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Verfahren zur Herstellung von genuinen, kristallisierten Digitalisglucosiden
Im Patent 511 794 ist ein Verfahren vorgeschlagen, nach welchem aus der Meerzwiebel
bei Gegenwart von Wasser und leicht löslichen Salzen das herzwirksame Glucosid mit
organischen Lösungsmitteln in hohem Reinheitsgrad extrahiert werden kann. Das besonders
gegen hydrolytische Veränderungen sehr empfindliche Glucosid der Meerzwiebel wird
dabei in seiner ursprünglichen, unveränderten Form erhalten.
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lach der vorliegenden Erfindung werden die Erfahrungen, die bei der
Isolierung des Meerzwiebelglucosides gemacht wurden, auf die Verarbeitung der Blätter
von Digitalis lanata übertragen; wobei das Verfahren natürlich an das von der Scilla
verschiedene Ausgangsmaterial anzupassen war.
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Das vorliegende Verfahren besteht darin, daß man frische oder getrocknete
und mit Wasser wieder angefeuchtete Blätter von Digitalis lanata bei Gegenwart hinreichender
Mengen von geeigneten, leicht löslichen Salzen, wie Ammonsulfat, Magnesiumsulfat,
Kochsalz u. a. m., mit organischen Lösungsmitteln, die mit Wasser- nicht mischbar
sind, wie Methyl- und Äthylacetat, Methyl-Äthyl-Keton, Chloroform u. a. m., erschöpfend
extrahiert. Der Extrakt wird im Vakuum bei niedriger Temperatur eingedampft und
der Rückstand mit Äther versetzt, wobei die herzwirksamen Glucoside in Form ihrer
sogenannten Tannoide ausfallen, während der überwiegende Anteil der unwirksamen
Begleitstoffe, wie Chlorophyll u. dgl., in Lösung bleibt. Der abfiltrierte und mit
Äther nochmals digerierte Niederschlag wird nun am besten in wässerigen Alkoholen
gelöst, einer Behandlung mit gerbstoffällenden Mitteln unterworfen, welche die Glucoside
in Freiheit setzen und zugleich noch andere anhaftende Verunreinigungen beseitigen.
Beim Verjagen des Alkohols bzw. Methanols bei niedriger Temperatur scheidet sich
der schwer lösliche Anteil,des Glucosidgemisches aus und kann durch einfache Umkristallisation,
z. B. aus Methylalkohol, rein gewonnen werden.
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Die Trennung in den leicht löslichen und schwer löslichen Glücosidanteil
kann auch so durchgeführt werden, daß man das Gemisch der Tannoide nach der Ätherreinigung
mit Wasser behandelt, wobei eine leicht lösliche Fraktion als Tannoid in Lösung
geht. Die Behandlung mit den gerbstoffällenden Mitteln wird hierauf nur mit dem
schwer löslichen Anteil fortgeführt.
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Man erhält nach diesem Verfahren ein bisher in der Literatur noch
nicht beschriebenes kristallisiertes Glucosidpräparat, das aus Methylalkohol in
sehr schönen, dünnen, bis zentimeterlangen Prismen kristallisiert. Es fängt an im
Capillarrohr bei 225° zu sintern und schmilzt unscharf bei 2q.5 bis 2ri8° C unter
Zersetzung. i g der Substanz löst sich bei gewöhnlicher Temperatur in 15 bis 2o
g Methanol, in etwa
300 9 Chloroform oder in
etwa io 1 Wasser.
Die Löslichkeit in Äther ist äußerst gering. Das spei. opt. Drehungsvermögen beträgt
in einer 4°/oigen Dioxan--,
o |
lösung [a) D = -E- 24 bis + 25°. Die Elemon"- |
analyse ergab C - 59,2 bis 60,3 H - S,c@;. |
Bei der Kellerschen Farbreaktion (CTnter.-. schichten einer eisenchloridhaltigen
Lösung der Substanz in Eisessig mit konz. Schwefelsäure) ergibt das.' neue Glucosidpräparat
unterhalb der Trennungsfläche eine rotbraune Zone, darüber färbt sich der Eisessig
blaugrün.
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Durch wiederholtes, 6- bis iomaliges Urnkristallisieren des neuen
Glucosidpräparates aus verschiedenen Lösungsmitteln war es nicht möglich, aus dem
einheitlich kristallisierenden Produkte Fraktionen mit anderen als den oben beschriebenen
Eigenschaften zu erhalten. Es handelt sich um ein bisher noch nicht beschriebenes,
einheitlich kristallisierendes Gemisch von isomorph kristallisierenden Digitalisglucosiden.
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Einen zuverlässigen Vergleich der toxikologischen Eigenschaften lieferte
die Toxizitätsbestimmung an der Katze. Hierbei ergab sich für das neue Glucosidpräparat
eine um 15 bis :2o'/" größere Toxizität als die des reinsten Digitoxins.
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Als minimale tödliche Dosis wurde gefun den: für das neue Glucosidpräparat
0,34 bis 0,37 mg pro i kg Katze, für reinstes Digitoxin 0,42 bis o,44 mg pro i kg
Katze.
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C 1 o e t t a (Arch. exp. Patholog. & Pharmakolog. Bd.112, S.318)
fand folgende Werte: für Digitoxin 0,35 mg pro i kg Katze, für Gitoxin (Bigitalinum)
o,8 mg pro i kg Katze, für Gitalinum o,5 bis o,6 mg pro i kg Katze.
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In qualitativer Hinsicht unterscheidet sich das neue Glucosidpräparat
deutlich von Digitoxin durch eine geringere Haftbarkeit bzw. bessere Reversibilität
am isolierten Froschherzen.
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- Beispiel i 2ooo Teile trockene Blätter von Digitalis lanata werden
zusammen mit 5o0 Teilen Kochsalz fein gemahlen, mit iooo Teilen Wasser angefeuchtet
und mit io ooo Teilen Chloroform extrahiert. Der filtrierte Extralot wird bei tiefer
Temperatur im Vakuum vollständig eingedampft, hierauf mit iooo Teilen trockenem
Äther versetzt und so lange unter Äther stehengelassen, bis sich die anfangs zähflüssige
Masse in einen festen Körper verwandelt hat, Dann gießt man den überstehenden Äther
ab und digeriert den Rückstand mit Zoo Teilen Äther etwa 2 Stunden @`äm Rückfluß.
Nach dem Abkühlen wird ,f'ttriert und der Rückstand, der jetzt eine 'Spröde Masse
darstellt, im Vakuum völlig `vom Äther befreit und fein pulverisiert. Die Behandlung
mit Äther wird vorteilhaft mit dem pulverisierten Material wiederholt. Das so erhaltene
gelbgrüne Pulver wird in iooo Teilen Methylalkohol gelöst und in diese Lösung unter
Umrühren eine feine Suspension von 3o Teilen Bleihydroxyd in iooo Teilen Wasser
eingetragen. Nachdem für neutrale Reaktion der Flüssigkeit gesorgt worden ist, wird
noch 2 Stunden weiter gerührt, hierauf filtriert und das hellgelbe Filtrat vorteilhaft
nochmals mit wenig Gerbstoffällungsmittel nachbehandelt. Das klare Filtrat wird
im Vakuum bei tiefer Temperatur auf ein kleines Volumen, etwa Zoo Teile, eingeengt,
wobei sich der in Wasser schwer lösliche Anteil des Glucosidgemisches ausscheidet.
Man filtriert, löst den Rückstand in wenig Methylalkohol auf und gibt etwas Wasser
zu, worauf sich das Glucosidpräparat kristallinisch abzuscheiden beginnt. Durch
wiederholtes Umkristallisieren aus Methylalkohol ohne Wasserzusatz wird das Glucosidpräparat
vollständig rein erhalten; es ändert seine oben beschriebenen Eigenschaften auch
bei weiterem Umkristallisieren nicht mehr.
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Beispiel 2 8ooo Teile frischer Blätter von Digitalis lanata werden
zusammen mit 6ooo Teilen Ammonsulfat fein zerkleinert, der so erhaltene Brei wird
scharf abgepreßt und mit 3o ooo Teilen Essigester unter Rühren extrahiert. Der filtrierte
Extrakt wird bei tiefer Temperatur im Vakuum völlig eingedampft, mit iooo Teilen
trockenem Äther versetzt und weiter verarbeitet wie in Beispiel i.
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Beispiel 3 2oooTeile trockene Blätter von Digitalis lanata werden
zusammen mit iooo Teilen Ammonsulfat fein gemahlen in 30 ooo Teilen Essigester eingetragen.
Unter Rühren werden iooo Teile Wasser langsam zugegeben. Danach wird 15 Stunden
extrahiert. Der filtrierte -Extrakt wird bei tiefer Temperatur im Vakuum völlig
eingedampft und wie in Beispiel i mit Äther behandelt. Das so erhaltene Produkt
wird mit iooo Teilen Wasser verrührt, zu der Suspension 8 Teile einer gesättigten
Kochsalzlösung hinzugefügt und 1/2 Stunde stehengelassen. Durch Zentrifugieren wird
der ungelöste Anteil des
Tannoides abgetrennt und in 5oo Teilen
Alkohol gelöst. In diese Lösung wird eine feine Suspension von 2o Teilen Bleihydroxyd
in 5oo Teilen Wasser eingetragen. Nachdem man für neutrale Reaktion der Lösung gesorgt
hat, wird etwa 2 Stunden gerührt, filtriert und das Filtrat gegebenenfalls n6chmals
mit wenig Gerbstoffällungsmittel nachbehandelt. Das klare Filtrat wird im Vakuum
bei tiefer Temperatur eingedampft und deraRtlck5tand aus Methylalkohol 'zuerst unter
Wasserzusatz und hierauf mehrmals ohne Wasserzusatz bis zur völligen Reinheit umkristallisiert.