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Verfahren zur Herstellung von vorzugsweise zur Bereitung von Kunststoffen
verwendbaren Cellulosederivaten Es wurde gefunden, daß man wertvolle Celluloseverbindungen
erhält, wenn man auf Cellulose in Gegenwart von Ätzalkali ein oder mehrere Alkylsenföle
einwirken läßt.
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Einige der neuen Cellulosederivate sind in wäßrigen Alkalien löslich,
in Wasser jedoch unlöslich oder nur schwer löslich und auch unlöslich in den gewöhnlichen
organischen Lösungsmitteln, wie Alkohol, Aceton, Eisessig, Benzin, Chloroform, Äther
u. dgl. Sie können aus ihren Lösungen in Alkalien mittels eines geeigneten Fällmittels
ausgefällt werden, z. B. mittels einer Säure, einem Salz, einer Säure und einem
Salz, einem Alkohol, Aceton u. dgl. Wenn ihre Lösungen oder Pasten in die Form von
Kunststoffen, z. B. Fäden, Filme, Platten, Appreturschichten o. dgl., gebracht und
mit einem geeigneten Fällmittel behandelt werden, erstarren sie entweder sofort
oder nach vorherigem Trocknen zu durchsichtigen Produkten, die, nachdem sie gewaschen
und getrocknet wurden, glänzend, durchsichtig und biegsam sind. Einige der neuen
Derivate sind in Alkalilösungen unlöslich oder schwer löslich. Die Lösungen in Alkali
der alkalilöslichen Vertreter der neuen Cellulosederivate können zu einer großen
Anzahl von Kunststoffen aufgearbeitet werden. Als Beispiele solcher Kunststoffe
seien folgende erwähnt: Künstliche Fäden, Filme, Platten, plastische Massen, Überzüge
und Schichten jeder Art, Gewebeappreturen, Garnschlichten, Verdickungsmittel für
Textildruck, Fixiermittel für Pigmente, Bindemittel, Buchbinderleinwand u. dgl.
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Die Cberführung der alkalilöslichen Vertreter der gemäß der Erfindung
hergestellten Cellulosederivate in Kunststoffe, beispielsweise künstliche Fäden,
Filme, Überzüge jeder Art u. dgl., geschieht z. B. in der Weise, daß man eine Lösung
eines oder mehrerer. alkalilöslicher Vertreter der erfindungsgemß hergestellten
- Cellulosederivate in die Form eines Kunststoffes bringt und auf die so geformte
Lösung ein koagulierend wirkendes Mittel, z. B. ein in der Viskoseseidetechnik bekanntes
Koagulierungsbad, einwirken läßt. Die alkalilöslichen Vertreter der vorliegenden
Cellulosederivate können auch in solcher Weise in Kunststoffe übergeführt werden,
daß
man ihre geformten Lösungen mit einem oder mehreren Mitteln in Berührung bringt,
dje- -auf die geformte Lösung eine koagulierende Wirkung und auf den frisch koagulierten
Kunststoff eine plastizierende Wirkung ausüben. Als Koagulierungs- und Plastizierungsmittel
haben sich Bäder vorteilhaft erwiesen, die wenigstens 35% Schwefelsäuremonohydrat
(z. B. 5o bis ungefähr 8o% Schwefelsäuremonohydrat) oder eine äquivalente Menge
einer anderen Mineralsäure enthalten. Die Koagulierung und Plastizierung der geformten
Lösung kann auch in zwei Stufen erfolgen, indem man auf die geformte Lösung vorerst
ein oder mehrere Mittel einwirken läßt, die auf die geformte Lösung koagulierend
einwirken, und dann ein oder mehrere Mittel (z. B. starke Mineralsäure, insbesondere
starke Schwefelsäure) einwirken läßt, die auf den frisch koagulierten Kunststoff
eine plastizierende ZVirkung ausüben.
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Die Verarbeitung der erfindungsgemäß hergestellten Cellulosederivate
auf Kunststoffe, z. B. künstliche Fäden, kann in An- oder Abwesenheit von weichmachenden
Mitteln oder anderen Kolloiden erfolgen. Beispiele hierfür sind: rohe oder gereinigte
Viskose (Cellulosexanthat), alkalilösliches Cellulosehydrat, alkalilösliche Hydrocellulose,
Proteine, Leim (Gelatine), Amyloid, Stärke und stärkeähnliche Substanzen, Dextrin,
Gummi (Gummi arabicum Traganth, Beet gurr u. dgl.), Pectin, Tragasol, in Alkalien
lösliche Harze oder alkalilösliche harzartige Kondensationsprodukte von Phenolen
oder aromatischen Aminen oder Harnstoffen mit Aldehyden, Schellack, Glycerin, Polyglycerin,
Glykole, Zucker und Sirupe, Seifen, Fette, Ammonium- oder Alkaliderivate der sulfonierten
Fettsäuren, wie Türkischrotöl u. dgl.
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Ihrer Bildungsweise und ihrem chemischen Verhalten gemäß scheinen
die Celluloseverbindungen Alkylthiourethane der Cellulose zu sein.
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Obgleich die den Gegenstand der vorliegenden Erfindung bildenden Produkte
als Alkylthiourethane der Cellulose angesprochen werden, soll die Erfindung nicht
auf irgendwelche chemischen Formeln oder Definitionen beschränkt sein, da, wenn
auch die Produkte wahrscheinlich Verbindungen oder Derivate der obenerwähnten Art
sind, ihre endgültige Zusammensetzung nicht genau feststeht.
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Zwecks Ausführung des Verfahrens wird gebleichte oder ungebleichte
Cellulose oder ein Cellulose enthaltendes Material oder ein Celluloseumwandlungsprodukt
(z. B. ein Cellulosehydrat oder eine Hydrocellulose oder OXycellulose) mit einem
oder mehreren Alkylsenfölen in Gegenwart von Alkali behandelt. Die Reaktion kann
ohne äußereWärmezufuhr durchgeführt werden. Selbstverständlich kann, wenn gewünscht,
das Verfahren auch so durchgeführt werden, daß man die Alkalicellulose vor, während
oder nach dem Zusatz des Alkylsenföls erwärmt oder erhitzt.
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Das Alkali kann der Cellulose zugeführt werden, indem man entweder
die Cellulose mit einem überschuß einer wäßrigen oder alkoholischen Alkalilösung
imprägniert und den überschuß der Alkalilösung durch Pressen, Zentrifugieren o.
dgl. entfernt, oder indem man die Cellulose mit der erforderlichen Menge einer wäßrigen
oder alkoholischen. Alkalilösung mischt oder verknetet.
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Die Behandlung der Cellulose mit Alkali und mit dem Alkylsenföl kann
gleichzeitig oder nacheinander in beliebiger Reihenfolge vorgenommen werden.
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Die Alkylsenföle werden der Alkalicellulose entweder in unverdünntem
Zustand oder mit einem geeigneten Verdünnungsmittel, wie Äther o. dgl., verdünnt
zugesetzt.
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Das Verfahren kann auch in Gegenwart eines Katalysators, z. B. einer
kleinen Menge eines Kupfer-, Nickel- oder Eisensalzes, durchgeführt werden.
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Um das,_ Reaktionsgemisch nach vollendeter Reaktion aufzuarbeiten,
wird es entweder als solches durch Zufügen von Wasser, wenn unverbrauchtes Alkali
in genügender Menge vorhanden ist, oder durch Zusatz von Alkalilauge gelöst und
gegebenenfalls nach vorherigem Filtrieren, Kolieren oder Zentrifugieren der gewünschten
technischen Verwendung zugeführt, oder das Endprodukt wird z. B. in der Weise isoliert,
daß man die Reaktionsmasse einfach mit Wasser oder einem anderen Lösungsmittel für
Alkalien und Salze (z. B. wäßrigem Alkohol) wäscht. Vor dem Waschen kann man das
im Reaktionsgemisch vorhandene Alkali neutralisieren oder ansäuern, insbesondere
dann, wenn in dem Gemisch ein großer überschuß an Allkali anwesend ist, der bei
Zufügen von Wasser das Reaktionsprodukt in Lösung bringen würde. Die gewaschenen
Cellulosealkylthiourethane können dann entweder in Alkali gelöst oder getrocknet
werden. Die Isolierung der Produkte kann auch folgendermaßen durchgeführt -,verden:
Das Reaktionsgemisch wird durch Zusatz einer Alkalilösung oder Wasser, wenn genug
. Alkali vorhanden ist, um das Reaktionsprodukt zu lösen, gelöst, die, wenn nötig,
durch Filtrieren, Kolieren, Zentrifugieren o. dgl. von unlöslichen Bestandteilen
befreite Lösung mittels einer Säure, eines sauren Salzes oder irgendeines anderen,
das Alkali bindenden Stoffes, z. B. eines Ammoniumsalzes, neutralisiert oder sauer
gemacht. Der hierbei erzielte Niederschlag wird gründlich
gewaschen
und gewünschtenfalls getrocknet. Dem Trocknen kann auch eine Entwässerung mit Alkohol
vorausgehen. Die auf irgendeine Weise isolierten Produkte können gereinigt werden,
indem man sie in einer verdünnten Alkalilösung löst und mittels einer Säure o. dgl.
ausfällt.
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Es ist unmöglich, jede Bedingung anzugeben, welche in jedem einzelnen
Falle zum Erfolg führt, und man muß sich darüber klar sein, daß Vorversuche unvermeidlich
sind, um die notwendigen Arbeitsbedingungen zu ermitteln, welche bei Verwendung
einer besonderen Cellulosesorte und/oder eines bestimmten Alkylisothiocyanats zum
Erfolg führen.
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Die folgenden Ausführungsbeispiele dienen als praktische Erläuterung
der Erfindung, die jedoch auf diese Beispiele nicht beschränkt sein soll. Die Teile
sind Gewichtsteile. Beispiel i i oo Teile Holzzellstoff (Wassergehalt 8%) oder Baumwollinters
(Wassergehalt 6 bis 7 0;o ) werden in 2ooo Teile 30%ige Ätznatronlösung bei 15°
eingebracht und darin 24 Stunden belassen. Die Alkalicellulose wird dann auf 35o
bis 40o Teile abgepreßt und 2i/. bis 3 Stunden bei i i bis 15° zerfasert, worauf
sie 24 bis 48 Stunden bei 2o° reifen gelassen wird. Nach dieser Zeit wird die Alkalicellulose
in eine Knetmaschine oder einen Zerfaserer gebracht, mit ioo Teilen Methylsenföl
versetzt und das Reaktionsgemisch 3 Stunden geknetet. Nachher wird das Reaktionsgemisch
in ein verschließbares Gefäß übergeführt und 2¢ bis ¢8 Stunden bei Zimmertemperatur
stehengelassen. Sodann wird das Reaktionsgemisch in 6ooo bis 12 ooo Teilen 5- bis
8%iger Natronlauge gelöst, die Lösung von den ungelösten Bestandteilen durch Filtrieren,
Kolieren,- Zentrifugieren o. dgl. befreit und mit einer verdünnten Säure, z. B.
12- bis 20%iger Schwefelsäure oder Essigsäure, versetzt, bis das Reaktionsprodukt
vollständig ausfällt.
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Der in Flocken oder Klumpen ausgefallene Körper wird dann mittels
einer Filtriervorrichtung, beispielsweise einer Filterpresse, Koliertuch, Filter
o. dgl., von der Mutterlauge getrennt, mit Wasser gewaschen, bis er salz- bzw. säurefrei
ist, und gegebenenfalls nach vorheriger Entwässerung mit Alkohol und Erschöpfung
mit Äther bei Atmosphärendruck oder vermindertem Druck getrocknet. Nach dem Zerkleinern
stellt er ein Pulver dar, das in Wasser und organischen Lösungsmitteln unlöslich,
in verdünntem Alkali, z. B. einer 5- bis 8%igen Natronlauge, löslich ist. Seine
Lösung in Natronlauge von beispielsweise 5 bis i o % ist klar und viskos und ergibt,
wenn sie auf einer Glasplatte ausgebreitet und mit eirfer verdünnten Säureoder mit
irgendeinem in der Viskosetechnik bekannten Fällmittel behandelt wird, einen klaren
Film, der nach dem Waschen und Trocknen durchsichtig und biegsam ist. Beispiel 2
Arbeitsweise wie in Beispiel i, jedoch mit dem Unterschied, daß an Stelle 30%iger
i 8 %ige Natronlauge verwendet wird. Beispiel 3 Arbeitsweise wie in Beispiel i oder
2, jedoch mit dem Unterschied, daß an Stelle von ioo Teilen 5o Teile Methylsenföl
verwendet werden. Beispiel ¢ Arbeitsweise wie in irgendeinem der vorhergehenden
Beispiele, jedoch mit dem Unterschied, daß das Methylsenföl unmittelbar nach dem
Zerfasern der Alkalicellulose zugefügt wird.
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In den vorhergehenden Beispielen kann an Stelle von Methylsenföl eine
äquivalente Menge eines Homologen, z. B. Äthylsenföl oder Allylsenföl, verwendet
werden.
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An Stelle gebleichter oder üngebleichter Cellulose kann als Ausgangsmaterial
auch ein Celluloseumwaridlungsprddukt, das in Alkalien unlöslich ist, verwendet
werden (beispielsweise eine Cellulose, die durch chemische Einwirkung hydratisiert
oder hydrolysiert wurde, z. B. durch Mercerisierung mit nachfolgendem Waschen und
gegebenenfalls Trocknen, durch die Einwirkung einer starken Mineralsäure, durch
Erhitzen mit einer schwachen Mineralsäure, oder durch Behandlung mit einem Zinkhaloid,
oder durch ein mechanisches Verfahren, wie Mahlen, in Gegenwart von Wasser u. dgl.,
oder eine Oxycellulose, die in Alkalien unlöslich ist), kurz, irgendein Körper der
Cellulosegruppe, der für die Herstellung von Viskose oder Kupferoxydammoniakcellulose
vorgeschlagen wurde.
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Der in der Beschreibung und in den Ansprüchen verwendete Ausdruck
Cellulose umfaßt überall, wo es der Sinn zuläßt, auch die obenerwähnten Körper der
Cellulosegruppe.
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Der in Beschreibung und Anspruch verwendete Ausdruck Kunststoffe umfaßt:
künstliche Fäden, insbesondere Kunstseide, Filme, Überzüge und Schichten jeder Art,
Appreturen für Gewebe, Papier, Leder u. dgl., Schlichten von Gespinsten, Buchbinderleinwand,
Kunstleder, Klebstoffe und Bindemittel, Platten und plastische Massen im allgemeinen,
Verdickungsmittel oder Fixiermittel für Pigmente im Textildruck u. dgl.
Der
Ausdruck künstliche Fäden bedeutet künstliche Fäden und Gespinste jeder Art, z.
B. Kunstseide, Stapelfaser, künstliche Bäumwolle, künstliche Wolle, künstliches
Haar und künstliches Stroh jeder Art.
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Der Ausdruck starke Mineralsäure bedeutet Schwefelsäure von wenigstens
3501o H2 S 04, vorzugsweise wenigstens 450V0 H.-S04, und was andere Mineralsäuren
anbetrifft, Lösungen äquivalenter Stärke.
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Der Ausdruck starke Schwefelsäure oder Schwefelsäure, die wenigstens
ungefähr 35% Schwefelsäuremonohydrat enthält, bedeutet Schwefelsäure, die einen
Gehalt von 35 bis 98 Klo H2 S 04 aufweist.