-
Verfahren zur Gewinnung antianämischer Wirkstoffe aus Leber
Seitdem
bekannt ist, daß Leber bzw. Auszüge derselben das mit den verschiedenen Formen der
Anämie auftretende Krankheitsbild im günstigen Sinn zu beeinflussen vermögen, sind
zahlreiche Vorschläge zur Anreicherung der vermuteten antianämischen Faktoren gemacht
worden. In systematischer Verfolgung der für die Extraktion von tierischen Organen
und Isolierung darin enthaltener Wirkstoffe zu Gebot stehenden Methoden ist es neuerdings
unter Anwendung offenbar recht komplizierter Verfahren gelungen, einen kristallisierten
kobalt- und plhosphorhaltigen Komplex zu gewinnen, welcher als der eigentliche Antiperniciosafaktor
angesehen wird und der unter der Bezeichnung Vitamin B12 in die Literatur eingegangen
ist.
-
Bezüglich der Löslichkeitsverhältnisse dieses Körpers wird angegeben,
daß er in Wasser, in schwach verdünntem Alkohol und Aceton sowie in Essigsäure löslich,
dagegen in Äther, Chloroform und anderen unpolaren Lösungsmitteln unlöslich sei
(vgl. u. a. »Nature« I6I, 638/I948).
-
Wir haben nun in Weiterführung unserer schon früh begennenenG Arbeiten
zur Untersiucihung tienscher Organe auf darin enthaltene haematopoetische Faktoren
und zur Anreicherung derselben gefunden, daß sich aus Leber antianämische Wirkstoffe
hoher Aktivität, welche aber mit dem Vitamin B12 nicht identisch sind, in besonders
einfacher Weise gewinnen lassen, wenn man die aus den Org.anteilen durch Auspressen
und/odér Extraktion mittels Wasser oder wäßriger Flüssigkeiten erhaltenen Preßsäfte
bzw. Extrakte so lange abwechselnd bei. saurem bis neutralem pn mit hydrophoben
Lösungsmitteln und im sauren oder
alkalischen Medium mit hydrophilen
Lösungsmitteln in der Weise extrahiert, daß jeweils der mit dem hydrophoben Mittel
gewonnene Auszug mit dem hydrophilen Lösungsmittel und der mit dem hydrophilen Lösungsmittel
gewonnene Auszug jeweils mit dem hydrophoben Lösungsmittel weiterbehandelt und diese
Extraktionen so lange fortgesetzt werden, bis gegenüber einer vorangegangenen hydrophoben
Ausschüttelung- die nächstfolgende hydrophobe Ausschüttelung keine Steigerung der
Wirksamlieit in physikalischer und biologischer Hinsicht mehr aufweist (es werden
bei dem Verfahren also jeweils die gewonnenen Auszüge weiterbehandelt bzw. die nicht
extrahierten Anteile verworfen). Durch diese wechselnde Behandlung des ursprünglich
vorliegenden, aus Lipoiden, Einveißstoffen, Peptiden usw. sowie Wirkstoffen mannigfaltiger
Wirkungsrichtung bestehenden Nonglomerats tritt eine steigende Verarmung der jeweils
anfallenden Auszüge an lipoidlöslichen Bestandteilen ein, bis offenbar der Gehalt
daran den für eine Lösungsvermittlung der vorliegenden antianämischen Wirkstoffe
in hydrophoben Lösungsmitteln erforderlichen Wert unterschreitet (Ob es sich hierbei
um eine hinsichtlich der antianämischen Faktoren lösungsvermittelnde Wirkung dieser
Begleitstoffe oder um Bindungen zwischen ihnen besonderer Art handelt, sei dahingestellt;
Tatsache ist, daß bis zu einem gewissen Reinheitsgrad überraschenderweise ein Übergang
der die antianämischer Wirlistoffe enthaltenden Komplexe in beide Arten der erfindungsgemäß
anzuwendenden Medien stattfindet). Über dieses Stadium hinaus können die gemäß dem
Verfahren der vorliegenden Erfindung anzuwendenden Ausschüttelungsmaßnamen zu keiner
weiteren Anreicherung an den antianämischen Faktoren führen.
-
Die so gewonnenen Extrakte zunächst maximale; Wirksamkeit können
nach Entfernung des Lösungsmittels im allgemeinen für die Therapie direkt zur Anwendung
gelangen. Wie sich gezeigt hat, kann man aber gewünschtenfalls aus diesen Konzentraten
bzw. ihren Lösungen in Wasser oder wäßrigorganischen Lösungsmitteln durch Anwendung
von Adsorptionsmitteln (z. B. Tierkohle, Kaolin, Silicagel, Aluminiumoxyd usw.)
und entsprechende Eluierung, vor allem im Rahmen der C'hromatographie, oder durch
Anwendung von Fällungsmitteln (Zugabe größerer Mengen von mit Wasser mischbarem
organischem Lösungsmittel, Phosphorwolframsäure, Pikrinsäure usw.) oder auch durch
Kombination derartiger für die Reindarstellung von Naturstoffen bekannten Maßnahmen
kristallisierte Produkte erhalten Wie unsere Untersuchungen weiterhin ergeben haben,
bewährt sich für die Rein darstellung der in den Endextrakten vorhandenen Wirkstoffe
besonders das folgende Verfahren: Man dampft dieselben völlig zur Trockne ein und
digeriert den Rückstand, gegebenenfalls wiederholt. mit einem hydrophoben Lösungsmittel,
vorzugsweise Äther-Petroläther.
-
Der nach Abtrennung der flüssigen Phase hinterbleibende feste Rückstand
liefert nach Umkristallisation aus Alkohol, Aceton oder einem anderen geeigneten
hydrophilen Lösungsmittel rotgefärbte Kristalle, deren UV-Maximum zwar dem des Vitamin
B12 ähnelt (allerdings mit erhöhter Extinktion), welche sich aber in ihrer chemischen
Zusammensetzung erheblich von diesen unterscheiden.
-
Als Ausgangsmaterialien für das erfindungsgemäße Verfahren dienen
primär die in üblicher Weise durch Zerkleinerung der Organe hergestellten Massen,
welche einem Autolysierungsprozeß unterworfen oder sonst, z. B. zwecks Abbau der
Eiweißstoffe, fermentativ vorbehandelt sein können. Im engeren Sinn werden die durch
Auspressen der Organteile und/oder Extraktion derselben mittels Wasser oder wäßriger
Flüssigkeiten (Salzlösungen und/oder Gemische von Wasser mit hydrophilen organischen
Lösungsmitteln) erhaltenen Extrakte oder Preßsäfte eingesetzt. Diese Vorextrakte
können, bevor sie dem den Gegenstand dieser Erfindung bildenden eigentlichen Ausschüttelungsprozeß
unterworfen werden, durch Zugabe geeigneter Reagenzien bereits von einem Teil der
genuinen oder abgebauten Eiweißstoffe befreit sein.
-
Als hydrophile Lösungsmittel kommen insbesondere niedrigsiedende
aliphatische Alkohole, Aceton, Dioxan und Essigsäure in Betracht; sie müssen zum
Ausschütteln sauer oder alkalisch sein, da der Übergang des aufzuarbeitenden Produktes
in sie sonst nicht oder nur teilweise erfolgt. Von; den hydrophoben Lösungsmitteln
haben sich insbesondere chlorierte Kohlenwasserstoffe, höhere Alkohole, Äther sowie
aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe als vorteilhaft gezeigt; die mit
ihnen zu behandelnden hydrophilen Extrakte müssen sauer bis neutral sein. Die erhaltenen
hydrophoben Auszüge können natürlich vor iihrer Weiterverarbeitung einem neutralen
Waschprozeß mittels wäßriger Flüssigkeiten unterworfen werden; ebenso kann es zweckmäßig
sein, die hydrophilen Extrakte vor der nächstfälligen Ausschüttelung im Sinn des
Verfahrens der vorliegenden Erfindung im alkalischen Medium mit geeigneten Mitteln
zu waschen.
-
Beide Arten von Extrakte können gegebenenfalls, schon zur Herabminderung
des zu bewältigenden Flüssigkeitsvolumens, jeweils eingeengt werden.
-
Zur weiteren Erläuterung der vorliegenden Erfindung wird auf die
Beispiele verwiesen, ohne daß durch die Zusammenstellung derselben eine Einschränkung
hinsichtlich Art und Menge der an gewandten Maßnahmen bzw. Hilfsmittel ausgesprochen
werden soll.
-
Beispiele I. 100 kg frische Leber werden gemahlen und bei einer Temperatur
von 5 @ mit 400 1 Wasser 4 Stunden lang verrührt. Hierauf wird abgeseiht und der
Rückstand abgepreßt. Das Filtrat wird im Vakuum bei + 20° auf 501 eingeengt und
mit 1001 Äthylalkohol versetzt. Es wird abgesaugt und der Rückstand mit 20 1 Alkohol
gewaschen.
-
Die vereinigten Filtrate werden nun viermal mit je 18 1 Toluol geschüttelt.
Die vereinigten Toluolfraktionen werden sodann zweimal mit je 50 l
700/Oigem
Alkohol, der einDrittel normal an Salzsäure ist ausgeschüttelt. Die alkoholischenAuszüge
werden hierauf zweimal mit je 25 1 Chloroform erschöpfend extrahiert, worauf die
vereinigten und gewaschenen Chloroformextrakte ihrerseits zweimal mit je 30 1 5o0/oigem
Methanol, dessen PH mit Ammoniak auf 9,5 eingestellt ist, ausgeschüttelt werden.
Nun wird der Methanolauszug nach Neutralisation zwei- bis dreimal mit je 10 1 Äthylenchlorid
extrahiert. Nach Wiederholung der vorgenannten Methanolaus schüttelung einerseits
und Äthylenchloridextraktion andererseits ergibt sich bei der klinischen Prüfung,
daß die aus den beiden Äthylenchloridausschüttelungen durch Eindampfen erhaltenen
Konzentrate die gleiche Wirks!amkeit Zeigen. Zur weiteren Reinigung wirtd der zuletzt
erhaltene Äthylen chloridextrakt im Vakuum völlig zur Trockne eingedampft, worauf
der Rückstand einige Zeit mit 51 Petroläther digeriert wird. Man erhält so einen
festen, zunächst noch amorphen Rückstand, welcher nach dem Umkristallisieren aus
Alkohol etwa 0,I g rötliche Kristalle ergibt. Die Substanz bewirkt in einer Menge
von 100 y, gelöst in 2 ccm pflanzlichem Öl, bei sekundären Anämien eine Normalisierung
des Hämoglobingehaltes und der Zahl der Erythrocyten.
-
2. 100 kg frische Leber werden gemahlen und nach Zugabe von 500 g
Natriuinfluorid als Desinfektionsmittel mit 100 1 Wasser verrührt, worauf man das
Gemisch 4 Wochen bei Zimmertemperatur unter öfterem Umrühren stehenläßt. Nach Ablauf
dieser Zeit werden noch 200 1 Methanol eingerührt uad nach 2 Tagen weiterem Stehenlassen
wird die Masse durch Filterpressen abgetrennt und der Preßrückstand hydraulisch
abgepreßt. Die vereinigen Filtrate werden im Vakuum bei 220 auf etwa 35 kg eingeengt,
worauf mit 100 1 Methanol versetzt wird'. Hierauf wird koliert und der Kolierrückstand
nochmals mit 20 1 Methanol ausgeschüttelt. Die vereinigten methylalkoholischen Extrakte
werden sodann mit Wasser auf einen Methanolgehalt von 700/0 gebracht.
-
Nun wird dreimal mit je 15 1 niedrigsiedendem Petroläther ausgeschüttelt.
Die vereinigten und mit verdünntem Alkohol gewaschenen Petrolätherauszüge werden
zweimal mit je 20 1 7o0/oigem Methanol extrahiert, dem 600 ccm 10 n-H Cl zugefügt
sind. Die Methanollösung wird nach Einengung auf etwa 10 1 dreimal mit je 5 1 Isopropyläther
ausgeschüttelt. Der Isopropylätherauszug wird, nach dem er zunächst mit 5o0/oigem
Methanol gewaschen ist, viermal mit je 5 1 60%igen Aceton, das auf ein p, von etwa
2 eingestellt ist, extrahiert. Nach Einengen dieses Extraktes auf die Hälfte wird
er dreimal mit je 5 1 Isoamylalkohol ausgeschüttelt.
-
Zur Probe (Beispiel 1) werden die beiden letzten Ausschüttelungen
wiederholt, worauf Jeder Isoamylalkoholauszug im Vakuum völlig abdestilliert wird.
-
Der Destillationsrückstand wird mit 21/2 1 Äther verrührt; es hinterbleibt
ein fester Rückstand, welcher nach Umkristallisation aus Aceton die gleichen Kristalle
wie nach Beispiel I ergibt.