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Verwendung einer Glockenkolonne zum Auswaschen von Ammoniak und Schwefelwasserstoff
aus Kohlendestillationsgasen Für die Auswaschung von Wertstoffen und Verunreinigungen
aus Kohlendestillationsgasen, z. B. auch Ammoniak und Schwefelwasserstoff, hat sich
die Verwendung von Glockenkolonnen als Waschvorrichtungen, namentlich für den neuzeitlichen
Hochleistungsbetrieb mit großen Durchsätzen, als zweckmäßig und nützlich erwiesen,
da man hierdurch höhere Auswaschungsleistungen je Volumeinheit der Wascher als bei
sonst üblichen Bauarten von Waschvorrichtungen, insbesondere bei den meist gebräuchlichen
Hordenwaschern, erzielen kann.
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Es ist bekannt, eine Glockenkolonne zum Auswaschen von Ammoniak und
Schwefelwasserstoff aus Kohlendestillationsgasen mittels Frischwassers und ammoniakhaltigen
Wassers derart zu verwenden, daß eine kurze Berührungszeit zwischen Gas und Waschmittel
in der Waschstufe für Schwefelwasserstoff eingehalten wird. Hierdurch wird zwar
ein wesentlicher
Teil des Schwefelwasserstoffs entfernt, jedoch
ist zur völligen Auswaschung des Ammoniaks die Zugabe eines fremden dritten Waschmittels
am obersten. Boden der Glockenkolonne notwendig.
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Nach dem Verfahren des Patentes 864 431 erfolgt das Auswaschen von
Ammoniak und Schwefelwasserstoff aus Kohlendestillationsgasenunter Verwendung einer
Glockenkolonne als Wascher, die eine beschränkte Anzahl von Böden, etwa deren zwölf,
gegebenenfalls einige mehr oder weniger, besitzt; der Betrieb wird dabei derart
geführt, daß ausschließlich auf den obersten Boden Frischwasser und auf einen der
tieferen Böden, die im Bereich von etwa einem Drittel bis zur Hälfte der Gesamtbodenzahl
von unten her liegen, ammoniakhaltiges Kondenswasser der Rohgaskühlung aufgegeben
wird.
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Nach der Erfindung wird bei der vorbeschriebenen Verfahrensweise des
Patentes 864 431 außerdem zusätzliches entsäuertes oder von sauren Bestandteilen
(H2 S, CO,) praktisch freies Ammoniakwasser einem der weiteren Böden, die
im Bereich von etwa einem Viertel bis zu einem Drittel der Gesamtbodenanzahl von
unten her liegen, zugeführt. Als zusätzliches Ammoniakwasser ist dabei solches zu
verstehen, dessen Ammoniakmenge zu dem ursprünglichen Ammoniakgehalt der zu behandelnden
Ausgangsgase noch hinzukommt. Dieses Waschwasser und sein freies Ammoniak können
z. B. im Betriebe zwischen dem Gaswascher und einer Entsäuerungsvorrichtung dauernd
kreisen. Das Ammoniak kann aber auch von fremd her eingeführt werden.
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Das Verfahren wird in einer beispielsweisen Ausführung an Hand der
Zeichnung erläutert, die einen zu seiner Durchführung bestimmten Glockenkolonnenwascher
in Aufrißdarstellung, teilweise im senkrechten Schnitt, zeigt.
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Die Glockenkolonne a besitzt in diesem Ausführungsbeispiel zwölf Glockenböden
üblicher Bauart mit Flüssigkeitsüberläufen. Das zu waschende Kohlendestillationsgas
wird unterhalb des untersten Bodens durch den Rohrstutzen b zugeführt und an der
Decke durch den Stutzen c in fertig gewaschenem Zustande abgeführt. Auf den obersten,
also vom untersten Gaseintritt her gerechnet zwölften Boden wird Frisch= wasser
bei d aufgegeben. Auf den beispielsweise fünften Boden von unten her wird bei e
ammoniakhaltiges Kühlerkondenswasser aus der Kühlung desselben Rohgases, das danach
der Kolonne zur Auswaschung zugeführt wird, aufgegeben. Diese tiefere Zufuhr e muß
in demjenigen Bereich des unteren Kolonnenteils liegen, der etwa von einem Drittel
bis zur Hälfte der Gesamtbodenanzahl von unten her gerechnet reicht; bei zwölf Böden
sind dies der vierte bis sechste Boden. Außerdem wird schließlich noch zusätzliches
entsäuertes Ammoniakwasser, das z. B. im Betriebe zwischen dem Gaswascher und einer
Entsäuerungsvorrichtung kreist, auf beispielsweise den vierten Boden von unten her
bei h aufgegeben. Diese dritte Zufuhr muß in demjenigen Bereich des unteren Kolonnenteils
liegen, der etwa von einem Viertel bis zu einem Drittel der Gesamtbodenanzahl von
unten her gerechnet reicht; bei zwölf Böden sind dies der dritte und vierte Boden.
Die gesamten in die Kolonne eingeführten Waschflüssigkeiten werden am Fuß derselben
bei f abgeführt.
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Es ist gefunden worden, daß mit einer Einrichtung und Verfahrensweise
wie vorbeschrieben, wenn man Frischwasser dem obersten Boden und Kühlerkondenswasser
und entsäuertes bzw. von sauren Bestandteilen praktisch freies Ammoniakwasser einem
tieferen Boden der gekennzeichneten Kolonnenbereiche zuführt, bei Anwendung geringerer
Mengen an Frischwasser und Kühlerkondenswasser, als sie für die übliche Ammoniakwaschung
beispielsweise in Hordenwäschern angewendet werden, das Ammoniak vollständig bis
auf den in der Praxis üblichen sehr niedrigen Endgehalt bis zu 2 g/Ioo Nm3 und der
Schwefelwasserstoff zu einem verhältnismäßig hohen Anteil, zu go % und mehr, ausgewaschen
werden können.
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Bei der üblichen Ammoniakauswaschung aus Kohlendestillationsgasen
ist es zwar ebenfalls gebräuchlich, als Waschmittel Frischwasser am Ende des Gasweges,
also beim Austritt des Gases aus der Wascheranlage, und Kühlerkondenswasser sowie
auch entsäuertes Ammoniakwasser im mittleren oder weiteren Teil dieses Gasweges
zuzuführen. Bei dieser bekannten und üblichen Durchführungsweise fällt aber der
Grad der Auswaschung des Schwefelwasserstoffs wesentlich niedriger als nach der
Erfindung aus, und zwar deswegen, weil die räumlich umfangreicheren und über längere
Zeit gehenden Einwirkungsbereiche von ammoniakhaltigen Waschflüssigkeiten bei den
üblichen, in ihrer Größe nicht beschränkten Wascheinrichtungen das Maß der gleichzeitigen
Auswaschung des Kohlendioxyds steigern, das infolgedessen den aus dem Gas schon
ausgewaschenen Schwefelwasserstoff teilweise aus den Waschlösungen wieder austreibt.
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Beim Verfahren nach der Erfindung wird dadurch, daß ein Glockenkolonnenwascher
angewendet wird, schon von vornherein die gesamte Behandlungszeit des Gases und
Berührungsdauer desselben mit Waschflüssigkeit gegenüber anderen Arten von Waschvorrichtungen
bedeutend verringert; vor allem wird aber dadurch, daß das Kühlerkondensat und das
zusätzliche entsäuerte oder säurefreie Ammoniakwasser nur auf den unteren Teil der
Glockenkolonne innerhalb bestimmter begrenzter Bereiche aufgegeben werden, darüber
hinaus auch die Dauer der Berührung von schwefelwasserstoffhaltigem Rohgas mit ammoniakhaltigem
Waschwasser verhältnismäßig stark verkleinert. Durch diese mit den Mitteln der Erfindung
herbeigeführte sehr kurze Berührungsdauer zwischen Gas und Waschflüssigkeit wird
die Selektivität des Auswaschens von Schwefelwasserstoff gegenüber der unerwünschten
Mitauswaschung von Kohlendioxyd so stark begünstigt, daß derselbe in hoher Anteilmenge
aus dem Gas entfernt und mit der Waschflüssigkeit abgezogen werden kann. Die gleichzeitige
Beibehaltung des größten Teils des vorhandenen Kohlendioxyds im Gas gilt für viele
Verwendungszwecke desselben, z. B. seine Abführung und Verwertung als Ferngas, mindestens
wegen der Mengenvermehrung, die meistens nicht eine unzulässige Unterschreitung
des Heizwertes herbeiführt, als wirtschaftlich erwünscht. Die Auswaschung des Gases
nach dem
Verfahren der Erfindung kann ebensowohl bei Atmosphärendruck
als auch bei erhöhtem Druck des Gases durchgeführt werden.
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Beispiel Durch eine Glockenkolonne eines Lichtdurchmessers von i2oo
mm mit zwölf Böden und einem Bodenabstand von 150 mm werden bei gewöhnlicher Temperatur
und praktisch Atmosphärendruck je Stunde etwa 18oo Nm3 Koksofengas hindurchgeleitet,
das je Normalkubikmeter etwa 7,6g NH3 und 1i,4 g Schwefelwasserstoff und außerdem
1,7 Volumprozent Kohlendioxyd enthält. Auf den obersten Boden der Kolonne wird Frischwasser
in einer Menge von etwa o,31/Nm3 Gas, auf den fünften Boden von unten her eine Menge
von etwa 0,451 Kühlerkondenswasser je Normalkubikmeter Gas mit einem Ammoniakgehalt
von 4,7 g/1 und auf den vierten Boden von unten her eine Menge von 0,41 zusätzlichen
Ammoniakwasser je Normalkubikmeter Gas mit einem Gehalt an freiem Ammoniak von 16,5
g/1 aufgegeben; im ganzen also 1,z51 Waschflüssigkeit je Normalkubikmeter Gas. Man
erreicht eine praktisch vollständige Auswaschung des Ammoniaks bis auf einen Gehalt
von 1,9 g/ioo Nm3 und einen Auswaschungsgrad des Schwefelwasserstoffs von 95,40/,.
Gibt man das zusätzliche Ammoniakwasser statt auf den vierten Boden beispielsweise
auf den zweiten oder fünften Boden, so sinkt in beiden Fällen die Schwefelwasserstoffausw
aschung ab, während die Ammoniakauswaschung bei Wahl des zweiten Bodens etwas besser
und bei Wahl des fünften Bodens etwas schlechter wird als bei Aufgabe des zusätzlichen
Ammoniakwassers auf den vierten Boden.