-
Verfahren zur Herstellung von Lufthefe Bei der Herstellung von Lufthefe
werden als stickstoffhaltige Nährstoffe sowohl solche organischer als auch solche
anorganischer Herkunft benutzt. Die Hefe kann beide Arten zu ihrem Wachstum verwerten,
jedoch bevorzugen die Hefefabriken die organischen stickstoffhaltigen Nährstoffe,
da diese eine Hefe von größerer und nachhaltigerer Triebkraft und besserer Haltbarkeit
ergeben. Wo bisher stickstoffhaltige Nährstoffe anorganischer Herkunft (Ammonsalze)
zugesetzt wurden, wurden sie entweder nur aus Ersparnisgründen zum Ersatz von Nährstoffen
organischer Art angewandt oder als Reizmittel in einer an sich überreichen Nährlösung,
um die Hefe zu vergrößerter Erzeugung anzuregen.
-
Nach dem nachstehend beschriebenen Verfahren sollen auch Ammonsalze
einer Nährlösung von stickstoffhaltigen Nährstoffen rein organischer Art zugesetzt
werden, aber in einer ganz bestimmten Weise und zu einem anderen Zweck. Die Ammonsalze
dienen hier nicht zur Ersparnis von stickstoffhaltigen Nährstoffen organischer Art,
auch nicht als Reizmittel, sondern es soll durch einen besonders geregelten Zusatz
von Ammonsalzen zu der eigentlichen Nährlösung, in der nur organisch stickstoffhaltige
Nährstoffe in einer für das Wachstum der Hefe mehr als ausreichenden Menge vorhanden
sind, eine bessere und zweckmäßigere Ernährung der Hefezellen und dadurch ein schnelleres
Wachstum und bessere Haltbarkeit herbeigeführt werden. Wenn Hefezellen in einer
Nährlösung organische stickstoffhaltige Stoffe und Ammonsalze vorfinden, so nehmen
sie zunächst und hauptsächlich die Ammonsalze auf, weil das Ammoniak seiner einfachen
Zusammensetzung wegen von ihnen viel leichter und schneller mit dem Zucker zusammen
verarbeitet werden kann als der organisch in viel zusammengesetzterer Weise an Kohlenstoff,
Wasserstoff und Sauerstoff gebundene Stickstoff. Selbst wenn die Ammonsalze nur
in geringen Mengen zugegeben werden, bevorzugen die Hefezellen den darin enthaltenen
Stickstoff, besonders wenn sie unter Verhältnissen leben und wachsen sollen, die
ihnen zunächst noch fremd sind, also im Lufthefebetrieb. Dies ist vor allem dann
der Fall, wenn die Anstellhefe der Nährlösung zugesetzt wird und unter der ungewöhnlich
starken Lüftung und bei Temperaturen wachsen soll, die an der unteren Grenze ihres
Temperaturoptimums liegen.
-
Diese Eigenschaften der Hefezellen werden in folgender neuartiger
Weise für die Verbesserung des Lufthefeverfahrens angewandt, um die Hefe unter starker
Lüftung von Anfang an schneller wachsen zu lassen und trotzdem eine hervorragend
haltbare und triebkräftige Hefe zu erhalten. Als eigentliche Nährlösung wird, wie
üblich, eine solche genommen, die den für das Wachstum der Hefe völlig ausreichenden
Stickstoff in organischer Bindung enthält. Dieser wird eine verhältnismäßig geringe
Menge Stickstoff in Form von Ammonsalzen als LIerschußstickstoff
zugesetzt,
und zwar im praktischen Betrieb vor oder bei der Läuterung oder Klärung der Nährlösung.
Letztere wird in üblicher Weise aus Rohstoffen, wie z: B. Melasse, Malz, Malzkeimen
usw., hergestellt. Die Anstellhefe, also Hefezellen, die vorher in Reinzucht unter
anderen Wachstumsbedingungen gewonnen werden, soll in der neuen Nährlösung unter
starker Lüftung bei einer Temperatur von anfänglich ungefähr z2 ° bis 24' C leben
und sich vermehren. Wenn sie nur organisch gebundenen Stickstoff vorfindet, so dauert
es verhältnismäßig lange, ehe sie sich an die neuen Verhältnisse gewöhnt hat. Sie
wächst zunächst langsamer unter Ausnutzung ihres eigenen Stickstoffgehalts, auch
muß die Lüftung schwächer sein, und verhältnismäßig große Mengen Zucker werden zu
dieser Zeit statt zum Aufbau von Hefesubstanz zur Alkoholbildung verwendet. Findet
die Hefe aber Ammonsalze vor, so kann sie diese von Anfang an mit dem Zucker zusammen
verarbeiten, eine stärkere Lüftung ist hierfür sogar vorteilhaft, sie zeigt dabei
sofort kräftiges Wachstum ohne stärkere Alkoholbildung. kräftiges die Hefezellen
sich dann nach und nach an die neuen Verhältnisse (starke Lüftung, niedrige Temperatur)
gewöhnt und sich gekräftigt, so können sie auch den organischen Stickstoff verarbeiten
und in sich aufnehmen.
-
Es wäre verkehrt, während der ganzen Gärzeit Ammonsalze oder soviel
Ammonsalze zuzusetzen, daß sie bis Ende der Gärzeit ausreichen. Die Hefezellen würden
dann während der ganzen Zeit hauptsächlich den Ammonstickstoff aufnehmen, dadurch
mit Stickstoff überernährt werden und eine abnorme Zusammensetzung erhalten, bei
der sie eine schlechte Haltbarkeit zeigen. Diese Wirkung der Ammonsalze bei einer
solchen falschen Zugabe wird vielfach als Reizwirkung bezeichnet, man erhält dabei
eine große Ausbeute an Hefe, aber von einer unbrauchbaren Beschaffenheit und schlechten
Haltbarkeit.
-
Setzt man dagegen der Nährlösung nur anfangs so viel Ammonsalze zu,
daß die Hefezellen bereits in der ersten Zeit freudig wachsen, später aber keine
mehr, so ist der gesamte Ammonstickstoff in kurzer Zeit verbraucht, die Hefezellen
sind dann allein auf den Stickstoff in organischer Bindung angewiesen. Diesen vermögen
sie dann in völlig ausreichendem Maße zu verarbeiten, sie verändern und verbessern
auch ihre Zusammensetzung, die bei der Verarbeitung der Ammonsalze nicht die normale
war. Die Hefe verliert auch ihren allzu hohen Stickstoffgehalt und besteht am Schlusse
der Gärzeit aus Hefezellen, die bei normalem Stickstoffgehalt eine sehr gute Triebkraft
und große Haltbarkeit zeigen. Die Aufnahme des organischen Stickstoffs wird nach
Verbrauch der Ammonsalze auch dadurch erleichtert, daß die Temperatur der Nährlösung
dann eine höhere geworden ist und bei den oberen Grenzen des Temperaturoptimums
der organische Stickstoff besser verwertet wird.
-
Die Vorteile des Verfahrens liegen also in der leichteren Anpassung
der Anstellhefe an die neuen Verhältnisse in der Nährlösung, wodurch die Hefe unter
starker Lüftung bereits zu Beginn der Gärzeit kräftiger wachsen kann, so daß sie
Störungen während der erheblich abgekürzten Gärzeit besser überwinden kann und Infektionen
weniger ausgesetzt ist. Nach dem Verbrauch des anorganischen Stickstoffs findet
sie nur noch organischen Stickstoff zur Ernährung vor, mit dem sie kräftig zu einer
richtig zusammengesetzten Hefe von guter Haltbarkeit und Triebkraft auswächst.
-
Ausführungsbeispiel 3 ooo kg Melasse mit einem Gehalt von =,9 °/o
löslichem Stickstoff in örganischer Bindung = 57 kg Stickstoff werden, in üblicher
Weise verdünnt, invertiert und geklärt, mit einem Auszug aus 3oo kg Malzkeimen versetzt,
der 5 kg organischen Stickstoff enthält. Die Nährlösung, in der im ganzen 62 kg
gelöster organischer Stickstoff vorhanden ist, wird dann mit 35 kg Ammonsulfat,
die 7 kg anorganischen Stickstoff enthalten, versetzt. Nach Abkühlung der Lösung
auf --2' C wird die nötige Menge Anstellhefe zugesetzt und der Gärprozeß in der
bei der Lufthefefabrikation üblichen Weise unter allmählicher Steigerung der Temperatur
auf 29' C in etwa 12 Stunden beendet. Es werden 1500 kg neue Hefemasse als
weiße, sehr haltbare und triebkräftige Hefe mit einem Stickstoffgehalt von 1,9 °/a
erhalten.