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Chromatische Mundharmonika Die Erfindung stellt sich die Aufgabe,
eine Mundharmonika zu schaffen, die eine uneingeschränkte Anwendung erlaubt, so
daB mit derselben einwandfrei musiziert werden kann. Unter Mundharmonika ist im
Sinne der Erfindung ein Zungenblasinstrument zu verstehen, das eine Anzahl über
die ganze Länge des Instrumentes verteilte Einblasöffnungen aufweist und bei welchem
die Tonhöhe durch Verschieben des Instrumentes relativ zum Mund bestimmt wird. Diese
Mundharmonika soll jeden Ton der chromatischen Tonleiter nicht nur als Einzelton,
sondern auch zusammen mit beliebigen anderen Tönen im Akkord spielbar machen, oder,
anders ausgedrückt, jeder Melodieton soll durch einen beliebigen Akkord begleitet
werden können, und zwar in jeder Tonart. Ferner soll die Mundharmonika im Blasen
und Ziehen gespielt werden können und die Bildung von Akkorden mit einem Tonumfang
von mindestens einer Oktave zulassen.
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In konstruktiver Beziehung zerfällt die vorumschriebene Aufgabe in
zwei Teilprobleme: Einmal muB der Luftsteuermechanismus erlauben, jeden Ton einzeln
zu wählen oder mit anderen Tönen derselben Oktave zu Akkorden zu kombinieren, anderseits
müssen die zur Erzeugung der einer Oktave entsprechenden zwölf Blas- und Ziehtöne
notwendigen Stimmzungen räumlich so zusammengedrängt werden, daB ihre Luftkanäle
im Spannbereich des Mundes liegen.
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Die gleichzeitige Lösung dieser Probleme, die den Grundgedanken der
Erfindung darstellt, wird durch eine neuartige Stimmzungenanordnung und Steuerung
ihrer Kanzellen erreicht. Die Einzelsteuerung von Kanzellen ist zwar bekannt, aber
nur bei Ziehharmonikas
und Blasharmonikas, wo die Aufgabenstellung
eine gänzlich andere ist. Andererseits dient die bei chromatischen Mundharmonikas
bekannte Anordnung von zwei Stimmzungen hintereinander in einer gemeinsamen Kanzelle
nur dem Zweck, das Instrument mehrchörig zu gestalten.
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Die beschriebene gänzlich andere Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch
gelöst, daß die jedem Ton zugeordneten Blas- und Ziehstimmzungen hintereinander
in einer gemeinsamen Kanzelle angeordnet sind, die unabhängig von den übrigen Kanzellen
derselben Oktave steuerbar ist.
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An Hand der Zeichnungen sollen zwei auf dieser Erfindung- aufgebaute
Ausführungsbeispiele beschrieben werden. Es zeigt Fig. i einen Querschnitt durch
eine Mundharmonika in einer ersten Ausführungsform; in Fig. 2 bis 6 ist ein vollständiges
Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Instrumentes dargestellt, und zwar ist
Fig. 2 eine Aufsicht auf das Instrument, teilweise aufgeschnitten, Fig. 3 ein Schnitt
nach Linie VI-VI in Fig. 2, Fig. q ein Schnitt nach Linie VII-VII in Fig. 2, Fig.5
eine perspektivische Ansicht eines Steuerorgans, wie es in diesem Ausführungsbeispiel
Verwendung findet, Fig. 6 das Verdrahtungsschema für die Bewegungsmechanik des Abschnitts
A des Instrumentes nach Fig. 2, Fig. 7 ein Längsschnitt nach Linie X-X in Fig. i,
mit Angabe des Tonaufbaus für ein gleichtöniges Instrument, Fig. 8 ein Querschnitt
durch eine Mundharmonika in einer zweiten Ausführungsform, Fig. 9 ein Längsschnitt
nach Linie XI-XI in Fig. 8 ; Fig. io und ii zeigen zwei mögliche Tonaufbauschemas
für ungleichtönige Instrumente, Fig. i2 die beispielsweise Verdrahtung zu einer
Akkordtaste.
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In den Figuren sind mit i die Einblaskanäle, mit 2 das Mundstück,
mit 3 die Stimmplatten, mit q. und 5 die oberen bzw. unteren Kanzellen, mit 7 die
sie trennende Mittelwand, mit 8 und 9 die auf Zieh-bzw. Blasluft ansprechenden Stimmzungen,
mit ii die Stimmschlitze, mit i, die selbsttätigen Ventilklappen, mit
17 und 2o zwei Tasten in Ruhe- bzw. niedergedrückter Lage und mit 18 die
sie tragenden Winkelhebel bezeichnet.
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Das als Beispiel angeführte Instrument weist fünfundzwanzig Einblaskanäle
i im Mundstück 2 und je fünfundzwanzig obere und untere Kanzellen q. und 5 auf.
Diese Kanzellen werden durch die oberen und unteren Schieber 13 und 1q. gesteuert,
welche mit den Einblaskanälen i des Mundstückes 2 und Öffnungen 15 in der zwischen
den Kanzellen liegenden, mittleren Platte 7 zusammenwirken. In Fig. 3 sind diese
Schieber in ihrer Ruhelage, durch die zwischen der Dichtungsscheibe io und der Federstütze
21 liegenden Federn 16 an das Mundstück 2 angedrückt, sichtbar. Die an den Schiebern
befestigten Drähte ig sind durch die Federn 16 und Federstütze 21 und Bohrungen
23 in den Hebeln 22 hindurchgeführt und durch die Mitnehmerkugeln 9,4 mit den Hebeln
verbunden (vgl. Fig. 5). Die Tasten 25 und 26 sind mittels Schwinghebeln 27 und
28 an den Wellen 29 aufgehängt, und zwar so, daß von jedem eine Taste tragenden
Schwinghebelpaar ein Hebel 27 mit einer Welle 29 fest verbunden, der andere Hebel
28 hingegen drehbar auf der gegenüberliegenden Welle 29 gelagert ist.
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Aus Fig. q. ist ersichtlich, daß durch Niederdrücken einer Taste 25
eine obere Welle 29 gegen den Uhrzeigersinn, durch Drücken auf eine Taste 26 eine
untere Welle 29 im Uhrzeigersinn verdreht wird. Die Wellen 29 sind zueinander parallel
verlaufend zwischen den Tasten angeordnet und in Bohrungen des Instrumentenrahmens
30 und der Versteifung 31 gelagert. Außer der Aufhängung der Tasten
25, 26 dienen die Wellen 29 der gleichzeitigen Verschiebung aller um eine Oktave
versetzten Schieber und tragen deshalb in dem einer Oktave entsprechenden Abstand
voneinander befestigte Hebel 22 mit Bohrungen 23, durch welche die Zugdrähte ig
laufen. In Fig. q. ist eine Taste 26' in niedergedrückter Stellung gezeichnet; dementsprechend
erscheint die zugehörige Welle 29' in gedrehtem Zustand, und der obere Schieber
13 ist durch Hebel 22 und Zugdraht ig' in die hintere Stellung geschoben.
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Das beschriebene Instrument enthält fünfundzwanzigmal zwei übereinanderliegende
Zungenpaare, also total hundert Stimmzungen. Diese Stimmzungen sind so abgestimmt,
daß das Tonintervall zwischen zwei übereinanderliegenden Zungen immer einen halben
Ton, das Tonintervall zwischen zwei nebeneinanderliegenden Zungen immer einen ganzen
Ton beträgt. Diesen Tonaufbau zeigt Fig.7; auf die Ganztonleiter C D E Fis Gis Ais
sind die Zungen der oberen Stimmplatte 3 abgestimmt, auf die Töne der Ganztonleiter
Cis Dis F G A H die Zungen der unteren Stimmplatte. Die hintereinanderliegenden
Stimmzungen jeder Kanzelle, von welchen jeweils eine auf Blasluft, die andere auf
Ziehluft anspricht, sind auf denselben Ton abgestimmt. Es kann also jeder der zwölf
Töne einer Oktave sowohl im Ziehen als im Blasen gespielt werden. Dabei werden für
eine Oktave sechs Kanäle mit vierundzwanzig Stimmzungen benötigt, der gesamte Tonumfang
des Instrumentes beträgt daher vier Oktaven plus ein halber Ton.
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Analog dem chromatischen Stimmenaufbau wurde auch die Tastatur chromatisch
angeordnet. Prinzipiell würden zwölf Tasten, nämlich eine für jeden Halbton einer
Oktave, genügen, nachdem die Schieber aller gleichen Töne der vier Oktaven durch
die Wellen 29 gekoppelt sind und somit durch eine Taste betätigt werden können.
Zur Erleichterung des geläufigen Spieles, ganz speziell des Akkordspieles, wurden
jedoch die den zwölf Tönen zukommenden Tasten wiederholt und so angeordnet, daß
der Distanz irgend zweier Tasten in einer bestimmten Richtung immer dasselbe Tonintervall
entspricht. Aus der Tastenbezeichnung in Fig. 2 geht hervor, daß der Tonschritt
in Richtung a immer einen halben Ton, in Richtung b
drei halbe und
in Richtung c vier halbe Töne beträgt. Diese Anordnung hat den großen Vorteil, daß
jedem Griff ein bestimmter Akkord entspricht; derselbe
Griff an
verschiedenen Stellen der Tastatur ergibt denselben Akkord in verschiedenen Tonarten.
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Fig.6 stellt ein Verdrahtungsschema dar, aus welchem hervorgeht, welche
Schieber, Zugdrähte, Hebel, Wellen und Tasten miteinander verbunden sind. Diese
Mechanikelemente sind jeweils mit dem ihnen zugeordneten Blaston bezeichnet. Die
übereinanderliegenden Wellen 29 (z. B. H und E) und Schieber 13 und 14 sind
im Schema nebeneinander gezeichnet. Die als schwarze Punkte dargestellten Verbindungen
zwischen Wellen und Zugdrähten sind solche, bei welchen der Zugdraht i9 durch eine
Mitnehmerkugel 24 vom Hebel 22 mitgenommen wird, aber nicht umgekehrt. Die eingekreisten
Punkte hingegen stellen Verbindungen dar, bei welchen der durch die Bohrung 23 geführte
Zugdraht ig auf jeder Seite des Hebels 22 eine Kugel 24 trägt, so daß sowohl der
Zugdraht vom Hebel wie auch der Hebel vom Zugdraht mitgenommen wird. Drückt man
z. B. auf die Gis-Taste 26', so wird durch Schwinghebel 27' die Gis-Welle 29' gedreht,
durch Hebel 22' der Zugdraht ig' mitgenommen und durch Hebel 22"' die Welle 29"'
verdreht. Die vier auf Gis-Welle 29"' sitzenden Hebel 22"' ziehen dabei über Zugdrähte
ig' alle vier Gis-Schieber 13 (in jeder Oktave einen) in die hintere Stellung. Drückt
man hingegen auf die Gis-Taste 26"', so wird nur die Gis-Welle 29"' verdreht und
ebenfalls alle vier Gis-Schieber verschoben; die Gis-Wellen 29' und 29" bleiben
aber unverdreht stehen, weil der Zugdraht i9' durch die Bohrungen der Hebel 22'
und 22" durchgeschoben wird, ohne daß er diese mitnimmt (Freilauf). Fig. 6 zeigt
nur die Verdrahtung der rechten, in Fig. 2 mit A bezeichneten Hälfte des Instrumentes;
die Verdrahtung der linken Hälfte erfolgt ganz analog.
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Das beschriebene Instrument stellt nur ein Anwendungsbeispiel des
Erfindungsgedankens dar. Ohne von diesem abzuweichen, kann die Lage der oberen zu
den unteren Kanzelten sowie die Art ihrer Steuerung geändert werden. So zeigen Fig.
8 und 9 ein Ausführungsbeispiel, bei welchem die oberen und unteren Kanzelten um
eine halbe Teilung gegeneinander versetzt sind. Die Einzelsteuerung jeder Zelle
erfolgt bei diesem Beispiel durch Klappen 6, und zwar nicht vor, sondern hinter
den Stimmzungen.
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Auch der vorbeschriebene, aus Fig. 7 ersichtliche Tonaufbau, welcher
ein gleichtöniges Spiel beim Ziehen und Blasen ergibt, kann geändert werden. Als
Beispiele zeigen Fig. io und ii zwei Abstimmungen der Stimmzungen, bei welchen der
gespielte Ton oder Akkord beim Wechsel der Luftrichtung um einen halben Ton tiefer
bzw. um einen ganzen Ton höher wird.
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Auch die beschriebene Tastenmechanik stellt nur ein Ausführungsbeispiel
dar, das auf verschiedene Arten geändert oder ergänzt werden kann. So kann man z.
B. ein Instrument statt nur mit Einzeltontasten, wie das beschriebene, auch mit
Akkordtasten versehen, so daß für das Spielen der am häufigsten gebrauchten Akkorde
nicht ganze Tastengruppen, sondern nur einzelne Akkordtasten gedrückt werden müssen,
was das Musizieren bedeutend erleichtert. Diese Möglichkeit auf das vorbeschriebene
Instrument angewandt, bedingt keinerlei konstruktive Änderungen; lediglich die Verdrahtung
der zu den Akkordtasten gehörenden Hebel ist von derjenigen der Tontasten verschieden,
während alle Wellen und ihre Verbindung zu den Schiebern unverändert bleiben können.
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Fig. 12 zeigt als Beispiel die Verdrahtung der zum verminderten Septimakkord
der Tonart C gehörenden Taste C,,;.. Beide diese Taste tragenden Schwinghebel 32
und 33 sind drehbar auf der Dis- und auf der Gis-Welle gelagert. Der obere Schwinghebel
32
ist gleichzeitig Zughebel für den in der Mittelebene des Instrumentes liegenden
Zugdraht 34, der seinerseits die auf den Wellen A, C, Dis und Fis sitzenden Mitnehmerhebel
35 mitnimmt und dabei die genannten vier Wellen verdreht.
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Demzufolge werden beim Niederdrücken der C". -
Taste gleichzeitig
alle A-, C-, Dis- und Fis-Schieber verschoben, so daß in jeder Tonlage des Instrumentes
der C,,;.,-Akkord geblasen werden kann. Die Hebel 22 und Zugdrähte i9 sind in Fig.
x2 punktiert eingezeichnet, weil sie nicht in der Schnittebene, sondern in der Ebene
der zugehörigen Schieber liegen.