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Verfahren zur getrennten Gewinnung zweier Hormone der Pankreasdrüse
in kristalliner Form Es ist bekannt, daß, wenn man das blutzuckersenkende Hormon
der Pankreasdrüse mit Pikrinsäure oder freiem Naphtholgelb S so lange versetzt,
bis keine Fällung mehr entsteht, ein Produkt quantitativ erhalten wird, das in physiologischer
und pharmakologischer Hinsicht sich wie der Ausgangsstoff verhält. q.7 mg des landesüblichen
Hydrochlorids des blutzuckersenkenden Hormons der Pankreasdrüse lieferten bei Fällung
mit Pikrinsäure 5o mg des trockenen Pikrats. Man glaubte daher, daß man mit dem
blutzuckersenkenden Hormon der Pankreasdrüse ein einheitliches Produkt in Händen
hätte.
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Versuche haben nun ergeben, daß es möglich ist, das bereits höchstmöglich
gereinigte blutzuckersenkende Hormon der Pankreasdrüse in zwei Bestandteile zu zerlegen.
Zu diesem Zweck werden Lösungen des nach bekannten Verfahren hergestellten höchstgereinigten
blutzuckersenkenden Hormons der Pankreasdrüse, vorzugsweise in Form des Hydrochlorids,
durch solche Stoffe, die mit dem einen der zu gewinnenden Hormone A schNver lösliche
Verbindungen geben, behandelt. Hierdurch wird dieses Hormon A fraktioniert gefällt,
worauf diese Fällungen in das Hydrochlorid oder in das freie Hormon übergeführt
werden. Das zweite noch in der Mutterlauge gelöste Hormon B wird aus der Mutterlauge
nach bekannten Verfahren abgeschieden. Die Ausführung des Verfahrens kann in der
Weise erfolgen, daß das gereinigte Hormon der Pankreasdrüse mit Pikrinsäure oder
Naphtholgelb S in so kleinen Mengen versetzt wird, daß nur ein kleiner Teil, z.
B. ein Zehntel des Gesamtgewichts des Hormons, auf einmal ausgefällt wird. Dieser
Vorgang wird in größeren Zeitabständen so oft wiederholt, als sich noch ein Niederschlag
bildet. Hierbei fällt nur etwa die Hälfte der ursprünglich vorhandenen Hormonmenge
aus. Dieser durch die fraktionierte Ausfällung erhaltene Niederschlag läßt sich
aus der Pikrinsäureverbindung in der üblichen Weise freimachen und als Hydrochlorid
kristallin erhalten. Er soll als Hormon A bezeichnet werden.
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Die von der gefällten Substanz zurückbleibende Flüssigkeit läßt sich
durch weiteren Zusatz des Fällungsmittels nicht mehr fällen; sie enthält verschiedene
neue Verbindungen. Durch Eindampfen und fraktionierte Kristallisation kann ein kristalliner
Stoff gewonnen werden, der als Hormon B bezeichnet werden soll.
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Während bei den bisherigen, die Ausfällung des blutzuckersenkenden
Hormons der Pankreasdrüse aus seinen Lösungen betreffenden Arbeiten es sich darum
handelte, rohe Pankreasextrakte, die natürlich viele verschiedenartige Stoffe enthalten,
zu verarbeiten, um aus ihnen gereinigtes Hormon zu gewinnen, wird als Ausgangsstoff
für das
Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung ein bereits gereinigtes
Hormonpräparat ver-`,vendet. Man geht dabei von dem reinsten blutzuckersenkenden
Hormon der Pankreasdrüse aus, das man bisher im Laboratorium gewinnen konnte und
dessen internationale Einheit pro ?-kg Kaninchen nur 0,025 bis 0,05
mg ausmacht.
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Es gelingt bei Benutzung des vorliegenden Verfahrens, dieses bisher
reinste Präparat noch in Bestandteile zu zerlegen und auf diese Weise ein kristallines
Präparat herzustellen. Die Arbeitsmethode bei der Ausführung der fraktionierten
Fällung weicht von den bekannten Verfahren grundsätzlich- ab. Bei den bisher gebräuchlichen
Fraktion.ierungsmethoden zur Behandlung der rohen Pankreasextrakte beruhte die fraktionierte
Ausfällung nur auf der verschiedenen Ionenkonzentration bzw. der verschiedenen Löslichkeit
in Alkohol. Im Gegensatz dazu soll gemäß der Erfindung die Fraktionierung des gereinigten
blutzuckersenkendenHormons der Pankreasdrüse mit Hilfe von Fällungsmitteln bewirkt
werden, die sich mit dem Hormon chemisch verbinden, wie mit Pikrinsäure oder Naphtholgelb
S. Wohl ist Pikrinsäure zur Ausfällung des blutzuckersenkenden Hormons der Pankreas-drüse
aus der wäßrigen Lösung des rohen Hormons schon verwendet, an eine fraktionierte
Fällung ist dabei aber nicht gedacht -worden. Dementsprechend weicht das auf diese
Weise hergestellte Pikrat in seinen Eigenschaften von dem gemäß dem vorliegenden
Verfahren gewonnenen sehr wesentlich ab. Es ist bei S t a u b , Insulin,
1925, S. 41, beschrieben als ein zitronengelbes amorphes Pulver, während
das nach dem vorliegenden Verfahren durch fraktionierte Fällung erhaltene Produkt
kristalline Form (die Form mikroskopischer Würfel) besitzt. Es ist für die Reinheit
des Produktes offenbar von großer Bedeutung, daß es gelingt, dieses in kristalliner
Form zu gewinnen.
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Im übrigen war auch nach den angeführten Untersuchungen, bei denen
ja nur von dem rohen blutzuckersenkenden Hormon der Pankreasdrüse ausgegangen ist,
wie es nach dem Collipschen Verfahren erhalten wird, nicht anzunehmen, daß bei Verwendung
des reinsten bis dahin dargestellten blutzuckersenkenden Hormons der Pankreasdrüse
noch eine Trennung in zwei völlig voneinander verschiedeneBestandteile möglich sein
würde. Darstellung von Hormon A Wird handelsübliches blutzuckersenkendes Hormon
der Pankreasdüse (internationale Einheit gleich o.i mg) mit gesättigter Pikrinsäure-
oder Naphtholgelb-S-Lösung gefällt, so erhält man das blutzuckersenkende Hormon
der Pankreasdrüse quantitativ mit den allgemein bekannten Eigenschaften zurück.
Wird dagegen dieselbe Hormonlösung statt mit gesättigter Pikrinsäurelösung mit einer
5- bis iofach verdünnten Lösung gefällt, und zwar so, daß jedesmal nur ein Zehntel
der zur völligen Ausfällung nötigen Menge angewandt wird, so erhält man Fraktionen,
die sich abweichend von dem blutzuckersenkenden Hormon der Pankreasdrüse verhalten.
Die geringere Ausbeute in diesem Falle bezeugt, daß die Verunreinigungen nicht mitadsorbiert
werden.
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Eigenschaften des Hormons A Das Hydrochlorid des neuen Hormons A kristallisiert
beim Reiben rosettenförmig und stellt noch eine hochmolekulare polypeptidartige
Verbindung dar. Das neue Präparat wirkt pro os nicht und weicht vom bekannten blutzuckersenkenden
Hormon der Pankreäs-drüse dadurch ab, daß es auf normale Kaninchen und Menschen
sich abweichend verhält. Während das bekannte Präparat bei normalen Kaninchen und
Menschen den Blutzucker stets erniedrigt, wirkt das Hormon A nur auf den Organismus
mit verhältnismäßig hohem Blutzuckergehalt erniedrigend, bei geringem Blutzuckergehalt
dagegen meistens erhöhend. Beispielsweise wirkt das Hormon A beim Diabetiker zuckererniedrigend,
beim normalen Menschen erhöhend, bei Kaninchen je' nach der Höhe des Blutzuckerspiegels.
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Ausführungsbeispiel für das HormonA i g des gereinigten Hydrochlorids
des blutzuckersenkenden Hormons der Pankreasdrüse in Wasser gelöst und mehrere Tage
hindurch mit je 111, der nötigen Menge zehnfach verdünnter gesättigter Pikrinsäure-
oder 2,Taphtholgelb-S-Lösung gefällt, liefert statt i,i g des gewöhnlichen Pikrats
o,7 bis o,8 g des Pikrats des Hormons A. Darstellung von Hormon B Die Mutterlaugen
der fraktionierten Pikrinsäure- oder Naphtholgelb-S-Fällungen werden im Vakuum fast
zur Trockne eingeengt. Der Rückstand wird mit etwas salzsäurehaltigem Alkohol verrieben
und mit Acetonüberschuß versetzt. Beim Reiben kristallisiert am Glas das Hormon
B aus.
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Eigenschaften des Hormons B Das Hormon B ist eine verhältnismäßig
einfache Verbindung, die als Hydrochlorid in Säulen kristallisiert. Wegen der geringen
Ausbeute ließ sich die Reinigung noch nicht ausführen. Die Verbindung ist sehr aktiv;
in
Mengen von o,oa mg täglich pro os oder subkutan dargereicht, bewirkt sie bei Kaninchen
eine Blutzuckererhöhung bis zu 6oo % mit Glykosurie im Harn nach 5 bis 6 Tagen.
Die Tiere gehen nach etwa einer Woche mit hochgradiger Anämie und Hvdrämie zugrunde.
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Ausführungsbeispiel für das Hormon B Aus den Mutterlaugen der fraktionierten
Fällung von i g Hormon der Pankreasdrüse werden durch Eindampfen und Zersetzen der
Pikrat- oder Naphtholgelb-S-Verbindung mit salzsäurehaltigem Alkohol etwa 5 bis
6 mg des Hydrochlorids der B-Verbindung durch Acetonfällung und Reiben erhalten.