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Verfahren zur Herstellung tierischer Blößen Es ist bekannt, gesalzene,
getrocknete und grüne Felle und Häute nach dem erforderlichen Weichprozeß mit kalk-
und sulfidhaltigen Brühen zu schwöden und zu äschern. Weiterhin ist es bekannt,
die geweichten Felle und Häute für bestimmte Zwecke mit Hilfe proteolytischer Enzyme
zu schwöden und zu äschern, um Haar und Wolie völlig unbeschadet zu erhalten. Sobald
die Haare bzw. die Wolle genügend gelockert sind, wird enthaart bzw. entwollt und
dann mit schwellenden alkalischen Brühen, meist Kalk und Sulfiden, nachgeäschert.
Die enzymatisch geäscherten Felle können vor dem Enthaaren auch mit einer alkalischen
nichtschwellenden Sodalösung nachbehandelt werden, um die Entfernung der Haare zu
erleichtern, ohne daß diese zerstört werden.
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Aus der britischen Patentschrift 474 991 ist das Weichen von
Fellen und Häuten mit Hilfe von Papain oder von Bromelin bekannt. Nach dem einzigen
Beispiel dieser Patentschrift werden der Weichbrühe Natriumsulfid, und zwar 0,2
0/" bezogen auf das Hautgewicht, und 0,05 0/" bezogen auf die Wassermenge,
zugesetzt. Das in dieser geringen Menge zugesetzte Sulfid wirkt dabei, wie dies
allgemein bekannt ist, als Aktivator des Enzyms.
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Weiterhin ist es bekannt, getrocknete oder gesalzene Rohfelle, die
mit kalk- und bzw./oder sulfidhaltigen Brühen geäschert werden sollen, zuvor einer
Weiche, in einer sauren, eiweißspaltende Enzyme, Ammoniumsalze und reduzierende
Verbindungen enthaltenden Lösung zu unterwerfen. Für eine solche enzymatische Weiche
wird eine erheblich geringere Enzymmenge verwendet als für eine reine enzymatische
Enthaarung von in üblicher Weise geweichten Fellen und Häuten. Die Enzymmenge, die
allein für die enzymatische Weiche verwendet wird, reicht jedoch nicht aus, um bei
einem nachfolgenden Äschern mit Kalk und/oder Sulfiden einen so feinen, zarten und
fiachen Narben zu erzielen, wie er mit den für eine enzymatische Enthaarung erforderlichen
großen Enzymmengen erhalten wird.
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Es wurde nun gefunden, daß man den Verlauf des Äscherns mit Kalk und
Sulfiden und die Qualität des Leders insbesondere hinsichtlich der Bildung eines
feinen, zarten, flachen und festen Narbens günstig beeinflussen kann, wenn man geweichte
Rohfelle bzw. -häute vor dem Äschern bzw. Schwöden mit einer schwach sauren, neutralen
oder schwach alkalischen wäßrigen, gegebenenfalls carbohydrasehaltigen Lösung proteolytischer
Enzyme behandelt, ohne daß hierbei bereits eine Haarlockerung eintritt.
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Bevorzugt verwendet man für diese Zwischenbehandlung neutrale Lösungen
von Schimmelpilz-oder Bakterienproteasen. Die Enzymmenge soll so bemessen werden,
daß sie unter der für eine enzymatische Enthaarung erforderlichen Menge liegt. Dabei
tritt keine für eine Enthaarung brauchbare Haarlockerung ein. Die Enthaarung erfolgt
bei diesem Verfahren also erst nach der Einwirkung von Kalk und Sulfiden. Die erfindungsgemäß
enzymatisch behandelten Felle und Häute können zunächst geschwödet und anschließend
geäschert oder ohne vorausgehende Schwöde direkt dem Äscherprozeß unterworfen werden.
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Die Erzielung des beschriebenen Effektes ist überraschend, da man
nicht erwarten konnte, daß die proteolytischen Enzyme auf die kollagene Faserstruktur
der noch nicht alkalisch geschwellten Haut einzuwirken vermögen. Zur Erzielung bestimmter
Effekte kann man die angeführten Enzyme auch in beliebiger Weise kombinieren. Auch
Pankreastryptase kann allein oder zusammen mit den Proteasen von Mikroorganismen
verwendet werden. Nach der Enzymbehandlung kann man die Felle auswaschen; einfacher
und zugleich zu einem besseren Effekt führend ist es jedoch, sie ohne Spülen unmittelbar
mit sulfid-, gegebenenfalls auch kalkhaltigen Brühen zu behandeln. Eine weitere
Möglichkeit besteht darin, daß, wie bereits erwähnt, die Einwirkung der Enzyme und
der sulfidhaltigen Äscherbrühe nicht in getrennten Bädern erfolgt, sondern daß die
Äscherbrühen nach entsprechender Einwirkungsdauer der proteolytischen Enzyme unmittelbar
zur enzymhaltigen Flotte gegeben werden.
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Die angeführten proteolytischen Enzyme können entweder allein oder
zusammen mit anderen Stoffen, wie Salzen, z. B. Ammoniumsalzen, Natriumsulfid oder
Natriumnitrit, oder mit Netzmitteln oder Emulgatoren, z. B. Äthylenoxydkondensationsprodukten,
angewendet werden. Weiterhin besteht die Mög-
lichkeit, diese enzymatische
Behandlung vor dem
Äschern in neutraler, alkalischer oder saurer
Lösung durchzuführen. Zweckmäßig ist das Arbeiten in neutraler Lösung, da dadurch
die Alkalität im nachfolgenden Äscher nicht beeinträchtigt wird, jedoch kann man
auch schwach alkalisch arbeiten. Bei der Anwendung schwach saurer Lösungen muß dies
bei der Einstellung des nachfolgenden alkalischen Äschers berücksichtigt werden.
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Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung der Wirkung dieser Vorbehandlung
mit proteolytischen Enzymen besteht in der Mitverwendung von Carbohydrasen, insbesondere
solchen aus Mikroorganismen. Besonders vorteilhaft ist es, die Proteasen im Anschluß
an die Carbohydrasen zur Einwirkung zu bringen.
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Die enzymatische Vorbehandlung der Häute und Felle führt im Gegensatz
zu einem Äscher, der ausschließlich mit sulfid- oder kalksulfidhaltigen Schwöde-
oder Äscherbrühen durchgeführt wird, zu einem Leder mit glattem, nicht gezogenem
Narben, an dem die Mastfalten praktisch nicht in Erscheinung treten.
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Der technische Fortschritt, der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
verbunden ist, wird aus den nachstehenden Vergleichsversuchen ersichtlich. Sowohl
bei diesen Vergleichsversuchen als auch bei den weiteren Beispielen für die Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens wurden Enzympräparate verwendet, die auf einen
Enzymwert von 4000 (bestimmt nach A. K ü n t z e 1, »Gerbereichemisches
Taschenbuch% Verlag Theodor Steinkopff, Dresden und Leipzig, 6. Auflage
[1955], S. 86) eingestellt waren.
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Ein Kalbfell wurde zunächst 2 Stunden mit Wasser überschichtet, ausgewaschen
und -über Nacht nachgeweicht. Am anderen Morgen wurde das Fell nochmals gespült
und in vier Teile geteilt, die wie folgt weitergearbeitet worden sind: Vergleichsversuch
1
Rechtes Viertel der Halsseite Das Stück wurde mit 4000/, Wasser vom Weichgewicht,
1,501, Schimmelpilztryptase aus Aspergillus parasitieus, 0,40/, Natriumsulfit,
calc., und 0,40/0 Ammoniumsulfat 1 Stunde gewalkt, und dann 23 Stunden
liegengelassen. Aus dieser Brühe heraus wurde das Stück ohne Spülen in einen Äscher
aus 4000/0 Wasser vom Weichgewicht und 30/0 konz. Schwefelnatrium eingebracht. Nach
24 Stunden wurden 2,50/, konz. Schwefelnatrium zugebessert.
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Nach weiteren 24 Stunden wurde das Stück enthaart. Der Narben war
vollkommen glatt, d. h. nicht gezogen, außerdem traten keinerlei Mastfalten
hervor. Anschließend wurde entfleischt, gestrichen und ausgewaschen, dann erfolgte
die Beize mit 3000/, Wasser vom Blößengewicht, 32'C, 0,5 0/, eines Enzympräparates
auf Basis Pankreastryptase, 20 Minuten lang, pH-Wert 8,3 bis 8,4; nach
10 Minuten Spülen mit fließendem Wasser erfolgte der Pickel mit 1000/, Wasser
von 20'C, 8 0/,) Kochsalz und 10/, Schwefelsäure, konz.
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Gerbung mit 700/0 Wasser vom Blößengewicht, 20/, Kochsalz und
100/, eines 330/, basisch eingestellten Chrom-(III)-sulfats (Cr,0g-Gehalt
= 260/,).
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Angerbung 4/12basisch; Ausgerbung 5/12basisch. Einstellung auf Kochgare
durch Zusatz von Soda. Nach 2tägigem Lagern wird gefalzt, ausgewaschen, dann mit
Natriumbicarbonat neutralisiert, wie -üblich schwarz gefärbt und mit sulfoniertem
Öl gelickert. Nach dem Trocknen bei 50 bis 55'C wurde das Leder beurteilt.
Es ist im Narben glatt, die Mastfalten treten kaum hervor.
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Vergleichsversuch 2 Linkes Viertel der Halsseite Das Stück wurde anstatt
der enzymatischen Behandlung 24 Stunden mit Wasser nachbehandelt und dann unmittelbar
in den Äscher aus 400 0/, Wasser vom Weichgewicht und 3 0/, Schwefelnatrium,
konz., eingebracht. Nach 24 Stunden wurden 2,5 0/0 Schwefelnatrium, konz.,
zugebessert.
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Nach weiteren 24 Stunden wurde enthaart. Der Narben ist trotz des
Zusatzes von Schwefelnatrium in zwei Raten gezogen, außerdem treten die Mastfalten
stark hervor. Anschließend wurde entfleischt, gestrichen und ausgewaschen, dann
wurde dieses Stück zusammen mit Stück Nr. 1 gebeizt, gepickelt, gegerbt und
weitergearbeitet.
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Nach dem Trocknen zeigt das Leder starken Narbenzug, außerdem treten
die Mastfalten stark hervor.
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Vergleichsversuch 3
Linkes Viertel vom Kern Dieses Stück wurde
nach der Weiche entsprechend Versuch Nr. 1 24 Stunden der Enzymbehandlung
ausgesetzt. Der Nachäscher wurde jedoch wie folgt ausgeführt: 400 0/, Wasser vom
Weichgewicht, 2 ' 501, Schwefelnatrium, konz., 3.00/0 Kalkhydrat.
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Nach 24 Stunden wurde das Stück enthaart. Es zeigt normale Schwellung,
der Narben ist glatt, also nicht gezogen. Mastfalten treten nicht hervor. Anschließend
wurde entfleischt, gestrichen und ausgewaschen, dann mit 3000/, Wasser von
32'C und 0,501, eines Enzympräparates auf Pankreastryptase 30 Minuten
bei pH 8,5 bis 8,6 gebeizt. Nach dem Spülen wurde die Blöße zusammen
mit den Stücken Nr. 1 und 2 gepickelt, gegerbt und weitergearbeitet.
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Nach dem Trocknen zeigte das Leder keinerlei Narbenzug. Die Mastfalten
traten nicht hervor, sondern liegen völlig glatt.
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Vergleichsversuch 4 Rechte Viertel vom Kern Das Stück wurde an Stelle
der Enzymbehandlung 24 Stunden mit Wasser nachbehandelt und dann unmittelbar in
den Äscher mit 400 0/, Wasser vom Weichgewicht, 2,5 0/0 Schwefelnatrium,
konz., und 3,0 0/, Kalkhydrat eingebracht.
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Nach 24 Stunden wurde enthaart. Die Haut zeigt zwar normale Schwellung,
aber, besonders dem Halsstück zu, Narbenzug, außerdem treten die Mastfalten stark
hervor. Nach dem Enthaaren wurde entfleischt, gestrichen, ausgewaschen, dann mit
Stück Nr. 3 zusammen geheizt. Nach dem Spülen wurde die Blöße zusammen mit
den Stücken Nr. 1, 2 und 3
gepickelt, gegerbt und weitergearbeitet.
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Nach dem Trocknen zeigt das Leder stellenweise Narbenzug, außerdem
treten die Mastfalten stark hervor.
Die Durchführung des neuen Verfahrens
wird weiterhin mit den nachstehenden Beispielen erläutert. Beispiele 1. Gesalzene
Kalbfelle werden wie üblich geweicht und nach beendeter Weiche noch 24 Stunden bei
pH 7 bis 7,5 mit 50001() Wasser vom Salzgewicht, 1,5111, Schimmelpilztryptase
aus Aspergillus parasiticus, 0,40/0 Natriumsulfit, calc., und 0,40/0 Ammoniumsulfat
nachbehandelt.
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Aus dieser Brühe heraus werden die Felle nicht mehr ausgewaschen,
sondern kommen unmittelbar zum Schwöden oder zum Äschern.
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2. Trockene Ziegenfelle werden wie üblich geweicht, nach beendeter
Weiche wie üblich ausgewaschen, dann 24 Stunden bei pH 6 bis 6,5 mit
500 0/, Wasser vom Weichgewicht, 2()/o Bakterienprotease aus Bacil-Ins subtilis,
0,5010 eines aus Bakterien hergestellten Carbohydrasenpräparates, 10/0 Natriumbisulfit
und 10/, Ammoniumsulfat nachbehandelt.
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Die Behandlung mit Carbohydrasen kann der mit Proteasen vorgeschaltet
werden. Nach dem Auswaschen wird mit Kalk und Schwefelnatrium geäschert.
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3. Rindshäute werden wie üblich geweicht, nach beendeter Weiche
wie üblich ausgewaschen, anschließend 24 Stunden bei pH 7 mit 500
0/, Wasser vom Weichgewicht, 20/, Bakterienprotease und einem geeigneten Konservierungsmittel,
wie Na-o-phenylphenolat, nachbehandelt und dann ohne Auswaschen geschwödet oder
geäschert.
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4. Lammfelle werden wie -üblich geweicht, gründlich ausgewaschen und
anschließend 24 Stunden bei pH 8
mit 50001, Wasser vom Weichgewicht
und 40/0 Pankreastryptase nachbehandelt.
-
Anschließend wird ohne Spülen geschwödet oder geäschert.