DE582239C - Verfahren zum Bleichen von Bastfasern, insbesondere von Leinen und Hanf, in Form von Garnen und Geweben wie auch in Form von Rohfasern unter Verwendung von Superoxyd- und Hypochloritbaedern - Google Patents

Description

DEUTSCHES" REICH

AUSGEGEBEN AM
14. SEPTEMBER 1933

REICHSPATENTAMT

PATENTSCHRIFT

KLASSE 8i GRUPPE

I. G. Farbenindustrie Akt.-Ges. in Frankfurt a. M.*)

Verwendung von Superoxyd- und Hypochloritbädem

Patentiert im Deutschen Reiche vom 17. März 1929 ab

Mit den bisher in Vorschlag gebrachten und in der Technik angewendeten Bleichverfahren, die von der vereinigten Wirkung von aufeinanderfolgenden Superoxyd- und alkalischen Hypochloritbädern Gebrauch machen, kann man, wenn überhaupt, in der Bastfaserbleiche nur durch häufige Wiederholung zu einem Vollweiß gelangen. Meist begnügt man sich daher mit der Erzielung eines Halbweiß oder Dreiviertelweiß und beseitigt gegebenenfalls den in der Regel von Ligninderivaten stammenden gelben Stich der Ware durch Bläuen als Nachbehandlung, oder man bleicht im Stück auf Vollweiß.

Vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzielung einer Bleiche auf Vollweiß. Dieses unterscheidet sich von den bekannten Verfahren zunächst dadurch, daß die Reihenfolge von Superoxyd- und Chlorbad in der zweiten Hälfte

?.o des Verfahrens umgekehrt wird, und ferner dadurch, daß durch die Einstellung der beiden Chlorbäder auf voneinander verschiedene zuerst unter 5, dann über 7 liegende pH-Werte, in Verbindung mit einer alkalischen Zwischenbehandlung, eine restlose Entfernung der Ligninstoffe und die Beseitigung mindestens eines Teiles der anderen Nichtcellulosestoffe bewirkt wird. Im einzelnen verfährt man gemäß der Erfindung im wesentlichen wie folgt.

Die Bastfasern, die auch in Form von Stranggarn, Kreuzspulen, im Kettbaum oder im Stück vorliegen können und die vorher einer Bauchung nicht unterworfen zu werden brauchen, werden (1. Stufe) in eine Flotte von Wasserstoffsuperoxydlösung gebracht, die im normalen Betrieb der 5. Stufe des Verfahrens entstammt und zwecks Verwendung in der 1. Stufe durch Zusatz von Soda auf einen Gehalt bis zu etwa 6°/₀ vom Warengewicht gebracht wird. Gewünschtenfalls kann auch noch etwas Wasserglas (1 bis 2 g pro I) zugefügt werden, doch erübrigt sich in der Regel dieser Stabilisierungszusatz. In dieser Flotte, die zweckmäßig auf eine Temperatur bis gegen 70° C gebracht wird, bleibt die Ware zweckmäßig über Nacht liegen. Sie kommt nun nach dem Spülen in ein unterchlorige Säure enthaltendes Bad (2. Stufe), das in an sich bekannter Weise sowohl aus Chlorkalklösungen wie aus technischer Natronbleichlauge durch Ansäuern, z. B. mit Salzsäure, oder durch Einleiten von Chlor in Sodalösung· gewonnen werden kann, endlich kann aber auch Chlorwasser, mit Zusatz von Hypochloritlauge, angewendet werden. Diese Bleichflotte wird durch Einstellung auf einen Gehalt von etwa 1 bis 8 g wirksames Chlor im Liter und auf ein Ph < 5 gebrauchsfertig gemacht. Geeignete Aciditäten ergeben sich beispielsweise durch Zugabe von 8 bis 15 g konzentrierter Salzsäure auf 11 der erwähnten Bleichflotte. In dieser Flotte verbleibt die Ware während einiger Zeit bei gewöhnlicher Temperatur. Nach

*j Von dem Patetitsucher ist als der Erfinder angegeben worden:

Helniuth Körte in Frankfurt a. M.

dem Spülen mit Wasser, gegebenenfalls unter Zusatz von chlorverzehrenden Mitteln, wird die Ware (3. Stufe) schwach gebrüht mit einer Sodalösung von etwa 2 bis 8 g im Liter während etwa einer Stunde. Statt der Sodalösung kann auch eine Sulfitlösung oder ein anderes ähnlich "wirkendes alkalisches Mittel gebraucht werden. Die Brühlauge wird ausgespült, worauf die Ware (4. Stufe) in ein zweites Chlorbaä gebracht wird, das eine niedrigere, beispielsweise etwa die halbe Konzentration des ersten Bades an wirksamem Chlor aufweist und gewöhnlich schwach alkalisch bis neutral gehalten ist (pH-Werte gleich oder größer als 7). (Sollte bei besonders schwer bleichbaren Fasern bis hier die Bleiche zu wenig fortgeschritten sein, so wird das Chlorbad wiederum auf saure Reaktion eingestellt und nach dessen Einwirkung zweckmäßig noch eine Brühung mit schwacher Sodalösung angeschlossen [Stufe 4a]). Dann geht man nach dem Spülen sofort in das zweite, frische Superoxydbad ein, das auf 0,5 bis 1 g wirksamen Sauerstoff im Liter gebracht ist und wie üblich einen Zusatz von etwa 2 bis 3 g/I Wasserglas erhalten hat. Hierin verbleibt die Ware je nach Art des Bleichgutes und je nach Größe der Bleichpartie wenigstens während ¹J₂ bis 2 Stunden und bei Temperaturen in den Grenzen von etwa 40 bis 80° C. Mit dem nachfolgenden Spülen ist das Verfahren abgeschlossen. Sollte bei weniger leicht verarbeiteter Rohware durch die Wahl zu schwacher Bäder oder durch zu kurze Behandlungsdauer noch eine geringe Gelbstichigkeit vorhanden sein, so kann durch Wiederholung der Stufen 4 oder 5 diese beseitigt werden. In der Regel kommt man jedoch bei einer Ware von mittlerer Bleichbarkeit mit den Stufen 1 bis 5 und einem Zeitaufwand von 24 Stunden aus. Die einzelnen Stufen der Bleiche können gegebenenfalls unter Druck oder Vacuum bei ruhender oder umlaufender Flotte vorgenommen werden. Die Bemessung des Gehaltes der Flotte an wirksamem Sauerstoff bzw. Chlor hängt naturgemäß im gewissen Umfang vom Charakter der Rohware ab. Sie wird für die Behandlung größerer Posten Ware zweckmäßig an Vorproben ermittelt.

Der auf Vollweiß gebleichte Faden weist eine Reißfestigkeit auf, die derjenigen des Rohgarnes nicht nachsteht und in seinen übrigen Eigenschaften jeden Vergleich mit den nach den umständlicheren und viel mehr zeitraubenden bisherigen Verfahren gebleichten Erzeugnissen aushält. Dabei überschreitet der Gewichtsverlust der Ware nicht den Betrag, der sich aus der Entfernung der färbenden Verunreinigungen notwendig ergibt. Bei Anwendung des Verfahrens auf Stückware ist naturgemäß die Apparatur der Eigenart des Verfahrens anzupassen.

Bei einer Chlorbleiche Aciditäten der Chlorlauge in der hier vorgesehenen Höhe anzuwen- ' den, hat man bisher niemals vorgeschlagen, weil die Ansicht herrschte, daß die Förderung der OxyceUulosebildung, die den neutralen und schwach sa"uren Hypochloritlaugen eigentümlich ist, bei höherem Säuregrad in verstärktem Maße auftrete. Im Gegenteil hat sich aber überraschenderweise ergeben, daß die Oxycellulosebildung praktisch vollständig unterbleibt und daß die Wirkung der sauren Chlorbleichflotte im wesentlichen darin besteht, daß die anwesenden chlorierbaren Stoffe in alkalilösliche Verbindungen übergeführt werden. Ferner hat sich ergeben, daß der alkalischen Vorbehandlung der Bastfasern nicht entfernt die Bedeutung zukommt, die man ihr bisher beigemessen hat.

Claims (3)

1. Patentansprüche:

   i. Verfahren zum Bleichen von Bastfasern, insbesondere von Leinen und Hanf, in Form von Garnen und Geweben wie auch in Form von Rohfasern unter Verwendung von Superoxyd- und Hypochloritbädern, dadurch gekennzeichnet, daß auf eine Superoxydbehandlung als erste Stufe eine Behandlung mit einem durch Ansäuerung von Hypochloritlösungen erzeugten, freie unter- go chlorige Säure und gleichzeitig eine stärkere freie Mineralsäure enthaltenden Bade mit einem pH < 5 ^h zweite Stufe folgt, der sich als dritte Stufe ein Brühen mit schwacher Sodalösung und als vierte Stufe eine Chlorbehandlung mit einem Bade anschließt, das einen geringeren Gehalt an aktivem Chlor als das zuerst (Stufe 2) verwendete Chlorbad und eine neutrale oder schwach alkalische Reaktion aufweist, worauf die Bleiche mit einer Nachbehandlung mit einem frischen Superoxydbade als 5. Stufe abgeschlossen wird.
2. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die gebrauchte Super- 10s oxydflotte der 5. Verfahrensstufe nach Zusatz von Soda als erste Superoxydflotte gebraucht wird.
3. 3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man bei derVerarbeitang besonders schwer bleichbarer Materialien die zweite Chlorbehandlung wiederum in saurer Lösung vornimmt und das Brühen mit Sodalösung "wiederholt, bevor man in ein weiteres alkalisches Chlorbad oder in das Superoxydbad eingeht.