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Verfahren zur Herstellung von Polymerisaten oder Mischpolymerisaten
einfach ungesättigter Verbindungen Bekanntlich lassen sich viele ungesättigte Verbindungen,
z. B. Vinylverbindungen, Diene, einzeln oder gemischt in Emulsion, insbesondere
im wäßrigen Medium polymerisieren, unter Vorwendung von vor allem Sauerstoff abgebenden
Verbindungen als Polymerisationskatalysatoren, z. B. von Persäuren, und deren Salzen,
Wasserstoffsuperoxyd, organischen Peroxyden. Auch wurde bereits vorgeschlagen, die
Emuls.ionspolymerisation durch Ausschaltung des molekularen Sauerstoffs, beispielsweise
mit Hilfe von Reduktionsmitteln, zu beeinflussen, jedoch ist -dabei weniger als
die den gleichzeitig anwesenden Oxydationskatalysatoren: äquivalente Menge der Reduktionsmittel
angewandt worden. Es wurde nun gefunden, daß bei der Polymer:isation oderMiisdhpolymeriis@ation
von einfach ungesättigten Verbindungen, welche die Gruppe C H2 = C < enthalten,
in wäßr,igem Medium mittels Oxydationskatalysatoren eine besonders günstige Wirkung,
vor allem eine große Beschleunigung der Pölymeri:sationsgeschwindigkeit erzielt
wird, sofern gleichzeitig Reduktionsmittel im L'berschuß, bezogen auf die- verwendeten
Oxydationskatalysatoren, eingesetzt werden.
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Die Wirkung der Verwendung vom Reduktionsmitteln im überschuß besteht
darin, daß eine Anregung der Polymerisation erfolgt und daß sich die Polymerisation
beschleunigen läßt. Dabei können sowohl die Reduktionsmittel als auch die Oxyd
-ationskatalysatoren
auf einmal oder nach und nach zugefügt werden, sofern nur das Reduktionsmittel jeweils
im Überschuß vorhanden, ist. Fügt man z. B. zu einem Gemisch aus Monomeren, Emulgatorlösung
und Reduktionsmittel, geeignete Katalysatoren in kleinen Mengen nach und nach, etwa
als Lösung tropfenweise, hinzu, so setzt im Anschluß an jede Katalysatorzugabe während
der Zeit der Einwirkung des überschüssigen Reduktionsmittels auf den zugefügten;
Antei!1 des Oxydationskatalysators eine Polymerisation des Monomeren ein. Mit dem
Ende der Umsetzung zwischen dem Reduktionsmittel und dem Oxydationsmittel hört auch
die dadurch erzielte Beschleunigung der Polymerisation auf. Im Gegensatz zu dieser
Methode des Polymerisierens führtdas, umgekehrte Verfahren, die gesamte Meng ,e
des benötigten Oxydationskatalysators im Polymerisationsansatz zu verwenden und
durch Zugabe kleiner, unterschüssiger Mengen geeigneter Reduktionsmittel eine Polymerisationsbeschleunigung
zu erzielen, oft zu einer autokataJytisch sich steigernden Polymerisation des gesamten
Monomeren, begleitet von starker, unerwünschter Temperaturerhöhung und dadurch bedingten
anderen Nachteilen. Bei der erfindungsgemäß vorgeschlagenen-. Methode des Polymerisierens
fehlen jedoch wegen des stets vorhandenen überschüssigen Reduktionsmittels, vor
allem bei nur nach und nach und im Unterschuß erfolgendem Einsatz des Oxydationskatalysators,
die Voraussetzungen für einen unerwünscht schnellen und damit uneinheitlichen Ablauf
der Polymerisation. Man hat es zudem in der Hand, durch Verteilung der Zugabe des
Oxydationskatalysators über längere Zeit Temperatursteigerungen, bedingt durch auftretende
Polymerisationswä-rme, zu vermeiden öder auszugleichen. Dies ist besonders bei solchen
ungesättigten Verbindungen erwünscht, die bei Anwendung eines überschüssigen Oxydationskatalysators
nach dem Einsetzen der Polymeri.sation sehr lebhaft, oft stürmisch weiterpolymenisieren@,
ferner bei der Herstellung solcher Polymerisatemulsionen, die im Verlauf des Polymerisierens
eine wesentliche z. B. hundertfache Viskositätssteigerung erfahren und damit Temperatursteigerungen
während des Polymerisierens viel langsamer ausgleichen lassen.
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Neben der willkürlichen Beeinflussung des Polymeri#sationsablaufs
bei Venvendüng überschüssiger Reduktionsmittel ermöglicht die in schnellerem Anspringen
der Polymerisation und in erhöhter Polymerisationsgeschwindigkeit sich äußernde
Anregung der Polymerisation das Arbeiten bei tieferen Temperaturen, als es ohne
Reduktionsmittel möglich ist. Die dadurch erhältlichen Polymerisate weisen höheren
Polymerisationsgrad, bessere Löslichkeit und günstigere physikalische Eigenschaften
auf.
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Geeignete Reduktionsmittel sind z. B. die sauerstoffärmeren Säuren
des Schwefels und Phosphors, deren Salze und Abkömmlinge, wie Hyposulfite, Sulfoxylate,
Sulfinsäuren, Sulfite, Thiosulfate, Phosphdte, ferner Hydroxylamin, Hydrazin, Thioh@arnstoff
und deren Abkömmlinge. Als Reduktionsmittel sind auch Metallverbindungen geeignet,
die den niederen; Wertigkeitsstufender betreffenden Metalle zugehören, z. B. Verbindungen
des zwei.-,vertigen Eisens und Chroms, des dreiwertigen Titans. Reduktionsmitt161
wie Hydrodhmorn, Resorcin, Pyrogaddol, von denen bekannt ist, daß sie ein vor-.
zeitiges Einsetzen und einen allzu schnellen, ungleichmäßigen Ablauf von Polymerisationen
verhindern können, sind wegen ihrer polymerisationshemmenden Wirkung ungeeignete
Reduktionsmittel im Sinn der vorliegenden Erfindung.
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Als Oxydationsmittel eignen sich Verbindungen mit Peroxydstruktur,
z. B. Wasserstoffsuperoxyd und dessen Anlagerungsverbindungen, Persäuren und deren
Salze, ferner organische Peroxyde.
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Durch geeignete Wahl von Reduktionsmitteln und Oxydationsmitteln und
durch Beeinflussung ihrer Wechselwirkung läßt sich der Ablauf von Polymerisationen
im gewünschten Sinn regeln. Von Einfluß in dieser Richtung sind Temperatur, pH-Wert,
Konzentratson, Art und Geschwindigkeit der Zugabe sowie Verwendung von Inertgasen.
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Zur Erzielung besonderer Wirkungen kann man gegen Ende der Polymerisation
noch einen größeren Überschuß an Reduktionsmittel oder Oxydationskatalysator zufügen.
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Man hat bereits vorgeschlagen, bei der Herstellung von Polymerisationsprodukten
mittels Sauerstoff abgebender Mittel die Podymerisatemulsion nach beendeter Polymerisation
mit überschüssigen Reduktionsmitteln zu behandeln, um dadurch das als Polymerisationsrnittel
angewendete Oxydationsmittel zu zerstören. Diese Arbeitsweise ermöglicht, eine Polymerisation
jederzeit zu stoppen. Bei dem neuen Verfahren handelt es sich jedoch nicht darum,
fertige Polymerisationen durch überschüssige Reduktionsmittel zu unterbrechen, sondern
Polymerisationen anzuregen und zu beschleunigen.
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Gegenstand des Patents 880 939 ist unter anderem die Polymerisation
von Vinylverbindungen in Gegenwart von Oxydationskatalysatoren und von überschüssigem
Formaldehydsulfoxylat, diese Umsetzung ist daher ausgenommen.
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Beispiele i. 5o Gewichtsteile Akrylnitril werden in 2$5 Gewichtsteilen
Wasser mit Hilfe von 15 Gewichtsteilen eines Emulgators, der durch Behandlung einer
Benzinfraktion des Siedebereiches Zoo bis 25o° mit Sch-,vefeldioxyd und Chlor und
nachfolgender alkalischer Verseifung gewonnen wird, emulgiert. Führt man die Polymerisation
mit i Gewichtsteil Formamidinsu.lfinsäure und o,5 Gewichtstei;len Ammoniumpersulfat
bei 65° durch, so beträgt die Ausbeute nach 30 Minuten 71%, während mit dem Reduktionsmittel
allein oder mit dem Oxydationsmittel allein keine Polymerisation erfolgt.
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Bei, einer Polymerisation in, Gegenwart von 2 Gewichtsteilen Farmamidinsulfinsäure
und 2 Gewichtsteilen Ammoniumpersulfat bei 6o° beträgt die Ausbeute an Podymerisat
nach 2o Minuten 86 0/0. Ohne Parsulfat beträgt die Ausbeute i % und ohne Formamidinsulfinsäure
70/0.
2. I8o Gewichtsteile Styrol werden in einer Lösung von 2o
Gewichtsteilen oxyoktadekansulfosaurem Natrium in 42o Gewichtsteilen Wasser unter
Zusatz von I Gewichtsteil Hydrazinsulfat emulgiert. Man gibt im Verlauf von 2 Stunden
2o Gewichtsteile einer 50/aigen wäßrigen Lösung von Ammoniumpersulfat zu und hält
den Ansatz unter Stickstoffatmosphäre. Bei: 25° beträgt die Ausbeute nach 22 Stunden
65 0/0. Ohne Persulfat entstehen i,70% Polystyrol, ohne Hyd.razinsulfat o,40/0.
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3. 175 Gewichtsteile Vinylacetat werden in 29o Gewichtsteilen Wasser
unter Zusatz von 1o Gewichtsteilen oxyoktadekansulfo,saurem Natrium, o,6 Gew-ichtsteilen
Natriumacetat, o,25 Gewichtsteilen Eisessig und 2 Gewichtsteilen Natriumhyposulfit
emulgiert. 5o Gewichtsteile einer 4°/oigen wäßri:gen Lösung vom: Kaldumpersulfat
werden bei 5o° im Verlauf von 40 Minuten zugegeben. Die Ausbeute an Polyvinylacetat
beträgt nach 6o Minuten gi %. Ohne Natriumhyposulfit oder ohne Kaliumpersulfat sind
nur verschwindende Mengen von Vinylacetat polymerisiert.
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4. 5o Gewichtsteile Methacrylsäuremethylester werden in 225 Gewichtsteilen
einer 5%igen wäßrigen Lösung von Polyvinylalkohol und 65 Ge-,vichtsteilen einer
5%iaen wäßrigen Lösung des im Beispiel z genannten Emulgators unter Zusatz von 2
Gewichtsteilen Formamidinsulfinsäure emulg:iert. Dann, wird die Emulsion auf 40°
erwärmt und eine Lösung von 2 Gewichtsteilen Ammoniumpersulfat in io Gewichtsteilen
einer 5%igen wäßrigen Lösung des im Beispiel i genannten Emulgators zugesetzt.
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Die Polymersation setzt sofort unter kräftiger Wärmeabgabe ein, die
nach 27 Minuten ihren Höhepunkt erreicht. Die Ausbeute an Polymerisat beträgt nach
15 Minuten 76%, nach 30 Minuten go % und nach 6o Minuten 95 %. Ohne Formamidinsulfinsäure
beträgt die Ausbeute nach 6o Minuten z o %, ohne Ammoniumpersulfat 13"/0.