Verfahren zur Trennung von Tetracyclin und Chlortetracyclin
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Trennung von Tetracyclin und Chlortetracyclin, insbesondere aus den Fermentationsbrühen und andern wässrigen Lösungen, welche die beiden Antibiotica in Mischungen miteinander enthalten.
Tetracyclin ist ein in weitem Ausmass wirksames Antibioticum, über das zuerst im Journal of the American Chemical Society, Bd. 74, S. 4976 (1952) berichtet worden ist. Die Herstellung dieses Antibioticums durch katalytische Reduktion von Chlortetracyclin ist gleichfalls im Journal of the American Chemical Society, Bd. 74, S. 4621-23 (1953) beschrieben worden.
Chlortetracyclin ist auch ein in grossem Umfang wirksames Antibioticum und kann aus den Fermentationsbrühen von Streptomyces aureofaciens gewonnen werden, wie es im USA-Patent Nr. 2482055 von Duggar vom 13. 9. 49 näher erörtert wird. Es ist unter dem Handelsnamen Aureomycin (eingetragene Marke) bekannt.
Während es nun möglich ist, Tetracyclin durch katalytische Reduktion von Chlortetracyclin herzustellen, hat doch seine direkte Gewinnung durch Fermentation viele Vorteile. Beispielsweise fällt die Apparatur weg, welche für die Durchführung der Hydrierung des Chlortetracyclins erforderlich ist.
Ferner erübrigt sich die Anwendung des teuren Hydrierungskatalysators und die Gefahren fallen weg, die immer mit Hydrierungsoperationen verbunden sind. Die direkte Gewinnung von Tetracyclin durch Fermentation ist mit Hilfe der Züchtung ausgewählter Stämme der Gattung Streptomyces in Nährmittellösungen unter aeroben Bedingungen gelungen. Bei cen meisten Verfahren, die entwickelt wurden, tritt aber in den Fermentationsbrühen neben dem gewünschten Tetracyclin auch noch Chlortetracyclin auf. Die Menge an Chlortetracyclin schwankt je nach dem besonderen Mikroorganismus, der für die Fermentation benutzt wurde, der Zusammensetzung des Nährmediums und andern Faktoren erheblich.
Wenn grössere Beträge an Chlortetracyclin zugegen sind, entsteht ein ernstes Problem in der Trennung der beiden Substanzen, die wegen der Ähnlichkeit der physikalischen und chemischen Eigenschaften der beiden Stoffe schwierig ist. Die üblichen Gewinnungsverfahren führen unter diesen Umständen zu einem Gemisch der beiden Antibiotica, das erst wieder weiterbehandelt werden muss, beispielsweise durch katalytische Reduktion des Chlortetracyclins, um reines Tetracyclin herzustellen.
Eine ähnliche Aufgabe ergibt sich bei der katalytischen Reduktion des Chlortetracyclins, wenn die Reduktion nicht vollständig war, so dass das Tetracyclin noch immer Reste von Chlortetracyclin enthält.
Es war also wichtig, ein Verfahren zur Trennung der beiden Antibiotica zu suchen.
Es ist nun gefunden worden, dass man Tetracyclin aus Fermentationsbrühen und andern wässrigen Lösungen, in welchen es neben Chlortetracyclin enthalten ist, abtrennen kann, indem man die beiden Antibiotica mit einem mit Wasser höchstens teilweise mischbaren Lösungsmittel bei einem sauren PH extrahiert, den Extrakt in Gegenwart von Wasser mindestens annähernd neutralisiert und das Tetracyclin auskristallisieren lässt, während das Chlortetracyclin in Lösung bleibt.
Bei der Durchführung des Verfahrens wird beispielsweise ein Gemisch von Tetracyclin und Chlortetracyclin in wässriger Lösung auf ein PH von etwa 0,5-3,5, vorzugsweise auf 2, mit Hilfe einer anorganischen Säure, wie Salzsäure, Schwefelsäure oder dgl., eingestellt. Die wässrige Lösung kann eine Fermentationsbrühe sein, welche die beiden Anti biotica enthält, oder sie kann eine Dispersion von festen Stoffen aus der Fermentation oder aus andern
Quellen sein.
Die beiden Antibiotica können als freie Basen,
Salze, Komplexe oder dergleichen vorliegen, wie sie auf dem Weg bekannter Abscheidungsverfahren ge wonnen werden.
Nach der Ansäuerung der wässrigen Lösung, welche die Antibiotica enthält, können verschiedene
Mittel zugesetzt werden, um ein besonders reines
Tetracyclinprodukt zu erhalten. Beispielsweise kann man Ferrocyanid hinzufügen, um unerwünschte, färbende Bestandteile zu entfernen und zu verhin dern, dass sie bei der nachfolgenden Abtrennung des
Tetracyclins mit abgeschieden werden. Man kann auch Ammoniumoxalat benutzen, um die nachfol gende Fällung von Calciumsalzen zu vermeiden, wenn die Lösung einen hohen Gehalt an Calcium ionen aufweist.
Die so vorbereitete, angesäuerte Lösung wird nun der Extraktion mit einem mit Wasser höchstens teil weise mischbaren organischen Lösungsmittel unter worfen, insbesondere mit entsprechenden Alkoholen, wie Butanol, Isobutanol, Pentanolen, Hexanolen und dergleichen Butanol hat sich als recht gut geeignet für diesen Zweck erwiesen. Gewöhnlich genügen
0,2-2 Volumina des organischen Lösungsmittels pro
Volumen der wässrigen Lösung, um das erstrebte
Resultat zu erreichen, obgleich man auch grössere
Flüssigkeitsmengen anwenden kann.
Es ist festgestellt worden, dass man die Extrak tion der beiden Antibiotica mit dem organischen
Lösungsmittel wesentlich fördern kann, wenn man die angesäuerte wässrige Lösung vor der Extraktion mit einem wasserlöslichen, anorganischen Salz ver setzt, wie Natriumchlorid, Natriumsulfat, Kalium sulfat, Kaliumchlorid, Ammoniumchlorid, Ammo niumsulfat usw. Es scheint, dass die Zugabe dieser
Salze einen Aussalzungseffekt auf die beiden Anti biotica ausübt und dadurch die Benutzung von viel kleineren Mengen an Extraktionsmitteln gestattet, als sonst angewendet werden müssten. Die Salzmenge, die zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, schwankt je nach dem Gehalt der Lösung an den beiden Antibiotica und ihrem gegenseitigen Verhält nis. Im allgemeinen ist es zweckmässig, so viel Salz zuzusetzen, dass seine Konzentration in der Lösung
3-25 B/o beträgt.
Nach Beendigung der Extraktion werden die organischen Extrakte zweckmässig filtriert, um die unlöslichen Anteile zu entfernen, und dann mit Was ser und einer alkalischen Substanz, wie Natrium hydroxyd, Kaliumhydroxyd, Ammoniumhydroxyd,
Triäthylamin oder einem andern aliphatischen Amin behandelt, indem man zum Beispiel dem Extrakt
Wasser zusetzt und langsam den alkalischen Stoff zufügt, vorzugsweise bis das PH der wässrigen Schicht auf einem Wert zwischen 5 und 8, am besten zwischen 6 und 7, stehen bleibt. Nun kann das Tetracyclin in Form der Base auf verschiedene Weise auskristallisiert werden. Beispielsweise kann man das Gemisch der organischen und der wässrigen Lösung rühren.
Man kann die beiden Phasen auch einfach 8 bis 12 Stunden ruhig stehenlassen, wobei die freie Tetracyclinbase auskristallisiert. Man kann aber auch das Gemisch im Vakuum konzentrieren und dabei das ganze oder einen Teil des organischen Lösungsmittels entfernen und im Konzentrat so viel Wasser zurücklassen, um das Trihydrat des Tetracyclins zu bilden. Das nach einer von diesen Arbeitsweisen abgeschiedene Tetracyclin lässt sich leicht durch Filtration oder auf eine andere geeignete Weise gewinnen.
Es kann durch Umkristallisieren aus Aceton, Monoestern von Äthylenglykol oder andern organischen Lösungsmitteln noch weiter gereinigt werden.
Das in der ursprünglichen Lösung enthalten gewesene Chlortetracyclin bleibt nach der Entfernung des Tetracyclins in dem organischen Extrakt oder im Filtrat zurück. Dieses Filtrat kann nochmals in der beschriebenen Weise behandelt werden, um die letzten Reste von Tetracyclin zu gewinnen, die noch in dem Chlortetracyclin vorhanden sein können.
Schliesslich kann man das Chlortetracyclin durch Eindampfen des Filtrats zur Trockne abscheiden und in bekannter Weise reinigen.
Die Möglichkeit, Tetracyclin auf dem beschriebenen Weg abzuscheiden, ist völlig überraschend, da die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Tetracyclin und Chlortetracyclin einander ausserordentlich ähnlich sind. Beide Substanzen bilden mit Säuren Salze und lassen sich in dieser Form leicht mit organischen Lösungsmitteln aus den angesäuerten wässrigen Lösungen extrahieren. Die sauren Salze beider Antibiotica lassen sich leicht durch Zusatz von alkalischen Stoffen neutralisieren und liefern dabei die freien Basen. Aber das neutralisierte Tetracyclin scheidet sich, was bis jetzt unbekannt war, leicht aus Lösungen aus, während das Chlortetracyclin unter den beschriebenen Bedingungen in Lösung bleibt.
Beispiel I
Ein ausgewählter Stamm von Streptomyces, der in der American Type Collection in Washington, D. C., unter der Bezeichnung ATCC Nr. 11654 hinterlegt ist, wurde auf Agar unter solchen Bedingungen gezüchtet, dass er Sporen entwickelte, mit denen ein Nährmedium geimpft werden konnte, das nachstehende Zusammensetzung hatte: Enzymin B (enzymatischer
Auszug aus Casein) 10 g/l Cerelose (Glukose) 10 g/l
Hefeextrakt 5 g/l
Calciumkarbonat 1 g/l
1 Liter dieser Nährmischung wurde auf ein p,i von 6,7 eingestellt und dann durch Erhitzen sterilisiert. Man liess abkühlen und fügte unter sterilen Bedingungen die Sporen hinzu.
Nach der Züchtung des Organismus während 2 Tagen in Schüttelflaschen wurde das Gemisch von Brühe und Mycel in 115 Liter eines sterilen Fermentationsmediums übertragen, das folgende Zusammensetzung aufwies:
Sojabohnenmehl 4,0 ovo
Natriumnitrat 0,5 O/o
Sojaöl 5 ml/l
Dieses Medium wurde auf ein PH von 6,25 eingestellt und in üblicher Weise sterilisiert, bevor die Brühe und das Mycel aus den Schüttelflaschen zugesetzt wurde. Man impfte es dann mit dem Organismus und behandelte es 26 Stunden unter Rührung und Belüftung bei sterilen Bedingungen, wobei pro Minute und Volumen je 1 Volumen Luft hindurchgeleitet wurde. Die Temperatur während dieser Behandlung betrug 280 C.
Die so erhaltenen 115 Liter der geimpften Masse wurden nun in 680 Liter eines Nährmediums gleicher Zusammensetzung übertragen, das vorher sterilisiert worden war. Die Fermentation wurde dann unter sterilen Bedingungen fortgesetzt, wobei man 67 Stunden lang mit je 3/4 Volumen Luft pro Volumen der Brühe und Minute bei einer Temperatur von 28 C belüftete. Die totale antibiotische Aktivität der Brühe betrug zu diesem Zeitpunkt 715 Mikrogramm Tetracyclin und Chlortetracyclin pro ml.
490 Liter der so erhaltenen Fermentationsbrühe wurden mit Schwefelsäure auf ein PH von 2,5-3 angesäuert und unter Zusatz von Super-Cel (eingetragene Marke) filtriert, um das Mycel zu entfernen. Nach dem Waschen des Filterkuchens setzte man zum Filtrat 0,4 0/0 Zitronensäure (Gewicht/ Volumen) und darauf 2,3 ml/l einer 500/obigen Mischung von langkettigen, quaternären Alkylaminen, die im Handel unter der Bezeichnung Arquad CB erhältlich ist. Diese Amine bestehen in der Hauptsache nach aus Dodecylamin. Danach wurden 6 ml 3 /0iger Calciumchloridlösung (Gewicht/Volumen) je Liter der Brühe zugesetzt, und der pEl-Wert wurde mit Natriumhydroxyd auf 9-9,5 eingestellt, worauf sich die quaternären Ammoniumsalze von Tetracyclin und Chlortetracyclin abschieden.
Der Niederschlag wurde mit Hilfe von Super-Cel abfiltriert, mit Wasser gewaschen und getrocknet.
50 g der gemischten Salze, die etwa 30 000 y an totaler antibiotischer Aktivität (Tetracyclin und Chlortetracyclin) pro g enthielten, wurden in 200 ml Wasser suspendiert, und dann wurde der pH-Wert mit 6n-Salzsäure auf 2 eingestellt. Man fügt 2 g Kaliumferrocyanid und 25 ml einer 5 O/oigen Ammoniumoxalatlösung hinzu. Die Mischung wurde 15 Minuten gerührt, und dann wurde das PH auf 2 nachgestellt. Das Gemisch wurde filtriert und der Filterkuchen mit 100 ml Wasser gewaschen, das gleichfalls einen pli-Wert von 2 aufwies. Die vereinigten Filtrate ergaben 305 ml einer Lösung mit einer antibiotischen Gesamtaktivität von 1 690 000 y (Tetracyclin und Chlortetracyclin). Diese Lösung wurde 6mal mit je 100 ml n-Butanol extrahiert.
Es hinterblieben 217 ml einer extrahierten wässrigen Schicht mit 211 000 y antibiotischer Gesamtaktivität (Tetracyclin und Chlortetracyclin), das heisst 12,4 O/o der Aktivität der ursprünglichen Lösung.
Die Butanolextrakte wurden abfiltriert, vereinigt und mit 100 ml Wasser durchgeschüttelt. Dann setzte man langsam eine 10 O/oige Natriumhydroxydlösung zu, bis der Pa-Wert der wässrigen Schicht bei 6-7 stehen blieb. Das Gemisch von Butanol und Wasser wurde nun im Vakuum konzentriert, wobei man von Zeit zu Zeit Wasser zusetzte, um die Abtreibung des Butanols zu erleichtern. Schliesslich erhielt man 80 bis 100 ml einer wässrigen Lösung, welche Kristalle der freien Tetracyclinbase abschied. Durch weiteren Zusatz von 10 O/oiger Natriumhydroxydlösung wurde ein PH von 5-6,8 eingestellt, dann wurde abgekühlt und filtriert.
Das Filtrat enthielt 374 000 y an antibiotischer Gesamtaktivität (Tetracyclin und hauptsächlich Chlortetracyclin) oder 22,1/0 der Aktivität der ursprünglichen Lösung. Die Kristalle wogen 0,89 g mit einer Gesamt-Tetracyclinaktivität von 882 000 y oder 990 y Tetracyclinaktivität pro mg.
Dies entspricht etwa 52 /o der antibiotischen Gesamtaktivität der wässrigen Ausgangslösung, woraus sich ergibt, dass ein wesentlicher Teil des in einer Lösung vorhandenen Tetracyclins gewonnen werden konnte.
Die Ultraviolettanalyse und Messungen der Papierchromatographie zeigten, dass in dem kristallinen Produkt bloss Tetracyclin vorhanden war. Die Analyse ergab: Berechnet für C2.H24N2O5: C = 59 45 O/o; ; H 5,440/0 Gefunden: C = 59 59 o/o; H = 5,440/o
Das beschriebene Verfahren wurde mit einem Gemisch der quaternären Ammoniumsalze von Tetracyclin und Chlortetracyclin unter Weglassung der Butanolextraktion wiederholt. Dabei wurde ein rohes Tetracyclinprodukt erhalten, das 30 Gew. /o Chlortetracyclin enthielt.
Beispiel 2
500 g der gemischten quaternären Ammoniumsalze von Tetracyclin und Chlortetracyclin wurden in 1500 ml Wasser bei einem PH von 2 suspendiert und dann wurden 20 g Natriumferrocyanid zugesetzt. Die erhaltene Lösung wurde filtriert und der Rückstand mit 1000 ml Wasser vom PH = 2 gewaschen. Die vereinigten Filtrate enthielten 61100 000 y antibiotische Gesamtaktivität (Tetracyclin und Chlortetracyclin). Die Lösung wurde nun mit 340 g Natriumchlorid versetzt und 3mal mit sse 800 ml n-Butanol extrahiert. Die verbleibende wässrige Lösung enthielt noch 870 000,, antibiotische Gesamtaktivität (Tetracyclin und Chlortetracyclin) oder 1, 4 /o der Gesamtaktivität der ursprünglichen Lösung vor der Extraktion.
Die Butanolextrakte wurden vereinigt, mit Wasser geschüttelt und so lange mit einer 10 0/oigen Natriumhydroxydlösung neutralisiert, bis die wässrige Phase ein PH von 6,8 zeigte.
Dann wurde das Butanol im Vakuum zum grössten Teil entfernt und die restliche Lösung über Nacht in den Eisschrank gestellt. Die ausgeschiedene kristalline freie Tetracyclinbase wurde abfiltriert und im Vakuum getrocknet. Das erhaltene Produkt wog 22,1 g und zeigte eine Tetracyclin-Aktivität von 1047 7/mg. Die gesamte Tetracyclin aktivität betrug 23 100 000 y oder 37,7 O/o der gesamten antibiotischen Aktivität der Ausgangslösung. Das kristalline Produkt enthielt kein Chlortetracyclin.
Aus dem zurückgebliebenen Filtrat wurde das restliche Butanol im Vakuum entfernt. Dabei wurden weitere 5,9 g Tetracyclin gewonnen, die eine Tetracyclin-Aktivität von 950 ,v/mg aufwiesen. Die Gesamtaktivität des zusätzlichen Tetracyclins betrug 5610000 j, was 9, 2 /o von der antibiotischen Gesamtaktivität der Ausgangslösung entspricht.
Anderseits enthielten die kombinierten Filtrate 28 000 000 ; totale antibiotische Aktivität (Tetracyclin und Chlortetracyclin), wovon 30-40 O/o auf Chlortetracyclin entfielen. Durch Wiederholung des Verfahrens konnten aus diesen Mutterlaugen noch weitere Mengen von Tetracyclin abgeschieden werden, so dass man schliesslich aus den Rückständen das Chlortetracyclin nach bekannten Methoden, z. B. durch Butanolextraktion, in reinem Zustand gewinnen konnte.