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Verfahren zur Herstellung von Polymerisationsprodukten aus Vinylestern
Es ist eine große Anzahl von Verbindungen bekanntgeworden, die unter gewissen Bedingungen
in ihre polymere Form übergehen. Die Vorbedingung für diese Eigenschaft ist fast
ausnahmslosdas Vorhandensein einer Doppelbindung, insbesondere einer solchen von
Kohlenstoff zu Kohlenstoff; die meisten polymerisierbaren Verbindungen sind also
olefinischer Natur.
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jedoch besteht ein großer Unterschied zwischen den einzelnen olefinischen
Körpern in bezug auf den Grad des Polymerisationsvermögens, wobei in den meisten
Fällen einerseits eine geringe Polymerisationsneigung mit der Unfähigkeit, Polymerisate
von hohem Molekulargewicht zu bilden, und andererseits eine große Neigung zum Polymerisieren
mit der Fähigkeit, großmolekulare Polymerisate zu bilden, zusammenfällt.
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Zu letzterer Gruppe gehören solche Monomeren, die erstens die Vinylgruppe
CH,=CH enthalten und in denen zweitens diese Gruppe noch einen negativen Rest trägt,
wie es bei Vinylacetat, Vinylchlorid, Styrol
der Fall
- ist, oder in denen, diese Gruppe mit einer zweiten olefinischen Gruppe
konjugiert ist wie bei den Dienen. Diese Art chemischer Verbindungen läßt sich sehr
leicht, mittels eines geringen Anstoßes z. B. Spuren eines Superoxyds, und zu hochmolekularen
Körpern polymerisieren, während Olefine, welche die genannten Gruppen nicht enthalten,
fast immer nur sehr träge und zudem nur mit Hilfe stark wirkender Katalysatoren,
wie Al CI., Sn C14, B F3. Zii C12, H., S 041 polymerisieren. Endlich
gibt es VerbinJungen, die' sich trotz ibrer ungesättigten Natur nicht polymerisieren
lassen. Unter diese Klasse von Körpern zählten bisher die Crotonsäure und ihre Derivate,
denn von diesen Monomeren sind bisher keine Polymerisate hergestellt und beschrieben
worden, die irgendwie die Eigenschaften hoclimolel,#ularer Stoffe, d. h.
el*Crentlicher Polvmerisate, haben.
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Es wurde nun gefunden, daß sowohl die Crotonsäure als auch ihre insgesamt
nur eine ungesättigte . Kohlenstoffdoppelbindung eilthaltenden Derivate,
wie z. B. ihre Ester und ihr Nitril, die Fähigkeit haben, mit einem Überschuß von
Vinylestern Mischpolymerisate- zu. bilden, die ausgeprägt die Eigenschaft wertvoller
hochmolekularer Körper, wie Polyvinylester selbst, besitzen, ja daß sie darüber
hinaus in fast allen Fällen die Eigenschaften der Polyvinylester selbst verbessern,
War es schon überraschend, daß die seit langer Zeit in weitern Maße zur Verfügung
stehende Crotonsäure und ihre Derivate sich in das Molekül Hochpolymerer einbauen
lassen, so ist es noch wesentlich überraschender, daß die Eigenschaften der erhaltenen
Mischpolymerisate nicht, wie es wahrscheinlich war, schlechter, sondern besser als
die Polyvinvlester selbst sind. So wird z. B. der Erweichungspunkt des Mischpolymerisats
aus Vinylacetat und Crotonsäureester nicht, wie anzunehmen war, erniedrigt, sondern
erhöht, d.h. die Wärmebeständigkeit verbessert. Ferner ist das Mischpolymerisat
wasser- und witterungsbeständiger als das Polvvinvlacetat allein. Einen großen Vorteil
hat das vorliegende Verfahren in der Hinsicht, daß als Polvinerisationsprodukt stets
ein vollständiges Mischpolymerisat vorliegt, denn es können sich nicht, wie es bei
Mischpolvmerisaten aus zwei Komponenten, von denen jede auch für sich polymerisierbar
ist (bei nicht sorgfältiger Einhaltung der günstigsten Bedingungen oder auch trotz
deren Einhaltung) möglich ist, neben dem Mischpolymerisat noch Polymerisate der
einzelnen Komponenten bilden.
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Wie unvorhersehbar in diesem Fall die Polymerisationsfähigkeit der
genannten Körper ist, geht aus ihrem Vergleich mit der isoineren Methacr.vlsälLire
und ihren Derivateii hervor. Beide Körper unterscheiden sich nur durch die Stellung
der Methylgruppe.. die in einem Fall in a-, im anderen Fall in ß-Stellung zur Carboxylgruppe
steht. Die -Methacr# lsäure und ihre Derivate bilden nun in gleicher Weise behandelt
bereits für sich Polymerisate, die Crotonsäure und ihre Derivate sind bisher überhaupt
nicht als polymerisierbar angesehen worden.
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Die Polvinerisation wird im übrigen nach den bekannten Methoden der
Polvirierisation von insbesondere Vinylestern. ausgeführt. Man kann beispielsweise
in Gegenwart von Lösungsmitteln oder indifferenten Verdünnungsinitteln arbeiten,
wobei die Polymerisation auch in Emulsion durchführbar ist. Ferner läßt sich die
Umsetzung auch in Abwesenheit von Lösungs- oder Verdünnungsmitteln bewerkstelligen.
Zur Beschleunigung können Wärme, Licht sowie Katalvsatoren, z. B. Peroxyd, angewandt
werden. Das Verfahren ist schon, wie angedeutet, dadurch besonders wertvoll, daß
es ermöglicht. die Eigenschaften der bisher bekanntgewordenen polymeren Vinylester
zu verbessern, und zwar in mancher Beziehung in überraschender, nicht vorauszusehender
Weise, so daß mit diesem Verfahren der Technik eine Anzahl wertvoller Lackrohstoffe,
Kunststoffe usw. mit neuen Eigenschaften zur Verfügung gestellt werden.
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Jan hat bereits Vinylester in Gegenwart von Crotonylperoxyd polyrnerisiert,
dabei wird jedoch das Crotonsäurederivat nur als Katalysator angewendet und nimmt
an der Umsetzung selbst nicht teil. Ferner hat man auch bereits Mischpolymerisate
mit Äthylenglykoldicrotonat hergestellt. Da in dieser Verbindung zwei ungesättigte
Kohlenstofidoppelbindungen enthalten sind, treten bei der Polymerisation Vernetzungen
ein, welche die Eigenschaften der Endprodukte verschlechtern. Endlich ist bereits
beschrieben worden, daß man Acrylsäure mit anderen polyrnerisierbaren Substanzen
gemeinsam polyrnerisieren kann. Als Beispiel für derartige Substanzen sind unter
anderem a- und fl-Alk# lacr#-Isiqtiren ,genannt worden. Während es eine Reihe
voll
ß-substituierten Acrylsäuren gibt, die für sich polvinerisierbar sind,
erfüllen die Crotonsäure und ihre insgesamt nur eine ungesättigte Kohlenstoffdoppelbindung
enthaltenden Derivate diese Forderung nicht. Sie können vielmehr, wie oben ausgeführt
wurde. für sich ZD allein beispielsweise im Gegensatz zur Aervl-und Metliacrvlsäure
nicht polyrrierisiert werden. B e i s p i e 1 e i. In einer
Mischung von go Gewichtsteilen Vinylacetat und io Gewichtsteilen Crotonsäuremethylester
werden o"5 Gewichtsteile
B#nzoytsuperö>x-vd gelöst- -Idie"i#ösLing
wird unter Rückflußkühlung zutn Sieden erhitzt. Die Masse polymerisiert zu einem
glasklaren Block von großer Härte. Der Klebepunkt des Produkts liegt um etw
* a 150 höher als der eines unter gleicheii Bedingungen dargestellten Po,lyvinylacetats.
Das-Produkt ist-löslich in Alkoholen, Benzolkohlehwasserstoffen, Estern und anderen
organischen Lösungsmitteln. Es eignet sich u. -a. als Lackrohstoff.
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2. Eine Mischung von 95 Gewichtsteilen Vinylacetat und
5 Gewichtsteilen Crotonsäureäthylester, der man als Beschleuniger o,5 Gewichtsteile
1)istea"rylp'eroxyd und o,o5 Gewiclitsteile Benzoylperoxyd zusetzt, wird unter Rückfluß
zum Sieden erhitzt. Zweckmäßig verfährt man so, daß man eine geringe Menge des Gemisches
vorlegt und nach dem Einsetzen der Polymerisation die Restmenge langsam zulaufen
läßt. Nach Beendigung der Reaktion wird das Polymerisat noch 12 Stunden bei go'
nachgeheizt. Man erhält ein farbloses Polymerisat von sehr hoher Eigenvis,kosität,
das aus Lösung gegossen, Filme von sehr guter Wasserfestigkeit ergibt.
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3. Eine Lösung von So Gewichtsteilen Vinylformiat, 2o Gewichtsteilen
Crotonsäurenitril, 0,75 Gewichisteilen Benzoylsuperoxyd in ioo Gewichtsteilen
Methylenchlorid wird unter Rückfluß und Rühren zum S ieden erhitzt. '-\-ach
- 24 Stunden ist die Polymerisation beendet. Man erhält eine zähe, viskose
Lösung, aus der das Harz gegebenenfalls durch Destillation mit Wasserdampf gewonnen
werden kann. Andererseits kann die zähe Lösung direkt mit oder ohne Zusatz weiterer
Lösungsmittel und Weichmachungsmittel als Lack benutzt werden. Derartige Lackaufstriche
haben gegenüber reinem Polyvinylformiat eine gesteigerte Wasserfestigkeit.
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4. In einem Rührkessel mit Rückflußkühler und Schnellrührer erhitzt
man 8oo Gewichtsteile einer gesättigten Kochsalzlösung, der man 4 Gewichtsteile
3o'/öiges Wasserstoffsuperoxyd zugefügt hat, auf go'. In diese Lösung läßt man ein
Gemisch aus 16o Gewichtsteilen Vinylchloracetat und -[o Gewichtsteilen Crotonsäuremethylester
zulaufen. Es tritt sehr lebhafte Polymerisation ein. Das Heteropolvmerisat fällt
in feinperliger, gleichmäßiger Form an. Das Produkt wird von der Kochsalzlösung
abfiltriert, gewaschen und im Vaktium getrocknet. Es löst sich in Chlorkohlenwasserstoffen
und Estern.
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5. In einem geeigneten Gefäß mit Rückflußkühlung wird ein Gemisch
von 164 Gewichtsteilen Vinylacetat, 2o Gewichtsteilen Crotonsäureäthylester, 16
Gewichtsteilen Phthalsäuredimethylester und i Gewichtsteil Di-1)enzovlperoxyd zum
Sieden erhitzt. Es tritt sehr iebhafte Polynierisation ein. Nach Beendigu
- ng der Reaktion *erhält man ein sehr zähes, gurnmiartiges Produkt. Das
Polyrnerik# sat eignet sich besonders gut als Zwischenschicht für Sichetheitsglas.
Zur Verarbeitung für diesen Zweck kann man die Masse unter Hitze und Druck mit oder
ohne Verdünnung mit Lösungsmitteln auf die Glasplatten auftragen und dann eine zweite
Glasscheibe aufpressen.
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6. Eine Mischung von 5o Gewichtsteileii Vinylacetat, 15 Gewichtsteilen
Crotonsätire, 0,5 Gewichtsteilen Acetaldehyd und o,7 Gewichtsteilen Benzoylsuperox3,d
werden io bis 2o Stunden auf 75 bis So' erhitzt. Es bildet sich ein fast
wasserklares hartes Harz, das sich in Methanol, Aceton, GlIvkolf ormal, Essigester,
Eisessig, nicht aber in--.%lethylenchlorid, Benzol, Benzin löst. Ebenfalls tritt
mit verdünnten wäßrigen Lösungen von Ätznatron, Ammoniak, Soda schon in der Kälte
Lösung ein zu den entsprechenden Salzen des Mischpolymerisats aus Vinylacetat und
Crotonsäure, die starke Schaumwirkung zeigen. MitSäuren, z. B. Salzsäure, wird die
freie polymere Säure wieder ausgefällt in Form weißer Flocken. Beim Erhitzen mit
alkalisch reagierenden Stoffen tritt Verseifung der Acetatgruppen ein Die Mischpolymerisation
von Vinylacetat mit Crotonsäure ist nicht auf das obige gegenseitige 11engenverhältnis
der Komponenten beschränkt.
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- 7. Eine Mischung von 5o Gewichtsteilen Vilnvlacetat,
15 Gewichtsteilen ß-Chlorcrotonsäure, 0,5 Gewichtsteilen Acetaldehyd
und 0,7 Gewichtsteileil Benzoylsuperoxyd wird wie in Beispiel 6 auf
7o bis So' erhitzt. Das Mischpolymerisat stellt ein Harz dar, welches in Methanol,
Aceton, Methylenchlorid, Glykolformal, Eisessig, nicht aber in Benzol oder Benzin
löslich ist. Mit verdünntem wäßrigem Ammoniak tritt ebenfalls Lösung ein, und zwar
zum Ammoniumsalz des Mischpolymerisa.ts, das starkeSchaumwirkungzeigtundmit Säuren,
z. B. mit Salzsäure, wieder Ausf ällunc" der polymeren Säure gibt. Beim Stehenlassen
der Lösung des Mischpolymerisats mit-überschüssigem Ammoniak oder sehr rasch beim
Erhitzen tritt Ausscheidung unlöslicher Flokken ein.
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Auch in diesem Beispiel ist das Mengenverhältnis der Komponenten Dicht
auf das beschriebene beschränkt, sondern es kann in weiten Grenzen schwanken.
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8. Eine Mischung von 72 Gewichtsteilen Vinvlformiat,
43 Gewichtsteilen Crotonsäure und 3 Gewichtsteilen Benzovlsuperoxyd wird
15 Stunden auf 7o bis 4o' geheizt. Anschließend fügt man nochmals i Gewichtsteil
Benzovlsuperoxyd hinzu und hält das Gemisch weitere 15 Stunden bei 7o bis So'. Es
entsteht ein Mischpolymerisat, welches löslich ist in
Aceton, Glvlzolforrnal
und Eisessig, aber unlöslich in Methanol, Äthanol, Essigester und Benzol. Verdünnte
wäßrige Lösungen von Ammoniak, Soda, Alkali lösen das Mischpolymerisat unter Bildung
der entsprechenden Salze auf.
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g. Eine homoggene Mischung von 31o Gewichtsteilen VinvIstearat, So
Gewichtsteilen Crotonsäure, 2 dewichtsteilen Ameisensäure und io Gewichtsteilen
Benzoylsuperoxyd erhitzt man 2o Stunden auf 7o bis So', dann nOch 7 Stunden
auf go bis 95'. Man erhält ein sehr hartes sprödes Mischpolymerisat, das
löslich ist in Essigester, Äther, Methylenchlorid, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff,
Benzol, Petroläther und Benzin, nicht aber in Methanol und Äthanol. Beim Kochen
mit verdünnter wäßriger Sodalösung entsteht das Natriumsalz des Mischpolymerisats,
welches in Wasser sehr schwer löslich ist.
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io. Eine Mischung von go Gewichtsteilen ii-Butoxvessigsäurevinvlester,
io Gewichtsteilen Crotonsäure und i Gewichtsteil Benzoylsuperoxyd wird 15 Stunden
auf 7o bis So' erwärmt. Anschließend gibt man nochmals i Gewichtsteil Benzovlsuperoxyd
hinzu und erwärmt 15 Stunden auf go bis 95'. Das entstandene weiche Harz
löst sich in M.#thanol, Äthanol, Aceton, Essigester, Eisessig, Glykolformal, Methylenchlorid
und Benzol, nicht aber in Benzin oder Petroläther. Beim Erhitzen mit io%iger wäßriger
Sodalösung hildet sich das Natriumsalz des Mischpolymerisats als seifenartige Masse,
welche sich in Wasser löst. i i. Eine Mischung von 122 Gewichtsteilen Vinylchloracetat,
43 Gewichtsteilen Crotonsäure Und 2 Gewichtsteilen Benzoylsuperoxyd wird durch Erhitzen
auf 7o bis So' polymerisiert. Es entsteht ein Harz, welches ähnliche E#igenschaften
aufweist wie das Mischpolymerisat aus Vinylacetat und Crotonsäure.
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12. Eine Mischung von ioGewichtsteilen ('rotonsqureäthylester und
go Gewichtsteilen Vinylacetat wird 12 Stunden bei Raumtemperatur mit Sauerstoff
geschüttelt. Sodann wird die Mischung in einer geeigneten, mit Kühler versehenen
Apparatur zum Sieden erhitzt. Es tritt lebhafte Polyrnerisation ein. Das entstehende
harte, farblose Harz ist löslich in Alkoholen, Estern, Chlorkohlenwasserstoffen
und aromatischen Kohlenwasserstoffen.