o° C oder darüber aufzuheizen und anschließend
in kleinen Mengen der Hydrolyse zu unterwerfen. Nach Beendigung des Prozesses wird
die ganze Reaktionsmasse rasch auf ioo° C abgekühlt. Die Erhitzung auf die Hydrolysetemperatur
und die nachfolgende Abkühlung müssen in einer Gesamtzeit von weniger als i Minute
ausgeführt werden, wenn die maximale Ausbeute erreicht werden soll. Die Einhaltung
dieser Bedingung stellt einerseits hohe Anforderungen an die Heizanlage, andererseits
schließt sie die Verwendung von Reaktionsgefäßen großen Fassungsvermögens (Autoklaven)
aus. Aus diesem Grunde läBt sich hier pro Umtrieb nur ein kleiner Bruchteil (wenige
Kilogramm) der sonst üblichen Holzmenge verarbeiten, was- der Wirtschaftlichkeit
des Verfahrens begreiflicherweise abträglich sein muß. Außerdem bedarf es zur Durchtränkung
des Materials mit Säure eines besonderen, mit Rührwerk ausgestatteten Mischbehälters,
der die Anlage nennenswert verteuert und auch erheblichen Raum in An= spruch nimmt.
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Weiterhin haben schon vor Jahrzehnten bekanntgewordene Untersuchungen
gezeigt, daß Cellulose unter der Einwirkung verdünnter Säure bei gleichzeitigem
Erhitzen die Festigkeit verliert und mehr oder weniger zu Pulver zerfällt, aus dem
Zucker gewonnen
werden kann. Diese Erkenntnis vermochte jedoch die
Technik nicht zu befruchten. Für sie kommt reine Cellulose als Ausgangsmaterial
regelmäßig auch nicht in Frage, sondern Holz oder ähnliches cellulosehaltiges Material,
das wesentlich schwieriger zu verarbeiten ist.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung läßt sich nun auch bei derartigen
Stoffen mit Erfolg anwenden. Ihr wesentliches Kennzeichen besteht darin, daß die
Reaktionstemperatur so hoch gewählt und gegebenenfalls auch noch mechanische Einwirkungen
solcher Art angewandt werden, daß das Material rasch zu feinem Schlamm zerfällt,
dessen Cellulosebestandteil dann durch Fortsetzung der Hydrolyse, vorzugsweise bei
niedrigerer Temperatur, zu Zucker abgebaut wird.
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Die Hydrolyse setzt an sich schon vor dem Zerfall ein. Sie erstreckt
sich in diesem Abschnitt hauptsächlich auf die niedrigen Zukkerarten, .wie Pentosane
bzw. Hemicellulosen, kann aber auch schon einen Teil der Ortlrocellulose erfassen.
Insoweit braucht das Verfahren von den bisher üblichen Methoden nicht abzuweichen.
Der Unterschied, liegt vielmehr in der neuartigen .Herbeiführung des schlammförmigen
Zustandes.
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Die beiden Maßnahmen: Anwendung sehr hoher Temperatur und mechanische
Einwirkung, können bis zu einem gewissen Grade einander ersetzen, in dein Sinne,
daß bei höheren Temperaturen schon geringere Beeinflussungen, z. B. mehrere das
Material durchwirbeinde Dampfstöße oder mehrmaliges kurzes Offnen des Auslaßhahnes,
ausreichen, den gewünschten Zustand herbeizuführen, während bei niedrigeren Temperaturen
im allgemeinen stärkere Einwirkungen erforderlich sind, die dadurch hervorgerufen
werden können, daß man das Material ausschießt oder durch einen Schneckengang treibt.
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Weiterhin hat die Bemessung der Temperatur und der mechanischen Beeinflussung
unter Berücksichtigung der Art des zu verarbeitenden Materials zu erfolgen. So genügen
bei Buchenholz, überhaupt bei Laubholz, vielfach geringere Temperaturen und schwächere
Einwirkungen als bei Holz grobfaseriger Struktur, wie Fichtenholz oder schlechthin
Nadelholz.
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Bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das cellulosehaltige
Material mehr oder weniger gleichzeitig durch Zerreißen bzw. Auflösen der Zellwände
aufgeschlossen, so daß die Säure schneller als bisher Zutritt erhält. Das ihr eventuell
noch standhaltende, schon äußerst baufällige Gerippe durchbrochener Zellwände wird
durch die mechanischen Einwirkungen vorzeitig zum völligen. Einsturz gebracht. Sie
beschleunigen bzw. vervollständigen also den Zerfall des Materials zu Teilchen feinster
mechanischer Größe, so daß der Angriff der Säure alle Zellen nahezu gleichzeitig
erfassen kann.
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Daraus erklärt sich auch die Tatsache, daß das Verfahren nach der
Erfindung, das in der Hauptsache mit großen Reaktionsgefäßen (Autoklaven) durchgeführt
wird, nur einen Bruchteil der bisher in solchen Fällen aufzuwendenden Zeit erfordert,
ein Vorzug, der sowohl hinsichtlich des Wärme- als auch des Säureverbrauchs erhebliche
Bedeutung hat. Außerdem fällt der Zucker nun in mehrfach höherer Konzentration,
also in wertvollerer Form an, und schließlich wird die Orthocellulose, wie der Ligninrückstand
zeigt, praktisch fast vollständig abgebaut.
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Das neue Verfahren kann dadurch noch vorteilhafter gestaltet werden,
daß man dein Säureprozeß eine Behandlung mit Wasser, als einem die Orthocellulose
noch nicht angreifenden Mittel, vorausgehen läßt.
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Durch diese Vorbebandlung, die im gleichen Ternperaturbereirlr wie
der Säureprozeß, doch auch bei tieferen.Temperaturen durchführbar ist, wird einerseits
erreicht, daß die Aufheizung des Materials ohne Säureeinwirkung erfolgt und daher
nicht übermäßig beschleunigt zu werden braucht. Andererseits lassen sich auf diese
`'eise die Kittstoffe, wie Hemicellulose, Pentosan, Harz u. dgl., herauslösen, wodurch
für die nachfolgende Säurebehandlung so günstige Vorbedingungen entstehen, daß das
übrige Material, zuweilen sogar ohne mechanische Ein-,virkung, in kurzer Zeit zu
Schlamm zerfällt.
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Da in diesem Falle der Gesamtprozeß, zeitlich gesehen, größtenteils
in einer Wasserbehandlung besteht, die Einwirkungsdauer der Säure also eine wesentliche
Verkürzung erfährt, wird die Zuckerzersetzung auf ein Mindestmaß herabgesetzt, was
praktisch einer besseren Ausbeute gleichkommt.
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Sowohl bei dem Verfahren mit als auch ohne Wasservorbehandlung «-erden
vor Eintritt des Zerfalls die bis dahin angefallenen Zuckermengen bzw. Zuckerarten,
um sie vor Zerstörung zu bewahren, abgetrennt. Bei der Vorbehandlung mit Wasser
handelt es sich hierbei in der Hauptsache um Heinicellulose oder Pentosan, die bei
Beendigung des Wasserprozesses abgelassen werden. Erfolgt die Durchführung des Verfahrens
ausschließlich mit Säure, so fallen die entsprechenden Hydrolyseprodukte direkt
an, außerdem aber auch schon mehr oder weniger Hezosan, das Abbauprodukt der Orthocelltilose.
Bis hierher läßt sich übrigens in beiden Fällen auch das Perkolationsverfahren mit
Vorteil anwenden.
Nach dem Zerfall des Materials setzt man, wie
schon erwähnt, die Hydrolyse fort, bis auch die restliche Cellulose, vorwiegend
Orthocellulose, verzuckert ist. Dieser Prozeß findet am besten bei. etwas niedrigeren
Temperaturen und Drucken statt. Als vorteilhaft hat es sich erwiesen, die Temperatursenkung
sowie die Entspannung mit der mechanischen Einwirkung durch Ausschießen des Materials
in ein entsprechend größeres Gefäß zu verbinden. Im allgemeinen kommen für diesen
Verfahrensabschnitt Drucke von q. bis 8 atü, die einem Temperaturbereich von etwa
i4o bis i8o° C entsprechen, in Frage.
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Sobald der Abbau des Materials zu Zucker beendet ist, folgt eine weitere
Entspannung, um die Zersetzung der gewonnenen Produkte zu unterbinden. Ausführungsbeispiele
i. ioo Gewichtsteile Fichtenholzspäne, berechnet als Trockensubstanz, werden mit
etwa .Iöo Gewichtsteilen o,5 °/°iger Schwefelsäure auf igo° C erhitzt, wozu etwa
4.5 Minuten erforderlich sind. Darauf trennt man die schon herausgelösten Zuckermengen,
hauptsächlich Hemicellülose, ab. Nach Zugabe von weiteren 3oo Gewichtsteilen verdünnter
Säure läßt man die Temperatur auf 200° C ansteigen. Bei dieser Temperatur wird nun
das Material etwa 2o Minuten lang behandelt und dann durch mechanische Einwirkung
der Zerfall herbeigeführt. Es ist vorteilhaft, kurz vorher den inzwischen gebildeten
Zucker ebenfalls aus dem Reaktionsgefäß zu entfernen. Die dabei abgelassene Säuremenige
ist wieder nachzufüllen sowie die gegebenenfalls geänderte Temperatur wiederherzustellen.
Die mechanische Einflußnahme erfolgt durch Ausschießen des Materials in ein Druckgefäß,
das so bemessen ist, daß eine Entspannung auf etwa 4. bis 8 atü und demgemäß eine
Abkühlung auf etwa 14.o bis i 8o1 C eintritt. In diesem Temperaturbereich wird dann
der Verzuckerungsprozeß im Verlaufe von '/_ bis i Stunde zu Ende geführt. Falls
.Material zu verarbeiten ist, bei dem die f'lierführung in den feinschlammigen Zustand
stärkerer mechanischer Einflußnahme bedarf, läßt man das gesamte im Reaktionsgefäß
befin;lliche Gut in ein offenes, d. h. unter Atmosphärendruck stehendes Gefäß ausschießen.
Dann ist aber der Celluloseschlamm zur Durchführung der Hydrolyse wieder auf den
vorerwähnten Temperaturbereich aufzuheizen.
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ach Beendigung der Hydrolyse folgt die endgültige Entspannung der
Zuckerwürze auf Atmosphärendruck sowie die an sich bekannte Trennung der Würze vom
Ligninrückstand.
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Die Ausbeute an reduzierendem Zucker beträgt insgesamt, d. h. einschließlich
der abgebauten Hetnicellulose, etwa 61 Gewichtsteile. Der Ligninrückstand beläuft
sich auf etwa 28 Gewichtsteile.
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2. ioo Gewichtsteile Buchenholztrockensubstanz werden in Form von
Raspel- oder Sägespänen mit 3oo bis 4.oo Gewichtsteilen Wasser.auf etwa 2oo° C aufgeheizt,
ungefähr i Stunde lang bei dieser Temperatur belassen und schließlich die bis dahin
angefallenen Zuckerarten bzw. -mengen, im wesentlichen Pentosane, abgezogen. Gleichzeitig
läßt man etwa 30o Gewichtsteile o,5 °/°iger Schwefelsäure oder o,25 °/°iger Salzsäure
bei 2oo° C nachströmen, so daß das gesamte Material gleichmäßig durchtränkt und
möglichst gleichzeitig dem Angriff der Säure ausgesetzt wird. @@achdem die Säure
bei 200° C etwa 7 bis 15 Minuten eingewirkt hat und der dabei entstandene Zucker
gegebenenfalls wieder abgelassen wurde, bringt man den der Säure bisher noch standgehaltenen
Teil des Gutes mittels einiger Dampfstöße o. dgl. zum Zerfall, der übrigens mitunter
sogar ohne mechanische Einwirkung eintritt. Weitere 15 bis 20 Minuten darauf
ist die Orthocellulose in Glucose übergeführt. Dieser Hydrolyseprozeß erfolgt, wie
oben, vorzugsweise bei herabgesetzter Temperatur. Endlich wird die Würze ganz entspannt
und vom Ligninrückstand z. B. mittels eines Trommelfilters getrennt.
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An reduzierenden Zucker, einschließlich der Pentosane, fallen 61 bis
69 Gewichtsteile, an Ligninrückstand etwa 18 Gewichtsteile an.