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Verfahren zur Absorption von Ammoniak aus Kohlengas und ähnlichen
Industriegasen mittels Gaswasser Die Erfindung bezieht sich auf die Gewinnung von
Ammoniak aus Kohlengas und ähnlichen ammoniakhaltigen Industriegasen durch Waschen
des Gases mit Gaswasser.
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Gemäß der zur Zeit gebräuchlichen Ausführung dieses Verfahrens wird
das rohe Kohlengas aus dem Retortenhaus durch einen Kondensator, und zwar durch
den sogenannten Haupt- oder Vorkondensator, und später durch einen Schluß- oder
Nachkondensator geführt. In dem Vorkondensator wird das Gas je nach dem Wassergehalt
des Rohgases, so wie es das Retortenhaus verläßt. auf eine Temperatur zwischen etwa
.I5 und 55' C gekühlt. Nach Durchlaufen des 'Nachkondensators strömt das
Gas zu eine:mTeerabscheider und aus diesem zu einem oder mehreren Amtnoniakwäschern.
In den Ammoniakwäschern wird das Gas gewöhnlich nach dem Gegenstromprinzip durch
schwache, wäßrige Ammoniaklösung, die aus dem Vorkondensator stammt, von seinem
Ammoniakgehalt befreit. Die genannte Flüssigkeit kann vorher die Gasvorlagen in
dem Retortenhaus durchlaufen haben. Auf ihrem Wege zu. den Wäschern erfährt diese
Flüssigkeit eine Abkühlung: ferner enthält sie kaustisches Ammoniak (Ammoniumhydroxyd)
und Ammoniumcarbonat, und in den Wäschern erhöht sich ihr Ammoniakgehalt um das
aus dem Gas absorbierte Ammoniak.
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Die Erfindung bezweckt, die Verfahren dieser allgemeinen Art dahin
zu verbessern, daß ihre Wirksamkeit gesteigert wird.
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Die Erfindung besteht darin, daß das Gaswasser, bevor es in die A.mmoniakwäscher
eingeführt wird, mittels eines kohlensäurereichen Gases mit Kohlensäure weitgehend
gesättigt (beladen) bzw. übersättigt wird. Vorzugsweise hat das verwendete Gaswasser
einen Gehalt an flüchtigem Ammoniak von etwa 0,3 °1o und darunter, und es
wird eine Temperatur von etwa 15' C in der Einrichtung zum Sättigen des Gaswassers
mit Kohlensäure eingehalten.
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Ein weiteres Erfindungs:merkmäl besteht darin, daß das zur Beladung
des Gaswassers dienende kohlensäurehaltige Gas praktisch ammoniakfrei ist.
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Vorzugsweise wird das Gaswasser in bekannter Weise durch Abkühlen
des Gases auf eine Temperatur zwischen etwa 4.5 und 55° C gewonnen. Das Gaswasser
kann bereits vor Eintritt in den Kohlensäuresättiger weiter herunter gekühlt werden.
Auch kann das Gaswasser vorher die Vorlagen der Ofenanlage durchlaufen. Die Skruhberflüssigkeit
ist eine schwache Amnioniaklösung, und es
wird in ihr deshalb Kohlendioxyd
aufgelöst, um ihre Absorptionsfähigkeit für das Ammoniak des Gases zu erhöhen, mit
anderen Worten, die Flüssigkeit zu befähigen, eine vollständigere Reinigung des
Gases von seinem Ammoniakgehalt beim Durchgang durch den Wäscher herbeizuführen.
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Unter schwacher Ammoniaklösung wird eine Flüssigkeit verstanden, die
.eine sehr geringe Ammoniakmenge enthält, z. B. o,3 Gewichtsprozent an flüchtigem
Ammoniak, als NH.# berechnet.
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Es ist zu bemerken, daß das schwach ammoniakalisch@e Kondensat aus
den Vorkondensatoren fast frei von Kohlendioxyd ist und kaustisches Ammoniak enthält.
Die Erhöhung der Absorptionsfähigkeit der Flüssigkeit für Ammoniak gemäß der vorliegenden
Erfindung ist darauf zurückzuführen, daß das in die Flüssigkeit eingeführte Kohlendioxyd
sich mit dem kaustischen Ammoniak der Flüssigkeit unter Bildung einer oder mehrerer
löslicher Ammoniakverbindungen vereinigt, die einen geringeren Partialdruck des
Ammoniaks als kaustisches Ammoniak aufweisen. Je nach der Menge des in der Flüssigkeit
aufgelösten Kohlendioxyds wird so der Ammoniakgehalt der Flüssigkeit in normales
Ammoniumcarbonat oder in Ammoniumbicarbonat oder teilweise in das eine und teilweise
in das ändere umgewandelt. Es empfiehlt sich, eine solche Menge Kohlendioxyd in
der Flüssigkeit aufzulös°rr, daß derAmmoniakgehalt der letzteren ,ollständig oder
im wesentlichen vollständig in Bicarbonat übergeführt wird, denn der Teildruck des
Ammoniaks ist in dem Bicarbonat niedriger als in dem normalen Carbonat.
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In einem Gaswerk gibt es gewöhnlich v,,rschiedene zweckentsprechende
Lieferstellen fürKohlendioxyd, darunter auch solche, deren Kohlendioxyd ein Abfallerzeugnis
bildet. Daraus ergibt sich, daß die vorliegende Erfindung ein Mittel bietet, um
solches bisher verlorengegebene Kohlendioxyd nutzbar zu machen. Jedoch läßt sich
Kohlendioxyd aus irgendwelcher geeigneten Quelle verwenden. Z. B. sind Feuergase
verwendbar, vorausgesetzt, daß sie genügend abgekühlt sind, oder Kohlendioxyd, das
bei der Herstellung 1 an Ammoniumsulfat während der Destillation ammoniakalischer
Flüssigkeit aus den Ammonial~destillat.ionsvorrichtungen abgeht. Auch kann man solches
Kohlendioxyd benutzen, das aus dem wie oben zwecks Befreiung von seinem Ammon.iakgehalt
behandelten Gas oder aus Wassergas dadurch gewonnen wird, daß man das wie oben behandelte
Gas oder das Wassergas mit Kaliumcarbonatlösung wäscht und die so gebildete Kaliumbicarbonatlösung
erhitzt. Dieses Verfahren, Kohlensäure aus Gas durch Waschen des Gases mit Kaliumcarbonat
zu. gewinnen, bildet einen wesentlichen Bestandteil gewisser bekannter Verfahren,
z. B. des Petit-Verfahrens zur Gewinnung von Schwefelwasserstoff aus Gas und des
Athion-Verfahrens zur Gewinnung von Schwefelkohlenstoff aus Gas. Auch das diesen
Verfahren entstammende Kohlendioxyd läßt sich mit Vorteil für den Zweck der Erfindung
benutzen.
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In der Einrichtung zur Einführung der Kohlensäure (Carbonisieranlage)
soll, wie gesagt, die Temperatur möglichst niedrig sein und zweckmäßig etwa 15'
C nicht überschreiten, da die Flüssigkeit sonst für den Zweck der Erfindung nicht
genügend Kohlendioxyd aufnimmt.
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Gewöhnlich tritt eine Gasabströmung aus der Einrichtung zum Einführen
des Kohlendioxyds auf, und dieses entweichende Gas enthält einen geringen Anteil
an Ammoniak (NH3). Dieses Ammoniak kann dadurch zurückgewonnen werden, daß man das
Gas, das aus der Einrichtung zur Einführung des Kohlendioxyds entweicht, in den
der Behandlung unterliegenden Gasstrom an einer Stelle zwischen dem Vorkondensator
und den Arnmon:iakwäschern einführt.
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Das Verfahren ist in der Zeichnung schematisch veranschaulicht.
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Das aus dem Retortenhaus z kommende rohe Kohlengas geht zu dem Vorkondensator
2, in dem es auf eine Temperatur zwischen etwa 45 und 55° C gekühlt wird, je nach
dem Wassergehalt des rohen, aus dem Retortenhaus kommenden Gases. ' Aus dem Kondensator
:2 strömt das Gas über einen Schlußkondensator 3 und einen Saugenf zu einem Teerabsche:ider
5. Der Sauger könnte auch vor dem Schlußkondensator liegen. Aus dem Teerabscheider
wird das Gas zu einem oder mehreren Ammoniakväschern 6 geleitet, in denen es mit
schwacher Ammoniaklösung geskrubbert wird. Letztere wird von dein wäßrigen Kondensat
gebildet, das man in dem Kondensator 2 erhält.
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Auf seinem Webe von dem Kondensator zu. dem Wäscher 6 durchläuft dieses
Kondensat einen Kühler 7, in dem es auf etwa 15' C gekühlt wird. Von hier
wird es zu einer Kohlensäure zuführenden Einrichtung 8 übergeleitet, in der es mit
Kohlendioxydgas behandelt wird. Dieses Gas wird der Carbonisiereinrichtung bei 9
entweder als reines Gas oder in Form einer geeigneten, Kohlendioxyd enthaltenden
Gasmischung, z. B. Feuerungsgas, zugeführt. Das aus der Carbonisiereinrichtung bei
ro entweichende Gas läßt man vorteilhaft, wie .dargestellt, am Auslaß des Hauptkondensators
zu dem in Behandlung befindlichen Gas zutreten.
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Die Carbonisierbedingungen «erden derart
eingestellt,
daß der Ammoniakgehalt der zu den Ammoniakwäschern strömenden Flüssigkeit vollständig
in normales Carbonat oder vollständig in Bicarbonat oder teils in das eine und teils
in das andere übergeführt wird, wobei man freies Kohlendioxyd anwesend sein läßt
oder nicht.
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Es gibt ein älteres Verfahren, bei welchem dem animoniakalischen Kondensat
absichtlich Ammoniak zugesetzt wird, um seine Alkalinität zu erhöhen, und der Zweck
ist, das Kohlengas von H. S zu reinigen. Derngegenüber wird bei dem
neuen Verfahren bewußt die Zufügung von Ammoniak zu der Waschflüssigkeit vermieden,
und anstatt in einer Erhöhung der Alkalin.ität der Waschflüssigkeit besteht die
Erfindungsabsicht vielmehr darin, durch Auflösen von CO., aus dem zur Aufladung
mit Kohlensäure verwendeten Gase in der Waschflüssigkeit die Azidität der letzteren
zu erhöhen.
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Der Hauptvorteil, der aus dem Hauptmerkmal der Erfindung, nämlich
der vorherigen Aufladung des Gaswassers mit Kohlensäure, erwächst, besteht in folgendem.
Man vermag nunmehr eine vollständige Gewinnung von Ammoniak aus dem in Behandlung
befindlichen Kohlengas in den Wäschern durchzuführen, ohne daß es erforderlich ist,
zum Waschen des Gases zusätzlich zu dem wäßrigen Kondensat aus den ersten Kondensatoren
weiteres Wasser zu verwenden. Bisher ist es z. B. häufig notwendig gewesen, eine
Wassermenge zusätzlich anzuwenden, die etwa zwei Dritteln der Menge an verwendetem
Kondensat entsprach. So wurden anstatt etwa 68 1 auf rund i t Kohle in der `Naschanlage
etwa 113,51/t benötigt, um eine befriedigende Gewinnung von Ammoniak aus dem Gas
zu erhalten.
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Auf Grund des Verfahrensschrittes, das Gaswasser vor seiner Verwendung
in den Wäschern mit Kohlensäure aufzuladen, entfällt mithin die Notwendigkeit iiberhaupt,
Wasser zti dem Waschmittel hinzuzufügen. Das Absorptionsvermögen, welches das in
dem Wäscher benutzte erste Kondensat für Ammoniak besitzt, wird durch die A:ufladung
mit Kohlensäure so gesteigert, daß die den letzten Wäscher verlassenden Gase in
jeder Hinsicht vollständig frei von Ammoniak sind. jedenfalls sind sie so vollständig
frei von :Ammoniak, wie es bisher möglich war, sie mittels der bekannten Verwendung
zusätzlichen Wassers in den Wäschern von Ammoniak zu befreien.
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Diese Tatsache versteht man sehr gut, wenn man die folgenden zahlenmäßigen
Angaben beachtet, welche den Einfluß des C O.- Gehalts einer schwachen Ammoniakflüssigkeit
auf ihren Ammoniakdampfdruck klar erkennen lassen. Ammoniakdampfdrücke bei 2o° C
von Flüssigkeiten (Wässern), die 0,34 Gewichtsprozente an flüchtigen Ammoniak und
wechselnde Mengen an Kohlendioxyd enthalten.
Gehalt der Flüssigkeit an Ammoniakdampfdruck |
g H NI g C O_ in |
aufiooccm auf iooccm mm Hg g, ioo cbm |
0,34 0 1,7 176 |
0,34 0,13 o,9 92 |
0,34 0,44 0,:22 23 |
0,34 o,66 o,o9 9 |
0,34 =,I o,oi I |
Diese Ergebnisse zeigen, daß eine kalte, hoch mit Kohlensäure aufgeladene Flüssigkeit,
die 0,34 g flüchtiges Ammoniak auf ioo ccm enthält, ein hohes Vermögen, Ainmoniak
aus Gas auszuwaschen, besitzt, weil sie den Ammonialzgehalt des gekühlten, zu behandelnden
Gases praktisch auf Null zu verringern vermag. Nicht mit Kohlensäure aufgeladene
Flüssigkeiten haben andererseits einen verhältnismäßig hohen Ainmoniakdampfdruck
und eignen sich nur für eine einleitende Behandlung des Gases, auf welche eine weitere
Behandlung folgen muß.
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Es ist ferner allgemeine Erfahrung, daß der Ammoniakgehalt eines Gases
nicht unterhalb eines Betrages erniedrigt werden kann, welcher dem Ammoniakdampfdruckder
Flüssigkeit entspricht, mit der das Gas in Berührung ist, und daß daher die Fähigkeit
einer Flüssigkeit, Ammoniak aus dem Gase auszuwaschen, am größten ist, wenn der
Ammoniakdampfdruck der Flüssigkeit am niedrigsten ist. Nun ist der Ammonialtdampfdruck
einer ammoniakalischen Flüssigkeit abhängig von der Temperatur, dem Ammoniakgehalt
und dem Kohlensäuregehalt der Flüssigkeit. Es bereitet im praktischen Betrieb keine
Schwierigkeit, eine angemessene Flüssigkeitsmenge zu erzeugen, die einen Gehalt
an flüchtigem Ammoniak selbst unterhalb des Betrages von
0,3 Gewichtsprozent,
als
N H, berechnet, besitzt. Wird das aus dem Gas oberhalb der Temperatur
von 45° C abgeschiedene Ammoniakwasser durch die hydraulischen Vorlagen der Anlage
umlaufen gelassen, so ergibt sich, daß die Flüssigkeit die folgende Zusammensetzung
hat:
Gewichts- Normalität |
Prozente |
Flüchtiges Ammoniak . . o, i g o, i i |
Kohlendioxyd ....... o,o8 0,37 |
Schwefelwasserstoff ... o,oo6 0,0004 |
Diese Flüssigkeit enthält kaustisches Ammoniak (d. h. N H,
OH), und deshalb
hat sie, selbst wenn sie auf r8,3° C (65° F) gekühlt wird, eitlen hohen Ammoniakteildruck,
nämlich 55ä NHa auf roo cbm. Eine solche
Flüssigkeit hat eine geringe
Fähigkeit, Ammoniak aus dem Gas auszuwaschen. Ihr Auswaschungsvermögen kann jedoch
dadurch gesteigert werden, daß der CO,-Gehalt der Flüssigkeit erhöht wird, d. h.
durch Rufladung der Flüssigkeit mit Kohlensäure gemäß der vorliegenden Erfindung.
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Der Grad, bis zu welchem das Gas während der Waschbehandlung von Ammoniak
befreit wird, ist abhängig von dem Dampfdruckgleichgewicht mit Bezug auf Ammoniak,
nämlich zwischen ,der Waschflüssigkeit einerseits und dem der Waschung unterliegenden
Gas andererseits am-Gasau:slaß des Wäschers. Das Gas wird daher vorzugsweise nach
dem Gegenstromprinzip gewaschen, so daß die ungesättigte Flüssigkeit zuerst auf
Gas trifft, das nahezu vollständig von seinem Ammoniakgehalt befreit ist. Tatsächlich
hat sich übrigens die Auswirkung der Erfindung am besten gezeigt, wenn als schwach
ammoniakalische Flüssigkeit, die mit Kohlensäure aufgeladen und ' dann in den Wäschern
benutzt wird, diejenige Flüssigkeit verwendet wird, welche durch die hydraulischen
Vorsagen gegangen ist.