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Verfahren zur Gewinnung des antiperniciösen Wirkstoffs der Leber und
eines neuen Aktivators dieses Wirkstoffs Zur Reinigung des antiperniciösen Wirkstoffs
der Leber, wie er in bekannter Weise aus Leberextrakten erhalten wird, hat man scine
Adsorption an Kohle vorgeschlagen. Zwar gibt Fricdrich in »medizin und Chemice«,
Bd. 3 (1936), S. 235, an, daß die Adorptionsfähigkeit des Wirkstoffs anscheinend
gcring ist. Dagegen hat Kyer »Proccedings of the Society for experimental Biology
and Medicine«, Bd. 32 (1934/1935), S 1102 ff., die Adsorption an Noritkohle zur
Anreicherung des Wirkstoffs benutzt, ebenso Subbarow, Jacobson und Prochownik, Journal
of the American Chcmical Society, Bd. 58, S. 2234. Nyegaard, Chemisches Zentralblatt
1937 I, S 4993, und Laland und Klem, Acta Medica Skandinavica, Bd. SS (I936), S.
620 bis 623, benutzten zum glcichen Zwecke Aktivkohle. Dagegen gibt wiederum Z i
p f, Biochemische Zeitschrift, Bd. 275 (1935) auf Seite 93 unten an, daß tler antianämische
Stoff von Tierkohle gar nicht oder nur in geringem Grade adsorbiert wird. Dakin
und Wcst, Journal of Biological Chemistry 109 (1935), S. 505, können Lösungen des
Wirkstoffs mit Tierkohle entfärben. Diesc einander widersprechenden Befundc sind
vielleicht durch die verschiedenen Aciditätsgradc der Adsorptionslösungen und ihre
verschiedenen Reinheitsgrade und durch die verschiedenen Eigenschaften der verwendeten
Kohlesorten zu erklären.
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Zur Elution des Wirkstoffs aus den Kohleadsorbaten sind bereits verschiedene
Mittel vorgeschlagen worden. Subbarow (l. c.) und $Kyer (l. c.) benutzen heißen
$Alkohol,
Thornl ey, britische Patentschrift 437064, alkalische
Lösungen, N y e g a a r d (1. c.) wie Laland und Klem (l. c.) Phenol.
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Es wurde nun gefunden, daß man den antiperniciösen Wirkstoff und
einen neuen Aktivator dieses Wirkstoffs aus Leber, ihren Zul) ereitungell und wäßrigen
Auszügen dadurch gewinnen kann, daß man die zweckmäßig vorgereilligten Leberauszüge
an aktivierte Kohle bei einem Pii von 5 bis 5,5 adsorbiert, das Adsorbat mit einer
phenolhaltigen Flüssigkeit, der zum Zwecke der Gewinnung des Aktivators eine den
Wirkstoff und den Aktivator nicht schädigende Mineralsäure zugesetzt ist, eluiert
untl aus dem Eluat den antiperniciösen Wirkstoff und den Aktivator abschcident.
Zur getrennten Gewinnung des Wirkstoffs und des Aktivators eluiert man das Adsorbat
zunächst mit einer phenolartigen Flüssigkeit, behandelt es dann mit einer alk<iholisch-wäßrigen
Flüssigkcit, welche die den Wirkstoff und dcn Aktivator nicht schädigende Mineralsäure
enthält. wobei das in der Leber vorhandene Vitamin 13 r in Lösung geht, und schließt
dann erneut eine Elution mit einer phenol haltigen Flüssigkeit an. Man kann auch
an erster Stelle die Behandlung mit der säurehaltigen, wäßrig-alkoholischen Flüssigkeit
vornehmen ulld dann die Eluat tion mit der phenolhaltigen Flüssigkeit anschließen.
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Als Ausgangslösungen eignen sich in bekannter Weise gewonnene Wirkstoffextrakte
aus Leber und deren Zubereitungen, Besonders vorteilhaft sind solche, die bereits
vorgereinigt sind.
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Zur Adsorption der Wirkstoffc aus den gegebenenfalls vorgerein igten
Leberextrakten hat sich aktivierte Kohle bewährt, besonders solche pllanzlichen
Ursprungs, die durch 13chandlung mit Wasserdampf aktiviert wurde.
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Solche Kohle ist im Handel beispielsweise unter dem -Namen »Mcdizinal
Iliag E« erhältlich. Vor der Adsorption stellt man die Ausgangslösungen auf ein
Pil von 5 bis 5,5 ein.
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Aus den Adsorbaten lassen sich Wirkstoffe und Aktivator mit phenolhaltigen
Flüssigkeiten eluieren, die mit solchen Mineralsäuren versetzt sind,. ntelche den
Wirkstoff und den Aktivator nicht schädigen, vorzugsweise mit Salzsäure. Durch diese
Behandlung geht gleichzeitig der bisher unbekannte Aktivator des antiperniciösen
Wirkstoffs in Lösung.
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Zur Elution besonders geeignet ist eine salzsäurehaltige, wäßrige
Phenol lösung, die noch einen niederen, aliphatischen Alkohol, wie Äthanol, enthält.
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Eine solche Lösung besteht beispielsweise aus 80% Phenol, 10% Wasser,
10% Alkohol und einem geeigneten Zusatz von Salzsäure.
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An Stelle von Phenol können auch andere Phenole, beispielsweise Kresole,
Verwendung finden.
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Man kann die Elution jedoch auch fraktioniert vornehmen. So kann
man das Adsorbat zunächst mit einer phenolhaltigen Flüssigkeit ohne Säurezusatz
eluieren, darauf mit mineralsäurehaltigem Alkohol behandeln und schließlich nochmals
mit einem phenolhaltigen Elutionsmittel eluieren. Die Hauptmengc des antiperniciösen
Wirkstoffs geht dann in die erstc Elutionsflüsigkeit. In der zweiten, sauren Elutionsflüssigkeit
findet sich dann hauptsächlich das in der Leber enthaltene Vitamin B 1, während
die dritte, phenolische Elution hauptsächlich dcii neuen. Aktivator gelöst.
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Der neue Aktivator wirkt an sich nicht antianämisch. Er ist in dem
sauren Elutionsmittel unlöslich, geht aber ohne die Säurebehandlung des Adsorbatcs
auch nicht in die phenolische Lösung. Der Aktivator ist mit dem von Subbarow, Jacobson
und Fishc, New England J<urnal of Mcdicine 212 $(1935), S. 663/664, angegebenen
tyrosin- und purinhaltigen Aktivierungsstoff nicht identisch. Dicsc bekannten Aktivatoren
finden sich vielmehr bereits in der ersten, phenolischen Elutionsflüssigkeit, die
letzten Reste in der zweiten, sauren. Die Wirkung des neuen Aktivators besteht darin,
daß er die Menge des klinisch zur Heilung von perniciöser Anämie benötigten Antiperniciosastoffes
wesentlich herabsetzt.
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Es sei noch darauf hingewiesen, daß die Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahreifs an jeder beliebigen Stelle der Aufarbeitung von gegebenenfalls vorgereinigten
Leber auszügen mit Erfolg eingefügt werden kann.
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Es ist zweckmäßig zur Erzielung hoher Ausbeuten an antiperniciösem
Wirkstoff die Dauer der Elution der Kohlcadsorbatc nicht zu lange auszudehnen, da
sonst mit dem Wirkstoff auch Stoffe gelöst werden, welche die Verträglichkeit des
Präparates bei klinischer Anwendung herabsetzen und gegebenenfalls anaphylaktische
Erscheinungen an Patienten verursachen. Bei einer Elutionsdauer bis zu etwa 6 Stunden
dagegen bleiben diese ßegleitstoffe sicher ungelöst.
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Die folgenden Beispiele erläutern das erfindungsgemäße Verfahren,
von dem jedoch auch andere Ausführungsformen angewendet werden können.
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Beispiel I 4kg cines leberpräpartates, das durch wäßrige Extraktion
aus 5000kg Frischleber und Vorreinigung in Form eines braunen Pulvers gewonnen war,
werden in Wasser zu einer 2%igen Lösung aufgelöst. Das PH
der Lösung
wird 5 bis 5,5 eingestellt; dann wird sie mit Iokg einer mit Wasserdampf aktivierten
pflanzlichen Adsorptionskohle »Medizinal Hiag E« 2 Stunden lang verrührt. Danach
wird das Kohleadsorbat scharf abgesaugt. Nun wird die Kohle mit 160 kg einer Flüssigkeit,
bestehend aus 80% Phenol, 100/0 Alkohol und 10% Wasser, 6 Stunden lang eluiert,
indem man ein Rühnverk benutzt.
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Dann trennt man die Kohle ab, wäscht sie erst mit der Elutionsflüssigkeit,
dann mit Äther nach.
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Das Eluat versetzt man mit dem gleichen Volumen Wasser und an Äther
und mischt nun gründlich durch. Nach Trennung der Phasen erhält man eine braungefärbte,
wäßrige und eine phenolisch-ßätherische Schicht, die getrennt werden. Die phenolisch-ätherische
Schicht wird noch mehrfach mit Wasser extrahiert bis sich das Wasser nicht mehr
braun färbt. Die vereinigten wäßrigen Lösungen wäscht man nochmals mit Äther aus,
filtriert und konzentriert sie unter vermindertem Druck bei einer Temperatur unter
25°, bis auf rl Konzentrat etwa 15 bis 20 kg Leber entspricht. Nun extrahiert man
das Konzentrat erneut mit Äther, filtriert die abgetrennte wäßrige Schicht und konzentriert
sie unter den angegebenen Bedingungen weiter bis zu einem Gehalt von 30 bis Iookg
Leber je Liter. Die Lösung kann direkt klinische Verwendung finden, nachdem man
sie auf einen bestimmten Wirkstoffgehalt eingestellt hat. Man kann aus ihr aber
auch den antiperniciösen Wirkstoff in an sich bekannter Wcise, z. B. durch Eindampfen
der Lösung unter vermindertem Druck, zur Abscheidung bringen und ihn so in Form
eines hellbraunen amorphen Pulvers gewinnen, wobei man ihn in einer Ausbeute von
etwa 1,2kg je 1000 kg Leber erhält.
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Die eluierte Adsorptionskohle wird nun mit 200 kg einer Flüssigkeit,
bestehend aus 60°íO Alkohol, 39% Wasser und 1 Wo einer 25%igen Salzsäure erneut
6 Stunden lang eluiert, wieder abgetrennt, mit der Elutionsflüssigkeit nachgewaschen
und scharf abgesaugt. In dem Eluat ist das in der Leber enthaltene Vitamin B 1 gelöst,
was durch den positiven Ausfall. der Farbreaktion nach der Methode von Otto und
Rühmekorb, Klinische Wochenschrift, Bd. 1/ (1938-), Seite 1246/1247, erkennbar ist.
Es kann aus dér Lösung nach Einengen unter vermindertem Druck bei niederer Temperatur
nach an sich bekannten Methoden gewonnen werden.
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Nunmehr wird die Kohle erneut 6 Stunden lang mit der oben beschriebenen
phenolischen Flüssigkeit eluiert, wobei man wieder 1 6o kg verwendet. Arbeitet man
das Eluat wie oben beschrieben auf, so erhält man durch Eindämpfen des Konzentrates
zur Trockne den neuen Aktivator als ein hellbraunes, amorphes Pulver, welches in
Wasser leicht löslich ist; ebenso in wäßrigem Alkohol bis zu einer Alkoholkonzentration
von 80%, Ausbeute nach Trocknen etwa 0,6 kg je rooo kg Leber.
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Beispiel 2 4 kg des in Beispiels verwendeten Leberpräparates werden
in Wasser zu einer 2% eigen Lösung aufgelöst und gemäß Beispiel 1 an mit Wasserdampf
aktivierte Kohle absorbiert.
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Das Eluat nimmt man nun mit 1 6o kg einer Flüssigkeit vor, bestehend
aus 800/o Phenol, 10% Alkohol, 9% Wasser und 1 </o einer 250/oigen Salzsäure,
unter den in Beispiel 1 geschilderten Bedingungen. Die Elutionsflüssigkeit wird
ebenfalls nach den Angaben des Beispiels I aufgearbeitet, jedoch vor der Konzentration
durch Zusatz von verdünnter Natronlauge auf ein pH von etwa 5 eingestellt.
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Man erhält so ein Gemisch, bestehend aus dem antiperniciösen Wirkstoff
und dem neuen Aktivator in dem Verhältnis, in welchem sie in der Leber vorkommen.
Weiter ist in dem Gemisch noch das Vitamin B 1 enthalten. Das Produkt stellt in
trocknem Zustande ein hellbraunes, amorphes Pulver dar, das in Wasser und in wäßrigem
Alkohol bis zu einer Alkoholkonzentration von 60% leicht löslich ist.
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Die wäßrige Lösung kann ohne weiteres zur klinischen Behandlung der
perniciösen Anämie Verwendung finden.