-
Verfahren und Vorrichtung @ zur Inversion von Zuckerlösungen mit Invertase.
Wie aus dem Schrifttum (z. B. aus dem Werk von E f f r o n t »Die Diastasen«, Band
I, S. 85 bis 9o, und dem von Buchner und Hahn, »Die Zyinasegärung«, 1903,
S. 2o5) hervorgeht, hat man bisher die Wirkung der Invertase auf stärkere als 2o-
bis 4oprozentige Sacharoselösungen allgemein für gering und jedenfalls für technisch
nicht verwertbar gehalten, so daß man sich für die Zwecke der annähernd vollständigen
Inversion auf 2oprozentige Sacharoselösungen beschränkte. Auch in der britischen
Patentschrift 8686 vom Jahre 1884 wird eine Lösung von i Teil Zucker in 4 Teilen
Wasser als die für die Inversion zweckmäßigste angegeben.
-
Versuche des Erfinders ergaben jedoch, daß die Invertase auch viel
stärkere Zuckerlösungen, wenn auch langsam, vollständig in Invertzucker umzuwandeln
vermag.
-
Beispiel i.
-
Ein 51,87 Prozent Sacharose enthaltender Sirup ergab bei 7tägigem
Stehen mit Invertase bei Zimmerwärme eine Kupferreduktion entsprechend S I,2,7 Prozent
nach 21/2tägigem Stehen bei 5o° C eine solche entsprechend 5o Prozent invertierter
Sacharose.
-
Der Gehalt der Zuckerlösung bei der Inversion nach vorliegendem Verfahren
, kann von 4o bis über 8o Prozent, die Temperatur zwischen 40 und 85° C schwanken.
Je nach dem Zweck, den man mit der Inversion verfolgt, ob man z. B. reinere oder
unreinere, konzentriertere oder verdünntere Zuckerlösungen verwendet, wird man die
Invertase innerhalb obiger Grenzen auf die Zuckerlösung wirken lassen: Arbeitet
man mit reiner Sacharose und reiner Invertaselösung, die in bekannter Weise hergestellt
ist, so erhält man fast farblose Invertzuckerlösungen von hoher Reinheit. Der Zucker
wird zweckmäßig allmählich in die Invertaselösung eingetragen und unter Rühren und
langsam steigender Erwärmung aufgelöst. Hierdurch ist es z. B. möglich, die Löslichkeit
der reinen Sacharose in Wasser bei den in Betracht kommenden Wärmegraden bedeutend
zu überschreiten, weil nach anfänglicher Bildung einer gewissen Menge Invertzucker
eine Verbindung des letzteren mit der weiter hinzugefügten Sacharose entsteht, die
nicht kristallisiert und sehr leicht in Wasser löslich ist (sogenannte flüssige
Raffinade). Dieser Umstand erleichtert es sehr, zu hochgesättigten Invertzuckerlösungen
mit Hilfe von Invertase zu gelangen.
-
Jedoch braucht die Invertase nicht erst rein dargestellt zu werden,
sondern man kann sie auch in Form ihrer Träger oder Bildner (z. B: Hefearten) für
das Verfahren verwenden. Dies bietet sogar insofern einen Vorteil, als die Menge
der Inv ertase in der Hefe erst bei deren Berührung mit der Zuckerlösung eine wesentliche
Steigerung erfährt. Beispiel 2. In einer mit i2o g Preßhefe vermischten Lösung von
300 g Weißzucker in 300 g Wasser waren nach i1/2 Stunden bei 4o° C
94 Prozerrt,
am anderen Morgen 97,2 Prozent der Sacharose invertiert.
-
Die dabei zu überwindenden -Nachteile bestehen darin, daß die Hefe
sich in den 7u1kkerlösungen senkt, bevor sie ihre volle Wirkeng ausgeübt hat, und
daß für die meisten @"erwendhtngen des Invertzuckers die benutzte Hefe wieder abgetrennt
«-erden muß. Um leides zu erreichen und gleichzeitig die Kraft dir Invertase bzw.
Hefe usw. soweit als irreiid möglich auszunutzen, hat sich folgendes %@orgelien
als zweckmäßig erwiesen.
-
Die Zuckerlösung wird mit einer verhältnismäßig großen -Menge, z.
B. mit dein halben l:is gleichen Gewicht abgepreßter Hefe sorgfältig gemischt, bis
keine Klumpen mehr vorhanden sind und die -Mischung in eine Filterpresse gedrückt.
Hat sich in dieser ein geniigender Belag von Hefe gebildet, so kann inan weitere
Zuckerlösung nachdrücken; diese wird während des Durchganges durch (lie Hefeschicht
sehr schnell invertiert, weil sie seit der Hefe in außerordentlich innige Berührung
kommt, und weil dabei an jeder Stelle und zti jeder Zeit ein sehr großer überscht1ß
von Hefe auf den Zucker einwirkt. Beispiel 3. Eine etwa 55prozentige Sacharoselösung
zeigte, nachdem sie bei 55° C über ein finit bereits benutzter Hefe belegtes Filter
<relaufen war, 57,3 Prozent Trockengehalt und eine l'Ieduktion entsprechend @d.
Prozent Invertzucker.
-
Hierbei ist die Wärme innerhalb der Presse sowohl durch -1,"orwärmung
der Zuckerl«)stiiig als auch zweckmäßig durch äußeren Wärmeschutz oder Beheizung
der Presse selbst oder ihres Aufstelltuigsraunies in genügender Höhe zu erhalten.
llan kann auch mehrere Filterpressen hintereinander schalten, tun die nachlassende
Wirkung der bereits gebrauchten Hefe durch die stärkere einer frischen Füllung zu
ergänzen.
-
Ferner kann man zweckmäßig auch Schleu-(lern verwenden, und zwar sowohl
solche mit geschlossener Trommel zur Abscheidung der schwel)eriden Hefe und Herstellung
klarer Invertzuckerlösungen als auch Schleudern mit gelochter Trommel als Filtervorrichtungen
in der hei den Pressen erläuterten Weise.
-
Endlich gelingt die Inversion auch, wenn inan die Zuckerlösung durch
Gefäße strömen läßt, die wie Sandfilter mit oder ohne Rührvorrichtung eingerichtet
sind. Die Füllung besteht zweckmäßig aus Stoffen mit etwas rauher Oberfläche, die
der Hefe Gelegenheit zur Anlagerung und Einlagerung bietet, wie Sand, Kies, Koks,
Bimsstein, Knochenkohle usw. in passender Körnung. Hinter ein solches Inversionsgefäß
ist nötigenfalls eine Vorrichtung zur Abscheidung der mit der Flüssigkeit wegschwimmenden
Hefeanteile zu schalten.
-
Je länger= eine und dieselbe Hefe zur In-%-ersion vorn Zuckerlösungen,
dient, desto weniger gibt sie eigene Bestandteile an diese ab, desto reiner und
farbloser läuft also die Invertzuckerlösung ab.
-
Beispiel 4.
-
Das Filter vom Beispiel 3 gab bei weiterer Beschickung mit 55prozentiger
Zuckerlösung einen Sirup, der bei 55,4 Prozent Trockenmasse 53,6 Prozent Reduktion
zeigte, mithin reiner und auch weniger gefärbt war als der erste.
-
Durch Beschleunigung oder Verlangsamung (les Stromes hat man es in
der Hand, die Inversion Iris zu jedem gewünschten Grad zu treiben.
-
Die Invertase wirkt in neutralen oder schwach sauren Lösungen. Ist
der Zucker alkalisch, so rnuß er vorher zum mindesten neutral gemacht werden. Vorteilhaft
ist es, die Lösungen vorher ganz schwach anzusäuern, weil dann hellere Inv ertzuckerlösungen
erhalten werden. Es genügt hierfür die Anwesenheit schwacher Säuren, die unter den
vorliegenden Umständen noch nicht oder kauen invertierend auf den Zucker wirken.
Aus dein alkalischen Dicksaft der Zuckerfabriken oder aus Raffinerieklären läßt
sich z. B. durch übersättigen mit Kohlensäure eine für das vorliegende Verfahren
sehr geeignete Zuckerlösung herstellen.
-
Nach einest bekannten Verfahren wird zwar auch Säure neben Hefe verwendet,
jedoch zu dein Zweck, aus rohem Rübensaft von höchstens 2o Prozent "Zuckergehalt
Pektinstofte zu fällen; auf die Inversion des darin enthaltenen Zuckers wird dabei
nur nebensächlich Wert gelegt.
-
Auch in sehr unreinen Zuckerlösungen, z. B. -Melassen, wird durch
Invertase leicht Invertzucker gebildet, wenn man sie unverdünnt oder wenig verdünnt
damit behandelt. Beispiel 5. Eine mit Essigsäure neutral gemachte Melasse zeigte
nach dem Stehen mit etwa 15 Prozent untergäriger Bierhefe bei So bis
55' C in 20 Stunden 37 Prozent, in 44 Stunden 41,7 Prozent Invertzucker,
während der gesamte Sacharosegehalt der -Mischung 45,7 Prozent Invertzucker entsprach.
-
Unter Umständen ist es zweckmäßig, neben der Invertase auch geringe
Mengen starker Säuren zur Inversion zu benutzen, so daß die Wirkungen beider sich
ergänzen. Hierbei
kann man im Einzelfall die Bedingungen bezüglich
Wärmegrad, Einwirkungsdauer und Säuremenge leicht so wählen, daß die uner-«-ünschten
Nebenerzeugnisse, die sich bei der Inversion mit Säuren allein fast unvermeidlich
bilden (z. B. dextrinartige Kondensationsstoffe des Zuckers) ganz ausbleiben, so
daß auch in dieser Beziehung die Erzeugnisse des Verfahrens reiner erhalten werden,
als es bisher möglich war. Da derartige Nebenerzeugnisse sich nach Degener auch
schon bei dem Eindampfen neutraler Invertzuckerlösungen bilden, so liegt ein technischer
Vorteil des neuen Verfahrens darin, daß die Verwendung gesättigter und sogar übersättigter
Sacharoselösungen ermöglicht wird und somit das Eindampfen fortfallen kann. Außer.-dein
bilden natürlich auch die Ersparung von Brennstoffen sowie die Erzeugung reinerer
Invertzuckersirupe große technische Fortschritte gegenüber dem bisherigen Verfahren.