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Verfahren zur Abscheidung des Ammoniaks und der Benzolkohlenwasserstoffe
aus Schwefelwasserstoff, Kohlensäure und Sauerstoff enthaltenden Kohlengasen unter
Anwendung verschiedener Drucke bei der Ammoniak- bzw. Benzolgewinnung Die Abscheidung
der Benzolkohlenwasserstoffe und des Ammoniaks aus Gasen unter Druck, die schon
vielfach vorgeschlagen und versucht wurde, stößt auf große Schwierigkeiten, wenn
das Gas stark korrodierend wirkende Bestandteile, wie Schwefelwasserstoff, Sauerstoff
und Kohlensäure, enthält, wie dies beispielsweise bei Koksofengas und ähnlichen
Gasen der Fall ist.
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Die Schwierigkeiten liegen in den starken Anfressungen der Materialien
von hoher Festigkeit, wie Schmiedeeisen und Stahl, zu deren Verwendung man bei höheren
Drucken gezwungen ist. Schon bei verhältnismäßig niedrigen Drucken wirkt auch bei
geringen Gehaltsziffern Schwefelwasserstoff und Sauerstoff derart stark auf die
genannten Materialien ein, daß beispielsweise in den Rohrleitungen dicke Ablagerungen
von Eisenoxyden und Schwefel entstehen, indem sich Schwefeleisen bildet, das durch
den vorh andenenSauerstoff unter Bildung von Eisenoxyd zu Schwefel reduziert wird.
Bei hohem Druck sind wegen der höheren räumlichen Konzentration von Schwefelwasserstoff
und Sauerstoff die Anfressungen besonders in Gegenwart von Ammoniak und Kohlensäure
noch viel stärker. Auch die bekannten nicht rostenden Stahlarten sind gegen die
Einwirkungen von Schwefelverbindungen nicht genügend widerstandsfähig.
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Dagegen haben sich Gußeisen, besonders mit seiner Gußhaut, sowie Siliciumeisen
und ähnliche Legierungen von verhältnismäßig hoher Beständigkeit erwiesen; ihrer
Anwendung für Hochdruckeinrichtungen steht jedoch ihre bekannte geringe Festigkeit
entgegen, die ihre Verwendung bei einigermaßen größeren Leitungs- und Apparateabmessungen
ausschließt.
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Anderseits ist die Anwendung höherer Drucke von etwa So Atm. und mehr
zu einer einigermaßen vollständigen Abscheidung der Benzolkohlenwasserstoffe nicht
zu umgehen, besonders zur Gewinnung der hochwertigen niedrig siedenden Fraktionen.
Man hat nun schon versucht, wie das Patent 66 644 zeigt, Benzol aus Gasen durch
Kompression bei Lufttemperatur, also nicht bei erhöhter Temperatur, abzuscheiden.
Es handelt sich hier um ein Verfahren zur Abscheidung von Benzol durch Kompression
und darauffolgende Expansion, wobei mit verhältnismäßig niedrigen Temperaturen gearbeitet
wird.
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Aber auch diesem Verfahren hafteten die
erwähnten
Schwierigkeiten und Nachteile an, wobei zu beachten ist, daß die Abscheidung des
Benzols bzw. der einzelnen Bestandteile keine vollständige war.
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Diese Schwierigkeiten werden durch das neue Verfahren gemäß der vorliegenden
Erfindung vermieden.
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Dieses Verfahren zur Abscheidung des Ammoniaks und Benzolkohlenwasserstoffe
aus Schwefelwasserstoff, Kohlensäure und Wasserstoff enthaltenden Kohlengasen besteht
gemäß der Erfindung darin, daß die Abscheidung der stark korrodierend wirkenden
Bestandteile, nämlich Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Kohlensäure, in aus chemisch
widerstandsfähigem Material hergestellten Apparatenteilen von geringerer mechanischer
Festigkeit bei niedrigem Druck erfolgt, worauf die unter höherem Druck zu bewirkende
Abtrennung der Benzolkohlenwasserstoffe in Apparatenteilen zwar von geringerer chemischer,
aber höherer mechanischer Widerstandsfähigkeit vorgenommen wird.
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Wesentlich für den Schutzumfang der Erfindung ist die Benutzung einer
Gesamtanlage, welche entsprechend dem Vorgesagten aus zwei Teilen besteht, die je
aus verschiedene Eigenschaften aufweisendem Baumaterial hergestellt sind und von
den zu verarbeitenden Gasen in einem Fabrikationszug durchströmt werden.
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Es werden also die stark korrodierend wirkenden Gasbestandteile, in
erster Linie Schwefelwasserstoff und Kohlensäure, zweckmäßig mit Ammoniak zusammen
bei verhältnismäßig niedrigen Drucken, für welche die Festigkeit von Gußeisen, Siliciumeisen
u. dgl. genügt, aus dem Gas entfernt, während die Abscheidung der Benzolkohlenwasserstoffe
bei hohem Druck vorgenommen wird, wofür dann Materialien von verhältnismäßig geringer
chemischer Widerstandsfähigkeit, aber hoher Festigkeit, wie Stahl u. dgl., verwendet
werden.
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Um dabei eine vorzeitige Abscheidung von Benzolkohlenwasserstoffen
zu verhüten, die bei gewöhnlicher Temperatur, beispielsweise hei dem üblichen Benzolgehalt
des Koksofengases, schon bei verhältnismäßig niedrigen Drucken anfangen auszufallen,
wird nach der vorliegenden Erfindung die Abscheidung des Ammoniaks und der stark
korrodierend wirkenden Gasbestandteile bei erhöhter Temperatur vorgenommen, die
so gewählt wird, daß bei dem zugehörigen Druck das Gas noch nicht an Benzolkohlenwasserstoffen
gesättigt ist, ohne die Erzielung einer genügend hohen Ammoniakkonzentration und
den Betrieb des Kompressors zu erschweren oder zu hindern.
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Sodann wird im weiteren Gang des Verfahrens in bekannter Weise zur
Abscheidung der Benzolkohlenwasserstoffe bei höherem Druck und zweckmäßig bei weiter
erhöhter Temperatur gearbeitet, um eine vorzeitige Benzolabscheidung im Kompressor
oder in den Leitungen zu verhüten, worauf das Gas ungefähr auf gewöhnliche Temperatur
abgekühlt wird, wobei die Benzolkohlenwasserstoffe fast vollständig ausfallen. Dabei
kann die Einrichtung so getroffen werden, daß die Gaskühlung durch verschiedene
Temperaturstufen herab erfolgt, wodurch die einzelnen Fraktionen der Benzolkohlenwasserstoffe
getrennt ausgeschieden und gewonnen werden. Der Rest an Benzolkohlenwasserstoffen
kann ebenfalls nach bekannter Methode durch ein geeignetes Absorptionsmittel, wie
Benzolwaschöl, oder in sonst zweckmäßiger Weise aufgenommen werden.
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In der beiliegenden Zeichnung ist ein schematisches Ausführungsbeispiel
einer für die Durchführung des neuen Verfahrens geeigneten Einrichtung, etwa passend
für die Verhältnisse des üblichen Koksofengases, dargestellt.
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Das Gas wird nach seiner Entleerung und Kühlung in dem mehrstufigen
Kompressor i etwa in der zweiten Stufe auf ungefähr 2o Atm. verdichtet und geht
von da nach den Wäschern 2, 3 und q., in der die stark korrodierend wirkendenBestandteile,
wie Schwefelwasserstoff, Ammoniak und Kohlensäure, ausgewaschen werden. Die Auswaschung
kann in verschiedener Weise geschehen. Wäscher. kann z. B. mit reinem Wasser beschickt
werden, das im Gegenstrom nacheinander durch die Wäscher 3 und 2 wandert; die Wäscher
3 und .4 entleeren zu diesem Zweck in die zugehörigen Sammelgefäße 6 und 7, so daß
von Sammelgefäß ;7 aus der Wäscher 3 und von Sammelgefäß 6 aus der Wäscher 2 beschickt
werden. Sammelgefäß 5 nimmt die fertige Waschlauge auf, die in Form einer hochkonzentrierten
Ammoniaklösung anfällt.
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Dabei wird je nach dem Verhältnis, in dem Ammoniak, Schwefelwasserstoff
und Kohlensäure im Gas enthalten sind, Kohlensäure und Schwefelwasserstoff ganz
oder teilweise in Form von Ammoncarbonaten und Ammonsulfid gebunden. Ein Überschuß
an Kohlensäure und Schwefelwasserstoff kann in weiteren Wäschern, die in der Zeichnung
nicht dargestellt sind und ähnlich den Wäschern 2, 3 und 4. arbeiten, mit reinem
Wasser oder einem anderen geeigneten Absorptionsmittel aufgenommen werden. Als solches
wird z. B. zweckmäßig die in Wäscher :2 anfallende konzentrierte Ammoniaklauge,
nachdem sie von ihrem Gehalt an Schwefelwasserstoff und Kohlensäure befreit ist,
verwendet. Hierzu wird die Lauge durch eine der bekannten Entsäuerungskolonnen geführt,
die in der Zeichnung
nicht dargestellt ist, wobei Schwefelwasserstoff
und Kohlensäure ausgetrieben werden, worauf die entsäuerte Ammoniaklösung wieder
den Kohlensäure- und Schwefelwasserstoffwäschern zufließt. Dieses Verfahren kann
nach Bedarf, je nach dem Gehalt des Gases an Kohlensäure und Schwefelwasserstoff
im Verhältnis zum Ammoniakgehalt, wiederholt werden.
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Jedenfalls gelingt es nach diesem Verfahren, diese Bestandteile vollständig
aus dem Gas zu entfernen, so daß dasselbe beim Austritt aus dem letzter. Wäscher
dieses Abschnitts stark korrodierend wirkende Bestandteile nicht mehr enthält. Dieser
Abschnitt ist aus chemisch widerstandsfähigem Material von verhältnismäßig geringer
Festigkeit, wie z. B. Gußeisen, Siliciumeisen, ausgeführt und wird zur Vermeidung
vorzeitiger Benzolausscheidungen auf etwa 4.o° gehalten. Diese Temperatur genügt
im allgemeinen für den beabsichtigten Zweck und bildet auch für die weitere Kompression
des Gases kein Hindernis. Zur Warmhaltung kann die Kompressionswärme des Gases verwendet
werden. Man kann dazu das Gas ungekühlt aus der betreffenden Druckstufe in die Wäscher
eintreten lassen oder dieselben in sonst geeigneter Weise warmhalten.
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Die Abscheidung der Benzolkohlenwasserstoffe wird zweckmäßig in der
folgenden Druckstufe bei etwa 8o Atm. vorgenommen; um dabei eine vorzeitige Benzolabscheidung
in dieser Kompressorstufe 8 und in der Leitung 9 zu verhindern; werden diese auf
etwa i5o° gehalten. Mit dieser Temperatur tritt das Gas in den Benzolabscheider
io und wird hier auf ungefähr Lufttemperatur abgekühlt, wobei fast die gesamten
Benzolkohlenwasserstoffe ausfallen. Dabei wird zweckmäßig in mehreren Stufen- i
i, T z und 13 derart gekühlt, daß in der Stufe i i die höchst siedenden Bestandteile,
in der Stufe 12 die Bestandteile mit mittlerem Siedepunkt und in Stufe 13 die leichtsiedenden
Fraktionen ausfallen. '`lach Bedarf kann die Fraktionierung auch noch weitergetrieben
werden. Die Fraktionen werden in die Sammelgefäße 14, i 5 und 16 abgelassen.
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Hinter dem Benzolabscheider io tritt das Gas in den Wäscher 18, wo
der nicht abgeschiedene Rest an Benzolkohlenwasserstoffen mittels Waschöl oder einem
anderen geeigneten Absorptionsmittel ausgewaschen wird. Das mit Benzol angereicherte
Waschöl sammelt sich im Gefäß 18, geht von dort über eine der bekannten Abtreibkolonnen,
die in der Zeichnung nicht weiter dargestellt sind, um sodann zum Wäscher zu kehren.
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Der Abschnitt der Einrichtung hinter der Druckstufe, in der die Abscheidung
stark korrodierend wirkender Gasbestandteile stattfindet, wird in Materialien von
verhältnismäßig geringer chemischer Widerstandsfähigkeit, aber hoher Festigkeit,
wie Schmiedeeisen, Stahl o. dgl., ausgeführt, so daß in der Höhe der angewandten
Drucke praktisch keine Grenze besteht.
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Das Verfahren bleibt grundsätzlich das gleiche, wenn es sich um die
Verarbeitung von Gasen mit benzinähnlichen Kohlenwasserstoffen handelt, wie sie
z. B. bei der Tieftemperaturv erkokung anfallen, und wird, wie man leicht übersieht,
auch nicht dadurch wesentlich geändert, wenn diese Gase keine oder nur unwesentliche
Mengen Ammoniak enthalten.
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Die hohe technische und wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens besteht
darin, daß es auf einfache «reise und mit technisch in Frage kommenden Materialien
gestattet, aus Gasen mit stark korrodierend wirkenden Bestandteilen Ammoniak und
Benzolkohlenwasserstoffe getrennt unter Druck abzuscheiden; das Ammoniak wird hierbei
in Form einer hochkonzentrierten Lauge von hohem wirtschaftlichem Verarl:eitungswert
erhalten, während die Benzolkohlenwasserstoffe fast vollständig in unverdünnter
Form und nach Bedarf in einzelne Fraktionen getrennt gewonnen werden.