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Verfahren zur Herstellung von Cyanameisensäureester Die Herstellung
von Cyanameisensäureester aus Alkalicyanid durch Umsatz von Chlorameisensäureester
mito Alkalicyanidlösungen ist bekannt, doch sind die diesbezüglichen Angaben nur
sehr kurz gehalten und lassen wesentliche Faktoren, die die Güte des Verlaufs der
Reaktion beeinflussen, vollständig unbeachtet. Insbesondere geben sie, was technisch
wichtig ist,. keinerlei Ausbeute an.
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Es wurde nun gefunden, daß der Verlauf der Umsetzung mit festem statt
gelöstem Cyanalkali sehr viel besser verläuft. Immerhin ist auch hierbei die Umsetzung
durchaus nicht leicht und zuverlässig durchzuführen, sondern eine ganze Reihe von
Faktoren übt einen bestimmenden Einfluß aus. Wenn man sich des üblichen technischen
Cyanids bedient, so erhält man je nach dessen Zusammensetzung, nach seiner physikalischen
Struktur und nach der Arbeitsweise vollständig abweichende Ausbeuten. - Nicht selten
versagt der Prozeß sogar vollständig und auffallenderweise auch dann, wenn das Ausgangsmaterial
besonders gut ist.
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Es hat sich nun weiter gezeigt, daß das beste Ausgangsmaterial, d.
h. ein so gut wie zoo°/oiges Cyanid, entgegen aller Voraussicht nicht zur Umsetzung
befähigt ist, sondern daß die Auslösung der Umsetzung einen geringen Wassergehalt
erfordert. Da der entstehende Cyanester aber bekanntlich besonders wasserempfindlich
ist und die Dauer der Umsetzung eine innige Berührung des entstehenden Cyanesters
mit etwa vorhandenem Wasser bedingt, so war es überraschend, daß gerade ein gewisser
Feuchtigkeitsgehalt eine Notwendigkeit für einen guten Verlauf der Reaktion darstellt.
Der Gehalt an Feuchtigkeit darf jedoch ein gewisses Höchstmaß nicht übersteigen;
denn arbeitet man, wie es z. B. Nef (Annalen der Chemie, Band 287, S. 3o8)
vorschlägt, in wässerig-alkoholischer Lösung (g6 g H20 -f- 25 g Alkohol), so erhält
man unter weitgehender Bildung von Nebenprodukten eine Ausbeute von äußerst 40°/0.
Die mannigfachen Untersuchungen und Erfahrungen haben ergeben, daß ein Spielraum
von o,2 bis 7°/o Wasser bei seinen unteren Grenzen erforderlich ist, bei seinen
oberen Grenzen noch nicht merklich schädlich wirkt.
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Die Anwesenheit Von Wasser in den oben angegebenen Grenzen allein
genügt aber noch nicht, um eine zuverlässige Umsetzung zu gewährleisten, weil, wie
gefunden wurde, der Wassergehalt nicht nur anhaftende Feuchtigkeit sein, sondern
auch erst sekundär auftreten bzw. in die Reaktion hineingetragen werden kann. Es
liegt dies daran, daß die Cyanalkalien von der Kohlensäure der Luft und der Luftfeuchtigkeit
in der Weise verändert werden, daß sie einen Teil ihres Cyangehalts verlieren und
statt dessen Soda enthalten, welch letztere beim
Umsatz mit Chlorester
infolge der immer anwesenden Blausäure oder Salzsäure zur Entstehung von Wasser
Veranlassung gibt.
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Auch unter Berücksichtigung dieser Faktoren erhält man nicht immer
eindeutige Ausbeuten; vielmehr übt auch die physikalische Struktur des Salzes einen
merklichen Einfluß aus. Im allgemeinen wird man zweckmäßig ein Salz von nicht über
0,5 mm Korngröße verwenden, zum mindesten ein solches, dessen Gehalt an gröberem
etwa 1o11/11 nicht übersteigt. Andererseits ist eine zu feine Mahlung des Salzes
zwecklos; sie verursacht hohe Kosten und ist -mit Hinblick auf die giftigen und
klebrigen Eigenschaften des Cyanids eine unangenehme Operation.
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Bei vielfachen Versuchen hat sich beispielsweise folgendes Arbeitsverfahren
als erfolgreich erwiesen Bei Cyaniden von hohem Wassergehalt muß man eine Vortrocknung
auf den geeigneten Gehalt vornehmen. Bei zu trockenen Salzen kann man sich helfen,
indem man während der Reaktion oder beim Ansetzen derselben dem Chlorester vorsichtig
Wasser im Rahmen der oben angegebenen Grenzen zusetzt. Ist außerdem das Cyanid sodahaltig,
so wird man diese durch Zugabe von Eisessig oder einer sonstigen Säure unschädlich
machen. Dasselbe gilt für einen etwaigen Gehalt an freiem Alkali. Es ist jedoch
zu beachten, daß der Sodagehalt nicht zur Bildung von Wassermengen, welche die oben
angegebenen Grenzen überschreiten, Veranlassung geben darf. Cyanide mit höherem
Sodagehalt werden daher zweckmäßig nicht angewendet, weil ein zu starker Säuregehalt
bekanntlich polymerisierend auf den Cyanester wirkt und andererseits ein Alkaligehalt
verharzend und verfärbend.
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Die vorstehende Beschreibung gibt auch die Handhabe, in Fällen, wo
die Reaktion schon vorzeitig abbricht, sie durch Säure- oder Wasserzusatz wieder
in Gang und zum Ablauf zu bringen.
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Die Vorteile des vorliegenden Verfahrens werden an nachstehenden Vergleichsversuchen
aufgezeigt.
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Versuch 1 In eine innen verbleite, mit Rührwerk versehene und mit
einem Kühlmantel umgebene Eisenblase wurden 229o g Chlorameisensäureester (technisch)
mit einem Reingehalt von 9511/o eingefüllt. Die Temperatur des Wassers im Kühlmantel
wurde auf 30 ° eingestellt und sodann unter Rühren 107o g fein gemahlenes (Korngröße
bis o,5 mm) Natriumcyanid mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 111/11 und einem Beingehalt
von g511/11 Na CN in Anteilen von je etwa Zoo g in Abständen von etwa 4.5 Minuten
eingetragen. Die Temperatur wurde während der Zugabe des Natriumcyanids langsam
von 3o' auf 50' C gesteigert. Nach der letzten Zugabe wurde noch etwa 6 Stunden
weitergerührt, bis in einer entnommenen Probe kein Chlorester mehr nachweisbar war.
Nach beendeter Umsetzung wurde der gebildete Cyanameisensäureester aus der Blase
von den anorganischen Salzen im Vakuum abdestilhert.
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Die Ausbeute betrug 198o g Cyanameisenester mit einem Reingehalt von
9o11/11, d. i. 9o11/11 der Theorie.
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Der Versuch zeigt also, daß man beim Arbeiten mit festem Salz erheblich
bessere Ausbeuten erhält, als sich beim Arbeiten in alkoholisch wässeriger Cyanidlösung
erzielen lassen. Versuch 2 2,2419 Chlorameisensäureester (technisch) mit einem Reingehalt
von 96,5111o, der durch Schütteln mit Chlorcalcium und calc. Soda völlig von Wasser,
Alkohol und freiem Chlorwasserstoff befreit war, wurden genau, wie in Versuch 1
angegeben, mit 1o2= g fein gemahlenem (Korngröße bis 0,5 mm) Natriumcyanid
versetzt, das nach dem Pulverisieren und Sieben durch Erhitzen im Vakuum völlig
von Feuchtigkeit befreit war. Das getrocknete Pulver hatte einen Reingehalt von
96,o11/11 NaCN. Nach der letzten Zugabe wurde 5 Stunden bei 6o bis 7o' C weitergerührt.
Eine alsdann entnommene Probe enthielt noch 7z,7°/11 unveränderten Chlorester, der
auch bei längerem Rühren bei derselben Temperatur nicht zurückging. Versuch 3 2555
g Chlorameisensäureester (technisch) mit einem Reingehalt von 95,511/O, der zwecks
Entfernung von Wasser und Alkohol mit Chlorcalcium vorbehandelt war und noch o,111/11
freien Chlorwasserstoff enthielt, wurden, wie nachstehend angegeben und im übrigen
unter den Bedingungen des Versuchs 1, mit i--9-5 g gemahlenem Natriumcyanid (Korngröße
teilweise über o,5 mm) versetzt. Der Reingehalt betrug 97,011/o Na CN neben o,33°/11
Feuchtigkeit und 2,5¢°/o Na,-CO,. Das gepulverte Cyanid wurde in Anteilen von 3
mal Zoo g und je 1 mal 300 g und 325 g im Abstand von je 1 Stunde eingetragen
und zwischen diesen dosierten Zugaben des Cyanids von der zweiten Portion ab Eisessig
in das Umsetzungsgemisch in Anteilen von 2 mal je 4. ccm und je 1 mal 6 ccm und
7 ccm eingetropft. Nach der letzten Zugabe wurde noch 5 Stunden weitergerührt. In
einer alsdann entnommenen Probe konnte kein Chlorester mehr nachgewiesen werden.
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Die Ausbeute betrug 221o g Cyanameisenester mit einem Reinheitsgehalt.
von 92,111/11, d. i. 9211111 der Theorie.
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An Stelle von Cyannatrium läßt sich auch ohne Änderung der Arbeitsweise
Cyankalium verwenden. Praktisch wird man jedoch das
wohlfeilere
Cyannatrium benutzen, wenn man nicht auch ein wohlfeiles, ziemlich hoch prozentiges
Kaliumcyanid in fein kristalliner Form zur Verfügung hat.
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Der im folgenden beschriebene Versuch wurde mit natriumfreiem Kaliumcyanid
angestellt. Das Kaliumcyanid enthielt 959, KCN und praktisch kein K2 C 03
neben anderen indifferenten Verunreinigungen des technischen Salzes. Das Salz war
vollkommen trocken. Versuch q. In die zur Durchführung des Versuchs 1 angewandte
Apparatur wurden 730o g Chlorameisensäureester (technisch) mit einem Reingehalt
von 96% eingefüllt. Die Temperatur des Wassers im Kühlmantel wurde auf 3o' eingestellt
und sodann unter Rühren 5100 g technisches, fein kristallines, trockenes Kaliumcyanid
mit einem Gehalt von 950/, K C N in möglichst gleichen Anteilen von etwa
250 g im Verlauf von insgesamt 5 Stunden eingetragen. Da das Salz völlig
trocken war, wurde entsprechend den für NaCN mitgeteilten Beispielen gleichzeitig
beim-Eintragen der einzelnen Anteile des Kaliumcyanids 51 ccm Wasser zugegeben,
so daß das Salz 10/, Feuchtigkeit enthielt. Während des Eintragens des Salzes mit
der erforderlichen Feuchtigkeit wurde die Temperatur des Wasserbades auf 40 ' gesteigert
und bei dieser Temperatur nach Beendigung der Zugabe noch 2 Stunden weitergerührt,
bis in einer entnommenen Probe des Reaktionsgemisches kein Chlorester mehr nachweisbar
war. Nach beendeter Umsetzung wurde der gebildete Cyanameisensäureester aus der
Blase von den anorganischen Salzen im Vakuum abdestilliert.
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Die Ausbeute betrug 5700 g Cyanameisensäureester mit einem
Reingehalt von go °/°, d. i. 81,50/0 der Theorie.