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Verfahren zum Veredeln von künstlichen Gebilden
Künstliche Gebilde
aus Cellulosehydrat lassen sich bekanntlich mit den Wollfarbstoffen, die in saurer
Flotte ausgefärbt werden, nicht anfärben.
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Um Cellulosehydratfasern eine erhöhte Anfärbbarkeit mit sauren Wollfarbstoffen
zu erteilen, arbeitete man Kunstharze und kunstharzähnliche Stoffe in die Fasern.
Derartige Stoffe erhält man bekanntlich vom Harnstoff und seinen Derivaten her,
doch liegt ein bekannter Mangel solcher Kunstharze darin, daß sie in ihren ersten
Kondensationsstufen wasserlöslich sind, daß sie unter dem Einfluß von Alkali leicht
verseift werden und daß auch bei der Erreichung höherer Kondensationsstufen eine
gewisse Wasserlöslichkeit und Wasser empfindlichkeit immer bleibt.
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Auch wasserlösliche Kondensationsprodukte aus Phenol und Formaldehyd
sind zur Behandlung von Textilfasern vorgeschlagen, wobei das Harz eine Art Beize
für die sauren Wollfarbstoffe darstellen sollte. Auch ist bekannt, daß aus sauren
Wollfarbstoffen und Kondensationsprodukten aus Phenol und Formaldehyd Farblacke
für Zeugdruck ausgefällt werden können.
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Der Verwendung solcher Harze war aber immer hinderlich, daß die üblichen
Kondensafionsprn.dukte aus Phenol und Formaldehyd unter der Einwirkung
des
Lichtes so stark vergilben, daß schon nach kurzer Zeit die damit behandelten Erzeugnisse
mehr oder weniger braun wurden.
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Es ist nun bekannt, daß die Kondensation von Phenol und Formaldehyd
zu sehr unterschiedlichen Harztypen führt, je nachdem, welcher Katalysator und in
welcher Menge er angewendet wird und in welchem Verhältnis Phenol zu Aldehyd angewendet
wird. Bei Molverhältnissen Phenol zu Formaldehyd von i: 1,5 und Anwendung eines
sauren Katalysators entstehen nicht härtbare Harze, sogenannte Novolake.
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Mit alkalischen Kondensationsmitteln, wie Ammoniak, Soda, Pottasche,
Natronlauge oder Kalilauge, Alkaliphenolat u. dgl., erhält man ganz unterschiedliche
Produkte je nach der Menge des Kondensationsmittels und des Formaldehyds. Beispielsweise
erhält man bei einem Molverhältnis von I: I oder weniger Aldehyd auch bei Anwendung
alkalischer Kondensationsmittel nur Novolake; bei Molverhältnissen von 1 : 2 erhält
man härtbare Harze in einer noch löslichen und in der Industrie unter dem Namen
»Resol« bekannten Kondensationsv.orstufe. Bei Anwendung sehr stark alkalischer Kondensationsmittel
in großen Mengen, also Natronlauge, Kalilauge, starker organischer Basen, wie Triäthanolamin,
Äthylendiamin, Diäthylamin usw., gelingt es, noch größere Mengen von Formaldehyd
an Phenol zu binden, wobei schon in der Resolstufe äußerst hochmolekulare Verbindungen
entstehen, die in ihren Eigenschaftenyon den üblichen Resolen stark abweichen und
die bisher in der Harzindustrie nur für die Herstellung von Gießharzen Anwendung
gefunden haben.
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Es hat sich nun überraschenderweise herausgestellt, -daß derartige
hochmolekulare Resole mit den alkalischen Spinnlösungen der Cellulose und ihren
Derivaten noch verträglich sind, so daß man die Harze der Spinnlösung beispielsweise
nach ihrer Reifung kurz vor dem Verspinnen zufügen und nun in üblicher Weise die
Viskose in ein schwach oder stark saures Fällbad, gegebenenfalls sogar zunächst
in Wasser und nachträgliches Absäuern verspinnen kann.
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Hierbei wird nicht nur durch Neutralisation des mit der Spinnlösung
eingebrachten Alkalis und des in dem Resol enthaltenen Alkalis das Harz ausgefällt,
sondern das Resol wird durch die Säure sogar bei normalen Temperaturen durchgehärtet
(in Resit übergeführt), wodurch das Harz in der Faser sowohl in organischen als
auch in wäßrigen Lösungsmitteln völlig unlöslich wird.
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In der Kombination mit Cellulose ist der Übergang in die Resitstufe
bei diesen Harzen bei den normalen Spinnbadkonzentrationen und deren Gehalt an freier
Säure, d. h. also Wasserstoffionen, sehr schnell, schneller als bei der normalen
Säure härtung gewöhnlicher phenolischer Gießharze, und es war überraschend und keineswegs
zu erwarten, daß die Anwesenheit der Cellulose die Härtung nicht ungünstig beeinflußte.
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Durch die Anwendung eines erheblichen Überschusses an Formaldehyd
gegenüber der nach den derzeitigen Vorstellungen der Phenolharzbildung zu verwendenden
Formaldehydmenge - man nimmt ja bekanntlich an, daß die Bildung der Phenolharze
über die Oxydiarylmethane oder über die Zwischenstufen des Oxybenzylalkohols geht
-und die Anwendung sehr großer Mengen stark alkalischer Kondensationsmittel wird
erreicht, daß nur noch so geringe Mengen freien Phenols und niedrigmolekularer Kondensationsprodulote
in dem entstehenden Resol verbleiben, daß nach dem Übergang in die Resitstufe die
Faser am Licht nur noch allmählich und auch nur schwach vergilbt.
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Diese Vergilbung ist darauf zurückzuführen, daß sich nach Zumischung
der obenerwähnten Resole unter der Einwirkung der Spinnlösung (Viskose) doch gewisse
Mengen Phenol oder niedrigmolekularer Kondensationsprodukte zurückbilden.
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Es wurde nun gefunden, daß dieser Rückbildungs- und Vergilbungsvorgang
noch weiter zurückgedrängt werden kann, so daß praktisch gar keine Vergilbung mehr
eintritt, wenn man das Resol mit einem noch größeren Überschuß von Aldehyd, also
beispielsweise 3,5, herstellt. Dabei wird zwar nicht mehr alles Aldehyd in der Resolstufe
fest gebunden; es wird vielmehr beim Neutralisieren teilweise wieder aufgespalten.
Mischt man aber ein auf solche Weise hergestelltes Resol der Spinnlösung, etwa der
Viskose, bei, so hemmt der Überschuß von Aldehyd die Rückbildung vergilbender Stoffe,
so daß man praktisch unvergilbende Faser erhält. Die Rückbildung kann man auch noch
dadurch vermindern, daß man der Viskose selbst und/oder der Fällflüssigkeit Aldehyd
beimischt.
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Der Übergang des Resols in die Resitstufe ist auch in der Faser nicht
spontan. Daher besteht beim Verspinnen in ein saures Fällbad die Möglichkeit, die
Fäden mechanisch zu kräuseln, bevor das Harz in die Resitstufe übergegangen ist,
so daß das sich später verfestigende Harz auch die Kräuselung beständig macht. Die
Umwandlung in Resit kann neben der katalytischen Wirkung von Wasserstoffionen noch
durch Wärme beschleunigt werden.
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Beispiel Phenol wird in an sich bekannter Weise in einer Formaldehydlösung
von 37 bis 400/0 im Verhältnis von I zu 3 Gewichtsteilen unter Zugabe von Natriumhydroxyl
bis zur Schichtentrennung kondensiert.
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Dieses Resol wird in 80/oiger wäßriger Natronlauge gelöst und einer
üblichen Viskoselösung in einer Zusatzmenge von 20/0 zugegeben.
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Die zugegebene Resollösung löst sich in der Viskoselösung homogen.
Die Lösung wird dann in bekannter Weise in einem Säurebad zu Fäden versponnen.
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Die zugegebene Menge des Resols kann IQ, 20 oder mehr Prozent betragen,
wobei sich naturgemäß die Auswirkungen des Harzanteiles steigern.
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Schwierigkeiten bei der Herstellung einer homogenen Lösung des Resols
in der Viskose ergeben
sich nicht, wenn darauf geachtet wird, daß
die Kondensation nicht zu weit geht, d. h. kein Resol entsteht, das in Alkali schwer
löslich ist. Gewünschtenfalls kann, wie das bei der Herstellung von Resolen bekannt
ist, die Kondensation im geeigneten Augenblick durch Zugabe von Säure unterbrochen
werden. Es kann dann im sauren Medium weitergekocht werden, wobei Wasser und Aldehyddampf
abgesaugt werden können. Der gewünschte Zustand des Kondensationsproduktes kann
erhalten werden durch rasches Abkühlen auf Temperaturen unter 1000. Durch Änderung
der Reaktionskonstanzen (Temperatur, Zeit, Katalysatoren, Konzentration) läßt sich
die Natur der Kondensationsprodukte in an sich bekannter Weise beeinflussen. Es
kann von Vorteil sein, Vakuum anzuwenden und die zu kondensierende Aldehydmenge
portionsweise zuzugeben. Welches der bekannten Mittel zur Beeinflussung der Natur
der Endprodukte gewählt wird, z. B. wenn die Kondensation im alkalischen Medium
unterbrochen und wie lange die Kondensation im neutralen oder schwach sauren Medium
weitergeführt wird, hängt nicht nur von der gewünschten Löslichkeit und dem Formaldebydreichtum
des Kondensationsproduktes ab, sondern naturgemäß auch von der im Einzelfall zu
verwendenden Zusatzmenge bzw. auch davon, ob eine gekräuselte Faser erhalten werden
soll.
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Eine Kräuselung kann durchgeführt werden nach Verlassen des Säurebades.
Es kann dann nach hinreichend langer Einwirkung der Säure in üblicher Weise nachbehandelt
(d. h. ausgewaschen usw.) und getrocknet werden, wobei zweckmäßigerweise Temperaturen
von 800 oder mehr, z. B. IOO°, verwendet werden.