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Verfahren zur Nachbehandlung von hochmolekularen Natur-und Kunststoffen
Es ist bekannt, makromolekulare Stoffe durch nachträgliche Vernetzung in ihren Eigenschaften
zu modifizieren. Es sei auf die schon lange bekannte Vulkanisation des Kautschuks,
auf die Nachkondensation von Kondensationsharzen, auf die Nachbehandlung von Oxygruppen
enthaltenden Stoffen mit Diisocyana,ten. und auf die Reaktion von gesättigten Esterha.rzen
mit Diacylperoxyden hingewiesen. Auch Vinylpolymerisate können durch Behandlung
mit Diacylperoxyden in unlösliche Produkte übergehen. Neuerdings hat man gefun.-den,
daß eine solche Nachbehandlung auch mit Hilfe eines Gemisches von Peroxyden und
polymerisationsfähigen Komponenten erreicht werden kann. So führte man bei den sogenann.ten
Kontaktharzen, d. h. Polyesterharzen, die ungesättigte Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen
aufweisen, mit Hilfe von Peroxyden allein oder auch unter gleichzeitigem Zusatz
von Substanzen, die einfach oder mehrfach ungesättigte Kohlenstaff-Kohlenstoff-Doppelbindungen
besitzen., Polymerisationen durch, die, unlösliche oder höhermolekulare Produkte
ergaben.
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Es ist ferner bekannt, Verbindungen, die mindestens zwei nicht konjugierte
Kohlenstoffdoppelbindungen enthalten, in Gegenwart plastizierbarer Massen. bei erhöhter
Temperatur zu polymerisieren. Man erhält durch diese Art von. Vulkanisation Harze,
die kaum noch thermoplastisch und fast unlöslich sind. Die für sich allein polymerisierten,
mehrfach ungesättigten Verbindungen sollen die plastizierbare Masse netzartig durchziehen
und eine mechanische Fixierung bewirken, die sowohl die verringerte Löslichkeit
als auch die geringe Thermoplastizität des Harzes verständlich machen soll.
Es
wurde nun gefunden, daß man überraschenderweise gesättigte, hochmolekulare Stoffe
unter Beibehaltung ihrer Löslichkeit dadurch mit Erfolg nachbehandeln kann, daß
man sie mit solchen Mengen von Verbindungen, die mindestens zwei aliphatische nicht
in Konjugation zueinander stehende Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen besitzen.,
von denen wenigstens eine für sich polymerisationsfähig ist, in Gegenwart von Polymerisationsbeschleunigern
umsetzt, daß keine Vulkanisation eintritt. Die Mengen der doppelt ungesättigten
Verbindung werden also so niedrig gewählt, daß noch keine unlöslichen Produkte entstehen.
Man erhält dabei Substanzen mit höherer Viskosität, als sie die Ausgangsmaterialien
aufweisen. Es muß daher angenommen werden, daß im Gegensatz zu dem bekannten Verfahren
eine Mischpolymerisation eingetreten ist, denn die spezifische Viskosität eines
Harzes wird durch Beimischung eines anderem, Harzes, das wie die beschriebenen Allylpolymerisate
niedermolekular ist, nicht erhöht, sondern erniedrigt.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung gestattet es, die spezifische Viskosität
vieler Harze in fast beliebigem Maße zu steigern. Zu seiner Durchführung eignen
sich beispielsweise Polymerisate und Mischpolymerisata aus den üblichen Äthylenverbindungen,
wie Vinylestern, Vinyläthern, Vinylhalogeniden, Acrylverbindungen. Ferner kann man
auch Umwandlungsprodukte dieser Polymerisate nachbehandeln. Vor allem sind solche
Stoffe geeignet, die an. tertiäre aliphatische Kohlenstoffatome gebundenen Wasserstoff
enthalten, zumal, wenn der Wasserstoff noch durch am tertiären Kohlenstoffatom sitzende
Reste, wie Ester- oder Säuregruppen, aktiviert ist. Dies trifft beispielsweise für
die obern. bereits genanntem. polymeren Vinylester und Acrylv erbindungen zu.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung ist nicht auf die Nachbehandlung
von Kunststoffen beschränkt, vielmehr können auch Naturstoffe oder ihre Umwandlungsprodukte,
wie z. B. Cellulosederivate, umgesetzt werden.
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Die Substanzen können sich in gelöstem- oder emulgiertem Zustand befinden;
man kann sie aber auch mit Weichmachern und den die Molekulargewichtserhöhung hervorrufenden
Zusätzen verkneten. Niedermolekulare Polymerisate, die in öligem oder hochviskosem
Zustand anfallen, können ohne sonstige Zusätze mit den die Einpolymerisation hervorrufenden
Komponenten gemischt werden.
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Als vernetzende Substanzen eignen sich grundsätzlich alle Verbindungen,
die mindestens zwei ungesättigte Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen haben, wenn wenigstens
eine von ihnen für sich allein polymerisationsfähig ist, wie z. B. Diallylester
(Adipinsäurediallylester), Allylester ungesättigter Säuren (Acrylsäureallylester),
Vinylester ungesättigter Säuren (Crotonsäurevinylester), Divinylbenzol, Divinylacetale,
Divinyläther u. a. m. Die Mengen dieser Verbindungen können je nach den Polymerisationsbedingungen
innerhalb weiter Grenzen schwanken. Sie lassen sich in jedem einzelnen, Fall durch
einen Handversuch leicht feststellen..
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Die zu dieser Reaktion notwendigen Beschleuniger wählt man vorzugsweise
aus. der Reihe der Peroxyde; manchmal ist aber auch ein Einsatz von Azoverbindungen
zu empfehlen. Die zugesetzte Menge des Beschleunigers ist von großem Einfluß auf
die Eigenschaften des Endproduktes. So kann man bei gleichem Zusatz von polymerisationsfähigen
Komponenten je nach der Art und Menge des Beschleunigers Produkte verschiedener
Viskositätsstufen erhalten.
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Redoxsysteme ermöglichen es, die Nachbehandlung bei tieferen Temperaturen
als mit peroxydischen Beschleunigern allein vorzunehmen.
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Dem Reaktionsgemisch können noch weitere monomere polymerisationsfähige
Verbindungen zugesetzt werden sowie Pigmente, Füllstoffe, Farbstoffe usw.
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Die Reaktionstemperaturen sind je nach dem verwandten Katalysatorsystem
wie auch dem Einsatz der Endprodukte verschieden, sie können bei Zimmertemperatur,
aber auch bei Temperaturen bis über ioo° C liegen.
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Das neue Verfahren besitzt erhebliche Bedeutung, da es mit seiner
Hilfe gelingt, die Eigenschaften von Kunst- oder Naturstoffen in gewünschtem Sinne
abzuändern. So kann man die Viskosität, den Schmelz- oder Erweichungspunkt oder
auch die Elastizität erhöhen und damit die Widerstandsfähigkeit gegen chemische,
mechanische und thermische Einflüsse, steigern. Beispiel i ioo Gewichtsteile einer
3oo/oigen benzolischen Lösung eines Polyvinylacetats mit der spezifischen Viskosität
von 0,76, gemessen in 2o/oiger Lösung, werden mit i Gewichtsteil Vinylcrotonat
und 2 Gewichtsteilen Dibenzoylperoxyd versetzt und unter Rückfluß einige Zeit erhitzt.
Die spezifische Viskosität des Polyvinylacetats erhöht sich hierbei auf o,9.
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Führt man die Reaktion unter Zusatz von ¢ Gewichtsteilen Vinylcrotonat
durch, unter sonst gleichen Reaktionsbeä.ingungen, so - erhöht sich die spezifische
Viskosität des Polyvinylacetats auf 2,i (Viskositätsmessung 2o/oig in Benzol).
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Man kann statt des Vinylcrotonats auch Acrylsäureallylester verwenden
und erhält ähnliche Effekte.
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In gleicher Weise kann auch die Viskosität von Lösungen der Acetale
des Polyvinylalkohols erhöht werden. Beispiel 2 ioo Gewichtsteile eines Mischpolymerisats
aus 69 0% Vinylchlorid, 3090, Vinylacetat und x o/o Maleinsäure mit einer spezifischen
Viskosität von 0,4 werden in Äthylacetat So :5o gelöst und mit Vinylcrotonat und
Dibenzoylsuperoxyd durch iostündiges Erhitzen am Rückfluß zur Umsetzung gebracht.
Bei
einem Zusatz von 2 Gewichtsteilen Vinylcrotonat und 2 Gewichtsteilen Dibenzoylsuperoxyd
erhöht sich die spezifische Viskosität des Mischpolymerisats während der Reaktion
auf o,5.
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Steigert man den Zusatz auf q. Gewichtsteile Dibenzoylsuperoxyd, so
steigt die spezifische Viskosität auf 0,54 an, bei 8 Gewichtsteilen des Peroxyds
auf o,58 (Viskositätsmessung 2%ig in Äthylacetat) . Beispiel 3 ioo Gewichtsteile
einer io%igen Lösung von Acetylcellulose in Aceton/Äthylacetat i : i werden mit
i Gewichtsteil Vinylcrotonat und i Gewichtsteil Dibenzoylperoxyd versetzt. Nach
mehrstündigem Erhitzen am Rückfluß erhält man ein Reaktionsprodukt von höherer Viskosität,
das sich vom Ausgangsprodukt auch durch bessere filmbildende Eigenschaften unterscheidet.
Beispiel q. ioo Gewichtsteile einer im Kneter hergestellten Mischung von 70 % Palyvinylacetat
und 30 % Dibutylphthalat werden mit 2 Gewichtsteilen Vinylcrotonat und 2 Gewichtsteilen.
Dibenzoylperoxyd kurze Zeit auf 8o° erhitzt. Die Viskosität der Masse steigt, das
Produkt bleibt aber flüssig.
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Denselben Effekt kann, man auch erreichen, wenn man Divinylbenzol
statt Vinylcrotonat verwendet. Beispiel 5 Soo Gewichtsteile einer 3o%igen Lösung
eines Polyvinylacetats mit der spezifischen Viskosität von 0,76 in Benzol
werden mit 2o Gewichtsteilen Vinylcrotonat, i o Gewichtsteilen Dibenzoylperoxyd,
i o Gewichtsteilen Benzoin und, i Gewichtsteil Eisenacetylacetonat versetzt und
bei Zimmertemperatur stehengelassen. Nach 24 Stunden. ist die spezifische Viskosität
des Harzes auf i,o gestiegen,.
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Beispiel 6 4:0o Gewichtsteile einer 5o%igen Lösung von Schellack in
Äthylalkohol werden mit 4o Gewichtsteilen Vinylcrotonat, io Gewichtsteilen Dibenzoylperoxyd,
io Gewichtsteilen Benzoin und i Gewichtsteil Eisenacetylacetona,t versetzt. Man
läßt die Mischung bei Raumtemperatur in einem verschlossenen Gefäß stehen. Nach
24 Stunden hat sich die Viskosität der Lösung stark erhöht. Es ist aber keine Gelierung
eingetreten. Dann wird der Versuch aufgearbeitet; man erhält einen Schellack mit
verbesserten Eigenschaften.