<Desc/Clms Page number 1>
Verfahren zur Herstellung von Kunststoffen.
Die bisher bekannten, alkalilöslichen Zelluloseverbindungen haben bei ihrer Verwendung in der Technik eine ganze Reihe von Missständen und Fehlern gezeigt.
Die in Wasser unlöslichen, in Alkalien löslichen Alkyldeiivate der Zellulose (siehe z. B. die britischen Patentschriften Nr. 177810,203346 und 203347) führen zu technischen Erzeugnissen (wie Fäden, Filme u. dgl. ), deren Festigkeit bei Berührung mit Wasser und Geschmeidigkeit im trocknen Zustande den höchsten Anforderungen nicht entsprechen.
Die vorstehend erörterten Nachteile der bisher verwendeten alkalilöslichen Zellulosederivate lassen ihren Ersatz durch neue, mit diesen Fehlern nicht behaftete Zelluloseverbindungen wünschenswert erscheinen.
Die in Wasser unlöslichen, in wässerigen Alkalien löslichen Oxy-bzw. Hydroxyalkylderivate der Zellulose, d. h. Verbindungen, in denen mindestens ein Hydroxylwasserstoffatom der Zellulose durch eine Oxy-bzw. Hydroxyalkylgruppe ersetzt ist, stellen Verbindungen dar, welche sich sowohl für sich wie auch im Gemisch mit andern hiefür geeigneten Substanzen mit Erfolg auf solche Kunststoffe verarbeiten lassen, für deren Herstellung bisher die bekannten alkalilöslichen Zellulosederivate, insbesondere Viskose, verwendet wurden.
Folgende Eigenschaften machen die Oxy-bzw. Hydroxyalkylderivate der Zellulose, welche z. B. durch Umsetzung von Zellulose mit Halogenhydrinen, insbesondere Monohalogenhydrinen von Polyalkoholen, in Gegenwart von Alkalien leicht gewinnbar sind (siehe z. B. österr. Patent Nr. 108139) für diese Zwecke besonders geeignet. Ihre Beständigkeit und Indifferenz (als Beispiel wird angeführt, dass sie mehrstündiges Kochen mit starker Lauge, z.
B. 20% iger Natronlauge, vertragen, ohne sich merklich zu verändern, ihre Haltbarkeit in fester und gelöster Form, ihre und ihrer Lösungen Farblosigkeit, die Abwesenheit von Nebenprodukten der Reaktion, welche die Verarbeitung auf Kunststoffe erschweren selbst in den rohen, sich aus ihrer Herstellung ergebenden Reaktionsgemischen, ihr hoher Reinheitsgrad im isolierten Zustande, ihre leichte Abscheidbarkeit in Gestalt von technischen Gebilden. Die in die gewünschte Form gebrachten Lösungen der Oxy-bzw.
Hydroxyalkylderivate der Zellulose erstarren schon unter der Einwirkung verdünnter anorganischer oder organischer Säuren, selbst von Gerbsäure, oder von Salzlösungen oder von Alkohol allein, ja sogar von Formalin zu Produkten, welche die für die weiteren Operationen (Waschen usw. ) erforderliche Festigkeit aufweisen. Ferner ihre leichte Löslichkeit in verdünnten Alkalien, ihr hochgradig kolloider Zustand (ihre Lösungen sind viskose Sole) und die Farblosigkeit, Durchsichtigkeit, Festigkeit im nassen und trockenen Zustande sowie Biegsamkeit der aus ihren Lösungen gewonnenen Fäden, Häute, Schichten, Überzüge und Kunststoffe im allgemeinen.
In dieser Beziehung sind sie den wasserunlöslichen, alkalilöslichen Alkylderivaten der Zellulose überlegen.
Dieser Umstand ist überraschend, weil von vornherein die Annahme berechtigt war, dass die Wasserbeständigkeit der aus den Oxy-bzw. Hydroxyalkylderivaten der Zellulose hergestellten Kunststoffe eher geringer sein wird als diejenige der aus den alkalilöslichen Alkylderivaten erzeugten.
Das vorliegende Verfahren besteht darin, dass man die wasserunlöslichen, alkalilöslichen Oxybzw. Hydroxyalkylderivate der Zellulose für sich oder im Gemisch mit andern Bindemitteln oder Kolloiden oder weichmachenden Mitteln in Alkalien löst, die hiebei erzielten Lösungen oder Pasten gegebenenfalls unter Zusatz von Füllstoffen oder Pigmenten oder Farbstoffen oder weichmachenden Mitteln in die Form der gewünschten Kunststoffe bringt und die so geformten, wenn gewünscht, vorher ganz oder teilweise eingetrockneten Gebilde mit Mitteln behandelt, welche die Oxy-bzw.
Hydroxyalkylderivate der Zellulose abzuseheiden vermögen. Als Fällmittel können nicht nur
<Desc/Clms Page number 2>
die aus der Technik der Viskose und der Kupferoxydammoniakzellulose bekannten Substanzen und Substanzgemische, sondern auch viele andere verwendet werden, die sich für die Verarbeitung von Viskose auf technische Gebilde als unzureichend erwiesen haben.
EMI2.1
Weise ausgeführt.
Als Kolloide und weichmachende Mittel, welche sich als Zusatz zu den Oxy-bzw. Hydroxyalkyl- derivaten der Zellulose eignen, werden beispielsweise folgende genannt :
Alkalilösliche Hydrat-oder Hydrozellulose, rohe oder nach irgendeinem bekannten Verfahren gereinigte Viskose (Zellulosexanthogenat), Eiweisskörper, Proteide, Leim (Gelatine), Amyloid, Stärke und stärkeähnliche Stoffe, Dextrin, Gummiarten (arabisches Gummi, Tragant, Rübengummi u. dgl.),
Pektinstoffe, Tragasol, alkalilösliche Harze, alkalilösliche harzartige Kondensationsprodukte von Phenolen oder aromatischen Aminen oder Harnstoffen mit Aldehyden, Schellack, Glyzerin, Diglyzerin, Poly- glyzerin, Glykole, Zuckerarten und Sirupe, Seifen, Fette, Ammonium-bzw. Alkaliverbindungen der Fettsulfosäuren, wie Türkischrotöl u. a. m.
Die Oxy-bzw. Hydroxyalkylderivate der Zellulose können vermöge ihres kolloiden Charakters auch mit wasserunlöslichen Kolloiden oder weichmachenden Mitteln zu nicht oder nicht leicht ent- mischbaren Emulsionen bzw. Suspensionen vermengt werden. Ihre Lösungen bzw. Pasten vertragen daher einen Zusatz solcher Mittel, wie Kautschuk, Guttapercha, Balata, Fette, trocknende oder nicht trocknende Öle, fettsaure Metalle u. dgl.
Die Oxy-bzw. Hydroxyalkylderivate der Zellulose eignen sich insbesondere für die Herstellung folgender Kunststoffe : für die Herstellung von künstlichen Fäden, insbesondere künstlicher Seide ; für die Herstellung von Filmen ; für die Herstellung von Überzügen und Schichten jeder Art ; für die
Herstellung wasserunlöslicher Appreturen, auf Geweben, Papier, Leder u. dgL ; für Schlichten von Ge- spinsten ; für die Herstellung von Buchbinderleinwand ; für die Herstellung von Kunstleder ; für die
Herstellung von Klebmitteln und Kitten ; für Textildruck als Verdickungsmittel bzw. Fixiermittel für
Pigmente ; für die Herstellung von Platten und plastischen Massen im allgemeinen u. dgl.
Der in der Beschreibung und in den Patentansprüchen verwendete Ausdruck "Kunststoffe" soll alle in dem vorhergehenden Absatz aufgezählten Kunststoffe umfassen.
Der Ausdruck"Oxyalkylderivate der Zellulose"bedeutet solche Zellulosederivate, in welchen mindestens ein Hydroxylwasserstoffatom der Zellulose oder eines Zellulosehydrates oder einer Hydro- zellulose oder einer Oxyzellulose durch eine Oxy-oder Hydroxyalkylgruppe vertreten ist und welche durch Umsetzung von Zellulose oder ihrer Umwandlungsprodukte mit Halogenhydrinen, insbesondere
Monohalogenhydrinen von Polyalkoholen, in Gegenwart von Alkalien entstehen.
Ausführungsbeispiele.
I. Filme.
, 100 Gewichtsteile einer in Wasser unlöslichen, in verdünnten Alkalien löslichen 1'2-Dihydroxy- propylzellulose (erhalten durch Behandlung von Zellulose mit a-Monochlorhydrin in Gegenwart von
Alkali) oder Hydroxyäthylzellulose (erhalten durch Behandlung von Zellulose mit Äthylenchlorhydrin in Anwesenheit von Alkali) werden in 900 bis 1200 Gewichtsteilen 5-8% iger Natronlauge unter Rühren oder Kneten od. dgl. gelöst.
Diese Lösung wird, wenn nötig, filtriert und durch ein schlitzartiges Mund- stüek in 10-20%ige Schwefelsäure oder 25% ige Essigsäure oder 30% ige Ammonchloridlösung oder 20% ige Tajminlösung oder 40% iges Formalin oder irgendein aus der Viskosetechnik bekanntes, z. B. aus Schwefelsäure, einem Salz und einer organischen Substanz, wie Zucker, bestehendes Fällbad gepresst.
Der erstarrte Film wird mit Wasser gründlich ausgewaschen und getrocknet. Nach oder vor dem Trocknen kann das endlose Filmband zwecks Erhöhung der Geschmeidigkeit mit einer wässerigen, z. B. M% eigen Glyzerinlösung behandelt werden.
II. Künstliche Fäden, insbesondere Kunstseide und künstliches Haar.
Beispiel l. Eine wie im Ausführungsbeispiel I bereitete Lösung einer 1'2-Dihydroxypropylzellulose oder Hydroxyäthylzellulose wird durch feine Düsen in eines der im Ausführungsbeispiel I genannten
Fällbäder gepresst oder fallen gelassen, der sich bildende Faden nach dem Erstarren mit Wasser gründlich ausgewaschen und getrocknet. Die künstlichen Fäden können im fertigen Zustande oder im Verlaufe ihrer Herstellung mit härtenden Mitteln, wie Formaldehyd od. dgl. behandelt werden.
Beispiel 2. Eine Mischung von 50 GT. Viskose (in üblicher Weise dargestellt), die in 100 GT.
8-12 GT. Zellulose enthalten, mit 50 GT. einer gemäss Ausführungsbeispiel I dargestellten Lösung einer 1'2-Dihydroxypropylzellulose oder Hydroxyäthylzellulose wird wie im Beispiele II/1 auf künstliche
Fäden versponnen.
III. Appretur von Textilstoffen.
Ein Textilgewebe, z. B. Baumwollgewebe, wird auf einer entsprechenden Maschine, z. B. einer
Paddingmaschine oder einer Spreadingmaschine ein-oder mehreremale mit einer wie im Ausführung-
<Desc/Clms Page number 3>
beispiel I zusammengesetzten Lösung einer 1-2-Dihydroxypropylzellulose oder Hydroxyäthylzellulose überzogen und getrocknet (bei mehrschichtige Arbeiten empfiehlt sich Trocknung nach jeder Schicht). Nach dem Trocknen wird der Stoff, gegebenenfalls nach kurzem Dämpfen, in ein Fällbad gemäss Ausführungsbeispiel I gebracht, ausgewaschen und getrocknet. Vor oder nach dem Trocknen kann man den Textilstoff mit einem weichmachenden Mittel, z.
B. einer Seifenlösung oder einer wässerigen Lösung von Türkischrotöl oder einer wässerigen Glyzerinlösung behandeln, gegebenenfalls kann ein Füllmittel, z. B. Zinkweiss, China-Clay, Talkum oder weichmachende Mittel, z. B. trocknende oder nicht trocknende Öle oder Seife oder eine Stärkelösung zugesetzt werden.
Die appretierten bzw. überzogenen Textilstoffe können nach Fertigstellung noch geglättet oder kalandert oder durch Behandlung mit geriffeltem bzw. gemusterten Walzen gepresst, gemustert oder geglänzt werden.
IV. Textildruck.
100 GT. einer Lösung einer 1'2-Dihydroxypropylzellulose oder Hydroxyäthylzellulose werden mit 6-10 GT. fein gemahlenem Glimmer oder 4 GT. Lampenruss oder 8-10 GT. Zinkweiss vermischt und gegebenenfalls nach vorheriger Mahlung auf einer Farbreibmühle mittels geeigneter Druckwalzen auf einen Baumwollstoff aufgedruckt. Das bedruckte und getrocknete Gewebe wird dann eventuell nach vorherigem kurzen Dämpfen mit einem Fällbad wie im Ausführungsbeispiel I behandelt, ausgewaschen und getrocknet.
V. Buchbinderleinwand.
Ein vorteilhaft lockerer Textilstoff, z. B. Kaliko, wird mit einer gemäss Ausführungsbeispiel I bereiteten Lösung einer l'2-Dihydroxypropylzellulose oder Hydroxyäthylzellulose in einer oder mehreren Schichten überzogen, bis die Gewebemaschen vollständig ausgefüllt sind. Wird der Überzug in mehreren Schichten ausgeführt, dann wird nach jeder Schicht getrocknet. Der Stoff kann nach jeder Überzugsschicht oder nur nach der Schlussschicht heiss oder kalt kalandert werden. Das überzogene bzw. ausgefüllte Gewebe wird dann durch ein Fällbad gemäss Ausführungsbeispiel I genommen, ausgewaschen und getrocknet.
Gegebenenfalls können der Lösung Zinkweiss oder China-Clay oder lockere Zellulosefasern oder Russ oder Farblack oder Glimmer oder ein alkalibeständiger Farbstoff u. dgl., oder etwa 10% (auf das Zellulosederivat gerechnet) Rizinusöl zugesetzt werden.
Die fertige Buchbinderleinwand kann durch Pressen zwischen Platten oder durch Gauffrieren mit gemusterten Walzen od. dgl. mit beliebigen Mustern oder Narben versehen oder durch Kalandern glänzend gemacht werden.