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Verfahren zum Gerben von tierischen Häuten und Fellen Es ist bekannt,
Polyäther, deren Komponenten keine Gerbwirkung bzw. keine gdrbenäen Gruppen besitzen
und die durch Anlagerung von mehreren Molekülen Äthy lenoxyd z. B. an hydroxylgruppenhaltige
Verbirvdungen oder durch Kondensation oder auch durch Polymerisation von Äthern
erhalten werden, als Gerbstoffe zu verwenden. Es wurde jedoch festgestellt, daß
Produkte dieser Art nur in beschränktem Maße von der Hautsubstanz gebunden werden
bzw. in diese eindringen. Es müssen daher bei diesen Gerbverfahren erhebliche Mengen
an Gerbmitteln (a5 bis 30%), auf Blößengewicht berechnet, angewendet werden.
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Es wurde nun gefunden, daß sich zum Gerben von tierischen Häuten und
Fellen mit Vorteil Polyalkylätherabkömmlinge von höhermolekularen, organischen Sulfamidverbindungen
als Gerbstoffe verwenden lassen. Die nach dem neuen Verfahren verwendeten Gerbmittel
zeigen die überraschende Eigenschaft, daß sie in weit größerem Maße das Gefüge der
tierischen Kollagenfaser durchdringen und sich ausgezeichnet in die Haut einarbeiten
lassen, was zu einer hervorragenden Gerbwirkung bei geringem Verbrauch an Gerbmitteln
führt. Die Gerbmittel, die nach dem neuen Verfahren Anwendung finden, können mit
allen anderen üblichen mineralischen, vegetabilischen oder synthetischen Gerbstoffen
sowie auch mit Fettgerbstoffen kombiniert angewendet werden. Durch Veränderung der
Länge des Kohlenwasserstoffrestes und der Länge des Polyalkylätherrestes können
die Eigenschaften der neuen Gerbmittel in vielfältiger Weise abgeändert werden.
So nehmen die Gerbstoffe z. B. mit zunehmender Verlängerung der Kohlenwasserstoffkette
den Charakter von Fettgerbstoffen an.
Die neuen Gerbmittel eignen
sich für die Gerbung von tierischen Häuten und Fellen aller Art, insbesondere von
Kalb-, Schaf-, Ziegen-, Hirsch-, Reh- oder Großtierhäuten, die in üblicher Weise
in der Wasserwerkstatt durch Weichen, Schwöden und/oder Äschern, Entkälken, Beizen
und gegebenenfalls durch Pickeln vorbereitet werden.
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;Klan erhält die Polyalkylätherabkömmlinge höhermölekularer, organischer
Sulfamidverbindungen in bekannter Weise dadurch, daß man auf die Sulfamidverbindungen
Alkylenoxyde, wie beispielsweise Äthylenoxyd, einwirken läßt, wobei man die Länge
der Alkylenoxydkette durch das angewendete Mengenverhältnis der Ausgangskomponenten
bestimmen kann. Als Sulfamidverbindungen kommen höhermolekulare, organische Sulfamide
der aliphatischen, cycloaliphatischen und aromatischen Reihe in Betracht, wobei
die aromatischen bzw. fettaromatischen Sulfamide besonders technisches Interesse
besitzen. Als Beispiel für derartige Sulfamide sind zu nennen Dodecylsulfamid, Octadecylsulfamid,
Octadecenylsulfamid, Gemische höhermolekularer, aliphatischer Sulfamide, wie sie
beispielsweise durch Einwirkung von Schwefeldioxyd und Chlor auf Kohlenwasserstoffgemische
mit einer Kettenlänge von C12 bis C22 und anschließende Amidierung der gewonnenen
Sulfochlor ide erhalten werden, ferner Alkylcyclohexylsulfamide, Naphthalinmono-
und -polt' sulfamide, Alkylnaphthalinsulfamide, Alkylbenzolsulfamide, wie beispielsweise
Butyl-, Hexyl-, Octyl-, Dodecyl-, Octadecy lsulfamide u. dgl. Die Kohlenwasserstoffreste
der Sulfamide können auch durch Sauerstoff, Schwefel oder Stickstoff bzw. Sauerstoff.
Schwefel oder Stickstoff enthaltende Atomgruppen unterbrochen sein oder auch Substituenten
tragen.
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Aus diesen Sulfamiden erhält man durch Anlagern von Alkylenoxyden
die entsprechenden Polyalkylätherabkömmlinge, also z. B. Anlagerungsprodukte von
8 bis i2 Mol Äthylenoxyd an Dodecylbenzol-oder Hexadecylbenzolsulfamid, Anlagerungsprodukte
von 6 bis i8 Mol Äthylenoxyd an Naphthalindi- oder -trisulfamid bzw. alkylierte
N aphthalinsulfamide, Anlagerungsprodukte von 6 bis z2 Mol Propylenoxyd an Dodecyl-
oder Octadecenylsulfamid u. dgl.
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Diese Anlagerungsprodukte haben eine ölige bis pastenförmige Konsistenz,
sind in Wasser löslich bzw. dispergierbar und werden im allgemeinen in einem p11-Bereich
von 2 bis 9 angewendet. Sie werden in die Blößen, zweckmäßig in wäßriger Lösung,
in möglichst konzentrierter Form eingewalkt, etwa in Mengen von i bis 8%, vorzugsweise
3 bis 5%, auf Blößengewicht berechnet.
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Wie schon erwähnt, kann in Verbindung mit dieser Gerbung jede andere
Gerbung angewendet werden, und zwar sowohl als Vorgerbung oder auch als Nachgerbung.
Man kann auch die neuen Gerbmittel gleichzeitig mit bekannten Gerbstoffen anwenden.
Besonders vorteilhaft ist es, die neuen Gerbmittel mit einer mineralischen Gerbung,
beispielsweise mit Chromsalzen, zu kombinieren. Jedoch sind auch alle anderen Gerbarten,
von denen hier nur die Gerbung mit Alaun, mit Formaldehyd, mit vegetabilischen und/oder
synthetischen Gerbstoffen genannt sein sollen, anwendbar.
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Die Gerbmittel sind auch als Fettgerbmittel geeignet, wobei man sie
beispielsweise mit Tranen oder Fettalkoholsulfonaten kombinieren kann.
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Auf den erheblichen technischen Fortschritt, der mit den nach dem
neuen Verfahren verwendeten Gerbmitteln verbunden ist, wurde bereits eingangs hingewiesen.
Beispiele i. In entkälkte und gebeizte Rindsblößen, die im Schnitt einen pH-Wert
von 8 aufweisen, werden 3'/0, auf Blößengewicht berechnet, des Anlagerungsproduktes
aus Dodecylbenzolsulfamid und 8 Mol Äthylenoxyd innerhalb von 2 bis 3 Stunden eingewalkt.
Dann wird der Gerbung i % Ameisensäure in io%iger wäßriger Lösung zugesetzt und
i bis 2 Stunden weitergewalkt. Nunmehr werden 0,5% Chromoxyd in Form eines Chromgerbextraktes
zugegeben, und das Walken wird noch 2 bis 3 Stunden fortgesetzt. Nach Abschluß der
Gerbung wird das Leder für 4 bis 7 Tage feucht auf den Bock geschlagen. Im Anschluß
daran wird mit ioo% Wasser und i bis 2% Natriumbicarbonat bei gewöhnlicher Temperatur
innerhalb von i bis 2Stunden neutralisiert. Nach dem Spülen wird in üblicher Weise
gefärbt und gefettet. Man erhält ein volles, griffiges Oberleder.
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In gleicher Weise kann man gepickelte Rindspaltblößen behandeln. Das
Leder wird gut durchneutralisiert und anschließend gefärbt und gefettet und ergibt
ein vollgriffiges, kurzfaseriges Velourleder. An Stelle des verwendeten Dodecylbenzolsulfamid-Äthylenoxyd-Anlagerungsproduktes
kann man mit Vorteil auch das Anlagerungsprodukt von io Mol Äthylenoxyd an Octadecylbenzolsulfamid
verwenden.
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2. Entkälkte und gebeizte Schafsblößen werden mit ioo% Wasser im Faß
einige Minuten laufen gelassen. Darauf werden o,5 bis 1,5% einer 3o- bis 4o0/aigen
wäßrigen Formaldehydlösung, auf pH 8 gestellt, in mehreren Anteilen zugegeben und
i bis 2 Stunden vorgegerbt. Nach dem Abtropfen der vorgegerbten Blößen wird in neuer
Flotte mit 40% Wasser und 2 bis 3% des Anlagerungsproduktes von io Mol Äthylenoxyd
an ein Alkylbenzolsulfamidgemisch mit Alkylresten C12 bis C" während 2 bis 3 Stunden
weiterbehandelt, mit Ameisensäure auf etwa PR 4,5 abgesäuert und i bis 2 Stunden
nachgewalkt. Die Weiterbearbeitung erfolgt in üblicher Weise. Man erhält vollgriffige,
ständige Leder, die als Portefeuilleleder verwendbar sind.
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3. In eine entkälkte und gebeizte Hirschdecke mit abgestoßenem Narben
werden 4 bis 61/o" auf Blößengewicht berechnet, Tran, der mit 3%, ebenfalls auf
Blößengewicht berechnet, des in Beispiel i genannten Gerbmittels in einer wäßrigen
Flotte 1 : 5 emulgiert ist, bei 30° innerhalb von 2 bis 4 Stunden eingewalkt. Danach
wird die Blöße 4 bis
8 Tage in feuchtem Zustand bei 3o bis 35° gelagert.
Das überschüssige Fett wird anschließend ausgewaschen, worauf wie bei der Sämischlederherstellung
weitergearbeitet wird. Man erhält ein Leder, das sämischartigen Charakter hat und
z. B. für die Verarbeitung in der Bekleidungsindustrie verwendbar ist.