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Verfahren zur Herstellung von Leder aus Därmen. Es war bereits bekannt,
aus Darmhaut ein pergamentartiges Produkt herzustellen, indem die entfettete und
aufgeweichte Darmhaut auf kurze Zeit abwechselnd in zwei Bäder aus Mineralsalzen
bzw. anorganischen Säuren oder Basen gebracht wurde, um durch Wechselwirkung in
der Haut einen Pigmentfarbstoff zu erzeugen.
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Demgegenüber bezieht sich das vorliegende Verfahren auf Herstellung
von Leder bzw. lederartigen Produkten aus Därmen und besteht dem Wesen nach darin,
daß die Därme vorerst einem speziellen mechanischen und chemischen Reinigungs- und
Vorbereitungsprozeß unterworfen, dabei geschmeidig gemacht, hierauf dem Einfluß
von Chemikalien ausgesetzt, gefüllt bzw. gegerbt und gefärbt, dann nach Trocknung
zwecks Geschmeidigmachens nochmals chemisch und mechanisch behandelt, schließlich
getrocknet werden. Das nach vorliegendem Verfahren erzeugte Produkt weist sowohl.
dem Aussehen nach, als in seinen wichtigsten Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten
charakteristische Merkmale des echten Leders auf: es verliert vollkommen seine Hautartigkeit,
wird beim Trocknen nicht mehr starr und hornig, sondern geschmeidig, bleibt auch
in feuchtem Zustande haltbar, läßt sich nähen, leimen, lackieren, kalt oder warm
pressen, kaiandern usw. Der Reinigungs- und Vorbereitungsprozeß besteht darin, daß
vor allem die später störenden wasserlöslichen Salze und Leimstoffe durch energisches
Waschen aus den Därmen möglichst vollkommen entfernt werden. Am besten zieht man
diese Bestandteile mit fließendem `Nasser aus, das in der Längsrichtung der Fasern
längere Zeit, his zum Verschwinden einer groben Leimreaktion (in etwa 24 bis 48
Stunden) geführt wird. Nun werden die Därme in ein Alkalibad, z. B. 5prozentige
Sodalösung, gebracht und darin längere Zeit (etwa 24 bis 48 Stunden) durch Reiben,
Kneten, Bürsten, Walken, Drükken usw. bearbeitet. Zufolge dieser mechanischen Bearbeitung
im Alkalibad werden die Därme unter gleichzeitiger Entfettung und Reinigung, evtl.
unter Zufügung halbharter Seifenlösungen, geschmeidig. Die hierbei ganz gewaltig
geschwellten Därme werden zuletzt zwecks Entleerung der Gewebezellen, vorteilhaft
zwischen Walzen, wobei sich die Zellwände nur mäßig zusammenziehen, energisch aus
gepreßt.
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Die derart vorbereiteten, lediglich aus leeren Zellfasern bestehenden
Därme können nunmehr der Einwirkung von Chemikalien ausgesetzt werden. Es wurde
gefunden, daß die Chemikalien auch in das Innere der Gewebezellen eindringen. Wird
z. B. erst ein Calciurrichlorid-, dann ein Ammoniumoxalatbad v(-rwendet,
so
entsteht ein Calciumoxalatniederschlag sowohl tief zwischen den Fasern als auch
selbst im Innern der Gewebezellen. Ähnlich wie ein Mehlsack mit Mehl können die
entleerten Gewebezellen der derart vorbereiteten Därme mit verschiedenen Füllstoffen
in Form von Niederschlägen gefüllt werden. Die einverbleibten Füllstoffe bedürfen
gewöhnlich keiner Fixierung, die zwischen den Fasern entstehenden Niederschläge
können gegebenenfalls in bekannter Weise durch Beizen usw. fixiert werden. Es wurde
ferner gefunden. daß die 7_ellsubstanz verschiedene Niederschläge in chemischer
Bindung zurückzuhalten vermag, wobei die Gewebestruktur der Därme wesentliche und
besonders vorteilhafte Änderungen erleidet, d. 1r. die Därme werden gewissermaßen
gegerbt. Werden z. B. die aus einem Ferrichloridbad ausgehobenen Därme in ein Ferrocyankalibad
gebracht, so wird das entstehende Berlinerblau durch die Zellsubstanz chemisch gebunden.
Ebenso auch die Silbersuboxvde, welche aus dem sich in den Zellen und zwischen den
Fasern zurückbleibenden Silberchloridniederschlag (bei Verwendung eines Chlorid-
oder Salzsäure- und eines Silbernitratbades) durch Belichten entstehen.
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"Zur Einverbleibung, Fixierung und Bindung der Füllstoffe und sonstiger
chemischen Mittel können im allgemeinen jene für sich bekannten Verfahren verwendet
werden, welche in der Textil- und Lederindustrie üblich sind, ebenso auch zur Färbung,
Imprägnierung, Appretur usw. Bei der Auswahl der jeweiligen Methoden muß jedoch
die spezielle Natur und Struktur des Darmgewebes in Rechnung gezogen werden. Die
Färbung wird in separaten Bädern oder gegebenenfalls gleichzeitig vorgenommen, und
zwar entweder unter Verwendung der bekannten Färbungsmethoden der Textil- und Lederindustrie,
z. B. mit Hilfe von Beizen, oder durch unmittelbar wirkende Farbstoffe usw., oder
aber durch lichtempfindliche Lösungen, oder auch in Kombination. Ebenso können auch
die einverbleibten Niederschläge oder die mit diesen durchgeführten Reaktionen zur
Färbung verwendet werden.
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Die gefüllten bzw. gegerbten und gleichzeitig oder nachher gefärbten
oder später zu färbenden Därme werden hierauf am luftigen, nicht allzu warmen Orte
getrocknet und hierauf durch weitere mechanische Bearbeitung (Reiben, Walken usw.)
in chemischen Mitteln noch geschmeidiger gemacht. Besonders geeignet sind hierzu
höhere Alkohole (Glyzerin, auch Amylalkohol), neutrale Seifenlösungen, milchsaure
Salze, deren Kombinationen mit Ölen usw.
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Nach nochmaliger Trocknung, vorteilhaft zwischen Rahmen, wird das
Produkt gebrauchsfertig und kann wie Leder aufgearbeitet werden.
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Es sei betont, daß die Därme, um das Eindringen genügender Menge Chemikalien
in das Innere der Gewebezellen zu ermöglichen, in den einzelnen Bädern verhältnismäßig
längere Zeit, je nach Art und Diffusionsfähigkeit der Lösungen etwa 2 bis 4.8 Stunden,
verbleiben sollen. Sowohl die Füllstoffe als auch die Farbstoffe können im Rahmen
des Verfahrens in verschiedensten Kombinationen und auch. nacheinander wiederholt
verwendet werden. Das Färben kann auch nach. der Trocknung vorgenommen werden.
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Beispiel i. Die nach den beschriebenen Methoden vorbereiteten Därme
werden in ein 5prozentiges Ammoniumsulfat-, dann in ein ioprozentiges Baryumchloridbad
gebracht, wo sie je io bis 12 Stunden verbleiben. Von hier aus kommen die Därme
auf je 2 bis .1 Stunden in ein 5prozentiges Salzsäure- und ein io prozentiges Silbernitratbad,
dann werden sie, in der Sonne ausgebreitet, getrocknet, hierauf einige Stunden lang
in einem 30prozentigen Glyzerinbad mechanisch bearbeitet, endlich getrocknet.
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Beispiel 2. Die vorbereiteten Därme werden in ein Ammoniumoxalat-
und ein Calciumchlorid-, dann in ein Ammoniumsulfat- und ein Baryumchlorid-, hierauf
in ein Ferrichlorid- und ein Ferrocy ankalibad gebracht, wo sie 5 bis 24 Stunden
verbleiben. Nach Trocknung werden sie in einem 30prozentigen Gly zerinbad bearbeitet,
getrocknet, mit alkoholischer \ igrosinlösung gefärbt und mit einer dünnen Schellackschicht,
in Leinöl gelöst, überzogen.
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Beispiel 3. Als Bäder werden Ferrosulfat-und Ammoniumhydroxidlösungen
verwendet, hierauf an der Luft oxydiert, mit wäßriger Brillantgrünlösung gefärbt
und, wie bereits beschrieben, weiterbehandelt.
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Beispiel 4. Die vorbereiteten Därme werden in Baryumchlorid- und Schwefelsäure-,
Calciumchlorid- und Ammoniumoxalatbädern gesättigt, hierauf in einem mit io Prozent
Soda vermischten Mehlbrei gelegt und darin 3 bis 5 Tage lang behalten, wobei ein
glace1ederartiges Produkt entsteht, welches unter Reiben, Walken, Drücken usw. in
Amylalkohol geschmeidig gemacht und wie oben weiterbehandelt wird.
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Bei der Färbung lassen sich eigenartige Wirkungen hervorrufen, z.
B. marmorierte Oberfläche, wenn z. B. das in Ferrichloridbad behandelte Produkt
zusammengefaltet und kurze Zeit in eine Ferrosulfat- oder Ferrocy ankalilösung getaucht
wird.