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Verfahren zur Behandlung von Zuckersäften Die Erfindung betrifft Verfahren
zur Behandlung, insbesondere zur Reinigung, und zur Filtration von zuckerhaltigen
Säften einschließlich des sogenannten rohen Diffusionssaftes der Rübenzuckerfabrikation
und des sogenannten Rohsaftes der Zuckerfabrikation. aus Zuckerrohr und Sorghum.
Dias Verfahren beschränkt sich jedoch nicht auf die Reinigung der Rohsäfte, sondern
ist auch auf die Raffinat:on von Rohzuckerlösungen anwendbar, insbesondere, wenn
die Raffinatio.n nach dem Karbonationsverfahren durchgeführt wird. Es ist schon
vorgeschlagen worden, den Zuckersäften Magnesiumkarbonat neben einer bestimmter
Menge Kalk zuzusetzen, um die Filtration günstig zu beeinflussen. Jedoch hat sich
dieses Verfahren in der Praxis nicht einführen können, weil es von keiner besonderen
Wirksamkeit ist. Dies beruht offenbar in der Hauptsache darauf, daß das übliche
Magnesiumkarbonat sich nur langsam und höchst unvollständig mit dem vorhandenen
Kalk umsetzt, so daß der angestrebte Reinigungseffekt tatsächlich nicht oder nur
in völlig ungenügendem Maße eintritt.
Messungen haben ergeben, daß
sich nur etwa 12"/o des Magnesiumkarbonats mit Kalk in 30 Minuten umsetzen.
Eine derart lange Umsetzungszeit ist für die Zwecke der Zuckerindustrie völlig untragbar.
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Die Erfindung beruht auf der überraschenden Erkenntnis, daß es gelingt,
mehr als go°/o des Magnesiumkarbonats fast augenblicklich mit Kalk umzusetzen, wenn
man bei dem Verfahren hydratisierte Magnesiumkarbonate anwendet. Solche hydratisierten
Karbonate können durch Einleiten von Kohlensäure in wäßrige Aufschlämmungen von
Magnesiurnoxyd oder Magnesiumoxyd enthaltenden Stoffen erhalten werden.
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Es hat sich gezeigt, daß durch die Anwendung des Verfahrens nach der
Erfindung eine bessere Reinigung des zuckerhaltigen Saftes zu erreichen ist, w3bei
nicht nur ein höherer Quotient erzielt wird, sondern auch eine bessere Entfärbung,
größere Enthärtung und höhere Filtrationsgeschwindigkeit.
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Die für das Verfahren typischen hydratisierten Magnesiumkarbonate
können auch durch Einleiten -)n Kohlensäure oder kohlensäurehaltigen Gasen, z. B.
Abgasen, in eine wäßrige Aufschlämmung von halbgebranntem Dolomit hergestellt werden.
An Stelle von halbgebranntem Dolomit kann als Aus-, angsstoff jedes magnesiumoxyd-
bzw. magnesiumhydroxydhaltige Material dienen, wie gebrannter Magnesit, aus Seewasser
hergestelltes Magnesiumhydroxyd, gebrannte dolomitische Kalke usw. Die Aufschlämmung
kann in Wasseroder auch in sogenannten Süßwässern oder Dünnsäften oder im Rohsaft
der Zuckerfabrik durchgeführt werden.
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Man gelangt dabei je nach den Bedingungen zu verschiedenen Hydraten
des Magnesiumkarbonats, vornehmlich zu Magnesiumkarbonat-Trihydrat (Mg C 03 - 3
Hz O) und zu Monohydraten, z. B. zu einem schwach basischen Monohydrat etwa von
der Zusammensetzung q. Mg C 03 » Mg O - q. H2 O.
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Derartige hydratisierte Magnesiumkarbonate setzen sich mit den in
den zu reinigenden Zuckersäften enthaltenen Mengen Kalk bzw. Kalziumsalzen rasch
um, unter Ausscheidung --on feinverteiltem Kalziumkarbonat, welches teilweise schon
vorhandene Kalziumkarbonatteilchen vergrößert und vergröbert und die kolloidalen
Nichtzuckerstoffe verkrustet und beschwert. Dafür geht das aus den eingebrachten
Magnesiumkarbonaten freiwerdende Mg(OH)2 teilweise in Lösung, soweit es nicht gleich
ausfällt. Durch eine anschließende geringe Nachkälkung bis zu einem p$ Wert über
io, z. B. io,8, wird ein rw eiterer Teil des noch gelösten Magnesiumhydroxyds in
sehr aktiver Form ausgeschieden, wodurch erneut Farbstoffkomplexe und unerwünschte
Kolloide gebunden und adsorbiert werden.
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Das Verfahren kann in der Rübenzuckerfabrikation in der Weise zur
Anwendung gebracht werden, daß die sogenannte erste Saturation in üblicher Weise
vorgenommen wird. Im allgemeinen hat der Saft am Ende der ersten Saturation einen
pH-Wert von etwa io,8. Nach Zugabe der erforderlichen Menge hydratisierten M@aagnesiu.mkarbonats,
trocken oder in Form einer Auftschlämmung, fällt der pH-Wert des Saftes sehr. rasch
und stellt sich nach 2 bis 3 Minuten auf einen Wert unter io ein. Ein p11-Wert von
9,o bis 9,6 wird bevorzugt. Dabei findet eine Ausscheidung entsprechender Mengen
Kalziumkarbonat statt.
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Nach Beendigung dieser Reaktion wird dem Saft eine kleine Menge Kalkmilch
zugesetzt, welche genügt, um den ursprünglichen pH-Wert nach der ersten Saturation
einzustellen, im vorliegenden Fall etwa io,8. Hierbei fällt Magnesiumhydroxyd in
besonders aktiver Form aus, das einen bedeutendenAnteil aazdem zusätzlichenReinigungseffekthat.
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Die gesamte Behandlung nimmt nur wenige Minuten in Anspruch. Der Saft
wird dann wie üblich filtriert. Dabei zeigt sich, daß die Filtrationsgeschwindigkeit
um 5o bis ioo°% erhöht ist.
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Als spezielles Ausführungsbeispiel sei genannt: Rohsaft von 1q.° Brix
und einer Reinheit von 86° wird in bekannter Weise nach dem sogenannten Spengler-Verfahren
bis zu dem Endwert von pH io,8 saturiert. Sodann setzt man Aktivkarbonat in wäßriger
Aufschlämmung und in einer Menge zu, die zur Erreichung des p$ Wertes 9,5 erforderlich
ist. Der Saft wird- 3 Minuten unter Rühren auf einer Temperatur von 8o° C gehalten.
Anschließend gibt man Kalkmilch bis zum p11-Wert von io,8 zu und filtriert.
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Die Filtrationsgeschwindigkeit wird doppelt so hoch wie bei einem
in üblicher Weise behandelten Rohsaft am Ende der ersten Satu.ration. Die Färbung
erreicht den Wert 22 gegenüber 58 für den normal behandelten Rohsaft nach der ersten
Saturation. Die Härte beträgt 34 gegenüber einer Härte von 46 bei üblicher Saftbehandlung.
Die Hufreinigung von dem ursprünglichen Wert des Rohsaftes von 86° beträgt im Falle
des vorliegenden neuen Verfahrens 90,5°, während ein Kontrollversuch nach dem üblichen
Verfahren nur 88° ergibt.
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Nach Beendigung der Filtration wird der Saft in der .üblichen Weise
der zweiten Saturation unterworfen.
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Das vorstehende Beispiel erläutert das neue Verfahren, ohne jedoch
die Erfindung darauf zu beschränken. Es wurde z. B. festgestellt, daß es unter gewissen
Umständen wünschenswert ist, den Saft nach der ersten Saturation in üblicher Weise
zu filtrieren und die Hufreinigung mit dem vorliegenden Aktivkarbonat einschließlich
der anschließenden geringen Zugabe von Kalkmilch am Filtrat vorzunehmen. In diesem
Falle geht zwar der Vorteil der höheren Filtrationsrate verloren, aber es wird bei
gewissen Säften eine ganz bedeutend höhere Rufreinigung im Quotienten erzielt.
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Eine Abart des Verfahrens besteht darin, daß die Hauptscheidung des
Saftes in üblicher Weise mit Kalkmilch vorgenommen wird, ohne jedoch mit Kohlensäure
zu saturieren. In diesem Falle wird die Karbonatbehandlung nach der Erfindung unmittelbar
nach der Hauptscheidung vor der Saturation durchgeführt und anschließend in der
oben beschriebenen Weise verfahren.
Eine weitere Ausführungsform
des Verfahrens besteht .darin, daß .man die Karbonatbehandlung am Ende der zweiten
Saturation wiederholt, wobei allerdings entsprechend kleinere Mengen zugesetzt werden.
So wurde z. B. die Karbonatbehandlung am Ende der zweiten Saturation mit einer zusätzlichen
Auf reinigung von etwa einem Pluspunkt im Quotienten durch Anwendung von etwa 3
g hydratisiertem Karbonat pro Liter durchgeführt.
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Wird bei dem Verfahren von halbgebranntem Dolomit als Rohstoff ausgegangen,
so wirkt das mit eingeführte Kalziumkarbonat zusätzlich als Filterhilfsmittel. Dabei
wurde festgestellt, daß es möglich wird, auch schlecht filtrierende Rübensäfte,
besonders auch von gefrorenen Rüben, ohne jede Schwierigkeit zu verarbeiten.
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Zusammenfassend ermöglicht es das neue Verfahren, unter Verwendung
von nur 0,3 bis etwa 0,5% halbgebranntem Dolomit, bezogen auf Rüben, eine
Raffination des Saftes durchzuführen, die einen Reinheitsgewinn von mehreren Punkten
gegenüber dem üblichen Spengler-Verfahren bedeutet.
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Das Verfahren ist von erheblicher praktischer Bedeutung, da es mit
Ausnahme der Vorrichtung zur Gewinnung hydratisiertem Magnesiumkarbonats ohne Änderung
der Apparatur in jeder bestehenden Zuckerfabrik oder Rohzucker-Raffinerie angewendet
werden kann. Weiterhin stützt sich das Verfahren im halbgebrannten Dolomit auf ein
Rohmaterial, das praktisch überall zu geringen Kosten erhältlich ist.
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Ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist auch darin
gelegen, Zuckerfabriken, welche über keinen Kalkofen und somit über keine eigene
CO.-Erzeugung verfügen, die Möglichkeit zu geben, trotzdem zu saturieren und damit
filtrationsfähige Niederschläge zu erhalten und das unangenehme Arbeiten durch Dekäntieren
usw. zu vermeiden. Denn das hydratisierte Magnesiumkarbonat enthält C02 in fester
und lagerbeständiger Form, die auf Vorrat gehalten werden kann und jederzeit verfügbar
ist. Infolgedessen kann die Saturation ähnlich wie mit gasförmigem C 02 durchgeführt
werden. Darüber hinaus ist noch der erfindungsgemäße Reinigungseffekt durch das
in statu nascendi anfallende Mg(OH)2 wirksam.
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Die vorliegende Beschreibung zeigt die Anwendung des Verfahrens auf
Rüben-Rohsaft. Das Verfahren ist aber entsprechend modifiziert, auch für die Aufreinigung
von Rohsaft und Zuckerrohr und Sorghum anwendbar. Ferner ist das Verfahren unter
entsprechender fachmännischer Abänderung auch auf die Raffination von Rohzucker
sowohl aus Rübe als auch aus Rohr einschließlich der Aufbereitung des sogenannten
Nachprodukt-Zuckers und der Raffination des Affinations-Sirups in der Rohrzuckeraufbereitung
anwendbar.
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Der Ausdruck »Zuckersäfte« in der vorliegenden Beschreibung und den
Patentansprüchen ist in diesem erweiterten Sinne zu verstehen und beschränkt sich
nicht auf Rohsaft.