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Verfahren zur Herstellung von Kunststoffen Das Viskoseverfahren weist
zwar gegenüber dem Celluloseätherverfahren den Vorteil auf, daß es der kostspieligen
und selbst mit Aufwendung erheblicher Kosten nur unvollkommen wiedergewinnbareri
organischen Lösungsmittel entraten kann, dagegen sind ihm im Vergleiche zum Celluloseätherverfahren
auch eine ganze Reihe von schwerwiegenden Nachteilen eigen. Der hauptsächlichste
Nachteil rührt von den in der Viskose enthaltenen C S S-Gruppen her. Infolge ihrer
überaus leichten Abspaltbarkeit stellt die Viskose eine in steter Selbstzersetzung
befindliche Lösung von geringer Haltbarkeit dar, aus welcher ununterbrochen gesundheitsschädlicher
Schwefelkohlenstoff frei wird. Dabeibedarf es, um die Viskose für 'die allerwichtigsten
Zwecke, z. B. auf Kunstseide, mit Erfolg verarbeiten zu können, sogar eines gewissen
Grades dieser Selbstzersetzung (Reifung), weil frische, noch ungereifte Viskose
regelmäßig unverwendbar ist. Der Vorgang der Selbstzersetzung muß daher sorgfältig
überwacht werden, damit diese nicht den für die Verarbeitung erforderlichen Grad
überschreitet. Daneben enthält die Viskose zahlreiche, zum Teil farbige Verunreinigungen,
welche in die Fällbäder übergehen und während des Fällvorganges Schwefelwasserstoff
entwickeln, dessen übler Geruch und hohe Giftigkeit durch umständliche Anlagen-
unschädlich gemacht werden müssen. Der Fällvorgang selbst stellt; wenn er technisch
befriedigende Ergebnisse liefern soll, an die Zusammensetzung der Fällflüssigkeit
nicht geringe Ansprüche; und wenn die Fällung vollzogen ist, dann sind die aus Viskose
hergestellten technischen Produkte durch die Anwesenheit von Schwefel getrübt und
durch andere Beimischungen gefärbt, so daß sie nachträglich entschwefelt und zumeist
auch gebleicht werden müssen. Die vorgängige Reinigung der Viskose aber vermochte
sich in der Technik nicht einzubürgern, weil die Reinigungsverfahren -sowohl umständlich
und kostspielig sind als auch die Eigenschaften der Viskose ungünstig beeinflussen.
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Man ging daher schon früher daran, die Viskose durch von C S S-Gruppen
freie Celluloseverbindungen zu ersetzen, welche sowohl Wasserunlöslich als auch
alkalilöslich sind, so daß sie ohne Zuhilfenahme organischer Lösungsmittel in Lösung
übergeführt und aus ihren alkalischen Lösungen durch sauer reagierende Fällungsmittel
in wasserunlöslicher Form abgeschieden werden können; die hierfür (vgl. z. B. die
britischen Patentschriften Nr. x778xo, 2o3346 und 2o3347) vorgeschlagenen wasserunlöslichen,
in wäßrigen Alkalien löslichen Alkylderivate der Cellulose aber führten zu technischen
-Erzeugnissen, wie Fäden, Filme u. dgl., welche, was Festigkeit bei Berührung mit
Wasser und Geschmeidigkeit im trockenen Zustande betrifft, nicht höchsten Anforderungen
zu entsprechen_ vermochten.
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Es wurde nun gefunden, daß die alkalischen-Lösungen der in Wasser
unlöslichen, in wäßrigen Alkalien löslichen Oxy- bzw. - Hydroxyalkylderivate der
Cellulose, d. h. Verbindungen; in denen mindestens ein Hydroxylwasserstoffatom
der
Cellulose durch eine.Oxy-bzw. Hydroxyalkylgruppe vertreten ist, sowohl für sich
wie auch im Gemisch mit anderen hierfür geeigneten Stoffen nach entsprechender Formgebung
sich durch Einwirkung von Fällungsmitteln, welche sie in fester Form abscheiden,
auf farblose, durchsichtige, in nassem und trockenem Zustande feste und biegsame
Fäden, Häute, Schichten, Überzüge und Kunststoffe überhaupt verarbeiten lassen.
Dieser Erfolg ist durchaus überraschend, weil auf Grund der Erfahrungen mit den
alkahlöslichen Alkylderivaten der Cellulose zu erwarten war, daß die Wasserbeständigkeit
der so hergestellten Kunststoffe eher eine geringere sein werde.
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Dabei zeichnen sich die alkalischen Lösungen der wasserunlöslichen,
in wäßrigen Alkalien löslichen Oxy- bzw. Hydroxyalkylderivate der Cellulose durch
Haltbarkeit, Farblosigkeit, Abwesenheit von Nebenprodukten, hochgradige Kolloidalität,
sie sind viskose Sole, und leichte Fällbarkeit aus, so daß sie schon die Anwendung
verdünnter anorganischer oder organischer Säuren, selbst von Gerbsäure, oder von
Salzlösungen oder von Alkohol allein, ja sogar von Formalin als Fällungsmittel gestatten
und Produkte ergeben, welche die für die weiteren Maßnahmen, Waschen usw., erforderliche
Festigkeit aufweisen.
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Demgemäß besteht das vorliegende Verfahren darin., daß man in Wasser
unlösliche, in wäßrigen Alkalien lösliche Oxy- bzw. HydroxyaJ.kylderivate teer Cellulose
für sich oder im Gemisch mit anderen Bindemitteln, Kolloiden oder weichmachenden
Mitteln in Alkalien löst, die hierbei erzielten Lösungen oder Pasten, gegebenenfalls
unter Zusatz von Füllstoffen oder Pigmenten oder Farbstoffen in die Form der gewünschten
Kunststoffe- bringt und die so geformten, allenfalls vorher ganz oder teilweise
eingetrockneten Gebilde mit Fällungsmitteln behandelt, welche die Oxy- bzw. Hydroxyalkylderivate
abzuscheiden vermögen. Als Fälhnittel können nicht nur die aus der Technik der Viskose
-und der Xupferoxydammoniakcellulose bekannten Stoffe und Stoffgemische, sondern
auch,- wie bereits bemerkt, viele andere verwendet werden, die sich für die Verarbeitung
von Viskose auf technische Gebilde als unzureichend erwiesen haben.
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Die Fallmittel können kalt oder warm oder heiß in Form von Fallbädern
oder von Nebeln zur Verwendung gelangen. Der dem Fallvorgang folgende Wasch- und
Trockenprozeß wird in bekannter Weise ausgeführt.
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Als Kolloide und weichmachende Mittel, die sich als Zusätze
zu den Oxy- bzw. Hydroxyalkylderivaten der Cellulose eignen; werden- beispielsweise
folgende genannt: AlkaliIösliche Hydrat oder Hydrocellulöse, rohe oder nach irgendeinem
bekanntenVerfahren gereinigteViskose (Cellulosexanthogenat) Eiweißkörper, Proteide,
Leim (Gelatine), Amyloid, Stärke und stärkeähnliche Stoffe, Dextrin, Gummiarten
(arabisches Gummi, Tragant, Rübengummi o. dgl.) Pektinstoffe, der unter dem Namen
Tragasol bekannte, aus ' Johannisbrotkernen gewonnene Gummi, alkalilösliche Harze,
alkalilösliche harzartige Kondensationsprodukte von Phenolen oder aromatischen Aminen
oder Harnstoffen mit Aldehyden, Schellacke, Glycerin, Diglycerin, Polyglycerin,
G1yköle, Zuckerarten und Sirupe, Seifen, Fette, Ammonium-bzw. Alkaliverbindungen
der Fettsulfosäuren, wie Türkischrotöl und andere mehr.
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Wegen des kolloidalen Charakters der Oxy-bzw. Hydroxyalkylderivate
der Cellulose können diese auch mit wasserunlöslichen Kolloiden oder weichmachenden
Mitteln zu nicht oder nicht leicht entmischbaren Emulsionen bzw. Suspensionen vermengt
werden. Ihre Lösungen bzw. Pasten vertragen daher einen Zusatz solcher Mittel, wie
Kautschuk, Guttapercha, Balata, Fette, trocknende oder nichttrocknende Öle, fettsaure
Metalle u. dgl.
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Das Verfahren eignet sich für die Herstellung von künstlichen Fäden,
insbesondere künstlicher Seide, für die Herstellung von Filmen, Überzügen und Schichten
jeder Art, für die Herstellung wasserunlöslicher Appreturen auf Geweben, Papier,
Leder u. dgl., für Schlichten von Gespinsten, für die Herstellung von Buchbinderleinwand,
Kunstleder, Klebmitteln und Kitten, für Textildruck als Verdickungsmittel bzw. Fixiermittel
für Pigmente, für die Herstellung von Platten und plastischen Massen im allgemeinen
u. dgl.
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Der in der Beschreibung und in den Patentansprüchen verwendete Ausdruck
Kunststoffe soll alle in dem vorhergehenden Absatz auf- i gezählte Kunststoffe umfassen.
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Der Ausdruck Oxyalkylderivate der Cellulose in der Beschreibung und
in den Ansprüchen bedeutet solche Cellulosederivate, in welchen mindestens ein Hyäroxylwasserstoffatom
der Cellulose oder eines Umwandlungsproduktes der Cellulose, wie Cellulosehydrat,
Hydrocellulose oder Oxycellulose durch eine Oxy-oder Hydroxyalkylgruppe vertreten
ist und welche beispielsweise gemäß Patent 493585 i erhalten werden, wenn
man Cellulose oder ihre Umwandlungsprodukte mit Halohydrinen, insbesondere Monohalohydrinen
von Polyalkoholen in Gegenwart von Alkalilösungen von unterhalb 5o0/, umsetzt, Die
in der französischen Patentschrift 536x88 beschriebenen Oxyalkylderivate der Cellulose
sollen nach den Angaben der Patentschrift in bezug auf Eigenschaften und Löslichkeitsverhältnisse
mit den wasserunlöslichen Alkyl- i äthern der CeIlulose übereinstimmen, also nur
in organischen * Lösungsmitteln löslich sein,
so daß sie sich für
das. vorliegende Verfahren nicht eignen können. _ -Ausführung@sbeispiel.e I<-
Filme -_ =oo Gewichtsteile einer in Wasser unlöslichen, in, verdünnten Alkalien-
löslichen r, 2-Dihydroxypropylcellulose öder Hydroxyäthylcellulose werden in. goo
bis. raoo Gewichtsteilen 5- bis 8o/oiger Natronlauge unter Rühren .oder Kneten o.
dgl. gelöst. Diese Lösung wird, wenn nötig, filtriert und durch ein schlitzartiges
Mundstück in ro- bis 2o9/oige Schwefelsäure oder 25 o/oige Essigsäure oder 3o o/oige
Ammonchloridlösung oder 2o°/oige Tanninlösung oder 4oo/oiges Formalin oder irgendein-
aus der Viskosetechnik bekanntes, z. B.' aus Schwefelsäure, einem Salz und einem
organischen Stoff; wie Zucker, bestehendes Fallbad gepreßt. Der erstarrte Film wird
mit Wasser gründlich ausgewaschen und getrocknet. Nach oder vor dem Trocknen kann
das endlose Filmband zwecks Erhöhung der Geschmeidigkeit mit einer wäßrigen, z.
B. roo/oigen Glycerinlösung behandelt werden. II. Künstliche Fäden, insbesondere
Kunstseide und künstliches Haar Beispiel r - Eine wie im Ausführungsbeispiel r bereitete
Lösung wird durch feine Düsen in eines der im Ausführungsbeispiel r genannten Fallbäder
gepreßt oder fallen gelassen, der sich bildende Faden nach dem Erstarren mit Wasser
gründlich ausgewaschen und getrocknet. Die künstlichen Fäden können im fertigen
Zustande oder im Verlaufe ihrer Herstellung mit härtenden Mitteln, wie Formaldehyd
o. dgl., behandelt werden. Beispiel 2 Eine Mischung von 5o Gewichtsteilen Viskose,
in üblicher Weise dargestellt, die in roo Gewichtsteilen 8 bis r2 Gewichtsteile
Cellulose enthalten, mit 5o Gewichtsteilen einer -gemäß Ausführungsbeispiel r dargestellten
Lösung wird wie im Beispiel II, x auf künstliche Fäden versponnen. So 11I. Appretur
von Textilstoffen Beispiel r Ein Textilgewebe, z. B. Baumwollgewebe, wird auf einer
entsprechenden Maschine, z. B.
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55 einer Paddingmaschine oder einer Spreadingmaschine, ein oder mehrere
Male mit einer wie im Ausführungsbeispiel I zusammengesetzten Lösung überzogen und
getrocknet. Bei mehrschichtigem Arbeiten empfiehlt sich Trocknung 6o nach jeder
Schicht. Nach dem Trocknen wird der Stoff, gegebenenfalls nach kurzem Dämpfen, in
ein Fallbad gemäß Ausführungsbeispiel I gebracht, ausgewaschen und getrocknet. Vor
oder nach dem Trocknen kann man den Textilstoff mit einem weichmachenden Mittel,
z. B. einer Seifenlösung oder einer wäßrigen Lösung von Türkischrotöl oder einer
wäßrigen Glycerinlösung, behandeln. Beispiel 2 Arbeitsweise wie im Beispiel r, jedoch
mit dem Unterschied, daß der Lösung ein Füllmittel, z. B. Zinkweiß oder China-Clay
oder Talkum, zugesetzt wird. Beispiel 3 Arbeitsweise wie im Beispiel :i oder 2,
jedoch mit dem Unterschied, daß der Lösung ein weichmachendes Mittel, z. B. ein
trocknendes oder nichttrocknendes Öl oder Seife, zugesetzt wird. Beispiel q. Arbeitsweise
wie im Beispiel r oder 2 oder 3, jedoch. mit dem Unterschied, daß die Lösung mit
einer Stärkelösung vermischt wird.
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Die appretierten bzw.. überzogenen 'Textilstoffe können nach Fertigstellung
noch geglättet oder kalandert oder durch Behandlung mit geriffelten bzw. gemusterten
Walzen gepreßt, gemustert oder geglänzt werden. IV. Textildruck roo Gewichtsteile
einer gemäß Ausführungsbeispiel I bereiteten Lösung werden mit 6 bis ro Gewichtsteilen
fein gemalilenem Glimmer oder q. Gewichtsteilen Lampenruß oder 8 bis ro Gewichtsteilen
Zinkweiß vermischt und gegebenenfalls nach vorheriger Mahlung auf einer Farbreibmühle
vermittels geeigneter Druckwalzen auf einen Baumwollstoff aufgedruckt. Das bedruckte
und getrocknete Gewebe wird dann gegebenenfalls nach vorherigem kurzem Dämpfen mit
einem Fallbad wie im Ausführungsbeispiel I behandelt, ausgewaschen und getrocknet.
V. Buchbinderleinwand Beispiel z Ein vorteilhaft lockerer Textilstoff, z. B. Kaliko,
wird mit einer gemäß AusführungsbeispielI bereiteten Lösung in einer oder mehreren
Schichten überzogen, bis die Gewebemaschen vollständig ausgefüllt sind. Wird der
Überzug in mehreren Schichten ausgeführt, dann wird nach jeder Schicht getrocknet.
Der Stoff, kann nach jeder Überzugsschicht oder nur nach der Schlußschicht heiß
oder kalt kalandert werden. Das überzogene bzw. ausgefüllte Gewebe wird dann durch
ein Fallbad gemäß Ausführungsbeispiel I geführt, ausgewaschen und getrocknet.
Beispiel
2 Arbeitsweise wie im Beispiel i, jedoch mit denn. Unterschied, daß die Lösung einen
Zusatz von Zinkweiß oder China-Clay oder lockeren Cellulosefasern oder Ruß oder
Farblack oder Glimmer oder einem alkalibeständigen Farbstoff o. dgl. bekommt. Beispiel
3 Arbeitsweise wie im Beispiel i oder 2, jedoch mit dem Unterschied,. däß man der
Lösung etwa io °/o, auf das Cellulosederivat gerechnet, Rizinusöl zusetzt.
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Die fertige Buchbinderleinwand kann durch Pressen zwischen Platten
oder durch Gaufrieren mit gemusterten Walzen o. dgl, mit beliebigen Mustern oder
Narben versehen oder durch Kalander glänzend gemacht werden.