-
Verfahren zum Bleichen von Jute- bzw. Kokosfasern Unter den für die
Textilfasergewinnung verfügbarenPflanzenfasernnehmen jute-undKokosfaser insofern
eine Ausnahmestellung ein, als sie im rohen Zustand außerordentlich stark gefärbt
sind. Hochweiße Ware läßt sich- aus derartigen Rohstoffen mit den üblichen mehrstufigen
Chlorbleichverfahren nicht erhalten, während andere mit aktivem Sauerstoff besonders
in der Wärme arbeitende Verfahren unwirtschaftlich sind und zu Faserschädigungen
führen .können. Es wurde nun gefunden, - daß man Jute- bzw. Kokosfasern mittels
aktiven Chlors in mehrstufigem Verfahren bis zu-Hochweiß wirtschaftlich und ohne
empfindliche Faserschädigung bleichen kann, wenn man erfindungsgemäß die im Wasser
verteilten, mit Säure neutralisierten Fasern mit unterchloriger Säure in einer der
maximalen sauren Chlorverbrauchszahl entsprechenden Menge bis zum praktisch völligen
Verschwinden des aktiven Chlors vorbleicht, nach dem Absaugen und Auswaschen der
Fasern mit verdünnter Natronlauge in der Kälte extrahiert und nach dem Waschen mit
Wasser und Neutralisieren mit Säure mittels Hypochlorits, insbesondere Erdalkalihypochlorits,
in einer der alkalischen Chlorverbrauchszahl entsprechenden Menge in der Kälte bis
zum nicht völligen Verschwinden des aktiven Chlors und nach Ansäuern bis zum völligen
Verschwinden des aktiven Chlors naehbleicht und schließlich mit vorzugsweise gegen
Lackmus nichtalkalischem Wasser auswäscht.
-
Besonders vorteilhaft ist es, wenn erfindungsgemäß die saure Vorbleiche
in Gegenwart von elementarem Chlor, vorzugsweise durch Verwendung einer überchlorten,
d. h. mit einem Überschuß an freiem Chlor hergestellten Unterchlorigsäurelösung
durchgeführt wird, weil hierbei neben der oxydierenden Wirkung des Bleichmittels
noch die chlorierende von vornherein gesteigert wird. Eine weitere Förderung der
Bleichwirkung erzielt man, wenn das Bleichgut vor dem letzten Auswaschen in der
nämlichen Flotte mit schwefliger Säure oder deren Salzen behandelt wird.
-
Die Bestimmung der obengenannten sauren und alkalischen Chlorverbrauchszahl
geschieht derart, daß man an einer Probe der zu behandelnden, vorher neutralisierten
Jute bei Zimmertemperatur mittels unterchloriger Säure zunächst die maximale saure
Chlorverbrauchszahl bei einer Wirkungsdauer von z Stunden und unmittelbar anschließend
an der nämlichen, jedoch ausgewaschenen Probe bei Zimmertemperatur mittels Hypochlorit
die alkalische Chlorverbrauchszahl ebenfalls bei 2stündiger Einwirkungsdauer bestimmt.
-
Da sämtliche Verfahrensstufen in der Kälte, d. h. also bei Raumtemperatur
ohne zusätzliche> Kühlung oder Erwärmung, durchgeführt werden und überschüssige
Mengen an aktivem Chlor vermieden 'werden, wird nicht nur die Faser weitgehend _
geschont, sondern auch die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens sichergestellt, wozu
auch der geringe Ätznatronverbrauch beiträgt.
-
Das Waschen des fertiggebleichten Gutes mit Wasser, das gegen Lackmus
nicht mehr alkalisch reagiert, z. B. mit Leitungswasser, dem
so
viel Salzsäure in der Kälte zugesetzt wird, daß das Wasser gerade eben vor dem Umschlag
zu Lackmusrot steht, hat den Zweck, die Einwirkung der sonst vorhandenen Alkalität
des gewöhnlichen Wassers auf etwa noch in der Faser vorhandene Ligninstoffe o. dgl.
und die damit verknüpfte unerwünschte Verfärbung zu verhindern.
-
Es sind bereits mehrstufige Bleichverfahren bekannt, bei denen in
der einen Stufe im sauren und in einer späteren Stufe im alkalischen Bad bei gewöhnlicher
bzw. wenig erhöhter Temperatur gebleicht wird. Abgesehen davon, daß sich diese bekannten
Verfahren nicht auf Rohjute- bzw. Kokosfasern beziehen, sondern auf durch chemische
Aufschlußverfahren aus solchen Rohfasern hergestellten Zellstoff bzw. auf andersartige
Bastfasern, wie Leinen und Hanf, bestehen grundsätzliche Verfahrensunterschiede
gegenüber der vorliegenden Arbeitsweise, die sich auch in der Beschaffenheit der
gebleichten Fasern hinsichtlich Bleichgrad und Festigkeit Bemerkbarmachen. EinwesentlicherVerfahrensunterschied
besteht zunächst darin, daß beim Verfahren gemäß der Erfindung eine Annäherung an
den Neutralpunkt in jeder Bleichstufe vermieden und faserschädigende Zwischenbehandlungen
durch Behandlung mit Sodalösungen oder auch Vor-und Schlußbehandlungen mit Wasserstoffsuperoxyd
vermieden werden. Hierdurch stellt sich das Verfahren gemäß der Erfindung auch billiger,
da derartige teure Bleichmittelund dieAnwendungerhöhterTemperaturen vermieden werden.
Ein weiterer grundsätzlicher Unterschied besteht noch darin, daß ein Nachgilben
des Bleichgutes beim vorliegenden Verfahren durch die neue Maßnahme des Waschens
mit gegen Lackmus Wasser im wesentlichen vermieden wird. Schließlich wird ein Mindestverbrauch
an aktivem Chlor dadurch gewährleistet, daß man denselben in der sauren Bleichstufe
nach der sauren Chlorverbrauchszahl und in der alkalischen Bleichstufe nach der
alkalischen Chlorverbrauchszahl bemißt, während bisher in der Bleicherei stets nur
die alkalische Chlorverbrauchszahl zugrunde gelegt wurde. Ausführungsbeispiel 25o
kg Rohj utefasern werden in 6 cbm Wasser suspendiert und nach Zusatz von Salzsäure
bis zur beginnenden sauren Reaktion gegen Lackmus bei gewöhnlicher Temperatur mit
unterchloriger Säure, die neben dieser noch elementares Chlor enthält, entsprechend
einer Menge von insgesamt 45 kg an aktivem Chlor, 2 Stunden bei einem selbsttätig
einsetzenden pH-Abfall von rund 3,7 auf rund 1,9 behandelt, dann von der Flüssigkeit
getrennt, gewaschen und darauf unter Einhaltung des obigen Suspensionsverhältnisses
mit Natronlauge bei einer Konzentration von etwa 3g Natriumhydroxyd im Liter 6o
Minuten lang ebenfalls bei gewöhnlicherTemperaturextrahiert. Nachdem # Trennen von
der Extraktionsflüssigkeit wird mit Wasser gewaschen und nach Wiederherstellung
des obigen Suspensionsverhältnisses mit Wasser und nach Neutralisation mittels Salzsäure
mit i5kg aktivem Chlor in Form von Calciumhypochlorit 212 Stunden ebenfalls bei
gewöhnlicher Temperatur während eines sich dabei von selbst ergebenden pH-Abfalles
von rund 8 auf rund 7,5 nachgebleicht. Hierauf wird Salzsäure bis zur deutlich sauren
Reaktion gegen Lackmus zugegeben und nach völligem Verbrauch des aktiven Chlors
und kurzer Nachbehandlung mit wenig schwefliger Säure in Form von Bisulfit mit solchem
Wasser gewaschen, das gegen Lackmus nicht mehr alkalisch reagiert.