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Verfahren zur Herstellung von a-Ascin Die Erfindung bezieht sich auf
ein Verfahren zur Herstellung von a-Ascin aus Teilen des Roßkastanienbaumes, insbesondere
Roßkastaniensamens, das im Vergleich zum p-Äscin nur etwa halb so stark hämolytische
Wirkung aufweist.
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Bemerkt sei, daß nach den bisherigen Untersuchungen weder das ß-Äscin
noch das o;-Äscin einheitliche Stoffe darstellen; es handelt sich nach den bisherigen
Erkenntnissen um Glykosidgemische mit ähnlichen chemisch-physikalischen Eigenschaften
(z. B. Verteilungsverhalten in zweiphasigen Lösungsmittelgemischen oder auf Adsorbentien).
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Es wurde nun gefunden, daß unter bestimmten Bedingungen eine Umwandlung
des ß-Äscins zum a-Äscin gelingt, ohne daß dabei erhebliche Verseifung zu acylärmeren
Produkten stattfindet, die bekanntlich relativ leicht bei Roßkastaniensaponinen
im alkalischen Milieu durch Verseifen unter Abspaltung ihrer Acylgruppen zum schwerlöslichen,
hämolytisch unwirksamen Äscinol vor sich geht.
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Gemäß der Erfindung wird aus einem Roßkastanienextrakt unter Umwandlung
des ß-Äscins, das im frischen Extrakt den Anteil an oc-Äscin weit übersteigt, ein
großer Anteil an dem wertvollen O aiscin mit einem HI von etwa 1 :15 000 bis 1 :
22 000, z. B. 1 :18 000 hergestellt.
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Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, daß das ß-Äscin sich in
oc-Äscin dann umwandeln läßt und eine Abspaltung von Acylgruppen bzw. eine Verseifung
zu Äscinol sich - mindestens im wesentlichen - vermeiden läßt, wenn die Acidität
eines wäßrig-alkoholischen Extraktes bzw. einer ß-Äscinlösung verringert und die
Reaktion der Lösung durch Zugeben von etwa neutral reagierenden Puffersubstanzen
oder einfacher von alkalischen Mitteln, z. B.
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Natronlauge, auf einen pH-Wert von 5,0 bis 7,5, jedenfalls über 4,5,
vorzugsweise über 6,0 und unterhalb 7,0 eingestellt wird, so daß die Erfindung vorschlägt,
eine ß-Äscin enthaltende Lösung auf einen pH-Wert im Bereich von über 4,5 und unterhalb
7,5, vorzugsweise im Bereich von 5 bis 7, insbesondere über 6 und unterhalb 7 einzustellen
und eine solche Lösung stehenzulassen.
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Es wurde festgestellt, daß im etwa neutralen Milieu das ß-Äscin in
Form eines Anions vorliegt, das sich beim Lagernlassen bei Raumtemperatur und rascher
bei erhöhter Temperatur, vorzugsweise im Bereich von 50 bis 3.000 C in oc-Äscin
umwandelt, d. h. in ein Produkt, das mit einem niedrigen HI eine hohe pharmakologische
Wirksamkeit verbindet, ohne daß dabei größere Mengen an hämolytisch unwirksamen
Verseifungsprodukten entstehen.
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Bekannt ist, daß das ß-Äscin sich durch 50stündiges Verreiben im
Mörser in ein röntgenamorphes Produkt überführen läßt, das zu 20/0 über einige Stunden
in Wasser gelöst bleibt. Ebenso ist die Einführung von ein bis drei Acetylgruppen
beschrieben, die zu einer Löslichkeitssteigerung führen. Schließlich ist die Gewinnung
von oc-Äscin aus dem mit Cholesterin fällbaren Saponinanteil von Roßkastanienextrakten
bekannt.
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Während einerseits die Gewinnung von a-Äscin über das Saponin-Cholesterid
relativ umständlich ist, andererseits das mikronisierte Äscin nur instabile Lösungen
geringer Konzentration ergibt, führt eine Acetylierung bereits zu einem partiell
synthetisch veränderten Äscin.
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Nach der Erfindung dagegen gelingt es auf einfache Weise, aus dem
in Wasser schwer löslichen ß-Äscin ein leichtlösliches Produkt herzustellen, das
in Wasser über Jahre hinaus stabil in Lösung bleibt.
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Wäßrige Lösungen von cu-Ascin lassen sich in Konzentrationen von 0,01
bis iOO/o in der Hitze sterilisieren, ohne daß dabei ein Rückgang an hämolytischer
Aktivität eintritt.
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Hochprozentige (10 bis 20°/o), wäßrige a-Ascinlösungen neigen nach
längerem Lagern zu einer Assoziatbildung, die sich in der Bildung von Gallerten
bemerkbar macht. Kurzes Erwärmen auf 50 bis 600 C bringt diese Erscheinung wieder
zum Verschwinden, ohne daß dabei Ausfällungen eintreten.
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Auf Grund dieser günstigen chemisch-physikalischen Eigenschaften
sind o;-Ascinlösungen als Injektionspräparat ebenso geeignet wie für eine orale
Anwendung.
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Es hat sich herausgestellt, daß oc-Äscin trotz seines verhältnismäßig
geringen hämolytischen Index (HI) eine erhebliche antiödematöse Wirkung aufweist,
die sich am Verbrennungsödem messen läßt.
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Die hämolytische Aktivität der Roßkastaniensaponine wird vorzugsweise
gemäß der im folgenden beschriebenen photometrischen Methode, die optimal genaue
Werte liefert, festgestellt. Gemessen wird die Extinktion des in Lösung gegangenen
Blutfarbstoffes, stabilisiert als Cyanhämoglobin.
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Man setzt diejenige Konzentration des Testsaponins mit der des Standardsaponins
(ß-Äscin, HI = 1:40000) ins Verhältnis, die die Auflösung der Hälfte einer 20/oigen
Erythrocytensuspension (erhalten durch Vermischen von 1 ml 4e/Oiger Hammel-Erythrocytensuspension
mit 1 ml Saponinlösung) bei pH 7,2 nach 24stündigem Stehen bei Raumtemperatur verursacht.
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Bisher ist man von anderer Seite den Weg gegangen, das für besonders
wirksam angesehene ß-Ascin zu gewinnen, und hat geglaubt, daß das, was im Extrakt
an Roßkastaniensaponinen nach Fällung und Abtrennen des ß-Siscins übrigbleibt, entweder
völlig wertlos sei (infolge des geringen HI) bzw. wenig Wert habe und verworfen
werden könne, da es von der Fällung nicht erfaßte Spuren von ß-Äscin seien.
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Die Erfindung lehrt nun einen entgegengesetzten Weg, d. h., es soll
so viel wie möglich oc-Äscin gewonnen werden, und zwar weit mehr als in dem frischen
Extrakt frischer Kastanien vorliegt. ~~~ Nach einer bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung wird von einem Roßkastanienextrakt ausgegangen, insbesondere von einem
frisch bereiteten Roßkastanienauszug aus frisch geernteten Roßkastaniensamen; anschließend
an die Extraktion wird nach dieser Ausführungsform der Erfindung der Extrakt in
an sich bekannter Weise auf ß-Äscin aufgearbeitet, z. B. durch Zusetzen von starker
Säure oder durch Verwendung eines Kationenaustauschers, wobei das ß-Äscin in seiner
Säureform zur Ausfällung gebracht wird.
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Dieses ß-Äscin wird dann in die Form seines Salzes, vorzugsweise
Alkalisalzes, z. B. Natriumsalz, übergeführt, z. B. durch Hinzufügen von wäßriger
Natronlauge, bis ein pH-Wert im Bereich von 4,5 bis 7,5, insbesondere 6,4 bis 6,9
erreicht ist. Diese Lösung wird entweder bei Raumtemperatur belassen oder vorzugsweise
erwärmt, wobei in Abwesenheit von Puffersubstanzen durch geringfügige Abspaltung
von Acylresten der pH auf etwa 6 absinken kann und in ein wasserlösliches Produkt
umgewandelt wird.
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Wird nach erfolgter Umwandlung zum wasserlöslichen Saponin die Aufbewahrungsfrist
im Reaktionsmilieu weit überschritten, so tritt in Abhängigkeit von pH, Temperatur
und Konzentration die bereits früher beobachtete Abspaltung der Acylgruppen ein,
die zu hämolytisch unwirksamen Produkten mit geringer Löslichkeit führt.
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Bevorzugt ist - wie oben ausgeführt - die Umwandlung des gesamten
ß-Äscins in ou-Äscin, d. h.
die Gewinnung der Roßkastaniensaponine des Extraktes
zur Gänze als a-Äscin.
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Für die Umwandlungsgeschwindigkeit von ß-Äscin zu a-Äscin ist neben
Temperatur und Konzentration vor allem der pH-Wert der Lösung entscheidend. Im pH-Bereich
4,5 bis 2,5 ist die Reaktion stark gehemmt. Unter pH 2,5 steigt die Reaktionsgeschwindigkeit
wieder an, wobei sich als Nebenreaktion eine Glykosidspaltung mit zunehmender Wasserstoffionenkonzentration
bemerkbar macht. Ab pH 4,5 beschleunigt sich die Umwandlung mit steigenden pH-Werten,
wobei nach Überschreiten des Äquivalenzpunktes (pH 7,5) mit sinkender Wasserstoffionenkonzentration
die Bildung von Verseifungsprodukten zunimmt.
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Ebenfalls ist für die Geschwindigkeit der Umwandlung und auch das
Maß der Umwandlung die Temperatur, bei der die Lösung gehalten wird, von Belang.
Hier ergaben sich günstige Wirkungen im Bereich von Raumtemperatur bis 100, vorzugsweise
50 bis 960 C.
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Statt aus der Extraktlösung das ß-Ascin durch Ansäuern oder Passage
durch einen Kationenaustauscher auszufällen und auf diese Weise das ß-Äscin aus
dem Extrakt, d. h. von dem a-Ascin und den übrigen Extrakt-Inhaltsstoffen zu trennen,
kann nach einer anderen bevorzugten Ausführungsform auch so vorgegangen werden,
daß der frisch bereitete Roßkastanien-Auszug in der Nähe des Neutralpunktes bei
Raumtemperatur oder kürzer bei erhöhter Temperatur belassen wird, wobei die Umsetzung
des anfänglich als ß-Äscin im Extrakt vorliegenden Anteils z. B. quantitativ in
ov-Äscin erfolgt. Bezüglich Zeit, Temperatur, Konzentration und pH-Werten gelten
auch für diese Ausführungsform die oben angegebenen Regeln.
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Die folgende Tabelle zeigt die Umwandlung von ß-Äscin in a-Äscin
in Abhängigkeit von Zeit, Temperatur, Konzentration und pH.
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Als Versuchssubstanz wurde ein durch mehrfaches Umfällen hochgereinigtes
ß-Äscin (Schmelzpunkt 223 bis 2240 C) gewählt, das in l50loiger wäßriger Suspension
nach Versetzen mit Natronlauge bis pH 6,9 in das wasserlösliche Salz übergeführt
wurde.
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Der Verlauf der Reaktion wurde entweder durch Auswaage des noch vorhandenen
ß-Äscinanteils und durch Messung der hämolytischen Aktivität des Reaktionsgemisches
verfolgt. Zur Bestimmung des noch vorhandenen ß-Ascins wurde das Reaktionsgemisch
über eine Kationenaustauschersäule gegeben und die abfließende saure Lösung 7 Minuten
auf 960 C erhitzt. Das dabei ausfallende j6-Äscin wurde abgetrennt und das in Lösung
verbliebene a-Äscin im Vakuum zur Trockne gebracht und gravimetrisch bestimmt. Die
hämolytische Aktivität des -Äscins war zu jedem Zeitpunkt der Reaktion gegenüber
dem ß-Äscin auf etwa die Hälfte abgesunken Prozentualer Anteil an a:-Äscin nach
Umlagerung von ß-Ascin Ansatz: Konzentration 1% Temperatur 900 C pH 6,9 Messung
gravimetrisch Reaktionszeit . . 2 Stunden 3,5 Stunden 5 Stunden 6,5 Stunden 9 Stunden
a-Äscinanteil .. 49 ovo 74°/o 84°/o 87°/o 100 O/o Ansatz: Konzentration iOO/o Temperatur
900 C pH 6,9 Messung gravimetrisch Reaktionszeit . . 3,5 Stunden 5 Stunden 6,5 Stunden
10 Stunden 14 Stunden 18 Stunden oo-Äscinanteil .. 43 O/o 55°/o 64°/o 74O/o 85°/o
100%
Ansatz: Konzentration 10/o Temperatur 680 C pH 6,9 Messung
gravimetrisch Reaktionszeit 24 Stunden 48 Stunden 72 Stunden a-Äscinanteil .. 470/0
80% 92 ovo Ansatz: Konzentration 100/o Temperatur 680 C pH 6,9 Messung gravimetrisch
Reaktionszeit .. 24 Stunden 48 Stunden 72 Stunden 96 Stunden «-Äscinanteil .. 190/0
400/0 48% 77 ovo Ansatz: Konzentration 1 O/o Temperatur 500 C pH 6,9 Messung gravimetrisch
Reaktionszeit.. 68Stunden a-Äscinanteil .. 260/0 Ansatz: Konzentration 0,10/0 Temperatur
1000 C pH 5,2 Messung Ht Reaktionszeit . . 0,5 Stunden 1,5 Stunden 2,5 Stunden 3,5
Stunden 5,0 Stunden a-Äscinanteil . . 440/o 72% 81°/o 91 0/o 1000/o Ansatz: Konzentration
0,1 0/o Temperatur 220 C pH 7,4 Messung HI Reaktionszeit 68 Stunden 142 Stunden
244 Stunden 333 Stunden 404 Stunden o scinanteil .. 44 0/o 56% 75% 84 ovo 96°/o
Beispiel 1 10 g ß-Ascin werden in 50 ml Wasser suspendiert, vorsichtig mit 1 n-NaOH
auf pH 6,9 gebracht und die klare Lösung mit Wasser auf 100ml verdünnt.
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Die 100/oige Natriumäscinatlösung wird über Nacht (14 Stunden) auf
900 C erhitzt, nach dem Abkühlen mit 100 ml Wasser versetzt und über eine Kationenaustauschersäule
(etwa 50 ml Austauscher) gegeben.
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Die abfließende saure Lösung wird 7 Minuten auf etwa 900 C erhitzt
und der sich bildende ß-Äscin-Niederschlag abzentrifugiert. Die leicht trübe Lösung
wird durch Druckfilter geklärt und das Filtrat im RotationsverdampferunterVakuum
zurTrocknegebracht.
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Ausbeute: 850/0 -Äsdnsäure, HI etwa 1 : 20000.
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Beispiel 2 10 g ß-Äscin werden in 50 ml Wasser suspendiert, vorsichtig
mit 1 n-KOH auf pH 6,9 gebracht und die klare Lösung auf 100 ml verdünnt. Die 100/oige
Kaliumäscinatlösung wird im geschlossenen Gefäß 6,5 Stunden auf 1000 C erhitzt und
nach dem Abkühlen über eine Kationenaustauschersäule gegeben.
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Die sauer abfließende Lösung zeigt nach 10 Minuten langem Kochen keinen
ß-Äscin-Niederschlag. Die Lösung wird im Rotationsverdampfer unter Vakuum zur Trockne
gebracht.
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Ausbeute: 100°/o oc-Äscinsäure, HI etwa 1: 20000.
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Beispiel 3 1 g ß-Äscin-Natrium wird in 1000 ml 0,15 Mol Phosphatpuffer
(pH 7,4) gelöst und nach Sterilfiltration in sterilen Gefäßen bei Raumtemperatur
400 Stunden belassen. Der HI des in Lösung vorliegenden a-Äscins beträgt etwa 1:
20 000.
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Beispiel 4 1 g ß-Äscin-Natrium wird mit 1000 ml 0,15 Mol Acetatpuffer
(pH 5,2) aufgenommen und im geschlossenen Gefäß 5 Stunden auf 1000 C erhitzt. Die
anfäglich trübe Lösung (= Anteil an ß-Äscinsäure bei pH 5,2) ist bereits nach kurzer
Erhitzungszeit verschwunden. Der HI des in Lösung vorliegenden a-Äscins beträgt
etwa 1: 10 000.
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Beispiel 5 Ein aus getrockneten Kastanien mit etwa 600/oigem Äthanol
oder Methanol bei Raumtemperatur frisch gewonnener Extrakt wird vom Alkohol befreit,
auf 100/o Trockenrückstand eingestellt und bis pH 6,7 vorsichtig mit NaOH versetzt.
Nach zweistündigem Erhitzen auf 960 C läßt sich im Gegensatz zum nicht erhitzten
Extrakt durch Ansäuern auf pH 2 und weiteren 10 Minuten langem Erhitzen auf 960
C kein ß-Äscin mehr ausfällen. Die hämolytische Aktivität des erhitzten Extraktes
ist um etwa ein Viertel abgesunken.
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Nachdem im Screening am Verbrennungsödem der depilierten Rattenbauchhaut
nach der Methode von Spector und Willoughby es-Äscin in Dosen bis 0,25 mg/kg i.
v., 16 Stunden vor Ödemprovokation verabreicht, das Ödem um 47 % gegenüber unbehandelten
Kontrolltieren hemmte, bestimmten wir die ED 50 am Aerosil-Pfotenödem der Ratte.
Die mittlere wirksame Dosis und die dazugehörigen Vertrauensgrenzen für 95 % Wahrscheinlichkeit
betrugen 0,56 (0,41 bis 0,77) mg/kg i. v.
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Die akute Toxizität von o;-Äscin nach intravenöser Applikation und
einer Beobachtungszeit von 7 Tagen ergab für verschiedene Species folgende LD-50-Werte:
Maus . . 2,8 (2,0 bis 3,9) mg/kg Ratte ....... . 2,4 (1,7 bis 4,0) mg/kg Meerschweinchen
.. . 18,5 (15,4 bis 22,2) mg/kg Diese Ergebnisse zeigen, daß α-Ärscin bei
relativ geringer Toxizität eine gute ödemhemmende Wirkung besitzt.