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Herstellung von Trockenpickelblößen Es ist bekannt und allgemein gebräuchlich,
durch Schwöde oder Äscher enthaarte, entkälkte und gegebenenfalls gebeizte Felle
und Häute durch einen Mineralsäure-Kochsalz-Pickel zu konservieren. Die so behandelten
Blößen werden in nasser Form als Pickelblößen in den Handel gebracht. Sie haben
den Nachteil, daß sie nur gut verpackt, beispielsweise in Holzfässern, transportiert
werden können und dadurch hohe Versandkosten verursachen.
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Man bemüht sich daher schon seit langem Verfahren zu finden, nach
denen man trockene Pickelblößen herstellen kann. Die bisherigen Bemühungen haben
jedoch nicht zu einem befriedigenden Erfolg geführt. Nur ein Verfahren zur Herstellung
von Trockenpickelblößen wird in begrenztem Umfang praktisch durchgeführt; bei diesem
Verfahren werden mit Mineralsäuren und Kochsalz gepickelte Blößen mit Thiosulfat
behandelt und dann getrocknet. Die so erhältlichen Trockenpickelblößen haben erhebliche
Nachteile: Wegen des hohen Gehaltes an Mineralsäure wird die Hautsubstanz bei längeren
Transporten unter dem Einfuß von Feuchtigkeit und Wärme fast immer geschädigt; außerdem
scheidet sich ein Teil des Kochsalzes kristallin an der Oberfläche aus und beschädigt
häufig den empfindlichen Narben. Schließlich lassen sich aus den Trockenpickelblößen
hergestellte Leder häufig nicht gleichmäßig anfärben. Weitere äußerst störende Nachteile
haben die bekannten Trockenpickelblößen mit den oben besprochenen Naßpickelblößen
gemein: Beide können erst nach einem langwierigen und schwer zu steuernden Entpicklungsvorgang
weiterverarbeitet werden, bei dem die Blößen bis zu 24 Stunden lang in einer Entpicklungsflotte
bewegt und dabei zunächst mit mindestens 6% Kochsalz und dann mit säurebindenden
Mitteln behandelt werden müssen. Die entpickelten Blößen können nicht wie gut getrocknete
Rohware für alle Zwecke verwendet werden, sondern sind im wesentlichen nur für Velour-,
Bekleidungs-, Futterleder u. dgl. verwendbar.
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Es wurde nun gefunden, daß es gelingt, hervorragende Trockenpickelblößen
herzustellen, die die obengenannten Nachteile nicht haben, wenn man dazu nicht gerbend
wirkende Sulfon- oder Carbonsäuren der Benzolreihe, die im Kern Hydroxy-, Amino-,
Nitrogruppen und bzw. oder Halogenatome oder, im Fall der Sulfonsäuren, Carboxylgruppen
enthalten, oder der Naphthalinreihe, die die genannten Substituenten enthalten können,
in Mengen von ungefähr 2 bis 807e, zusammen mit Neutralsalzen in Mengen von ungefähr
4 bis 12%, bezogen auf das Gewicht der feuchten Blöße, bei einem AnfangspH-Wert
von ungefähr 3 bis 3,5 verwendet.
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Geeignete Sulfon- oder Carbonsäuren der Benzol-oder Naphthalinreihe
sind z. B. Resorcylsäure, die Nitrosalicylsäuren, die Dinitrobenzoesäuren, die Resorcinsulfonsäuren
und Nitrophenolsulfonsäuren, die Sulfosalicylsäuren und Sulfophthalsäuren, die Brenzcatechinsulfonsäuren
und Sulfobenzoesäuren, die Pikraminsäure, die Chlorphenolsulfonsäuren, Chlornitrobenzolsulfonsäuren,
Chlornitrophenolsulfonsäuren, Dichlorbenzoesäuren und Dinitrochlorbenzolsulfonsäure,
die Monoaminobenzolsulfonsäuren, Monoaminobenzoldisulfonsäuren und Chloraminobenzolsulfonsäuren,
ferner die Naphthalinsulfonsäuren, Naphthalindisulfonsäuren, Naphtholdisulfonsäuren,
Naphtholtrisulfonsäuren, Dinitronaphtholsulfonsäuren, Dioxynaphthalinsulfonsäuren,
Diisopropylnaphthalinsulfonsäuren und Chlornaphtholsulfonsäuren. Besonders vorteilhaft
für die Zwecke der vorliegenden Erfindung sind die Sulfophthalsäuren. Die genannten
Säuren werden im folgenden der Kürze halber als »Pickelsäuren« bezeichnet.
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Als Neutralsalze kommen vor allem die Alkalisalze von .starken Mineralsäuren
in Betracht. So kann man beispielsweise Natriumsulfat verwenden, doch ist es vorteilhaft,
Neutralsalze zu verwenden, die keine Sulfationen enthalten; aus wirtschaftlichen
Gründen wird das Natriumchlorid bevorzugt.
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Für die Herstellung von Trockenpickelblößen nach der Erfindung geht
man vorteilhaft wie folgt vor: Die zu verarbeitenden Blößen werden in üblicher Weise
durch Schwöde bzw. Äscher, Entkälkung und Beize und gewünschtenfalis Entfettung
vorbereitet. Dann behandelt man sie im Faß oder in der Haspel mit einer Pickelflotte,
die, bezogen auf das Gewicht der feuchten Blöße, ungefähr 2 bis 8%, vorzugsweise
ungefähr
2,5 bis 3,5 % der oben näher beschriebenen Pickelsäuren, ungefähr 4 bis 12%, vorzugsweise
6 bis 80/0, Neutralsalze und so viel Wasser enthält, daß die Neutralsalze in. einer
Konzentration von 50 bis 200 g/1 vorliegen. Die frisch angesetzte Pickelflotte_muß°
bei Beginn des Pickelvorgangs. einen pH-Wert von ungefähr 3 bis 3,5 (Anfangs-pH-Wert)
heben: Dieser pH-Wert kann entweder dadurch -erreicht werden, d'aß man die Konzentration
an Pickel:säure entspreohend wählt oder, falls man kleinere oder größere Mengen
an Pickelsäure verwenden will, .durch Zusatz sauer oder basisch reagierender Salze.
Während des Pickelvorgangs steigt der pH-Wert der Flotte an und erreicht schließlich
einen Endwert von ungefähr 3;8 bis 4,5.
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Außer Stoffen zur Regelung des pH-Wertes kann die P.ickelflotte weitere
-Zusatzstoffe enthalten. So kann man ihr Beschwerungs- und Feuchthaltemittel, wie
Kaolin, Bentonit, Glukose, Melasse und Stärke einverleiben. In der Regel ist-es
jedoch empfehlenswert, solche Mittel nicht mitzuverwenden. Dagegen kann es vorteilhaft
sein, der Flotte säurebeständige fungicide Mittel zuzusetzen oder derartige Mittel
aus einem ge"sönderten: Nachbehandlungsbad, beispielsweise einem Fettungsbad, in
die Blößen einzubring_en_ Man bewegt die Blößen bei normaler Temperatur 1 bis 5
Stunden lang in der .Pickelflotte und kann sie dann bis zu mehr@Stunden. darin belassen.
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Gewünschtenfalls.kann.main @die.gepckelten Blößen leicht nachfetten.
Dazu eignen sich die üblichen Fettlecker und Lösungen von Fettalkaholsulfaten. Besonders
vorteilhaft ist es, zum Nachfetten kationische Fettlicker zu verwenden. In der Regel
benötigt man geringere Mengen an fettenden Substanzen als für die gebräuchliche
Fettung, von Leder; 0,5 bis 2,9 a/ö Fettlecker oder. 0,5 bis 2;0 °/o: Fettalkoholsulfat,
berechnet auf reine Fettsubstanz und bezogen .auf das Gewicht der feuchten Blöße,
sind Mengen, mit denen man meistens zufriedenstellende Ergebnisse -erzielt.
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Die gepickelten und gegebenenfalls: gefetteten Blößen werden bei einer
-Temperatur bis zu ungefähr 40° C getrocknet und sind dann unmittelbar vemand= fertig.
Sie können auf einfache -Weise in Jutesäcken., Kunststoffolien oder. Papier verpackt
transportiert werden. -Gegenüber bekannten Trockenpickelblößen haben die nach dem
.neuen Verfahren hergestellten eine Reihe erheblicher Vorteile. Sie neigen .nicht
zu kristallinen Salzausscheidungen und erleiden auch bei Lagerung .unter tropischen
Bedingungen keine Zersetzung. Ein sehr wesentlicher Vorteil ist, daß sie vor der
weiteren Verarbeitung nicht entpickelt zu werden brauchen; vielmehr werden sie durch
bloßes Walken mit-Wasser,- dem gewünschtenfalls wenig Neutralsalz zugesetzt wird,
in den gerbfähigen Zustand zurückverwandelt. Bewährt hat sich dazu eine Menge von
ungefähr 600% Wasser und gewünschtenfalls 2% Kochsalz, beides bezogen auf das -
Gewicht der Trockenpickelblöße.- Nach etwa 15 Minuten ist. der Weichvorgang beendet,
und man kann die Blößen unmittelbar gerben. Das läßt sich beispielsweise auf besonders
einfache Art durch Zusatz :des Gerbstoffs zu .der Weichflotte durchführen, Selbstverständlich
kann man aber auch die geweichten Blößen in einer besonderen Gerbbrühe behandeln.
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Die geweichten Blößen haben praktisch die gleichen Eigenschaften,
insbesondere die gleiche universelle Verwendbarkeit wie ungepickelte Rohware. Sie
können daher im Gegensatz zudem aus bekannten Pickelblößen gewonnenen Material auf
alle Lederarten verarbeitet werden. Beim Färben der aus ihnen lergestellten-Leder
treten keine Schwierigkeiten auf.
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Es ist zwar bekannt, die nicht gerbend #wi'rkenden Sulfoä-"undbäw:
oder Carbonsäuren der Benzol- oder Naphthalinreihe, die im Kern Hydroxy-, Amino-,
Nitrogruppen und bzw. oder Halogenatome enthalten, für die Sauerstellung von Blößen
vor der Gerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen und/oder Aldehyden und/oder Thiosulfat
zu verwenden. Auch war schon die antiseptische Wirkung einiger dieser Säuren bekannt.
Daraus war jedoch nicht abzuleiten, daß man. dieselben Säuren unter bestimmten Bedingungen
auch für die Herstellung von Trockenpickelblößen mit ganz ungewöhnlichen Eigenschaften
verwenden. kann. Um die ursprünglichen Eigenschaften der Blöße hinsichtlich ihrer
weiteren Verarbeitung zu erhalten, genügt es nämlich keineswegs, den biologischen
Abbau der Hautstruktur zu verhindern, sondern man muß versuchen, die mit Beendigung
der Lebensprozesse einsetzende und von äußeren biologischen Einflüssen unabhängige
Veränderung der komplizierten Hautstruktur zu hemmen.
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Behandelt man eine Haut mit verdünnter Mineralsäure, so quillt sie
stark auf und kann dadurch geschädigt werden. Dem begegnet man bei dem üblichen
Schwefelsäure-Kochsalz-Pickel durch Salzzusatz. Der osmotische Druck der salzhaltigen
Pickellösung.bewirkt eine Entquellung der Haut; man, ,hat es so in der Hand, ihren
ursprünglichen Quellungszustand im wesentlichen aufrechtzuerhalten (vgl. deutsche
Patentschrift 1099 124, Spalte 1, Zeilen 5 bis 12). Trocknet man Blößen,
die mit Schwefelsäure gepickelt sind, so kann die Quellung der Haut wegen Wassermangels
nicht: mehr aufrechterhalten werden; trotz Anwesenheit einer stark quellenden Säure
gibt die Haut ihr Quellwasser ab, und das.kann schließlich dazu führen, .daß der
ursprüngliche Zustand durchEinweichen nicht wieder herstellbar ist.
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Es zeigt sich also, daß das Quellungsproblern bei Trockenpickelblößen
in gewisser Hinsicht umgekehrt liegt wie bei Naßpickelblößen.
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Da .die nach der vorliegenden Erfindung zu verwendenden Säuren im
Gegensatz zur Schwefelsäure nicht quellend wirken, müßte man vermuten, daß sie Trokkenpickelblößen
ergebenwürden, die sich noch weniger in den ursprünglichen Zustand zurückführen
ließen. überraschenderweise ist das Gegenteil der Fall. Die nach der Erfindung hergestellten
Trockenpickelblößen lassen sich auch nach mehrere Monate dauernder Lagerung noch
ohne weiteres zurückweichen.
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Besonders vorteilhaft verhalten sich die Sulfophthalsäuren. Mit ihnen
hergestellte Trockenpickelblößen haben eine Lagerfähigkeit, die weit über das üblicherweise
für Transportzwecke erforderliche Maß hinausgeht.
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Nooh ein weiterer überraschender Vorteil der nach der Erfindung hergestellten
Trockenpickelblößen verdient erwähnt zu werden: Sie lassen sich nach dem Zurückweichen
nachäschern, ohne daß Schäden in der Blöße auftreten. Das war mit den bisher bekannten
Trockenpickelblößen nicht möglich. Andererseits war dieser Vorteil aus den Eigenschaften
der entsprechenden Naßpickelblößen nicht abzuleiten,. denn diese lassen sich nachäschem,
unabhängig davon, ob sie mit Mineralsäuren oder mit den obengenannten nicht gerbenden
Sauzen hergestellt worden sind.
In dem folgenden Beispiel sind die
Prozentangaben Gewichtsprozente, bezogen auf das Gewicht der feuchten Blöße.
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Beispiel Lammfelle werden in üblicher Weise.durch Schwöde oder Äscher,
Entkälkung und gewünschtenfalls Beize vorbereitet. Dann walkt man sie zur Entfettung
30 Minuten lang in einer Mischung von 8% Petroleum, 0,8% des Adduktes von 10 Mol
Äthylenoxyd am 1 Mol Oleylamin und 1,2% Wasser. Man setzt 50% Wasser von 37° C nach
und walkt weitere 15 Minuten. Dann spült man die Blößen 15 Minuten lang mit Wasser
von 35 bis 37° C und streicht erforderlichenfalls nach.
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Die entfetteten Blößen pickelt man im Faß, indem man sie in einer
Flotte aus 2% des sauren Ammoniumsalzes der Sulfophthalsäure, 10/0 Natriumbisulfat,
8% Natriumchlorid und 70% Wasser 2 Stunden walkt und dann ungefähr 12 Stunden in
der Flotte beläßt. Darauf setzt man 1% eines handelsüblichen kationischen Lickeröls
und 0,211/o eines fungiciden Mittels auf der Basis von Dodecylhexamethylenbenzylammoniumchlorid
und Trichlorphenol nach. Man walkt die Blößen noch 1 Stunde lang, läßt sie dann
gut abtropfen und trocknet sie bei normaler Temperatur.
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Die so erhaltenen Trockenpickelblößen werden sortiert und gebürdet.
Zum Versand. kann man sie einfach, gewünsohtenfalls nach Verpacken in Kunststoffolle,
in Jutesäcke einnähen.