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Verfahren zur Auswaschung von Ammoniak, Cyanverbindungen, Kohlendioxyd,
Schwefelwasserstoff und anderen flüchtigen Stoffen aus Gasen Nach einem früheren
Vorschlag zur Entfernung von Cyanverbindungen und sonstigen flüchtigen Säuren aus
Gasen durch zwei aufeinanderfolgende Waschungen mit reinem, d. h. härtefreiem Wasser
mit Aufarbeitung eines Teils der Waschflüssigkeiten durch Erhitzung wird diese Erhitzung
mittels Heizdampf vorgenommen, und der Überschuß an Wasser, der dem Betrieb aus
dem Kondensat des Heizdampfes zugeht, dient als Waschmittel zur Entfernung der Cyanverbindungen.
Die Verwendung von derartigem reinem Waschungswasser bezweckt das Vermeiden von
Umsetzungserzeugnissen gewisser Wasserhärtebestandteile mit dem Kohlendioxyd des
gewaschenen Gases, die zu betriebsstörenden Ansätzen und Verkrustungen der Waschvorrichtungen,
wie Glockenwascher, Hordenwascher, Siebwascher u. a., führen würden. Das Ziel ist
dabei, das benötigte reine Wasser ständig neu im Betrieb selbst zu gewinnen, ohne
daß besondere Reinigungs- oder Enthärtungsbehandlungen notwendig sind. Bei dem vorgenannten
Verfahren hat zwar der Betriebsüberschuß aus dem Heizdampfkondensat nur eine beschränkte
Größe, genügt aber, um die Cyanauswaschung mit ständig neuem Waschwasser zu beschicken,
das nach seiner Beladung endgültig aus dem Betrieb entfernt werden
kann,
also ohne daß das verwendete Waschwasser zwecks Wiederbenutzung ganz oder teilweise
regeneriert werden müßte.
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Das Verfahren der vorliegenden Erfindung wendet den vorerörterten
Erfindungsgedanken auf die Auswaschung von weitergehenden Stoffen, nämlich des Ammoniaks,
der Cyanverbindungen, des Kohlendioxyds, Schwefelwasserstoffs und anderer flüchtiger
Stoffe aus Gasen mit Benutzung ebenfalls von Reinwasser als Waschmittel an. Da für
diese weitergehenden Waschungszwecke aber das aus der Aufarbeitung ihrer Waschflüssigkeit
anfallende Heizdampfkondensat als Waschungsreinwasser nicht genügen würde, so wird
nach der Erfindung als Waschungsreinwasser der dem Betrieb zugehende Überschuß aus
den Kondensaten von solchem Heizdampf benutzt, welcher als Erhitzungsmittel bei
der Aufarbeitung sowohl der im Verfahren selbst verwendeten wässerigen Waschflüssigkeiten
als auch solcher anderer flüssiger Waschmittel dient, die in weiteren nachgeschalteten
Prozessen zur Entferung von flüchtigen Kohlenwasserstoffen wie Benzol, Benzin, Gasol
u. dgl. aus Gasen innerhalb derselben Betriebsanlage verwendet werden. Die Entfernung
und Gewinnung derartiger weiterer Wertstoffe neben den für die Aufgabe des Verfahrens
in Betracht kommenden genannten wasserlöslichen Wertstoffen und Verunreinigungen
treten in den meisten praktischen Fällen auf und erheischen auch, wenn sie mittels
flüssiger Waschmittel durchgeführt werden, zu deren Aufarbeitung durch Erhitzung
verhältnismäßig beträchtliche Heizdampfmengen, so daß aus deren Kondensatanfall
auch im allgemeinen anstandslos die für das Verfahren im ganzen erforderlichen Mengen
an reinem Wasser beschafft werden können. Man erreicht durch das Verfahren der Erfindung
eine nutzbringende Verwertung der reichlichen, im ganzen anfallenden Heizdampfkondensatmengen,
die als destilliertes Wasser hochgradig rein sind und die sonst im Betrieb keine
diesen Reinheitszustand ausnutzende Verwertung finden könnten.
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Bei dem Verfahren kann, ebenso wie in dem eingangs genannten Verfahren,
als Waschmittel das Heizdampfkondensat selbst, soweit es aus einer mittelbaren Erhitzung
anfällt, oder ein Gemisch dieses Kondensats mit einem durch unmittelbare Dampferhitzung
abgetriebenen Wasser verwendet werden, sofern dieses zur Abtreibung gelangende Wasser
im Betrieb dauernd kreist, d. h. niemals durch Zugang von neuem Wasser verunreinigt
wird.
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Wenn im Betrieb der Gesamtanlage Kondensat von dem Abdampf dampfbetriebener
Maschinen, das durch mittelbare Verdichtung, d. h. Oberflächenkondensation gewonnen
wird, anfällt, so kann dieses Kondensat zusätzlich als Waschungsreinwasser für das
Verfahren verwendet werden. Derartiger Kondensatanfall kommt praktisch z. B. bei
Dampfturbinen vor.
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Bei dem Verfahren können die verschiedenen Waschstufen unter atmosphärischem
oder erhöhtem, auch untereinander verschieden großem Druck betrieben werden. Für
die Wiederbelebung der Waschflüssigkeiten kann atmosphärischer, höherer oder niedrigerer
Druck angewendet werden. Für die Entfernung der flüchtigen Säuren Kohlendioxyd,
Schwefelwasserstoff usw. aus den Gasen kann entweder eine Waschlösung, die ein flüchtiges
Absorbens darstellt, z. B. eine Ammoniakwasserlösung, oder eine Waschlösung verwendet
werden, die ein nichtflüchtiges Absorbens enthält, z. B. eine wässerige Lösung von
gewissen alkalisch reagierenden Metallsalzen wie Natrium- und Kaliumcarbonaten,
Boraten, Phosphaten usw. Im Falle der Anwendung einer Ammoniakwasserlösung als Absorbenskönnen
die Auswaschungen des Ammoniaks und der genannten flüchtigen Säuren in üblicher
Weise miteinander kombiniert werden. Beispiel Kohlendestillationsgas aus einer Steinkohlensc'hwe,lanlage
soll durch aufeirnanderfolgende Waschungen von Ammoniak, Cyanverbindungen, Kohlendioxyd,
Schwefelwasserstoff, Gasol- und Benzinkohlenwasserstoffen befreit werden. Das Ausgangsgas
enthält je Normalkubikmeter 1,5 g NH3, 1,5 g Cyanwasserstoff, z2 g H? S,
8 Volumprozent CO., 6o g Gasolkdhlenwasserstoffe, 8o g Benzin.
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15 ooo Nm3 dieses Gases treten stündlich bei praktisch atmosphärischem
Druck zuerst in eine Glockenkolonne ein, die zur Auswaschung von Ammoniak dient
und an der Spitze mit stündlich 3 m3 reinem Wasser, nämlich Heizdampfkondensat aus
einer später folgenden mittelbaren Erhitzung, und in einer tieferen Höhenlage mit
2o m3 Wasserkondensat aus der Schwelgaskühlung berieselt wird. Diese beiden Waschflüssigkeiten
werden im Betrieb dauernd neu zugeführt und nach Aufarbeitung schließlich als Abwasser
weggegeben. Das Gas wird nunmehr auf einen Druck von 12 atü komprimiert und nach
Rückkühlung auf die gewöhnliche Temperatur von etwa 215° zuerst in eine Glockenkolonne
zur Auswaschung der Cyanverbindungen und danach in eine weitere Kolonne zur weitgehenden
Auswaschung des Schwefelwasserstoffs undKohlendioxyds geleitet. DieAuswaschung des
Cyans erfolgt durch stündlich 7,5 m3 eines auf die Kolonnenspitze aufgegebenen Reinwassers,
das ebenfalls aus dem Betrieb heraus, und zwar ohne Aufarbeitung, ins Abwasser weggeht.
Die Auswaschung des Schwefelwasserstoffs und Kohlendioxyds in der folgenden Kolonne
geschieht durch stündlich So m3 eines 3°loigen Ammoniakwassers. Es wird eine einheitlich
gebaute Glockenkolonne verwendet, die aus drei über- und hintereinander geschalteten
Kolonnenabschnitten besteht, welche durch Zwischenböden zwar im Gasstrom zusammenhängen,
jedoch die Waschflüssigkeiten jedes der drei Abschnitte gesondert sammeln und abführen
lassen. Der unterste, eine größere Anzahl von Böden umfassende Abschnitt dient zur
Entfernung des Hauptteils des Kohlendioxyds; der Barüberstehende mittlere, eine
mehrfach geringere Anzahl
von Böden umfassende Abschnitt dient zur
selektiven Entfernung des größten Teils des Schwefelwasserstoffs. Diese beiden Abschnitte
werden getrennt von derselben 3o/oigen Ammoniakwasserlösung, und zwar der untere
mit stündlich 4.2 m3 und der mittlere mit stündlich 8 m3 der Lösung berieselt. Die
mit II2 S und CO, beladenen Waschflüssigkeiten werden nach ihrem getrennten
Abziehen vereinigt und in einer Entsäuerungsanlage regeneriert, um im Kreislauf
erneut verwendet zu werden. Der oberste Kolonnenabschnitt dient als Nachwascher
zur Entfernung des vom Gasstrom aus den unteren Kolonnenteilen hinaufgetragenen
flüchtigen Ammoniaks, wobei auch weitere Anteile von H2 S und CO,
ausgewaschen werden. Der Nachwaschungsabschnitt wird durch gleiches Beinwasser wie
der Cyanwascher in einer Menge von stündlich 12 m3 berieselt. Die beladene Waschflüssigkeit
dieser Nachwaschung wird im späteren Weiterverlauf zusammen mit der durch die Entsäuerung
gehenden, ständig kreisenden Ammoniaklösung aufgearbeitet und ergibt dabei einen
über diese kreisende Menge hinausgehenden Überschuß, der schließlich in Form eines
vollständig von Ammoniak abgetriebenen Wassers erscheint und zur Nachwaschung wieder
verwendet wird. Da zu dieser letzteren Abtreibung unmittelbar einwirkender Heizdampf,
und zwar stündlich in einer Menge von 3500 kg verwendet wird, erscheint auch
eine gleich große Menge als ein Überschuß von Beinwasser im Betrieb, das aber ein
Gemisch von Abtriebswasser und Heizdampfkondensat ist. Das Ausgangsgas wird nun
unter Beibehaltung seines Drucks von 12 atü einer weiteren Glockenkolonne zur Auswaschung
von Gaskohlenwasserstoffen zugeleitet. Hierzu wird als Waschmittel Schwelbenzin
in einer Menge von 8o m3/Std. verwendet. Als letzte Waschstufe des Gases, ebenfalls
unter dem genannten Druck, folgt die Auswaschung des Benzins in einer letzten Glockenkolonne.
Diese wird mit schwerer siedendem Waschöl in einer Menge von 12 m3/Std. berieselt.
Die in der Gasol-und Benzinwaschkolonne verwendeten Waschöle werden in üblicher
Weise unter Anwendung von mittelbarwirkendemErhitzungsdampf abgetrieben; Gasole
und Benzin werden weiter unter Gewinnung von Motorenmethan, Treibgas und stabilisiertem
Benzin aufgearbeitet. Aus diesen Arbeitsvorgängen ergibt sich ein Anfall von. stündlich
7000 kg Heizdampfkondensat, unvermischt mit sonstigem Wasser. Insgesamt stehen
also als Reinwasser stünd.l,ich 35oo kg aus der Ammoniakwasserabtreibung und 70oo
kg aus den Ko'h.lenwasserstoffgewinnungsanlagen, das sind zusammen 10,5 m3, zur
Verfügung. Hiervon werden stündlich 3 m3 als Berieselungswaschwasser für die Spitze
der erstgenannten Kolonne zur Auswaschung des Ammoniaks und die restlichen 7,5 m3
für die Kolonne zur Auswaschung der Cyanverbindungen verwendet und verbraucht. Das
ebenfalls reine und mit Dampfkondensat vermischte Abtriebswasser des Ammoniakabtreibers
wird für die weitere Kolonne zur Auswaschung des Schwefelwasserstoffs und Kohlendioxyds
im Kreislauf benutzt.