Auto atisches Brems- und Lenksystem für ein Fahrzeug
Die Erfindung betrifft ein automatisches Brems- und Lenksystem für ein Fahrzeug nach dem Oberbegriff des Anspruches 1.
Aus der Druckschrift DE 40 39 005 AI ist ein Steuersystem für ein Fahrzeug bekannt, welches eine Sensoranordnung, eine zentrale Regel- und Steuereinheit sowie eine Mehrzahl von Stelleinrichtungen für diverse, den Fahrzeugzustand beeinflussende Aggregate eines Fahrzeugs umfasst. Über die Sensoranordnung werden vom Fahrer durchgeführte Aktivitäten registriert, insbesondere eine Brems- und eine Lenkbetätigung des Fahrers, sowie Fahrzeugzustandsgrößen wie zum Beispiel die Fahrzeuggeschwindigkeit und die Raddrehgeschwindigkeiten ermittelt. Die ermittelten Signale werden gemäß einer hinterlegten Berechnungsvorschrift in der Regel- und Steuereinheit verarbeitet, in der Stellsignale erzeugt werden, die den Stelleinrichtungen der Fahrzeugaggregate zur Manipulation des Fahrzeugzustandes zugeführt werden. Die zu beeinflussenden Aggregate umfassen unter anderem das Fahrzeuggetriebe, eine Lenksteuereinrichtung sowie eine Bremseinrichtung.
Dieses Steuersystem hat den Nachteil, dass nur Aktivitäten des Fahrers und der Fahrzeugzustand erfasst werden können, nicht jedoch Vorgänge und Zustände, welche außerhalb des Fahrzeuges stattfinden bzw. existieren. Es ist daher nicht möglich, eventuelle Hindernisse auf der Fahrbahn zu erfassen und Maßnahmen zur Kollisionsvermeidung zu ergreifen. Mit dem Steuersystem der DE 40 39 005 AI kann ein selbsttätiges, autonomes Fahren nicht realisiert werden.
Aus der Druckschrift WO 90/02985 AI ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur automatischen Kollisionsvermeidung für Fahrzeuge bekannt, welches bzw. welche eine vorausschauende Erfassung eines Hindernisses beinhaltet, wobei im Falle eines erkannten Hindernisses ein kollisionsvermeidendes Ausweichmanöver durchgeführt wird. Im Falle eines Hindernisses wird gemäß einer in der Regel- und Steuereinheit hinterlegten Ausweichstrategie eine Ausweichbahn errechnet. Die Stelleinrichtung für die Lenkung wird in der Weise beaufschlagt, dass das Fahrzeug der Ausweichbahn folgt und das Hindernis umfährt.
Es ist zwar mit dem Brems- und Lenksystem der WO 90/02985 AI möglich, in vorausschauender Weise Kollisionen mit Hindernissen zu vermeiden, indem Brems- und Ausweichmanöver durchgeführt werden. Nachteilig ist jedoch, dass die Ausweichstrategie keine Alternativen für den Fall enthält, dass während des Ausweichmanövers weitere, unerwartete Hindernisse auftauchen.
Der Erfindung liegt das Problem zu Grunde, ein Fahrzeugsystem zu schaffen, mit dem mit größtmöglicher Sicherheit automatische Ausweichmanöver durchgeführt werden können.
Dieses Problem wird erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst.
Bei dem neuartigen automatischen Brems- und Lenksystem wird zumindest für den Fall, dass im Ausweichweg ein weiteres Hindernis entdeckt wird, die Berechnung eines alternativen Ausweichwegs nochmals durchgeführt, um eine Alternativroute zur Umgehung des weiteren Hindernisses zu erhalten. Falls die Alternativroute ein gefahrloses Umfahren des Hindernis-
ses ermöglicht, werden die Aggregate des Fahrzeugs mit entsprechenden Stellsignalen beaufschlagt, um der Alternativroute zu folgen. Falls jedoch die Alternativroute ein gefahrenfreies Ausweichen nicht ermöglicht, wird gemäß einer hinterlegten Optimierungsstrategie vorteilhaft diejenige Ausweichroute gewählt, bei der der zu erwartende Schaden am geringsten ist. Zweckmäßig wird für jede ermittelte Ausweichroute die Differenz von verbleibendem Bremsweg und verbleibender Distanz zum Hindernis - ausgehend von der aktuellen Fahrzeugposition - ermittelt und diejenige Ausweichroute eingeschlagen, bei der die Differenz von Bremsweg und Dis-- tanz am geringsten ist.
Alternativ zu der Optimierungsstrategie der minimalen Differenz von verbleibendem Bremsweg und verbleibender Distanz zum Hindernis können aber auch sonstige Optimierungskriterien angewandt werden. Es kann insbesondere zweckmäßig sein, dass Randbedingungen bei der Bestimmung der Ausweichroute berücksichtigt werden, welche sich aus der Topologie des umliegenden Geländes ergeben. Derartige Randbedingungen können beispielsweise durch die Bestimmung der Absolutposition des Fahrzeugs mittels eines Positionsbestimmungssystems unter Berücksichtigung der aus einer elektronischen Straßenkarte bekannten Topologie definiert werden.
Auf der Grundlage der Ausweichstrategie ist sicher gestellt, dass für den Fall, dass eine Kollision nicht zu vermeiden ist, diejenige Route gewählt wird, bei der das Fahrzeug bei Erreichen des Hindernisses den geringsten verbleibenden Bremsweg aufweist, so dass auch die Fahrzeuggeschwindigkeit im Moment des Aufpralls minimiert und dementsprechend auch der Schaden so gering wie möglich gehalten wird.
In einer zweckmäßigen Weiterbildung werden zusätzliche Rand-
bedingungen in der Umgebung berücksichtigt, welche über die Sensoreinheit des Brems- und Lenksystems erfasst werden können. Diese zusätzlichen Randbedingungen, welche insbesondere charakteristische Merkmale der Umgebung beschreiben, werden in die Ausweichstrategie mit einbezogen, um sicher zu stellen, dass die Ausweichroute des Fahrzeugs nicht zu einem größeren Schaden führt als das Verbleiben auf der bisherigen Fahrstrecke. Über die Formulierung der Randbedingungen können zusätzliche, sicherheitsrelevante Aspekte bei der Routenwahl berücksichtigt werden. So ist es beispielsweise möglich, die Hindernisse, welche über die Sensoreinheit erfassbar sind, in unterschiedliche Kategorien einzuteilen, wobei Kategorien von Hindernissen definierbar sind, mit denen eine Kollision unbedingt zu vermeiden ist. Dies betrifft insbesondere Personen auf der Fahrbahn bzw. auf der Ausweichroute.
Als Randbedingung kann auch berücksichtigt werden, dass der Ausweichweg nicht auf die Gegenfahrbahn führen darf. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass bei einem Ausweichen auf die Gegenfahrbahn eine Gefährdung des eigenen Fahrzeugs oder eines fremden Fahrzeugs zu befürchten ist, beispielsweise, falls auf der Gegenfahrbahn während des Ausweichvorganges Gegenverkehr herrscht, was insbesondere durch die Sensoreinheit zu erfassen ist.
Um ein Hindernis über die Ausweichroute umgehen zu können, muss das Lenksystem des Fahrzeuges manipuliert werden. Für den Fall jedoch, dass die Lenk-Stelleinrichtung ausfällt, wird zweckmäßig eine Ersatzstrategie verfolgt, welche die verbleibenden, noch intakten Fahrzeugaggregate im Hinblick auf eine Schadensminimierung einsetzt. Hierzu werden insbesondere die die Fahrzeug-Längsdynamik beeinflussenden Aggregate des Fahrzeuges manipuliert, zweckmäßig im Hinblick auf
eine optimale Verzögerung mit minimalem Bremsweg.
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführung ist im Fahrzeug ein Mitteilungssystem, insbesondere eine grafische Anzeige vorgesehen, auf dem bzw. auf der die tatsächliche Fahrzeugposition und die Sollposition darstellbar sind, welche gemäß der Ausweichstrategie ermittelt worden ist. Dem Fahrer wird hierdurch mitgeteilt, ob das Fahrzeug sich im Gefahrenfalle tatsächlich auf der optimalen Route - dem Ausweichweg - befindet. Dies bietet insbesondere für den Fall Vorteile, dass das selbsttätige Führen des Fahrzeuges über den Ausweichweg nicht bzw. nicht vollständig funktioniert oder aber dass eine derartige automatische Steuerung noch nicht bzw. noch nicht vollständig realisiert worden ist. In diesem Fall kann der Fahrer auf Grund der ihm mitgeteilten Information über Ist- und Soll-Position des Fahrzeugs, insbesondere an Hand der grafischen Darstellung, selbsttätig Lenk- und Bremsmanöver einleiten und durchführen, um die angezeigte Sollposition des Fahrzeugs erreichen bzw. einhalten zu können.
Weitere Vorteile und zweckmäßige Ausführungsformen sind den weiteren Ansprüchen, der Figurenbeschreibung und den Zeichnungen zu entnehmen. In Fig. 1 sind verschiedene Ausweichrouten eines Fahrzeugs auf einer Straße zur Umgehung von mehreren Hindernissen dargestellt, Fig. 2 zeigt ein Fahrzeug mit einem Bereich möglicher Solltrajektorien für die weitere Fahrt des Fahrzeugs unter Berücksichtigung eines Hindernisses im Fahrzeugweg und der seitlichen Straßenbegrenzung.
In Fig. 1 ist ein Fahrzeug 1 auf der rechten Fahrbahnhälfte einer Straße 2 dargestellt. Das Fahrzeug 1 sei mit einem automatischen Brems- und Lenksystem ausgestattet, welches ein selbsttätiges Bremsen und Lenken des Fahrzeuges in Abhängigkeit von Vorgängen, Zuständen, Ereignissen und Aktivitäten
sowohl außerhalb als auch innerhalb des Fahrzeuges ermöglicht. Die das Brems- und Lenksystem beeinflussenden Größen umfassen insbesondere Fahrzeug-Zustandsgrößen, beispielsweise die FahrZeuggeschwindigkeit und die Lenkgeschwindigkeit, Fahrzeug-Betriebs- oder -Kenngrößen, beispielsweise den Radstand, aber auch Signale, welche von einer Sensoreinheit stammen, über die die Umgebungsbedingungen festzustellen sind, beispielsweise Hindernisse auf oder am Rande der Fahrbahn oder wetterbedingte Einflüsse. Die Sensoreinheit bildet einen Bestandteil des Brems- und Lenksystems, dem darüber hinaus eine Regel- und Steuereinheit zugeordnet ist, in welcher in Abhängigkeit der Fahrzeug-Zustandsgrößen und der Umgebungsbedingungen Stellsignale erzeugt werden können. Diese Stellsignale werden mit Hilfe von Signalübertragungseinrichtungen diversen Stelleinrichtungen zur Einstellung der Fahrzeugbremse und/oder der Fahrzeuglenkung zugeführt, gegebenenfalls auch weiteren den Fahrzeugzustand beeinflussenden Aggregaten, insbesondere Zündung und Einspritzung der Brennkraftmaschine des Fahrzeugs.
Im Falle eines Hindernisses, welches den Fahrweg des Fahrzeugs blockiert oder zumindest mit nicht ausreichendem Sicherheitsabstand im Fahrweg des Fahrzeugs liegt und welches mittels der Sensoreinheit detektiert werden kann, werden gemäß hinterlegten Berechnungsvorschriften in der Regel- und Steuereinheit in Abhängigkeit der Fahrzeug-Zustandsgrößen und der Umgebungsbedingungen Ausweichmanöver ermittelt, um eine Kollision mit dem Hindernis bzw. eine Gefährdung des Fahrzeugs zu vermeiden.
Im Ausführungsbeispiel befindet sich auf der Fahrbahn ein Hindernis 3, welches im Fahrweg des Fahrzeugs 1 liegt, so dass das Fahrzeug 1 ein Ausweichmanöver durchführen muss, um eine Kollision mit dem oder eine Gefährdung durch das Hin-
dernis 3 zu vermeiden. Das Hindernis 3, das über die Sensoreinheit des Brems- und Lenksystems des Fahrzeug 1 entdeckt werden kann, beispielsweise durch ein im Fahrzeug 1 mitgeführtes Radarsystem, zwingt das Fahrzeug 1 auf Ausweichrouten, welche unter Beachtung zusätzlicher Randbedingungen, insbesondere unter Beachtung sicherheitsrelevanter Kriterien, auszuwählen sind.
Bei dem in Fahrtrichtung vor dem Fahrzeug 1 gelegenen Hindernis 3 kommen zwei Ausweichrouten a und b in Betracht, die links bzw. rechts am Hindernis 3 vorbeiführen. Um zu vermeiden, dass eine einzuschlagende Ausweichroute zu einer weiteren Gefährdung des Fahrzeug 1 führt, werden Randbedingungen vorgegeben, die bei der Auswahl der Ausweichroute zu beachten sind. Als Randbedingung wird insbesondere berücksichtigt, dass die Ausweichroute nicht auf die Gegenfahrbahn führen darf, um eine Kollision mit Gegenverkehr auszuschließen. Diese Randbedingung kann jedoch gegebenenfalls dahingehend eingeschränkt werden, dass ein Ausweichen auf die Gegenfahrbahn nur für den Fall verboten ist, dass auch tatsächlich Gegenverkehr herrscht; dies setzt jedoch leistungsfähige, weit voraus schauende Sensoreinrichtungen im Fahrzeug 1 und im Übrigen weitere günstige Umgebungsbedingungen voraus, insbesondere einen überschaubaren Streckenverlauf.
Ein zusätzliches zu berücksichtigendes Kriterium bei der Festlegung der Ausweichroute ist die Kurvenkrümmung der Ausweichroute, welche insbesondere in Abhängigkeit der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit in der Weise gewählt werden muss, dass keine unzulässig hohen Querbeschleunigungen am Fahrzeug auftreten.
Sobald im Brems- und Lenksystem erkannt wird, dass im aktuellen Fahrweg ein Hindernis steht, werden der hinterlegten
Ausweichstrategie entsprechend Ausweichrouten ermittelt. Die theoretisch möglichen Ausweichrouten führen links und rechts am Hindernis vorbei, im Ausführungsbeispiel sind dementsprechend zwei links und rechts am Hindernis 3 vorbeiführende Ausweichrouten a und b eingezeichnet, auf denen das Fahrzeug 1 das Hindernis 3 theoretisch umfahren kann. Die Ausweichroute a kann jedoch im Ausführungsbeispiel auf Grund einer einschränkenden Randbedingung nicht durchgeführt werden, da diese Route a auf die Gegenfahrbahn führt, was in der Regel nicht gestattet ist. Der einzige, das Hindernis 3 umgehende Weg ist die Ausweichroute b, welche rechts am Hindernis 3 vorbeiführt.
Im Brems- und Lenksystem des Fahrzeug 1 wird vorteilhaft permanent, insbesondere in kurzen zyklischen Abständen, die Umgebung sensiert und auf der Grundlage dieser, über die Sensoreinheit aufgenommenen Umgebungsdaten werden permanent bzw. zyklisch weitere Fahrstrategien ermittelt und gegebenenfalls auch durchgeführt. Falls keine weiteren Hindernisse oder Störungen auftreten, wird die Ausweichroute zweckmäßig in der Weise gewählt, dass in Lateralrichtung nach dem Beenden des Ausweichmanövers die ursprüngliche Lateralposition des Fahrzeugs 1 in Bezug auf den Fahrbahnrand wieder erreicht wird.
Falls ein Ausweichmanöver durchgeführt werden muss, wird die Querkomponente y des Ausweichwegs vorteilhaft als Klothoide gemäß der Funktion
y = J ( v2(t) Θ (t) t2 )/L dt
in Abhängigkeit der Fahrzeug-Längsgeschwindigkeit v, der Lenkgeschwindigkeit Θ , des Radstandes L und der Zeit t -
gemessen ab Beginn des Ausweichmanövers - berechnet. Es ist zu beachten, dass die Mindest-Lateralkomponente ymn des Ausweichwegs für eine sichere Umfahrung des Hindernisses zweckmäßig bestimmt wird durch die Addition von halber Hindernisbreite bH und halber Fahrzeugbreite bF gemäß dem Zusammenhang
ymin = 1/2 (bH + bF) ,
wobei gegebenenfalls ein zusätzlicher seitlicher Sicherheitsabstand zu berücksichtigen ist.
Die Längskomponente x des Ausweichwegs wird gemäß der Beziehung
x = J" v(t) dt
in Abhängigkeit der Fahrzeuggeschwindigkeit v bestimmt.
Alternativ zur Klothoide kann auch eine kubische Parabel als Ausweichfunktion gewählt werden.
In der Figur ist ein weiterer Fall mit einer Mehrzahl von Hindernissen im Fahrweg d des Fahrzeugs dargestellt, ausgehend von einer Fahrzeugposition l des Fahrzeugs. In Geradeausrichtung befindet sich im Fahrweg des Fahrzeugs ein Hindernis 4. Seitlich und in Längsrichtung mit größerem Abstand zum Fahrzeug versetzt liegt ein weiteres Hindernis 5, am Wegesrand außerhalb der Straße 2 befinden zusätzliche Einzelhindernisse 6. Ausgehend von der eingezeichneten Position 1' wird das Fahrzeug nach dem Erkennen des unmittelbar in der Fahrspur d liegenden Hindernisses 4 Ausweichmanöver bzw. Ausweichrouten c und e ermitteln, welche rechts bzw. links am Hindernis 4 vorbeiführen.
Bei der Festlegung der letztlich durchzuführenden Ausweichroute werden zunächst diejenigen Alternativen ausgesondert, welche mit zusätzlich zu beachtenden Randbedingungen unverträglich sind. Als derartige Randbedingungen können die Hindernisse in abgestufte Kategorien unterteilt sein, welche mit einem unterschiedlich hohen Gefährdungsgrad für das eigene Fahrzeug oder aber für außenstehende Personen oder Gegenstände bewertet werden. Auf diese Art und Weise ist es möglich, Personen, die sich außerhalb des betrachteten Fahrzeugs befinden, beispielsweise am Wegesrand stehen und von der Sensoreinheit als Personen identifiziert werden, in eine Hinderniskategorie einzustufen, mit denen eine Kollision unter allen Umständen vermieden werden muss. Durch die Einteilung und Bewertung in verschiedene Kategorien kann eine Vorsortierung unter mehreren ermittelten Ausweichrouten getroffen werden.
Im Ausführungsbeispiel kann es sich bei dem Hindernis 6 um einzelne Personen handeln, so dass ein Ausweichen über die Route c nicht möglich ist.
Als weitere Alternativen verbleiben - ausgehend von der Fahrzeugposition 1 - die Route d, welche dem regulären Fahrweg entspricht und zu einer Kollision mit dem Hindernis 4 führt, sowie die Ausweichroute e, die jedoch im weiteren Verlauf ebenfalls zu einer Kollision mit dem weiter entfernt liegenden Hindernis 5 führen würde. Da die Ausweichroute c definitiv ausgeschieden ist, muss eine Auswahl unter den verbliebenen Routen d und e getroffen werden. Als Auswahlkriterium wird zunächst der Abstand zwischen aktueller Fahrzeugposition 1 und den Hindernissen 4 und 5 in Längsrichtung x bestimmt. Der Abstand zwischen Fahrzeugposition 1 und dem näher liegenden Hindernis 4 beträgt sHι, der Abstand
zum weiter entfernt liegenden Hindernis 5 beträgt sH2. Zugleich wird in der Regel- und Steuereinheit des Brems- und Lenksystems der noch verbleibende Mindest-Bremsweg sB bestimmt, welcher ausgehend von der aktuellen Fahrzeugposition l in Längsrichtung x bis zum vollständigen Fahrzeugstillstand voraussichtlich erforderlich ist. Falls der verbleibende Bremsweg sB den für eine hindernisfreie Fahrt zur Verfügung stehenden Abstand sHι und sH2 bis zu den Hindernissen übersteigt und demzufolge ein kollisionsfreier Ausweichweg ausgehend von der Fahrzeugposition 1Λ nicht aufzufinden ist, wird nun als Kriterium für die Auswahl unter den verbleibenden Routen d und e derjenige Ausweichweg gewählt, bei dem die Differenz von Bremsweg sB und Distanz sHι bzw. sH2 zum jeweiligen Hindernis 4 bzw. 5 am geringsten ist. Diese Differenz, die mit Δsi und Δs2 bezeichnet wird, ist auf Grund des größeren Längsabstandes des Hindernisses 5 zur aktuellen Fahrzeugposition 1 für das Hindernis 5 am geringsten, dementsprechend wird die Ausweichroute e gewählt. Auf Grund der größeren Distanz zum Hindernis 5 wird das Fahrzeug auf eine geringere Geschwindigkeit verzögert sein als bei Annäherung an das Hindernis 4 auf der Route d, die Schäden bei einem Aufprall auf das Hindernis 5 werden geringer sein als die Schäden bei einem Aufprall auf das nähere Hindernis 4.
Nachdem das Fahrzeug ausgehend von der Position 1Λ die Ausweichroute e eingeschlagen hat, wird permanent in zyklischen Abständen nach weiteren Ausweichrouten gefahndet. Hierbei können sich weitere Alternativen ergeben, beispielsweise eine Ausweichroute f, die jedoch nur dann durchgeführt werden können, wenn keine zusätzlichen Randbedingungen verletzt werden bzw. wenn die Route f in eine unter Sicherheitsaspekten gleiche oder bevorzugt günstigere Wertungskategorie fällt als die momentan eingeschlagene Route e. Im Ausführungsbeispiel ist die Route f jedoch keine ausführbare AI-
ternative zur Route e, da die Route f auf die Gegenfahrbahn führt .
Im Falle eines Ausfalls der eine automatische Lenkung bewirkenden Lenk-Stelleinrichtung ist ein selbsttätiges laterales Ausweichen und Umfahren eines Hindernisses nicht möglich. In diesem Fall wird zweckmäßig die Fahrzeug-Längsdynamik gemäß einer hinterlegten Ersatzstrategie beeinflusst, insbesondere wird eine maximale Verzögerung durch Beaufschlagung der Fahrzeugbremse und/oder des Motors erzeugt, um nach dem Erkennen des Ausfalls der Lenk-Stelleinrichtung und einem erkannten Hindernis das Fahrzeug so schnell wie möglich bis zum Stillstand abzubremsen. Diese Strategie kann auch generell angewandt werden, wenn eine Lenk-Stelleinrichtung im Fahrzeug nicht vorhanden ist.
In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist im Fahrzeug ein Mitteilungssystem vorgesehen, insbesondere ein grafisches Mitteilungssystem, zur Darstellung der tatsächlichen Fahrzeugposition und der Sollposition, welche gemäß der Ausweichroute eingeschlagen werden soll. Insbesondere für den Fall, dass das selbsttätige Befahren der Ausweichroute als Folge einer beeinträchtigten Funktion des Brems- und Lenksystems nicht oder nicht vollständig möglich ist, erhält der Fahrer über das Mitteilungssystem ausreichende Informationen über die optimale Fahrroute, die dementsprechend vom Fahrer manuell eingeschlagen werden kann.
In einer weiteren Ausführung ist dem Brems- und Lenksystem eine Speichereinheit zugeordnet, in der Daten des Brems- und Lenksystems permanent oder temporär speicherbar sind. Es werden zweckmäßig sowohl die der Auslösung des automatischen Brems- und/oder Lenkvorganges zugrunde liegenden Daten als auch die vom Brems- und Lenksystem erzeugten Daten gespei-
chert, um im Nachhinein sowohl die Datenbasis, auf deren Grundlage das Brems- und Lenksystem Stellsignale erzeugt, als auch die erzeugten Stellsignale selbst bzw. deren Auswirkung feststellen und beurteilen zu können. Es können insbesondere sowohl Sollgrößen als auch Istgrößen in der Speichereinheit abgelegt werden. Auf der Grundlage der gespeicherten Daten können das Verhalten des Bremssystems und das Auftreten eines Fehlers im Brems- und Lenksystem rekonstruiert werden. Außerdem können Entscheidungen des Fahrers, welche Entscheidungen oder Vorschlägen des Brems- und Lenksystems zuwider laufen, im Nachhinein auf Richtigkeit überprüft werden. Die Daten können in der Speichereinheit für eine begrenzte Zeit oder unbegrenzt gespeichert werden. Im Falle einer auf ein bestimmtes Speicherintervall vorgegebenen zeitlichen Begrenzung werden vorteilhaft nach dem ersten Durchlauf des Speicherintervalls fortlaufend Daten aus dem verstrichenen Speicherintervall von nachfolgenden Daten ü- berschrieben.
Es kann auch vorteilhaft sein, im Fahrzeug ein Positionsbestimmungssystem zur Bestimmung der augenblicklichen Absolutposition vorzusehen, beispielsweise ein satellitengestütztes Positionsbestimmungssystem GPS. In Verbindung mit einer im Fahrzeug mitzuführenden elektronischen Straßenkarte, welche in digitalisierter Form Informationen über die Topografie der aktuell befahrenen Straße und der umliegenden Umgebung enthält, erhält man ein Navigationssystem, mit dem zusätzliche Kriterien bei der Wahl der Ausweichroute berücksichtigt werden können, indem unabhängig von der Erkennung von Hindernissen über die im Fahrzeug mitgeführte Sensoreinheit to- pografische bzw. topologische Gegebenheiten berücksichtigt werden, die aus der elektronischen Karte hervorgehen. Hierbei wird zweckmäßig die absolute Fahrzeugposition mit Hilfe des Positionsbestimmungssystems bestimmt und in die elektro-
nische Straßenkarte übertragen, aus der der Straßenverlauf und insbesondere die seitliche Straßenbegrenzung sowie feststehende Hindernisse bekannt sind, was als Randbedingung im Sinne eines nicht zu befahrenden oder nur unter besonderen Umständen zu befahrenden Gebiets bei der Bestimmung der Ausweichroute zu berücksichtigen ist. Der Straßenverlauf kann gegebenenfalls auch dreidimensional abgespeichert und bei der Auswahl der geeigneten Route als räumliche Kurve berücksichtigt werden.
In Fig. 2 ist ein Fahrzeug 1, welches über ein automatisches Brems- und Lenksystem verfügt, auf einer Fahrbahn 2 eingezeichnet. Das Fahrzeug 1 ist in der Lage, mit Hilfe seiner Sensorik ein vor ihm liegendes Hindernis 3 auf der Fahrbahn 2 zu erkennen und eine das Hindernis umgehende Ausweichroute zu bestimmen und der gewählten Ausweichroute selbsttätig durch Beaufschlagung der Lenkaggregate und der Bremsaggregate sowie gegebenenfalls auch sonstiger Motoraggregate zu folgen. Das Fahrzeug 1 verfügt darüber hinaus über ein Navigationssystem, welches ein Positionsbestimmungssystem zur Bestimmung der augenblicklichen Absolutposition des Fahrzeugs und eine elektronische Straßenkarte umfasst, in welcher die Topographie der aktuell befahrenen Straße sowie der umliegenden Umgebung abgespeichert ist. Bei dem Positionsbestimmungssystem handelt es sich zweckmäßig um ein satellitengestütztes Ortungssystem.
Über die Bestimmung der Absolutposition des Fahrzeugs 1 und einen Vergleich mit der elektronischen Straßenkarte können topologische Gegebenheiten und Besonderheiten im aktuellen Straßenverlauf und der umliegenden Umgebung bei der Ermittlung der optimalen Ausweichroute als zusätzliche Randbedingungen berücksichtigt werden. Unter Berücksichtigung des to- pologischen Streckenverlaufs sowie des Hindernisses 3 auf
der Fahrbahn 2 kann eine Fläche 7 ermittelt werden, welche eine zulässigen Aufenthaltsbereich für das Fahrzeug 1 mit sämtlichen möglichen Ausweichrouten bzw. Trajektorien enthält, denen das Fahrzeug 1 theoretisch folgen kann, um sowohl das Hindernis 3 zu umgehen als auch einen ausreichenden Abstand zur Fahrbahn-Seitenbegrenzung 8 oder sonstigen, aus der Straßenkarte zu entnehmenden Hindernissen einhalten zu können.
Aus der Kenntnis des Streckenverlaufs, der mit Hilfe des Navigationssystems bekannt ist, können Randbedingungen bei der Bestimmung und Ausführung der Fahrzeugbewegung sowohl auf Lage- als auch gegebenenfalls auf Geschwindigkeits- und/oder Beschleunigungsebene berücksichtigt werden. Dadurch ist eine vorausschauende selbsttätige Fahrweise möglich, weil der zweidimensionale oder gegebenenfalls auch der dreidimensionale Steckenverlauf im Hinblick auf positive und negative Beschleunigungskräfte, die in Längs- und in Querrichtung auf das Fahrzeug einwirken, berücksichtigt werden kann.
Aus der Fläche 7 der zulässigen Fahrzeugbewegung wird eine einzelne Flächenlinie oder Raumlinie bzw. Trajektorie als Sollwertverlauf bzw. als Solltrajektorie für das Fahrzeug ermittelt. Die Auswahl der Solltrajektorie kann wiederum unter Berücksichtigung von Optimierungskriterien bzw. Randbedingungen erfolgen, wobei in einfachster Näherung als Solltrajektorie diejenige Trajektorie gewählt wird, die in der Mitte der Fläche 7 der zulässigen Fahrzeugbewegung liegt.
Auf die Solltrajektorie 9 können Ankerpunkte 10 gesetzt werden, welche als mathematischer Ort für ein im Brems- und Lenksystem simuliertes, dynamisches Fahrzeugmodell dienen. Aus diesem dynamischen Fahrzeugmodell können Fahrzeuggrößen
ermittelt werden, welche das Fahrverhalten des realen Fahrzeuges widerspiegeln. Wird bei der Simulation festgestellt, dass das Fahrzeug bei Beibehaltung des gegenwärtigen Zustan- des in eine kritische Situation geraten kann, so können im Brems- und Lenksystem Eingriffe durchgeführt werden, um eine derartige Verfahrenssituation zu vermeiden, beispielsweise eine Reduzierung der Fahrzeuggeschwindigkeit und/oder eine Neubestimmung der Solltrajektorie, die einen im Hinblick auf den gefährlichen Fahrzeugzustand günstigeren Verlauf der auf das Fahrzeug wirkenden Beschleunigungen und Kräfte ergibt.