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Verfahren zum Stabilisieren von Mischpolymerisaten aus trocknenden
Ölen und Vinyl- und bzw. oder Acrylverbindungen Die Mischpolymerisate aus trocknenden
ölen und Vinyl- und bzw. oder Acrylverbindungen sind sauerstoffempfindlich und wenig
lagerbeständig, wodurch nicht nur die praktische Verwendung der aus ihnen hergestellten
Erzeugnisse, sondern auch ihre Herstellung selbst sowie ihre Verarbeitung auf gebrauchsfertige
Erzeugnisse und insbesondere auch ihre Isolierung in mehr oder weniger lösungsmittelfreiem
Zustande sehr erschwert wird, Die Herstellung der genannten Mischpolymerisate führt
meist nur bei Anwendung eines großen Überschusses der Vinylverbindung, z. B. Vinylacetat,
Acrylsäureester usw., zu einem befriedigenden Erfolg. Die nicht umgesetzte Vinylverbindung
muß unbedingt restlos entfernt werden. Bei ihrer Abdestillation entstanden jedoch
nach dem bisherigen Stande der Technik Produkte, die entweder von vornherein durch
teilweise Urlöslichkeit in gebräuchlichen Lacklösungsmitteln unbrauchbar waren.
oder selbst in Berührung mit wenig Luft sich in so kurzer Zeit in diesem Sinne veränderten,
daß eine technische Verwendung schon aus diesem Grunde und im übrigen auch wegen
sonstiger ungünstiger Veränderungen nicht in Betracht kam. Dieshalb war man bisher
darauf angewiesen, die unveränderte Vinylv erbindung durch Dämpfe eines Lösungsmittels
von höherem Siedepunkte abzutreiben. Infolgedessen schieden gerade die wichtigsten
Lacklösungsmittel, wie Aceton, Spiritus, Essigester usw., aus. Man konnte vielmehr
nur Lösungen der Mischpolymerisate in hochsiedenden Lösungsmitteln gewinnen und
war `hinsichtlich deren Höchstkonzentration an die Grenzen gebunden, die sich bei
der Abtreibung der überschüssigen Vinylverbindung mit den Lösungsmitteldämpfen ergaben.
Noch dazu mußte das abgetriebene Gemisch von Lösungsmittel und Vinylverbindung zwecks
Rückgewinnung rektifiziert werden. Dabei trat in vielen Fällen Polymerisation der
Vinylverbindung in unerwünschter Form ein. Die Arbeitsweise war also umständlich,
unsicher und mit großen Verlusten belastet. Außerdem konnten nach: den bisherigen
Verfahren Lösungen der P@o@ymerisate nur in einer beschränkten Zahl. von Lösungsmitteln
hergestellt werden, und diese Lösungen neigten in vielen Fällen zum Gelatinieren
bei längerem Stehen. Die Herstellung brauchbarer Polymerisate dieser Art in mehr
oder
weniger lösungsmittelfreiem Zustande oder auch nur in den für viele Verwendungsz%vecke
erwünschten hohen Konz.entrationeji , war unmöglich.
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Es wurde nun gefunden, daß man alle diese Schwierigkeiten und Mängel
überwinden kann, wenn man dem Rähpolymerisat bz«-. dessen Lösung in der überschüssigen
Vinylverbindung geringe Mengen Antioxydationsmittel zusetzt. Hierdurch werden die
Katalysatorreste sogleich völlig paralysiert und zugleich die Doppelbindungen ihrer
besonderen Empfindlichkeit gegen Sauerstoff beraubt. Es hat sich nämlich gezeigt,
daß bei geeigneter Dosierung der Antioxydantien die wertvollen Eigenschaften der
Polymerisate keine Einbuße erleiden und insbesondere überraschenderweise die Fähigkeit,
oxydativ zu trocknen, keineswegs verlorengeht, sondern sogar gerade durch die Art
und Größe des Antioxydanszusatzes die Trockenzeit weitgehend wunschgemäß beeinflußt
werden kann. Ferner ist @es überraschend, daß die Wirkung von nachträg. lich zugesetzten
Sikkativen durch die Anwesenheit von Antioxydantien nicht beeinträchtigt wird.
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Als Antioxy dantien kommen alle Stoffe in Betracht, die das Aufnahmevermögen
für Sauerstoff abschwächen, insbesondere Entwick1.ersubstanzen. wie Hy drochinon,
Naphthylamin, Brenzkatechin, Pyrogallol, Hydrazinhydrat, Glyzine, Diaminophenole,
p-Methylaminophenolsulfat und Substitutionsprodukte, Derivate oder Salze solcher
Körper, sowie Stoffe mit ähnlicher Wirkung, beispielsweise Oxalate, Formiate usw.
Gegebenenfalls können auch anorganische Entwickler -substanzen, wie beispielsweise
Sulfite, Hydrosulfite u. dgl.. herangezogen werden. Interessant ist, daß auch Permanganate
in dieser Richtung wirken. Im allgemeinen setzt man dem Reaktionsgemisch nach Abschluß
der Polymerisation 0,5 bis 2,o0/00 Antioxydans, berechnet auf den im Reaktionsgemisch
@enthaltenen Festkörper, zu. Um mit möglichst wenig Antioxydans auszukommen, verfährt
man dabei vorteilhaft so, daß man zunächst nur einen Teil, beispielsweise ein Drittel
des Reaktionsgemisches, mit der insgesamt vorgesehenen Menge des Antioxydans versetzt,
mit der Abdestillation der nicht umgesetzten Vinylverbincaung beginnt und den Rest
des Reaktionsgemisches erst während der Destillation in dem Maße zulaufen läßt,
daß die Konzentration des Antioxydans dauernd verhältnismäßig hoch bleibt. Die Destillation
kann dabei ohne Schädigung des Produktes bei gewöhnlichem Druck ausgeführt und bis
zu Temperaturen von ungefähr 200° getrieben werden. Man erhält auf diese Weis° lag,-rbeständige,
von monomerer ungesättigter Verbindung freie Polymerisate, die in Lösungsmitteln
aller Art zu jeder beliebigen Konzentration aufgelöst werden können und dabei qllig
lagerbeständige Lösungen ergeben. Gegdbenenfalls kann die Ausscheidung des polymeren
Produktes aus dem- mit einem Antioxydans versetzten Reaktionsgemisch auch ganz oder
teilweise durch Ausfällung mit einem den hochmolekularen Anteil nicht oder schwer
lösenden Stoffe bewirkt «-erden, wenn man nur dafür Sorge trägt, daß dem Polymerisat
eine hinreichende Menge eines Antioxydans beigemengt bleibt. Das Verfahren des Patents
6o9 i60 kann hierbei zweckmäßig Verwendung finden.
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Beispiel i Von einem nach der Patentschrift 5a.8 15 t hergestellten
Rohpolymerisat aus 2o Gewichtsteilen Leinölstandöl und i80 Gewichtsteilen Vinylacetat,
das einen Festgehalt von 2o'0 o besaß, wurden zunächst 60 Gewichtsteile mit
o., i Gewichtsteilen Hydrochinon versetzt. Hierauf @- urde mit dem Abdestillieren
des unveränderten Vinylacetats begonnen und während der Destillation der Rest des
Rohpolymerzsats mit solcher Geschwindigkeit zulaufen gelassen, daß die Füllung der
Destillierblasen ständig weniger als 6o Gewichtsteile betrug. Die Destillation wurde
schließlich bis zur quantitativen Abtreibung des Vinylacetats fortgesetzt. Der Festkörper
bestand aus 2o Teilen Polyvinylbestandteil und 2o Teilen Ülkomponente. Er bildet
nach dem Erkalten eine zähe fadenziehende Masse von so ausgezeichneter Lagerbeständigkeit,
daß selbst bei dauernder Berührung mit Luft erst nach Langer Zeit eine geringfügige
Hautbildung eintritt. Dank der erreichten Stabilität dieser und ähnlicher Erzeugnisse
läßt sich nunmehr ihre dauernde Plastizität im Verein mit ihren anderen vorteilhaften
Eigenschaften für Spezialzwecke verschiedener Art, beispielsweise für die Umhüllung
von Kabeln u. dgl., verwerten. Das neue Erzeugnis läßt sich in den meisten Lösungsmitteln
spielend bis zu jeder beliebigen Konzentration auflösen, und die erhaltenen Lösungen
sind praktisch unbeschränkt haltbar und als Lacke u. dgl. ausgezeichnet verwendbar.
Ihr oxydatives Trocknen kann in normaler Weise durch Zusatz von Sikkativen beschleunigt
werden.
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Beispiel 2 Ein Rohpol.ymerisat aus ¢o Teilen chinesischem Holzölstandöl,
i io Teilen Acryl säureäthylester und 5o Teilen Vinylaoetat mit einem Festgehalt
von 5o% wurde unter Zusatz von o,3 Teilen Hydrazinhydrat, bezogen auf den Festgehalt,
in der in Beispiel i beschriebenen Weise von den überschüssigen monomeren
Vinylverbindungen
vollständig befreit. Das Produkt ist ausgezeichnet haltbar und eignet sieh: hervorragend
für Lackkombinationen.
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Beispiel 3 Ein Rohpolymerisat aus 5 Teilen Holzölstandöl, 15 Teilen
Leinölstandöl, i 4o Teilen Vinylacetat und q.o Teilen Vinylbenzol mit einem Festgehalt
von 2o% wird nach Zusatz von o,o5 Teilen Naphthylamin, bezogen auf den Festgehalt,
von den nicht umgesetzten Vinylverbindungen in der im Beispiel i beschriebenen Weise,
gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von vermindertem Druck, befreit. Der so erhaltene
Festkörper ist äußerstlagerbeständig und verleiht damit hergestellten Kombinationslacken
'hohen Glanz und große Widerstandsfähigkeit gegen chemische und Witterungseinflüsse.
Beispiel ¢ Ein Rohpolymerisat nach Beispie12 wird mit I bis 20/00 Brenzkatechin,
bezogen auf den Festgehalt, versetzt. Die Monomeren werden mit den Dämpfen einer
zwischen 16o und I8o° siedenden Petroleumfraktion vollständig abgetrieben, wobei
man den Festgehalt der in der Destillierblase sich bildenden Lösung wunschgemäß
einstellt. Die so @erhältene Lösung zeichnet sich durch fast unbegrenzte Lagerbeständigkeit
und keinerlei Neigung zur Gelatinierung und Hautbildung aus.
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Es ist zwar bereits bekannt, die Polymerisation von Chloropren durch
Zusatz von Antioxydantien so zu leiten, daß sich keine unlöslichen Polymerisationsprodukte
bilden. In diesem Fall verzögern die Antioxydantien den Übergang des a-Polychloroprens
in das /c-ßolymere. Man hat ferner vorgeschlagen, Emulsionen von Polybutadien und
Derivaten durch Zusatz von Reduktionsmitteln zu stabilisieren. Hier ist die Aufrechterhaltung
eines Trocknungsvermögens nicht erforderlich.
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Es ist jedoch noch nicht bekanntgeworden, bei Mischpolymerisaten aus
trocknenden ölen und Vinylverbindungen den beschleunigenden Einfluß des Vinylharzanteils
auf das Altern des ölanteils auszuschalten. Diese Maßnahrne verhindert das vorzeitige
Unlöslichwerden der lllischpol.ymerisate über beliebige Zeiträume des Lagerns der
Produkte im lösungsmittelfreien Zustand, ohne die Trockenfähigkeit des ölanteils
und die Wirkung von Sikkativen bei der späteren Verwendung der Mischpolymerisate
als Lack zu beeinträchtigen. Es ist damit erstmals die Möglichkeit gegeben, diese
Mischpolymerisate im lösungsmittelfreien Zustand herzustellen, beliebig lange zu
lagern und zu verschicken.