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Verfahren zur Herstellung von löslichen und schmelzbaren festen bituminösen
Kohlenwasserstoffen aus festen kohlenstoffhaltigen Stoffen Man erhält lösliche und
schmelzbare feste bituminöse Kohlenwasserstoffe (Primärbitumen) aus festen kohlenstoffhaltigen
Stoffen, wie Steinkohle, Braunkohle, Holz oder Torf, indem man die Ausgangsstoffe
bei erhöhtem Druck und bei Temperaturen oberhalb et-,va 38o° in Gegenwart von flüssigen
Verteilungsmitteln, die keine nennenswerten Mengen paraffinische oder olefinische
Kohlenwasserstoffe enthalten, und gegebenenfalls unter Anwendung von Hydrierungskatalysatoren
mit so geringen Mengen Wasserstoff oder bei Verwendung von größeren Mengen Wasserstoff
während so kurzer Reaktionszeit behandelt, daß keine nennenswerten Mengen unter
Normalbedingungen flüssiger Reaktionsprodukte entstehen. Die hierbei erhaltenen
löslichen und schmelzbaren festen bituminösen Kohlenwasserstoffe werden dann von
den noch nicht umgesetzten Feststoffen abgetrennt.
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Es wurde nun gefunden, daß man für die Behandlung mit Wasserstoff
im Unterschuß zweckmäßig verdünnten Wasserstoff anwendet. WasserstoffhaltigeGase
dieserArt stehen in der Technik in großen Mengen zur Verfügung. Zur Durchführung
des Verfahrens eignet sich beispielsweise das Koksofengas.
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Es wurde zwar schon bei der bekannten Hydrierung nach Bergius vorgeschlagen,
mit Wasserstoff, der durch andere Gase verdünnt ist, unter Druck zu hydrieren. Bei
diesem Verfahren ist aber die Anwendung von verdünntem Wasserstoff sehr ungünstig,
da für dieses Hydrierverfahren, d. h. also für die Überführung der festen kohlenstoffhaltigen
Stoffe in unter Normalbedingungen flüssige Produkte, Wasserstoff in großem Überschuß
zugeführt werden muß. Die Anwendung von verdünntem Wasserstoff ist also in diesem
Falle infolge der zu leistenden hohen Kompressionsarbeit völlig unwirtschaftlich,
während bei der Behandlung mit Wasserstoff im Unterschuß auch ein verdünnter Wasserstoff
ohne besonders hohen Aufwand an Kompressionsarbeit in hohem Maße ausgenutzt werden
kann.
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Die Anwendung von verdünnten wasserstoffhaltigen Gasen für die Erzeugung
von löslichen und schmelzbaren festen bituminösen Stoffen ist auch deswegen besonders
wertvoll, da sie ein besonders einfaches Mittel darstellt, um die erforderliche
mengenmäßig begrenzte Einwirkung von Wasserstoff auf das Ausgangsgut zu erreichen.
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Es hat sich gezeigt, daß die Bildung des löslichen Primärbitumens
anderen Gesetzen folgt als die Hydrierung mit Wasserstoff im Überschuß. Wenn die
Hydrierung zu flüssigen Produkten erfolgreich durchgeführt werden
soll,
ist nian immer gezwtlilgeil, eilten gewissen Wasserstoffpartialdruck nicht z @i
unterschreiten, da andernfalls die Reaktion zum Stillstand kommt und unter Umständest
sogar eine von Polymerisationen begleitete Spaltreaktioil auftreten kaltfit. E:
wurde gefunden, daß beim _\rlieiteti finit Wasserstoff im Unterschul3 nach vorliegender
Erfindung ein holier'#Wasserstoffpartialdruck entbehrlich ist. Durch Versuche mit
Steinkohlen und verschiedenen Braunkohlen konnte festgestellt «-erden, daß auch
im Unter schuß vorhandener Wasserstoff nahezu vollständig absorbiert wird, so daß
also im Endzustand der Partialdruck praktisch auf den Wert 1u11 sinkt. Bei der Umwandlung
einer westfälischen Steindohle mit Wasserstoff im Unterschuft wurde bei einer Wasserstoffzugabe
voll 45 g/kg Reinkohle i, i g als Wasserstoff im Gas «-ledergefunden. Bei einem
anderen Versuche wurde bei einer Zuführung toll 28 g Wasserstoff/kg Reinkohle nur
o, i g Wasserstoff nicht absorbiert. Bei beiden Versuchen wurde ohne Wasserstoffumlauf
gearbeitet. Die Wasserstoffausnutzung betrug also illi ersten Falle 97#5 °/o. im
zweiten Falle sogar 99,6 °/o. Eine solche Wasserstoffausnutzung ist bei der üblichen
Hydrierung auf flüssige Produkte auch mit den besten Katalysatoren niemals zu erreichen,
da stets ein holierWasserstoffpartialdruck notwendig ist, um eine genügende Wasserstoffaufnahme
zu erzielen.
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Statt des reinen, teueren Wasserstoffes können nach dein vorliegenden
Verfahren billige wasserstoffhaltige Gase benutzt werden, z. B. Koksofengas, Wassergas
und dessen Abarten, ferner Restgase aus Ainnioniaksyntliese- und Methanolsyntlieseanlagen
und Spaltgase voll 1lethan oder Erdgasen. Das Verfahren soll all folgenden Beispielen
erläutert werden, zunächst mit Koksofengas als Hydrierungsmittel. Beispiel i Ein
Gemisch von i2oo Teilen einer fein gemahlenen und getrockneten fetten 1nitteldeutschen
Braunkohle finit 95o Teilen eines h1-drierteil Steinkohlenteerinittelhles mit den
Siedegrenzen von Zoo bis 29o3 wurde in ein Hochdruckreaktionsgefäß gepumpt, in das
gleichzeitig 6oo 1 Koksofengas eingepreßt wurden; das Reaktionsgefäß wurde auf einer
Temperatur von .tos'= und der Druck auf 33o at gehalten. Gegen Ende des Versuches
sank der Druck nach Abstellen der Pumpe auf 29o at. Die Reaktion war nach 4o Minuten
beendet. Das Reaktionsgemisch wurde dann aus dein Reaktionsgefäß entnommen und bei
2oo° mittels Druckfilters von dein Ascherückstand getrennt. Der Ascherückstand wurde
nochmals finit demselben 01 ausge\yasclieii und trocken destilliert; aus
dem Filtrat wurde das Lösungsmittel durch Destillation wieder abgetrennt.
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Auf ioo Gewichtsteile Reinkohle bezogen, wurden erhalten: 79,8 Gewichtsprozent
Reaktionsprodukt (nach Abzug des Lösungsmittels), 3,4Gewiclitsprozeiit@S'asser,
i Gewichtsprozeilt nicht unigesetzte Kohle im Ascherückstand, 12,3 Gewichtsprozent
Gas, 1,5 Ge-«vichtsprozent @-erlust.
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Die 79,8 Gewichtsprozent Reaktionsprodukt setzten sich zusaininen
aus: 5,4 Gewichtsprozent Ü1 bis 300° siedend, 74,4 Gewichtsprozent fester Riickstand,
der bei etwa 85° flüssig wurde, ini Teeröl löslich war und einen Heizwert voll etwa
gooo WE besaß.
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Der Aschegehalt dieses Produktes betrug 0,12 °/". Der Ascherückstand
bestand zu 93#3 °/o aus Asche und zti 6,7 °%o aus verbreinlicher, nicht umgesetzter
Kohlesubstanz. Der Kohleumsatz betrug mithin unter Einrechnung des Verlustes 99
°/o, d. h. die Kohle wurde nahezu vollkommen in wertvolle Produkte umgesetzt.
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Die eingesetzten 6oo 1 Koksofengas hatten folgende Zusammensetzung:
55,2 VOlumprozent Wasserstoff, 25,8 Volumprozent Methan, 1,2 Volumprozent ungesättigte
Kolilenwasserstoffe, 6,5Volumprozent Kohlenoxyd. Rest Kohlensäure und Stickstoff.
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3171 eines Gases folgender Zusammensetzung wurden wiedererhalten:
0,4 Volumprozent Wasserstoff, 57 VolumprozentMethan, 34 Voluinprozent Kohlensäure.
Rest: Stickstoff, ungesättigte Kohlenwasserstoffe usw.
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Von dein in den 6oo 1 Koksofengas enthalteilen 331 1 Wasserstoff wurden
also im Abgas nur 12,61 wiedergefunden, was einem Wasserstoffumsatz von 96,2 °,!o
entspricht. Besonders bemerkenswert ist dabei, daß der Wasserstoffpartialdruck ini
Endgas auf rund 4°/o des Gasdruckes und auf weniger als 2 °/o des Gesamtdruckes
gefallen ist. Trotz Verwendung des verdünnten Wasserstoffes war also die M'asserstoffausnutzung
sehr gut.
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Verarbeitet inan all Stelle einer fetten Braunkohle eine magere Braunkohle
unter Verwendung eines verdünnten Wasserstoffgases. so erfolgt die Wasserstoffabsorption
zwar langsamer, inan erreicht aber ebenfalls Wasserstoffumsätze von mehr als 9o°/0.
Beispiel e Ein Genliscli von i5ooTeilen einer westfälischen Gaskohle finit iooo
Teilen eines Teeröls, das zwischen 22o und 32o° siedete und in der für die Kohlehydrierung
verwendeten Vorrichtung unter den gleichen Bedingungen wie die Kohle torhydriert
worden war, wurde in ein HoclidruckreaktionsgefäB gepumpt zusammen mit 68o 1 eines
Koksofengases
derselben Zusammensetzung, wie in Beispiel i angegeben.
Die Reaktionstemperatur betrug 42o°, der Reaktionsdruck 400 at. Die Wasserstoffaufnahme
war in 30 Minuten beendet.
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Auf ioo Gewichtsteile Reinkohle bezogen, wurden erhalten: 89 Gewichtsprozent
Reaktionsprodukt (nach Abzug des Lösungsmittels), 3,3 Gewichtsprozent Wasser, 4,3
Gewichtsprozent Gas, 1,9 Gewichtsprozent nicht umgesetzte Kohle und Verlust.
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Die 89 Gewichtsprozent Reaktionsprodukt setzten sich zusammen aus:
z Gewichtsprozent flüssige (öle bis 300° siedend und 87 Gewichtsprozent fester Rückstand
über 3oo` siedend. Der feste Rückstand schmolz bei etwa ioo° und hatte einen Heizwert
von über 9ooo WE. Bei diesem Versuch wurde ein praktisch vollständiger Umsatz der
Kohle erzielt.
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Von den mit demKoksofengas eingesetzten 377 1 Wasserstoff wurden im
Abgas wiedergefunden i8,81, das entspricht einer Wasserstoffausnutzung von 951/o;
das Abgas bestand zu 67 °/° aus Methan und Homologen. Man konnte daraus nach Auswaschen
der Kohlensäure durch Abkühlung noch etwa 3Gewichtsprozent (auf Reinkohle berechnet)
verflüssigbare, als Motortreibstoffe verwendbare Gase gewinnen.
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Erhöht man die Reaktionstemperatur auf 428°. so steigt die Wasserstoffausnutzung
auf 97,5 °1" und man erhält dabei bis zu 8 Gewichtsprozent der eingesetzten Reinkohle
in Form flüssiger Öle und ein Primärbitumen, das bei etwa 85° zu schmelzen beginnt.
Beispiel 3 Ähnliche Resultate werden erhalten, wenn man eine junge Steinkohle mit
Wasserstoffunterschuß zur Reaktion bringt. izoo Teile einer jungen Steinkohle mit
über 40 °/° flüchtigen Bestandteilen wurden zusammen mit iooo Teilen eines Lösungsmittels,
das in der für die Kohlehydrierung verwendeten Vorrichtung unter den gleichen Bedingungen
wie die Kohle vorhydriert wurde, bei 3g5° und einem Druck von 350 at mit
6oo 1 Wassergas behandelt.
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Auf ioo Gewichtsteile der eingesetzten Reinkohle wurden erhalten:
85,6 Gewichtsprozent Reaktionsprodukt (nach Abzug des Lösungsmittels).
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Die 85,6 Gewichtsprozent Reaktionsprodukt setzen sich zusammen aus:
8,9, Gewichtsprozent Destillat bis 300° siedend, 76,7 Gewichtsprozent festes Reaktionsprodukt
mit einem Schmelzpunkt von etwa 8o1.
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Von dem eingebrachten Wasserstoff des Wassergases, das etwa 43 °1°
Wasserstoff und etwa 381/1 Kohlenoxyd enthielt, wurden r71 wiedergefunden; das Kohlenoxyd
hatte sich ebenfalls an dem Umsatz beteiligt, :denn von den eingesetzten 2a81 Kohlenoxyd
wurden nur 157 1 wiedergefunden, so daß also weitere 71 1 Wasserstoff durch Umsatz
von Kohlenoxyd mit dem Reaktionswaasser entstanden sind. In diesem Falle hat also
.der Umsatz, auf den ursprünglich eingesetzten Wasserstoff berechnet, den Wert ioo
erreicht.
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Wie die Beispiele zeigen, wird das Verfahren mit Vorteil in dem Temperaturgebiet
um 4oo-, praktisch zwischen 375 und ,Ia5`, durchgeführt. Durch Erhöhung der Temperatur
wird eine raschere Umsetzung und die Bildung eines Produktes bewirkt, das einen
niedrigeren Schmelzpunkt hat. DenEndpunkt der Reaktion erkennt man leicht amAufhören
der Druckverminderung. Will man ein Bitumen erhalten, das im wesentlichen dem in
der Kohle enthaltenen entspricht, so arbeitet man bei niedrigen Temperaturen und
unterbricht die Reaktion, bevor der gesamte Wasserstoff absorbiert ist.
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Praktisch wird das Verfahren im ununterbrochenen Betrieb durchgeführt,
indem man das Gas und das Reaktionsgemisch über einen Vorwärmer in ein oder mehrere
hintereinandergeschaltete Reaktionsgefäße pumpt, in welchen durch Zirkulationspumpenoder
Rührwerke eine gute Durchmischung erzielt wird. Hydrierungskatalysatoren, besonders
Halogenide der Erdmetalle und Schwermetalle, z. B. Zinnchlorid, Aluminiumchlorid
oder Eisenchlorid, können verwendet werden. Aus dem letzten Reaktionsgefäß wird
das Geinisch durch eine Druckentspannungsvorrichtung abgelassen.
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Bei der Benutzung von Wassergas als Reaktionsgas kann man Katalysatoren
verwenden, welche die Reaktion zwischen Kohlenoxyd und Wasser im Sinne der Wasserstoffbildung
begünstigen, z. B. Wickelkatalysatoren oder Katalysatoren, die z. B. durch Einwirkung
von Chromsäurelösung auf Eisenoxyd oder Zinkoxyd hergestellt wurden. Solche Katalysatoren
können verformbar gemacht und verfestigt werden. Auch Mischungen von Holzkohle mit
Magnesiumoxyd, die mit einer Lösung von Kaliumchromat angepastet wurden, können
als fest eingebaute Katalysatoren dienen. Bei Verwendung solcher Katalysatoren ist-es
nicht nötig, die Kohle vollständig zu trocknen, da das Wasser sich mit dem Kohlenoxyd
umsetzt.