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Verfahren zur Gewinnung von Strophanthus-Monoglycosiden durch enzymatischen
Abbau der zugehörigen höheren G-lycoside Bekanntlich gehen in geeignetem Milieu
die in den Samen von Strophanthusarten enthaltenen höheren Glycoside infolge der
Anwesenheit gewisser Enzyme unter Abspaltung von einem oder mehreren Molekülen Glucose
in wechselndem Maße in die zugehörigen Monoglycoside über. So bewirkt z. B. das
in den Samen von Strophanthus kombe u. a. vorhandene, als Strophanthobiase bezeichnete
Enzyrn (vgl. Journal of biological Chemistry, Vol. 69, S. 153ff. [19a6]), welches
sich aus den gemahlenen und entfetteten Samen durch wäßrige Extraktion gewinnen
läßt, den Abbau der Hauptglycoside k-Strophanthin-fl und -;, zum glucosefreien Cymarin,
sofern nicht bei der Aufarbeitung des Pflanzenmaterials zwecks Ausschaltung der
enzymatischen Vorgänge unter besonderen Bedingungen gearbeitet wird. L'nterdenbeiderIsolierung
der Hauptglycoside des Strophanthus kombe bzw. des genuinen Glycosidgemisches obwaltenden
Verhältnissen (vgl. u. a. Helvetica chimica Acta, Bd. 2o, S. 1484ff. [z937] sowie
auch Patentschrift 721 001) liegt eine solche Enzymhemmung weitgehend vor, so daß
in dem wie angegeben bereiteten Gemisch der Rohglycoside nur etwa o,1 bis 0,3% Cymarin
enthalten sind (loc. cit. S. 1q.99).
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Es ist weiterhin bekannt, daß das durch die Wirkung der Strophanthobiase
entstehende Cymarin durch ein zweites im Kombe-Samen vorhandenes Enzym allmählich
in eine stereoisomere Verbindung, das sogenannte allo-Cymarin, umgelagert wird (vgl.
Journal of biological Chemistry, Vol. 88. S. 519 ff. [1930]), welches im Gegensatz
zu dem stark herzwirksamen Cymarin biologisch unwirksam ist. Da sich bislang eine
Spaltung der höheren
Strophanthus-Glycoside zu den Monoglycosiden
auf nichtfermentativem Wege nicht hat durchführen lassen, muß die Darstellung derselben,
welche, insbesondere die des Cymarins, neuerdings von technischem Interesse geworden
ist, .unter solchen Bedingungen erfolgen, die eine möglichst optimale Wirkungsentfaltung
der Spaltungsfermente bei gleichzeitiger Ausschaltung der allomerisierenden Fermente
gewährleisten. Von diesem Gesichtspunkt aus ist man z. B. zur Gewinnung des Cymarins
unter Benutzung der abweichenden Löslichkeitsverhältnisse der beiden Enzyme wie
folgt verfahren (vgl. Helvetica chimica Acta, Bd. 31, S. 883 ff. [r948]) : Der zerkleinerte
und entfettete Samen wird bei niedrigen Temperaturen kurze Zeit mit Wasser extrahiert,
worauf schnell vom Unlöslichen abgesaugt wird; hierbei geht die wasserlösliche Strophanthobiase
nebst geringen Mengen an Glycosiden in Lösung, während das die Umlagerung des Cymarins
in das allo-Cymarin bewirkende Ferment noch kaum zur Wirkung gelangt ist und wegen
seiner festeren Bindung an die Zellstruktur zurückbleibt. Die wäßrige Lösung wird
bei o° aufbewahrt, und inzwischen erfolgt die Aufarbeitung des Samenrückstandes
in der für die Gewinnung des Glycosidgemisches üblichen Weise (Extraktion mittels
hochprozentigem Alkohol, Ausfällung der Gerbstoffe usw.). Das schließlich erhaltene
Gemisch der Rohglycoside wird nunmehr mit der Strophanthobiaselösung zusammengebracht,
worauf die enzymatische Cymarinbildung einsetzt.
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Dieses gegenüber den verschiedenen StropEänthusarten zwecks Gewinnung
von Cymarin bzw. anderen Monoglycosiden (vgl. u. a. Helvetica chimica Acta, Bd.
31, S. 883 ff. [19481; Bd. 33, S-4'65, 522, 544, 639, 666 [195o]) bisher durchgeführte
Verfahren ist zwar für die Aufarbeitung von kleinen Samenmengen geeignet, erweist
sich aber bei der Verarbeitung größerer Ansätze als zu schwerfällig. Es müssen nicht
nur zwei Extraktionen nebeneinander durchgeführt werden, was an sich für die kontinuierliche
Betriebsführung kaum tragbar ist, sondern es zeigt sich auch, daß die Herstellung
haltbarer Fermentlösüngen in größerem Maßstab angesichts der einzuhaltenden Bedingungen
schwierig ist.
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Der Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft demgegenüber ein
technisch brauchbares Verfahren zur fermentativen Gewinnung der Monoglycoside aus
Strophanthussamen, insbesondere des Cymarins, welches in bedeutend abgekürzter Zeit
und mit einem viel geringeren Arbeitsaufwand mit guten Ausbeuten zu bereits weitgehend
reinen Produkten führt. Es besteht darin, daß man unter Umgehung der Isolierung
wäßriger Spaltfermentlösungen den zerkleinerten und entfetteten Strophanthussamen
längere Zeit, etwa mehrere Tage, gleichzeitig der Einwirkung von Wasser und halogenierten
Kohlenwasserstoffen, z. B. Chloroform oder Äthylenchlorid, aussetzt. Der nach der
Abtrennung vom Gesamtgut, welche in an sich üblicher Weise erfolgt, erhaltene Halogenkohlenwasserstoffextrakt
enthält das betreffende Monoglycosid in einer einem quantitativen Abbau- der ursprünglich
vorhandenen Glycoside entsprechenden Menge, ohne daß, was als sehr überraschend
bezeichnet werden muß, eine nennenswerte Umlagerung in die a11o-.Form stattgefunden
hat. Hingegen erhält man diese in weitgehendem Maße, wenn man das Drogenmaterial
mitWasser allein derFermentation überläßt und das Gut erst zum Schluß mit z. B.
Chloroform extrahiert.
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Worauf die Wirkung des erfindungsgemäßen Verfahrens zurückzuführen
ist, sei dahingestellt. Sie mag, wenigstens teilweise, darauf beruhen, daß die angewandten
Halogenkohlenwasserstoffe dem wäßrigen Medium das jeweils gebildete Monogly cosid
schnell genug zu entziehen vermögen, um seine Allomerisierung zu verhindern. Man
könnte sie auch mit einer spezifischen Inaktivierung des allomerisierenden Fermentes
durch diese Lösungsmittel erklären; es wäre dann besonders überraschend, daß offenbar
das Spaltungsferment, z. B. die Strophanthobiase, in ihrer Wirkung nicht behindert
wird. Wahrscheinlich wirken beide Faktoren zusammen.
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Voraussetzung für die Durchführbarkeit des Verfahrens der vorliegenden
Erfindung ist natürlich, daß das Ausgangsmaterial nicht zuvor, z. B. während des
Mahl- und Entfettungsvorganges, einer allgemein fermentationsfeindlichen Einwirkung
unterworfen war. Die Dauer der Behandlung mit den verfahrensgemäß anzuwendenden
Flüssigkeiten, welche vorzugsweise bei Zimmertemperatur erfolgt, richtet sich nach
dem vollständigen Ablauf der fermentativen Vorgänge; der für die Aufarbeitung zu
wählende Zeitpunkt, von dem ab also kein Monoglycosid mehr gebildet wird, läßt sich
leicht durch eine sinngemäß angestellte Probe ermitteln. Beispiele x. i kg gemahlener
und in üblicher Weise entfetteter Strophanthus kombe-Samen wird unter Hinzufügung
von einigen Kubikzentimetern Toluol mit 2,2 1 Wasser und 330 ccm Chloroform
innig verrührt und 14 Tage bei :25' unter häufigem Durchmischen aufbewahrt.
Hierauf wird abgepreßt und der Preßrückstand in mehreren Portionen mit insgesamt
66o ccm frischem Chloroform unter jeweiligem Abpressen durchgearbeitet. Die vereinigten
Preßabläufe werden zur Entemulgierung mit der ausreichenden Menge Sprit versetzt
und von geringen Mengen fester Bestandteile abfiltriert. Das Filtrat wird mit so
viel Chloroform versetzt, daß eine klare Trennung in zwei Schichten, nämlich eine
obere wäßrig-alkoholische und eine untere alkoholisch-chloroformische, erfolgt.
Die obere Schicht wird abgetrennt und einige Male mit frischem Chloroform ausgeschüttelt,
welches der unteren Phase hinzugefügt wird. Die letztere wird mit verdünntem Alkali
und Wasser gewaschen, getrocknet und eingedampft. Der gewonnene Rückstand liefert
nach Umkristallisation aus Methanol 2o @g schmelzpunktreines Cymarin, während allo-Cymarin
nicht nachzuweisen ist. Ungefähr die
gleiche Ausbeute ergibt sich
aus demselben Samenmuster nach der in Helvetica chimica Acta, Bd. 31, S. 883 f1-.
(1948) angegebenen Arbeitsweise. Die erhaltene Menge Cymarin entspricht gemäß Analyse
des Ausgangsmaterials einem quantitativen Abbau der ursprünglich vorhandenen Glycoside.
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Wird der Samen hingegen unter den gleichen Bedingungen, aber ohne
Anwesenheit von Chloroform, aufbewahrt, so ergibt die abschließende Extraktion des
Gutes (weitere Aufarbeitung analog den obigen =\iigabeii) unter Berücksichtigung
sämtlicher Extrakte nur 2,1 g Cymarin neben 1-2,6 g allo-Cymarin vom Schmelzpunkt
147 bis 149° (aus -NTethanol-Ätlier).
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:2. 766 g eines anderen Musters von Strophanthus Icombe-Samen werden
nach Mahlung und Entfettung mit 2,5 1 Wasser, 30 ccm Toluol und 4oo ccm Chloroform
8 Tage lang bei 18 bis 2o° digeriert. Hierauf werden dem Gut 500 ccm Chloroform
und 1,81:g festes Ammoniumsulfat zwecks Koagulierung der Ballaststoffe zugesetzt,
worauf abgepreßt wird. Der Preßrückstand wird nochmals mit o,5 1 Chloroform und
o,5 1 Wasser durchgearbeitet. Die vereinigten Preßfiltrate ergeben nach der oben
angegebenen Aufarbeitung 17,8 g schmelzpunktreines Cymarin.
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Verwendet man an Stelle des Chloroforms die gleichen :Mengen Äthylenchlorid,
so beträgt die Ausbeute an Cymarin 16 g.