-
Verfahren zur Darstellung von Alkyläthern der Stärke, des Dextrins
und ähnlicher Kohlehydrate. Es war von jeher ein wichtiges Problem, die Stärke,
das Dextrin und ähnliche Kohlehydrate in Derivate von gleicher technischer Verwendbarkeit
oder Löslichkeit in flüchtigen Lösungsmitteln überzuführen. In den Alkyläthern dieser
Kohlehydrate, insbesondere der Stärke, wurden gemäß der Erfindung solche Abkömmlinge
gefunden. Diese sind in einer großen Anzahl flüchtiger Lösungsmittel löslich, in
Wasser meist unlöslich und für alle Zwecke, vorzüglich geeignet, für welche die
Kohlehydrate selbst verwendet werden. Mit den in der französischen Patentschrift
4q.7974 beschriebenen Äthern der Cellulose haben die Erzeugnisse ebensowenig Ähnlichkeit
wie die Kohlehydrate mit der Cellulose selbst. Insbesondere sind die Äther der Cellulose
geschmeidige, elastische Stoffe ohne namhafte Klebkraft, während die Äther der Stärke
und ähnlicher Kohlehydrate mehr oder weniger spröde, harte Substanzen mit Klebkraft
vorstellen. Die Folge ist, daß diese Äther überall dort verwendbar sind, wo Härte,
Sprödigkeit und Klebkraft verlangt werden, also für eine ganze Reihe von Appreturen,
Überzügen und Anstrichen für Druckmassen, insbesondere Textildruckmassen, für Klebzwecke
usw.
-
Das Verfahren beruht darauf, daß man Hydroxylwasserstoffatome der
Stärke, des Dextrins u. dgl. oder ihrer Derivate durch Alkylradikale ersetzt, indem
man die Kohlehydrate oder ihre Abkömmlinge bei' Gegenwart alkalischer Stoffe mit
Alkylierungsmitteln behandelt.
-
Als Ausgangsstoffe kommen Stärke jeder Art, stärkehaltige Stoffe u.
a. stärkehaltige Früchte, stärkehaltige Mehlarten, lösliche Stärke, amorphe und
kristallisierte Stärke (Amylodextrin) und Amylan, Caragheenschleim, Dextrine jeder
Art, Cellulosin, Lichenin, Inulin, Gelose usw. (s. B e i 1-s t e i n , Handbuch
der organischen Chemie, 1893, Band I, Seite 1o72 und iioo) sowie deren Derivate,
z. B. Ester anorganischer und organischer Säuren u. dgl., in Betracht.
-
Das Verfahren wird in der Weise ausgeübt, daß man die Kohlehydrate
oder ihre Derivate mit Alkylestern, insbesondere Alkylestern anorganischer Säuren,
bei Gegenwart basischer Substanzen behandelt. Man kann aber auch noch andere Alkylierungsmittel,
z. B. Nitrosoalkylurethane u. dgl. und ebenso auch aralkylierende Mittel zur Anwendung
bringen.
-
Geht man von den Alkali- oder anderen Metallverbindungen der Kohlehydrate
aus, dann sind die basischen Substanzen an die
Kohlehydrate gebunden;
in anderen Fällen sind sie in dein Reaktionsgemische in freiem Zustande enthalten.
Man kann aber auch so vorgehen, daß man neben den an die Kohlehydrate gebundenen
Basen noch eine gewisse Menge freier basischer Stoffe, z. B. Alkalien, Alkalimetalle,
Alkalialkoholate u. dgl., den Reaktionsmassen zusetzt.
-
Solche freien basischen Stoffe, insbesondere Ätzalkalien neben den
an die Kohlehydrate bereits gebundenen, beschleunigen aus bisher unaufgeklärten
Gründen den Alkylierungsvorgang und begünstigen ihn überhaupt.
-
Die gewünschte Menge an basischen Stoffen kann man entweder von vornherein
auf einmal oder auch während der Reaktion allmählich zufügen; man kann sie ungelöst,
also in fester Form oder gelöst zusetzen.
-
Auch die Kohlehydrate können gelöst oder ungelöst zur Verwendung gelangen.
Als Lösungsmittel kommen bei den meisten Wasser, aber auch wässerige Alkalien, Ammoniak,
wässeriges Pyridin u. dgl. in Betracht. Man kann die Reaktion auch in wässerigalkoholischer
Lösung sich vollziehen lassen. Oder man beginnt in wässerig-alka@lischer Lösung
zu arbeiten und setzt im Laufe der Reaktion ein organisches Lösungs- oder Verdünnungsmittel,
z. B. einen Alkohol, Benzol, Toluol, Yylol, Pyridin o. dgl., zu. In diesen Lösungs-
oder Verdünnungsmitteln kann man auch gleich die basischen Stoffe auflösen. Nimmt
man als Ausgangsstoffe Derivate der Kohlehydrate, die in organischen Lösungsmitteln
löslich sind (Ester u. dgl.), dann kann man sie, in organischen Lösungsniitteln
gelöst, zur Reaktion bringen.
-
In allen Fällen kann man die Reaktion auch bei Anwesenheit von Verdünnungsmitteln
oder auch Lösungsmitteln für die entstehenden Alkyläther der Kohlehydrate, z. B.
Alkohol, Benzol, Pyridin, vor sich gehen lassen. Wendet man Pyridin oder ähnliche
Basen als Lösungs- oder Verdünnungsmittel an, dann wirken sie gleichzeitig als basische
Substanzen.
-
Die Alkylierungsinittel können entweder von vornherein oder nach und
nach den Reaktionsgemischen zugesetzt werden. Die Reaktion kann in offenen Gefäßen
oder unter Rückflußkühlung oder unter Druck oder im @' akuum oder bei Luftabschluß
durch indifferente Gase vorgenommen werden.
-
Die Allcyläther der Kohlehydrate können aus den Reaktionsmassen, wenn
nötig, nach vorheriger Neutralisation oder Ansäuerung in der Kälte oder Wärme durch
Wasser, Salzlösungen oder andere Fällungsmittel abgeschieden oder erforderlichenfalls
durch Extraktionsmittel gewonnen und in üblicher Weise durch Auswaschen, Verdunsten
des Extraktionsmittels, Umlösen, Umfällen u. dgl., auch durch Dialyse gereinigt
werden.
-
Da die in Betracht kommenden Kohlehydrate mehrere alkoholischeHydroxylwasserstoffatome
enthalten, kann man j e nach Wahl der Menge der Alkylierungsmittel oder der Arbeitsbedingungen
(Temperatur, Beschaffenheit und Menge der basischen Substanzen, Konzentration der
Reaktionsgemische us-v.) die Alkylreste in verschiedener Anzahl einführen. Dabei
kann man auch so verfahren, daß man zunächst hergestellte niedrig alkylierte Verbindungen
mit Alkylierungsmitteln weiter behandelt.
-
Die Allcyläther mit noch freien Hydroxylgruppen neigen naturgemäß
dazu, Basen oder Metalle, z. B. Alkalimetalle oder ihre Hydroxyde, zu binden. Sie
vermögen z. B. in alkoholischer Lösung mit alkoholischen Laugen Niederschläge zu
geben. Derartige Äther werden bei der Aufarbeitung der Reaktionsgemische entweder
unmittelbar oder nach ihrer Abscheidung als Metallverbindungen durch Säuren oder
saure Salze in Freiheit gesetzt.
-
Es ist anzunehmen, daß in vielen Fällen nicht einheitliche, sondern
Gemische von Alkyläthern verschiedener Alkylgehalte entstehen. Läßt man verschieden
zusammengesetzte Alkylierungsmittel neben oder nacheinander auf die Kohlehydrate
einwirken, dann gelangt- man zu gemischten Alkyläthern. .
-
Die verschiedenen Alkyläther der Kohlehydrate weisen eine große Mannigfaltigkeit
ihrer Eigenschaften auf. Manche sind in Wasser, andere in einer zum Teil großen
Anzahl anderer Lösungsmittel oft leicht und glatt löslich. Die -wasserlöslichen
Alkyläther sind indessen nur in .kaltem Wasser löslich, in heißem aber unlöslich
oder kaum löslich, so daß ihre wässerigen Lösungen in der Hitze gerinnen oder die
Äther ausfallen lassen.
-
Gemeinsam ist allen ihre große Beständigkeit und Indifferenz. Sie
vertragen Erhitzen auf hohe Temperaturen bei An- oder Abwesenheit von Wasser, sind
unentflammbar und auch heißen Alkalien gegenüber sehr beständig. Sie übertreffen
an Beständigkeit im besonderen die einfachen und gemischten Ester der Kohlehydrate.
Ihre Lösungen, Pasten oder Gallerten hinterlassen beim Verdunsten der Lösungs- oder
Verdünnungsmittel durchsichtige klare Schichten, plastische Massen oder Fäden, welche
gegen chemische und physikalische Einflüsse widerstandsfähig sind und eine sehr
bedeutende Härte aufweisen.
-
Die wertvollen Eigenschaften, im besonderen die vielseitige Löslichkeit
der neuen Produkte,
machen sie an Stelle oder in Verbindung mit
anderen sonst gebräuchlichen Produkten hervorragend geeignet, zum Beispiel für die
Herstellung plastischer Massen oder als Ersatz für Harze oder harzartige Stoffe.
Sie können außerdem für sich oder im Gemisch mit anderen Derivaten der Kohlehydrate
oder Kampfer, Phosphorsäureestern der Phenole oder anderen Gelatinierungs-oder Kampferersatzmitteln
oder weich und elastisch machenden Mitteln auf Zelluloidersatz, auf künstliche Fäden
und Gespinste, künstliches Haar, Überzüge und Häute, photographische Artikel, Lacke,
Firnisse verarbeitet werden. Ebenso eignen sie sich für Anstriche, Isolierungsgegenstände,
als Schlichtmassen für Gespinste, Appreturmassen für Gewebe, Leder, Papier u. dgl.,
Druckmassen, Verdickungsmittel für diese, Fixiermittel für Pigmente, Klebstoffe,
Kitte und Leimmittel, Papierleimung usw.
-
Ausführungsbeispiele. I. i oo Gewichtsteile Stärke werden entweder
in a) 4.0o Gewichtsteilen einer ioprozentigen Natronlauge oder in b) goo Gewichtsteilen
einer ioprozentigen Natronlauge gelöst.
-
Zu einer dieser Lösungen werden dann ioo bis Zoo Gewichtsteile einer
3oprozentigen Natronlauge zugesetzt, die Mischung auf dein Wasserbade gelinde erwärmt
und ioo bis Zoo Gewichtsteile Diäthylsulfat nach und nach oder auf einmal zugesetzt.
Dann wird noch, wenn nötig, eine halbe bis zwei Stunden auf dem Wasserbade nacherhitzt
und das Reaktionsgemisch vorteilhaft nach vorherigem Erkalten mit 300 bis
4.0o Gewichtsteilen gepulverten Ätznatrons oder der äquivalenten Menge Ätzkalis
angerieben, angerührt-oder angeknetet. Nach neuerlichem Anwärmen werden
300 bis 1200 Gewichtsteile Diätylsulfat allmählich oder in einigen größeren
Anteilen in entsprechenden Zeiträumen eingetragen, wobei -die Abscheidung des Äthyläthers
der Stärke unter gleichzeitigem Steigen der Temperatur und Aufschäumen der Masse
erfolgt.
-
Das Reaktionsgemisch wird vorteilhaft nach Verdünnen mit Wasser entweder
sofort mit verdünnter Mineralsäuren (Schwefelsäure oder Salzsäure) sauer gemacht
oder in alkalischem Zustande auf eine entsprechende Filtriervorrichtung gebracht
und die auf der Filtriervorrichtung gesammelte Äthylstärke gründlich mit heißem
oder kaltem Wasser ausgewaschen. Im zweiten Falle empfehlen sich Nachbehandlung
mit einer Säure oder einem sauren Salze und nochmaligem Auswaschen.
-
Da dieser Äther im Wasser unlöslich ist, so kann er in der Weise gereinigt
werden, daß er im Alkohol gelöst und aus der filtrierten oder unfiltrierten Lösung
mit Wasser oder einer verdünnten Salzlösung ausgefällt' und dann nochmals ausgewaschen
wird.
-
Das Produkt stellt ein weißes Pulver vor, welches in kaltem oder heißem
Wasser unlöslich, dagegen in Alkohol, Methylalkohol, Eisessig, Ameisensäure, Anilin,'
Pyridin, Chinolin, Pikolin, Dichlorhydrin, Epichlorhydrin, Nitrobenzol, essigsaurem
Methyl, Essigäther, phtalsaurem Äthyl, sebacinsaurcm Äthyl, zitronensaurem Äthyl,
bernsteinsaurem Äthyl, weinsaurem Äthyl, Amylacetat, Butylacetat, benzoesaurem Äthyl,
laevulinsaurem Äthyl, Aceton, Pentachloräthan, Tetrachloräthan, Trichloräthylen,
Acetylendichlorid, Tetrachlorkohlenstoff, Chloroform, Benzol, Toluol, Xylol, Phenol,
Nitrophenolen, Orthokresol, Naphthalin, Toluidinen, Form.anilid, . Acetanilid, Terpentinöl,
Kampfer, Ricinusöl, Leinöl, chinesischem Holzöl, Stearin, Bienenwachs, Japanwachs,
Lanolin, Nitromethan, Phenyläther, Triphenylphosphat, Tikresylphosphat usf. leicht
löslich ist.
-
Nach diesem Beispiel ensteht in dem ersten Teil des Verfahrens ein
wasserlöslicher Äther, der in dem zweiten Teile unmittelbar in .das unlösliche Produkt
verwandelt wird. Man kann aber auch so verfahren, daß man den zunächst gebildeten
löslichen Äther aus dem Reaktionsgemisch isoliert und in diesem Zustande weiter
älkyliert.
-
II. ioo Gewichtsteile Stärke werden in goo Gewichtsteilen einer ioprozentigen
Natronlauge gelöst, diese Lösung mit 20o bis 400 Gewichtsteilen einer 3o bis 40prozentigen
Natronlauge gelinde erwärmt und dann Zoo bis 50o Gewichtsteile Diäthylsulfat allmählich
eingetragen. Die ausgeschiedene Äthvlstärke kann entweder sofort auf einem Heißwasserfilter
gesammelt, mit heißem Wasser ausgewaschen und dann mit einer Säure behandelt werden
oder man macht das ganze Reaktionsgemisch mit verdünnter Mineralsäure sauer, filtriert
und wäscht hinterher.
-
Der ausgewaschene Äthyläther der Stärke ist ein weißer Stoff, der
in kaltem Wasser löslich, in heißem Wasser dagegen unlöslich oder kaum löslich ist.
-
III. iod Gewichtsteile Stärke werden entweder in a) qoo Gewichtsteilen
einer ioprozentigen Natronlauge oder in
b) 9oo Gewichtsteilen einer
ioprozentigen Natronlauge gelöst.
-
Zu einer dieser Lösungen werden dann 52o bis 8oo Gewichtsteile einer
3oprOzentigen Natronlauge und i ooo Gewichtsteile Äthyljodid zugesetzt und die Mischung
im Autoklaven bei ioo° oder auf dem Wasserbade unter Rückflußkühlung längere Zeit
erhitzt. Der ausgeschiedene Äther wird wie bei Beispiel I isoliert.
-
Er stellt ein weißes Pulver dar, welches in heißem und kaltem Wasser
unlöslich, in Alkohol, Methylalkohol, Dichlorhydrin, Eisessig, Tetrachloräthan u.
dgl. leicht löslich ist.