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Verfahren zur Entfernung von sauren Bestandteilen, wie Cyanwasserstoff,
Stickoxyd und Schwefelwasserstoff, aus Kohlendestillationsgasen Der Gegenstand der
Erfindung ist ein Verfahren zur Entfernung von sauren Bestandteilen, wie Cyanwasserstoff,
Stickoxyd und Schwefelwasserstoff, aus Kohlendestillationsgasen mittels eisenoxydhaltiger
Massen.
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Es ist an sich bekannt, daß inan die in rohen Kohlendestillationsgasen
enthaltenen Bestandteile an Cyanwasserstoff und Schwefelwasserstoff mittels eisenoxydhaltiger
Massen entfernen kann. Man geht dabei in der Regel so vor, daß das aus dem Ofen
abziehende heiße Destillationsgas zunächst gekühlt und von Wasserdampf und teerigen
Bestandteilen möglichst weitgehend befreit wird. Dabei wird auch das Ammoniak teilweise
abgeschieden, das im rohen Gas vorhanden ist. Ein Drittel bis zur Hälfte des Ammoniaks
verbleibt jedoch noch im Gas, und dieser Rest wird dann mit Wasser oder sonstwie
ausgewaschen.
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Das dann weiter aufzubereitende Betriebsgas, das nach einer derartigen
Vorbehandlung noch 5 bis zo g NH3/roo m3 enthält, wird nunmehr von Cyanwasserstoff
und Schwefelwasserstoff gereinigt, indem man es durch eine eisenoxydhaltige Masse
leitet. Die Masse ist für gewöhnlich in Behältern untergebracht, die sich je nach
Bedarf verschiedenartig hintereinander und in einzelnen Serien schalten lassen.
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Um die Reinigungsmasse möglichst weitgehend auszuwerten und mit Schwefel
anzureichern, wurde sie früher an der Luft ausgebreitet; dabei wurde das sulfidische
Eisen in das oxydische Eisen zurückverwandelt und der Schwefel in molekularer Form
in der Masse
ausgeschieden. Die Masse war dann von neuem für H2
S aufnahmefähig.
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Seit der Jahrhundertwende etwa ging man dann dazu über, dem Gas vor-der
Trockenreinigung, wie man diesen Teil der Aufbereitung des Gases zu bezeichnen pflegt,
Luft zuzusetzen, um das sich bildende Eisensulfid, Fe, S, bzw. Fe S, in den Reinigerkästen
selbst zu regenerieren. Diese Betriebsweise ermöglicht es, die Massen in der Regel
in einem Zuge bis zu 5o bis 6o°/, mit Schwefel anzureichern und sich die häufige
Beschickung und Entleerung der Reiniger zu ersparen.
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Trotz des schon weit vorgeschrittenen Standes der Technik sowohl in
verfahrensmäßiger als auch apparativer Hinsicht ist die Trockenreinigung aber noch
mit Mängeln behaftet, die zu beseitigen bisher noch nicht gelungen ist. Ein schwerwiegender
nachteiliger Umstand ist der, daß die Aufnahme des Schwefelwasserstoffes durch die
Masse verhältnismäßig träge vonstatten geht und daß infolgedessen die Strömungsgeschwindigkeit
des Gases durch die Masse, 5 mm in der Sekunde, nicht oder nur vorübergehend überschritten
werden darf, auch dann nicht, wenn ein Luftzusatz erfolgte und die Regeneration
laufend in situ, d. h. in den Reinigerbehältern selbst, durchgeführt wird. Diese
letztere heute fast allgemein bevorzugte Betriebsweise brachte jedoch andererseits
den schwerwiegenden Nachteil mit sich, daß das Gas nach der Reinigung sauerstoffhaltig
ist, da der beigemischte Luftsauerstoff sich nicht vollständig für die Regeneration
auswerten läßt. Sie hat ferner den Nachteil, daß das Stickoxyd, das bekanntlich
in. geringer Menge im Kohlendestillationsgas zugegen ist, von der teilweise oxydischen
Masse nur unvollständig aufgenommen wird. Dieses Stickoxyd bildet dann mit organischen
Bestandteilen des Gases klebrige Substanzen, die sich mit Vorliebe in den Ventilen
von Druckreglern und Gasmessern absetzen und die Fortleitung und Verteilung des
Gases gefährden. Auch erzielt man bei Luftzusatz eine weniger wertvolle ausgebrauchte
Masse, da in ihr das Cyan vorwiegend als Rhodan und nicht als wertvolles Ferrocyan
vorhanden ist.
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Ferner ist aus der Patentschrift 589 713 bekannt, die Trockenreinigung
in zwei Stufen durchzuführen, wobei in der zweiten Stufe unter Luftzufuhr gearbeitet
wird. Hierdurch wird erzielt, daß in der ersten Stufe eine größere Anreicherung
an Cyanverbindungen erfolgt.
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Erfindungsgemäß wird dieses zweistufige Verfahren in der Weise durchgeführt,
daß die der Reinigung zu unterwerfenden Gase lediglich von Teer befreit werden und
mindestens etwa 50 g Ammoniak je ioo cbm Gas enthalten. Durch diesen hohen
Ammoniakgehalt wird eine selektive und quantitative Entfernung des Cyanwasserstoffes
und Stickoxydes in der ersten Stufe erreicht.
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Wie aus der schematischen Zeichnung ersichtlich, durchströmt es zu
diesem Zweck zunächst den Reiniger i, der mit Reinigungsmasse von möglichst gleichförmiger
Beschaffenheit und Durchlässigkeit beladen ist. Infolge des hohen NH,- Gehaltes
des Gases nimmt die Masse begieriger den Schwefelwasserstoff auf, als wenn das Gas
kein NH3 oder nur Spuren (5 9/10o m3) enthält, wie es bisher der Fall ist. Der Durchbruch
von Schwefelwasserstoff durch den Reiniger i erfolgt infolgedessen erst dann, wenn
das oxydische Eisen der Masse praktisch vollständig in das betreffende Sulfid übergegangen
ist. Dank des hohen NH,7 Gehaltes des Gases und infolge der restlosen Sulfidierung
der Masse ist diese dann ganz besonders befähigt, den Cyanwasserstoff in sich aufzunehmen.
Das sulfidische Eisen wird dabei unter Mitwirkung des reichlich im Gas vorhandenen
Ammoniaks praktisch vollkommen für die Bildung von Ammoniumferrocyanid und sonstiger
komplexer Ferrocyanverbindungen ausgewertet und die Absorption und Bindung des Cyanwasserstoffs
geht also vornehmlich nach folgender Umsetzungsgleichung vor sich FeS -f- 4NH3 -r--
6H(CN) = (NH4)4Fe(CN)e -E- H,S. Es wird demnach dem Gas in dem Reiniger i so viel
Ammoniak entzogen, wie zur Überführung des sulfidischen Eisens in Ammoniumferrocyanide
erforderlich ist. Die Masse reichert sich infolgedessen sehr stark mit Ferrocyanid
an, gibt aber dafür den vorher aufgenommenen Schwefelwasserstoff wieder an das Gas
ab, das dann, frei von Cyanwasserstoff, die übrige Apparatur der Reinigung durchströmt.
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Auf seinem .Wege zum Reiniger 2 durchstreicht es zunächst einen Vorwärmer,
in welchem es indirekt erwärmt wird, nachdem ihm vorher Luft beigemischt wurde.
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Um- den beigemischten Luftsauerstoff restlos für die Regenerierung
der Masse auszuwerten, wird das vorher entcyanisierte Gas-auf etwa q.o bis 50° erwärmt.
Durch diese zusätzliche Beheizung wird erreicht, daß der -Luftsauerstoff in dem
Reiniger 2 mit dem dort schon vorhandenen bzw. intermediär entstehenden Fe S in
Reaktion gebracht wird. Der nachgeschaltete Fe S-haltige Reiniger 3 dient somit
nur noch als Schlußreiniger und hat in der Hauptsache geringe Mengen Sauerstoff
zu beseitigen, die nach vorgeschrittener Anreicherung von Schwefel in der Masse
des Reinigers 2 im Gas verbleiben.
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Nach erfolgter Sulfidierung der Masse wird in dem Reiniger i ausschließlich
der Cyanwasserstoff und nebenher auch das Stickoxyd des Gases entfernt, in dem zweiten
Reiniger dagegen der Schwefelwasserstoff, indem die Masse hier bei entsprechender
Dosierung der Luft zur Hauptsache als Kontaktsubstanz fungiert und die Oxydation
des H2 S nach der Gleichung 2H2S+Oz=2HZ0+2S bewirkt. In dem Reiniger 3 wird dann
lediglich der im Reiniger 2 nicht verbrauchte Luftsauerstoff nach der Umsetzungsgleichung
2FeS+02=2Fe0+2S beseitigt.
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Wenn auch die neuartige Betriebsweise der Trockenreinigung auf an
sich bekannten chemischen Umsetzungen beruht, so wird die Entschwefelung beispielsweise
nicht dadurch beeinträchtigt, daß ein Teil des Eisens der Mässe, und zwar der besonders
aktive Anteil, für die Bildung von Ferrocyanid und Rhodanid beansprucht wird. Es
resultieren deshalb, wie schon
gesagt, im vorliegenden Falle zwei
ganz verschiedenartige ausgebrauchte Massen. Die ausschließlich den Schwefel enthaltende
Masse wird zweckmäßig mit Schwefelkohlenstoff extrahiert und dann von neuem eingesetzt,
_ und die andere, ferrocyanidhaltige Masse auf handelsübliche Ferrocyansalze oder
-Berliner Blau verarbeitet.
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Infolge des Wiedereinsatzes der entschwefelten Reinigungsmasse nach
ihrer Extraktion ist der eigentliche Verschleiß-von Masse bei der erfindungsgemäßen
Betriebsweise geringer. Auch ist infolge der gesteigerten Reaktionsfähigkeit der
Masse sowohl für Cyanwasserstoff als auch Schwefelwasserstoff und Sauerstoff die
einzusetzende Menge in der Trockenreinigung ebenfalls geringer. Zur Reinigung der
beispielsweise genannten Tagesproduktion von Zoo ooo m3 Stadtgas sind nicht mehr
wie bisher iooo m3, sondern weniger als 250 m3 Reinigungsmasse erforderlich.
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Es hat sich ferner gezeigt, daß man die Masse bei der erfindungsgemäßen
Betriebsweise zweckmäßig nicht mit einem zu hohen Wassergehalt verwendet, und daß
man sie durch Siebung oder sonstwie auf eine bestimmte Korngröße bringt, die eine
gleichmäßige Durchlässigkeit gewährleistet. Die Strömungsgeschwindigkeit des Gases
durch die Masse ist bei der erfindungsgemäßen Betriebsweise dank der gesteigerten
Reaktionsfähigkeit wesentlich höherundbeträgt bis zu 15 bis 2o mm in der Sekunde.
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Um den Gasdurchgang des Gases durch die Masse zu erleichtern, hat
es sich ferner als vorteilhaft erwiesen, derselben poröse Stoffe, wie Sägemehl,
. Kieselgur u. dgl., beizumischen und diese auch auf eine bestimmte Korngröße wie
die Masse selbst zu bringen:: Enthält die einzusetzende Masse mehr als io bis 20
°/o Wasser, so hat es sich als vorteilhaft erwiesen, das zu reinigende ammoniakhaltige
Destillationsgas schon von vornherein etwas über seinen Taupunkt zu erwärmen.
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Wie die folgenden Umsetzungsgleichungen Fee 03 -I- 3 H, S =
Fez S3 -f- 3 H,0 und Fe 0 -f- H, S = Fe S -f- 1120, nach denen der Entzug
von H2 S aus dem Gas erfolgt, erkennen lassen, entsteht bei dem Reinigungsprozeß
Wasser. Durch die vorherige und die weitere Erwärmung nach dem ersten Reiniger wird
gleichzeitig bewirkt, daß sowohl das in der Masse enthaltene Wasser als auch das
zusätzlich entstehende mit dem Gas fortgeführt wird.
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Hat das Destillationsgas nach Austritt aus dem Pelouze-Teerabscheider
eine Temperatur von 2o°, so wird es z. B. auf etwa 30° vor Eintritt in den Reiniger
i erwärmt und nach Austritt aus diesem dann weiter auf 5o°, damit im Reiniger 2
eine Wasserdampfkondensation vermieden wird und um zu bewirken, daß die Oxydation
des H, S mit der erforderlichen Geschwindigkeit vor sich geht.
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Ferner hat sich als zweckmäßig erwiesen, etwaige Wasserdampfkondensate
aus den Reinigern abzuführen, wie es z. B. aus der Zeichnung ersichtlich ist.
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Enthält das zu reinigende Destillationsgas sehr viel Schwefelwasserstoff,
und zwar mehr als etwa goo g in ioo m3, so hat es sich als vorteilhaft erwiesen,
die Oxydation des H2 S stufenweise in mehreren Reinigern vorzunehmen und den erforderlichen
Luftzusatz auf die einzelnen Stufen zu verteilen.
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Bekanntlich verläuft die partielle HZ S-Oxydation zu molekularem Schwefel
und Wasser stark exotherm. Es hat sich infolgedessen als notwendig und zweckmäßig
erwiesen, bei höherem Gehalt an Hz S das Gas nach den einzelnen Oxydationsstufen
zu kühlen und einen Temperaturanstieg des Gases auf über 7o bis ioo° auf diese Weise
zu vermeiden.
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Die Kühlung wird in solchen Fällen vorzugsweise indirekt vorgenommen.
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Es ist zwar bekannt, daß ein Ammoniakgehalt der Gase von etwa 3o bis
5o g und mehr je ioo m3 Gas die Entfernung der Cyanverbindungen begünstigt. Indessen
war es nicht ohne weiteres anzunehmen, daß ein Ammoniakgehalt von mindestens 25o
g je ioo m3 Gas eine selektive Abtrennung der Cyanverbindungen in der ersten Stufe
ermöglichen würde. Ausführungsbeispiele Beispiel i Ein Kohlendestillationsgas, das
nach der Teerabscheidung _ im Mittel etwa 330 g NH3, 850 g H2 S, 26o
g HCN und 75 cm3 NO in ioo m3 enthält, wird durch eine Reinigungsanlage geleitet,
wie sie die Zeichnung schematisch darstellt. . Die eisenoxydhaltige Masse in den
drei hintereinandergeschalteten Rejnigern wird zunächst ohne Luftzusatz und ohne
Beheizung des Gases zwischen dem ersten und zweiten :Reiniger bis zur Erschöpfung
sulfidiert, d. h. bis im austretenden Gas die ersten Spuren H, S mit Bleiacetatpapier
nachgewiesen werden können. Während dieses Vorgangs ist die Temperatur des Gases
am Ausgang der Reinigeranlage gegenüber der am Eingang nur wenig höher und beträgt
etwa 25°. Der Cyanwasserstoff und das Stickoxyd wird dabei praktisch vollständig
in dem Reiniger i entfernt, in welchem das Gas auch einen Teil seines Ammöniaks,
im Mittel etwa 5o g/ioo m3, zur Bildung von Ferrocyaniden abgibt.
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Nach erfolgter Sättigung der Masse mit Schwefelwasserstoff wird das
Gas nach dem Reiniger i mit etwa 2 bis 3 Volumprozent Luft vermischt und in dem
Vorwärmer auf etwa 50° erwärmt. Durch die freiwerdende Reaktionswärme erwärmt es
sich indennachfolgenden Reinigern dann weiter auf etwa 7o° und verläßt mit -dieser
Temperatur die Reinigungsanlage.
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Die Reinigungsrrlasse wird nach vollständiger Erschöpfung gegen frische
bzw. extrahierte Masse ausgewechselt. Das gereinigte Gas wird als Stadtgas verwertet,
nachdem es gekühlt und nachdem ihm zuvor das noch darin enthaltene Ammoniak undgewünschtenfalls
auch sonstige Wertbestandteile, wie Benzol usw., entzogen worden sind. Beispiel
2 Ein Kohlendestillationsgas gleicher Zusammensetzung und Beschaffenheit wie das
nach Beispiel i wird vor Eintritt in den Reiniger i um io°, z. B. von 2o° auf 30°,
und nach Verlassen des ersten Reinigers
und Zusatz von Luft dann
auf 5o° erwärmt. Danach wird es gemäß Beispiel 1 weiterbehandelt.
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Beispiel 3 Ein Kohlendestillationsgas, das etwa 25o g NH3, Z2oo g
H2S, Z8o g HCN und 40 cm3 NO in ioo m3 enthält, wird gemäß Beispiel Z oder 2 in
dem ersten Reiniger zunächst von Cyanwasserstoff gereinigt, dann mit 1,5 Volumprozent
Luft vermischt und auf 5o° erwärmt. Es durchstreicht danach einen zweiten Eisenoxydreiniger,
den es dann mit einer Temperatur vc:3 8o° verläßt. Das Gas wird danach auf 4o bis
50° indirekt in einem Kühler mit Wasser gekühlt. Das partiell entschwefelte Gas
wird dann weiter mit 1,5 Volumprozent Luft vermischt und durch einen dritten Eisenoxydreiniger
geleitet. In diesem Reiniger erfolgt die Oxydation des restlichen H2 S zu S. Die
Temperatur des Gases steigt in dieser zweiten Stufe nochmals auf etwa 6o bis 7o°.
Mit dieser Temperatur durchstreicht das dann vollständig entschwefelte Gas den FeS-haltigen
Schlußreiniger, in welchem gemäß Beispiel 1 und 2 der im Überschuß zugesetzte und
deshalb nicht in Reaktion getretene Sauerstoff entfernt wird und wonach das Endgas
dann mit bekannten Hilfsmitteln weiter aufbereitet wird, um als Stadtgas Verwendung
zu finden.